Baby unheimlich scheckhaft?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Baby unheimlich scheckhaft?

Liebe Frau Bentz, ich weiß leider nicht an welchen Experten ich mich hier im Forum wenden soll, da sie aber, für mein Empfinden, immer ehrliche und gute Antworten genen wende ich mich an sie. Wir hatten grad neulich bereits das Vergnügen zum Thema Schreien im Auto. Meine kleine (11Wochen) ist neuerdings so unheimlich schreckhaft (seit dem letzten Entwicklungsschub). Mir ist klar das plötzlich wieder viel Neues auf sie einströmt aber oft lässt sie sich nicht beruhigen. Ein Beispiel: Wir machen abends unser Abendritual und davon wird sie spürbar müde und hungrig. Dann gehen wir in ihr Kinderzimmer, lassen gemeinsam das Rollo herunter, machen im Windlicht eine Kerze an und setzen uns bequem zum stillen. Ihr Vater arbeitet vor der geschlossenen Kinderzimmertür am Schreibtisch, man hört seine Geräusche soooo leise, mal ein knarren vom Stuhl oder ein leises hüsteln (hört man kaum) sie zuckt auf. Augen ganz groß, oft lässt sie sogar die Brust los und schaut. Leider ist auch ihr Schlaf von Anfang an ganz leicht. Das ist anstrengend und alle meinen immer das gäbe es nicht. Aber doch, das gibt es! Wenn ich sie über den Tag stille muss ich ihre Musik anmachen, damit sie nicht jedes Geräusch von draußen hört. Selbst ein kleines Räuspern lässt sie aufschrecken... Ist doch blöd! Geht das weg? Ich wollte nie das man in der Wohnung nur noch flüstern kann, wenn das baby schläft! Gibt es tipps?

von NGonAir am 30.09.2015, 11:17


Antwort auf: Baby unheimlich scheckhaft?

Liebe NGonAir, natürlich kann es sein, dass Ihr Kind sensibel auf Reize reagiert, da täuscht Sie Ihr Gefühl bestimmt nicht. Dies kann man auch sehr vielleicht erklären: Für Babys ist zunächst jeder Reiz gleich wichtig und neu. Jedes Kind muss daher erst lernen, wichtig von unwichtig, neu von vertraut, gefährlich von harmlos etc. zu trennen. Bei uns Erwachsenen ist dieser Prozess eben schon sehr weit fortgeschritten, d.h. nur ein kleiner Teil aller Sinneseindrücke wird von uns bewusst verarbeitet. Denken Sie etwa an das Phänomen, dass Sie auf einer Party sich mit jemanden unterhalten und alle anderen Gespräche und die Musik rauschen quasi im Hintergrund vorbei. Wenn dann jemand beiläufig Ihren Namen nennt, reagieren Sie bewusst und zwar auch dann, wenn Sie nicht direkt angesprochen wurden und Sie in ein anderes Gespräch vertieft waren. Diese (überlebensnotwendige) Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit müssen die Kleinen erst erwerben und das tun sie durch Erfahrungen. Das ist anstregend, besonders für Kinder, die Schwierigkeiten haben, sich bei Überforderung und Überreizung abzuwenden und gleichzeitig sehr aufmerksam und wach sind (eine hohe Vigilanz aufweisen). Diese Kinder zeigen verstärkt Irritation und Anspannung. Eine komplette Reizabschottung ist allerdings weder notwendig noch sinnvoll. Die Kleinen müssen ja gerade aktiv am Leben teilnehmen, um diese wichtigen Entwicklungsschritte machen zu können. Hier macht wie so oft die Dosis das Gift, d.h. manche Kinder brauchen einfach mehr Ruhepole und weniger Aufregung als andere. Während einige Kinder fröhlich neben dem Staubsauer schlummern nachdem sie am vormittags Babyschwimmen und Mittags einen Kinderarzttermin hatten, würden andere völlig überrreizt sein. Trauen Sie hier einfach Ihrem Gefühl! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 30.09.2015