Baby 7 Monate schläft super unruhig

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Baby 7 Monate schläft super unruhig

Liebe Frau Dr. Bentz, allmählich bin ich körperlich und mental ganz schön am Ende. Kurz die Basics: Ich habe zwei Söhne, der große ist im Mai 2 geworden, der kleine ist sechseinhalb Monate alt. Meine Tage sind also gut gefüllt, um es vorsichtig auszudrücken. Und die Nächte sind eine Katastrophe! Der Kleine hat noch keine einzige Nacht durchgeschlafen! Und ich meine nicht Idealvorstellungen wie von 19 bis 7 Uhr, sondern einfach nur mal vier oder fünf Stunden am Stück! Besonders die zweite Nachthälfte ist der blanke Horror. Der Kleine hat sich in seiner Schlaflosigkeit mittlerweile einen regelrechten Rhythmus angewöhnt: Er wacht gegen 22 oder 23 Uhr das erste Mal auf, bekommt ein Fläschchen, trinkt aber nicht irre viel. Gegen 20 nach 2 wacht er wieder auf, meckert, hat aber keinen Hunger, schreit. Wenn ich Pech habe und nicht schnell genug mit dem Schnuller und Streicheln an seinem Bett stehe, wacht er vollends auf und bleibt für zwei Stunden munter. Wenn es "gut" läuft, schläft er wieder ein, aber total unruhig, seine Nase wirkt verstopft. Dann wacht er regelmäßig wieder meckernd und weinend auf, manchmal im Viertelstundentakt, mal jede halbe Stunde, immer noch mal gegen 4, dann gegen 20 vor 5. "Guten Morgen" heißt es um 6. Unser Tagesablauf ist so strukturiert, wie er es mit zwei kleinen Kindern sein kann. Morgens Frühstück zu dritt, immer zur gleichen Zeit raus, Mittagessen zwischen 12 und eins, Pause auf dem Sofa, nachmittags noch mal raus, Abendessen gegen 18 Uhr, dann festes Ritual und ins Bett zwischen halb sieben und sieben (seit etwa der dritten Lebenswoche). Natürlich gibt es auch Tage mit mehr Trubel, mit Ausflügen oder Besuch, und natürlich ist sein großer Bruder auch mal laut und aufgedreht. Aber ich habe eben zwei Kinder, das große muss auch zu seinem Recht kommen. Der Kleine ist an sich ein Sonnenschein. Er lacht viel, quatscht, freut sich, wenn er seinen Bruder sieht, isst seit dem 5. Monat sehr gut seine Beikost. Er ist motorisch sehr weit, finde ich: Er krabbelt bereits, übt sogar schon das Hochziehen, befindet sich seit dem dritten Lebensmonat fast ausschließlich in Bauchlage, um alles mitzubekommen und anfassen zu können. Das Einzige, was er nicht kann, ist das Zurückdrehen auf den Rücken! Das lässt ihn nachts wach werden. Drehe ich ihn dann um, schreit er erstmal noch lauter. Außerdem wacht er nachts auf, wenn er den Schnuller verloren hat. Ich traue mich aber wirklich nicht, ihm den jetzt auch noch abzugewöhnen! Überdies muss ich irgendwie verhindern, dass er nachts ganz laut schreit, weil sein großer Bruder nebenan weiterschlafen soll. Das setzt mich total unter Druck. Der Kleine ist generell kein "guter" Schläfer. Tagsüber meist nur Häppchen von 15 bis 30 Minuten, an manchen Tagen nur ein etwas längerer Schlaf (eine Stunde) um die Mittagszeit und sonst keine einzige Sekunde mehr! Ich habe für den Tagesschlaf alles versucht: Kinderwagen, eigenes Bett im dunklen Raum, Bett im hellen Raum, Sofa, ich neben ihm, keiner neben ihm, Laufstall, Singen, totale Ruhe, Streicheln ... Manchmal brüllt er sich tagsüber und auch nachts so in Rage, das ich ratlos und verzweifelt bin. Er ist müde, gähnt, reibt sich die Augen und kommt einfach nicht zur Ruhe. Manchmal strampeln seine Beine wie wild, mal ist sein ganzer Körper in heller Aufruhr. Und eben vom Durchschlafen sind wir gefühlt meilenweit entfernt. Ich bin dauermüde, ihm scheint es nur an einigen Tagen, an denen er dauerhaft meckert, etwas auszumachen. Sollte ich eine spezielle Beratung in Anspruch nehmen? Oder auf den Spruch meiner Umgebung hören: "Das wird schon ..."? Immerhin ist er bald 7 Monate alt. Sein großer Bruder hat ab etwa 8 Monaten komplett durchgeschlafen - von 7 bis 7. Das wäre ein Traum! Danke Ihnen vorab und ganz liebe Grüße Maria

von FroggyMan am 01.08.2016, 12:10


Antwort auf: Baby 7 Monate schläft super unruhig

Liebe Maria! Zunächst einmal ziehe ich den Hut vor Ihnen: Sie haben mit Ihren Kindern einen ähnlich sportlichen Abstand wie ich und als ehemalige „2-under-2-Mom“ kann ich geradezu noch körperlich nachfühlen, was sie gerade durchmachen. Ihr Alltag erscheint mir dabei fast erschreckend gut durchstrukturiert, so dass ich schon geneigt wäre, nach einem batteriefach an Ihrem Rücken zu gucken. Aber Scherz beiseite – sicher machen Sie Ihre Sache toll und haben die Situation soweit im Griff – doch das heißt nicht, dass alles in bester Ordnung ist. Ihre Frage, on Sie sich nun Hilfe suchen sollen, oder abwarten müssen, ist daher durchaus berechtigt. Meine Antwort: beides ist wichtig und richtig! Natürlich ist Ihr Kind mit sechs Monaten noch sehr jung und es wird viel passieren - gerade in puncto Rhythmus und Schlaf. Doch andersherum weiß man aus vielen Längsschnittstudien, dass die Prognosen umso günstiger sind je eher man hilft. Nicht umsonst ist das Stichwort „Prävention“ in aller Munde. D.h. für eine Beratung oder Behandlung ist es nicht sinnvoll oder gar Voraussetzung solange zu warten, bis ein Kind in den Brunnen gefallen ist (also das Vollbild einer Regulationsstörung erfüllt). Es ist viel einfacher, einer Störung durch ein paar einfache Maßnahmen vorzubeugen, als eine Störung zu heilen. Voraussetzung dafür ist eine ordentliche Diagnose: Vielleicht ist Ihr Kind regulationsgestört vielleicht aber auch nicht. Möglicherweise reichen ein paar Umstellungen im Alltag, möglicherweise hat Ihr Kind aber auch besondere Bedürfnisse, so dass Dinge, die anderswo funktionieren, hier kontraproduktiv wären. Ohne diese professionelle Einschätzung tappen Sie weiter im Dunkeln, und werden vermutlich durch den Kontrast zu größeren Bruder weiter verunsichert. Ich vermute man, dass Sie wirklich Recht haben könnten, und dass Ihr Kleiner einfach extrem wenig Schlaf braucht. Dafür spräche, dass er trotz der Schlafproblem ansonsten ja munter und fröhlich ist. Da man am individuellen Schlafbedarf nicht ändern kann, müsste man dann sehen, wie man diese Zeit optimal verteilt, d.h. nicht zu viele und lange Tagesschläfchen (ggf. wecken!), ggf. Korrektur der Bettgehzeiten (entweder früher ins Bett und dann früher hoch, oder umgekehrt Doch dieser Schuss kann ohne genauere Untersuchung auch nach hinten losgehen, denn auch das genau Gegenteil kann der Fall sein, wenn ein Kind nämlich übermüdet und überreizt ist und nicht den Schlaf bekommt, den es braucht. Ohne 24-h-Protokolle kann man hier immer nur vermuten. Außerdem sind organische Ursachen auszuschließen, und damit auch der Kinderarzt ins Boot zu holen. Kurzum: Auch in der Behandlung wird man nicht sofort den Aus-Knopf finden, auch hier wird man gewisse Dinge abwarten und Geduld mitbringen müssen, denn Veränderungen passieren nicht von heute auf morgen. Doch im Unterschied zum schlichten „wir warten mal ab, ob sich‘s auswächst“, wird hier genau geguckt, ob ein Kind bestimmter Unterstützung bedarf oder vielleicht auch nicht. Und keine Sorge, man wird Sie nicht gleich zum Langzeitpatienten machen, sofern es nicht nötig ist. Dafür sind die Kapazitäten einfach zu begrenzt. Mein Rat: Suchen Sie einmal Kollegen vor Ort auf (Schreiambulanz, Sozialpädiatrisches Zentrum, Früherkennungszentrum, Schlaflabor). In vielen Fällen reichen schon 2-3 Termine um die Situation deutlich zu verbessern. In jedem Fall aber sollten Sie gucken, was für Sie das Beste ist. Angehörige und Freunde sind ja nicht unmittelbar betroffen, und es geht um Ihre Ressourcen und Ihre Gesundheit. Selbst wenn Sie auf die ein oder andere „Übermutter“ treffen, die Ihnen suggeriert, dass sei halt alles so und man müsse da eben durch, so muss das nicht Ihr Weg sein. Sich Hilfe zu suchen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung – sich selbst und den Kindern gegenüber. Niemanden ist genützt, erst recht nicht Ihren beiden Jungs, wenn sie ausbrennen. Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche alles Gute für Ihren Weg! Herzlichst, Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 03.08.2016


Antwort auf: Baby 7 Monate schläft super unruhig

Trotz des langen Textes habe ich noch einen Nachtrag ... ;-) Unser Kleiner schläft abends eigentlich meist ganz gut ein. Zumindest hatten wir selten die üblichen abendlichen Schreiphasen. Meist dauert es vom Hinlegen bis zum Einschlafen nur 10 Minuten, wobei ich ihn kurz streichle, dann den Raum verlasse und ggf. wiederkomme, wenn er weint. Kann das dann eine echte Anpassungsstörung sein? Warum ist er nach so einem ruhigen Einschlafen nachts aufgeregt wie nach zwei Kannen Kaffee? Danke Ihnen!

von FroggyMan am 01.08.2016, 20:08


Antwort auf: Baby 7 Monate schläft super unruhig

Hey, Als kleinen Trost: ich hab auch so eine Kleine Nachteule hier- bei unsere Maus fing es auch mit 7/8 Monaten an, da wollte sie dann von 1 bis 3 Uhr nachts Spielen. Passierte fast jede Nacht wenn sie im Schlaf ihren Schnuller nicht finden konnte. Haben ihr dann 3 ins Bett gelegt, das hat etwas geholfen . ich habe mich dann immer ruhig neben sie gelegt - Es war echt eine harte Phase , hat bis etwa 13/14 Monaten angehalten. Durchgeschlafen hat sie erst ab etwa 3 Jahren . War bei meinem Mann und Schwägerin genauso- bis drei haben sie sich mind 1 mal pro Nacht gemeldet. Ich habe es bei meiner Tochter dann irgendwann einfach akzeptiert. Sie war von Anfang an keine Vielschläferin , jetzt mit 3,5 schläft sie Max 9/10 std pro Tag . Ich denke Kinder sind sehr unterschiedlich , zum Glück war unsere erste Tochter nicht so pflegeleicht im 1 Jahr , da weiß man was einen beim 2 ten erwarten kann und ist nicht ganz so geschockt, wenn das zweite anstrengender ist. Habe es bei Freundinnen, erstes Kind total pflegeleicht , dass zweite dann das genaue gegebteil . Oder eben umgekehrt . Bin jetzt auch wieder ss bewusst mit 4 Jahren Abstand , wenn der kleine da ist. Bin gespannt wie es wird :) LG Elisa

von Tobecontinued am 02.08.2016, 09:30


Antwort auf: Baby 7 Monate schläft super unruhig

Liebe Frau Dr. Bentz, tausend Dank für Ihre warmen Worte! Es tut sehr gut, gehört und verstanden zu werden. Ich musste schmunzeln: Ein Batteriefach im Rücken habe ich nicht - wobei man sich nach manchen Gruselnächten am Ende des Tages wirklich fragt, woher man die Kraft für die letzten 15 Stunden genommen hat. Leider habe ich dann jedoch die Situation zuweilen gar nicht im Griff, sondern meckere meine Kleinen an, bin ungerecht oder übellaunig. Deswegen haben Sie Recht mit der Pause. Irgendwie kommt man sich jedoch selbst in unseren gleichberechtigten Zeiten als Frau blöd vor, wenn man zum arbeitenden Mann sagt, dass man mal ein paar Stunden frei braucht ... In Bezug auf den Schlaf habe ich per Zufall an einem volleren Tag eine Entdeckung gemacht: Der Kleine schläft nachts deutlich besser, wenn er später ins Bett geht! Aktuell macht er spätnachmittags Power Napping, isst dann mit uns zu Abend und geht gegen halb acht ins Bett. Außerdem gebe ich seit vier Tagen abends Kamille-Globuli. Er ist in der zweiten Nachthälfte zwar immer noch unruhig, aber zumindest nicht mehr stundenlang wach. Man ist ja schon für wenig dankbar. ;-) Liebe Grüße und ein schönes Wochenende Maria

von FroggyMan am 05.08.2016, 14:19