Am Ende meiner Kräfte

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Am Ende meiner Kräfte

Hallo Frau Dr. Bentz, es geht um meine 10 Monate alte Tochter. Sie schläft schon immer schlecht, heißt sie schläft alleine gar nicht ein und wacht ständig auf. Zur Zeit haben wir den Höhepunkt erreicht, sie schreit teilweise bis zum erbrechen. Tagsüber schläft sie auch fast nichts mehr, vielleicht mal eine halbe stunde, weint aber viel, jammert und ich darf mich keine 10 cm von ihr wegbewegen. Am Abend bringe ich sie ins Bett, halte Händchen bis sie eingeschlafen ist (ca. 1/2 - 1 Std.) spätestens nach 30 min weint sie wieder, ich sitze wieder neben ihrem Bett und halte wieder Händchen, wieder ca. 30 mintuten. Weitere 30 min später ist sie wieder wach und weint wieder, ich halte wieder Händchen usw. Das geht bis ca 24 Uhr. Am Tag ist sie oft müde, schläft aber einfach nicht sondern schreit und jammert. Mag nicht mehr spielen findet alles blöd. Gestern war ich deswegen wieder mal beim Kinderarzt, Diagnose: frühkindliche Regulationsstörung und eine Überweisung in die Schreiambulanz. Dort habe ich natürlich sofort angerufen und habe erst einen Termin in 4!!! Wochen. Ich weiß wirklich nicht wie ich das noch länger aushalten soll, ich bin wirklich am Ende meiner Kräfte angelangt und schlafe selber fast nichts mehr weil ich eine totale unruhe in mir spüre die ich nicht mehr unter Kontrolle bekomme. Der Haushalt und alles bleibt liegen da ich einfach zu nichts komme. Haben Sie vielleicht einen Tipp? Zur Info: Meine Tochter hatte die ersten 3,5 Monate laut Kinderarzt die 3-Monats-Koliken + Blähungen, d.h. sie hat die ersten 3,5 Monate fast durchgehend geschrien. Danach wurde es zumindest tagsüber besser, abends war es schon immer problematisch mit ihr, allerdings nie so schlimm wie derzeit. Ich habe spontan bei 40+2 ohne Komplikationen entbunden, die Schwangerschaft verlief bis auf 2 Blutungen in der 7. und der 14. ssw eigentlich unproblematisch. Bei einer Osteopathin war ich auch bereits 3 mal - ohne Erfolg. Was stimmt bloß nicht mit meinem Kind? Für eine Antwort bedanke ich mich jetzt schon recht herzlich. VLG Babyglück

Mitglied inaktiv - 03.02.2016, 11:32


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Liebe babyglück25! wie Sie sehen, sind Sie leider mit Ihrem Problem nicht allein. Wenn Sie sich jedoch eingehend mit diesem Thema befassen, werden Sie feststellen, dass diese Zeit wirklich schlimm ist, aber eben auch befristet. Selbst wenn Sie es sich jetzt vielleicht nicht mal ansatzweise vorstellen können, aus Schreibabys werden tolle Kinder und Sie werden ganz sicher noch viele schöne Zeiten miteinander erleben! Eine Regulationsstörung ist kein unveränderliches Schicksal und läßt sich gut behandeln. Es war daher richtig, dass Sie den Schritt zur Schreiambulanz eingeleitet haben! Vier Wochen Wartezeit sind lang, allerdings macht es jetzt auch keinen Sinn, dass Sie jetzt vorab alle möglichen Maßnahmen einleiten und sich weiter erschöpfen. Ziel sollte es daher sein, sich darauf zu konzentrieren, die Zeit gemeinsam bestmöglich zu überstehen und Kräfte zu schonen. Auf Tipps zum Umgang mit Ihrem Schreibaby werde ich weitgehend verzichten, denn die Kollegen vor Ort können Ihnen viel genauer helfen.Ich geben Ihnen aber gern ein paar Tipps mit an die Hand, die Ihnen diese Zeit erleichtern können. Zunächst sollten Sie sich vom Druck befreien, das Schreien zum stoppen zu bringen. D.h. nicht Resignation, aber Annahme der Situation. ("wir haben ein Baby, was exzessiv schreit. Dies ist furchtbar und erschöpfend. Ausnahmezustand. Doch es ist eine begrenzte Zeit. Es ist lösbar"). Wenn Ihre Kleine schreit ist das Ungünstige was Sie tun können, wie wild zu versuchen, Sie zu beruhigen! Damit kommen Sie einfach schnell in einen Teufelskreis aus Reizüberflutung und Reizdarbietung, der sie alle nur weiter ausbrennen lässt. Viel wichtiger ist es, kurz Abstand zu nehmen, durchzuatmen und Ihre Kleine durch schwierige Phasen zu begleiten, also schlicht dazusein.Ihren persönlichen Aus-Knopf muss ihre Kleine selbst finden, Sie können Sie nur unterstützen und begleiten. Das Wichtiste für Ihr Baby sind keine Wundermittel, Beruhigungstechniken u.Ä. sondern Sie! . Das Schreien ist kein Zeichen davon, dass Sie als Eltern versagen! Höchstwahrscheinlich machen Sie Fehler. Ja. Wie alle anderen Eltern (mich eingeschlossen!) auch, nur dass Ihre Tochter (aus welchen Gründen auch immer) auf diese Dinge sensibler reagiert als andere Kindern. Es geht also nicht um Schuld. Fürs exzessive Schreien gibt es keine einfachen Aus-Knöpfe, sonst gäbe die diversen Hilfsangebote ja nicht. Die Besserung erfolgt schrittweise. Jede Änderung bedeute jedoch zunächst einmal wieder einen Krafteinsatz. Es ist daher kein "Luxus" mit seinen Käften hauszuhalten und sich wo überall möglich Hilfe zu holen, sondern UNBEDINGTE Notwendigkeit. Die notwendigen Schritte der Behandlung gehen nun einmal über die Eltern und Sie müssen fit sein. Sich völlig zu verausgaben und erschöpfen ist daher nicht verantwortungsbewusst sondern ein Teil des Teufelskreises. Also Babysitter, Haushaltshilfe, Unterstützung durch Familie und Freunde, Familienhebammen, Tagemütter, die Frühen Hilfen etc. Alle Register zur Entlastung müssen gezogen werden und jede Sekunde, die Sie darin inverstieren, nützt Ihnen mehr als der xte Ratgeber, die xte Wundermethode oder der 99te Osteopath (obwohl diese durchaus gute Dienste leisten können)... Nehmen Sie sich Ohrenstöpsel und / oder Kopfhörer abends mit ans Bett und verzichten Sie mal auf Händchenhalten. Seien Sie einfach da, atmen Sie hörbar und ruhig und tun Sie nichts weiter. Vermeiden Sie Blickkontakt und stellen sich schlafend. Ihre Kleine wird schrittweise lernen, dass nicht Schlimmes passiert und den Weg zum Schlafen selber finden, ohne dabei allein gelassen zu werden. Teilen Sie sich den Tag ein und machen Sie Pläne, wer wann welche Aufgaben übernimmt. So steht der Tag nicht wie ein unüberwindbarer Berg vor Ihnen, sondern ist gegliedert. 2 Stunden Schreierei sind viel leichter zu ertragen, wenn man weiß, dass nach zwei Stunden auf jeden Fall Schluss ist, weil dann die Ablösung kommt... Gleiches gilt für den Start in den Tag. Warten Sie nicht ab, wie Ihre Tochter drauf ist, gehen Sie mit Ihr jeden Tag vormittags raus an die frische Luft. Wenn Sie schreit, dann schreit sie eben - besser draußen als drinnen! Bewegung und frische Luft hat aber für sie beide nur Vorteile: Für Ihre Tochter, dass sie durch Licht und Bewegunsgreize leichter in einen stabilen Rhythmus kommt. Für Sie, dass beides stimmungsaufhellend wirkt, das Immunsystem stärkt und für mehr Energie sorgt. Nicht ist so tödlich wie mit einem schreienden Baby stundenlang allein in einem Zimmer zu sitzen! Daher gilt auch: isolieren Sie sich nicht! Auch wenn Sie vielleicht die Befürchtung haben, komische Blicke zu ernten. Es ist wichtig, dass Sie raus kommen, mit anderen reden und sich austauschen können. Gern auch mal ohne Kind und nicht nur über Babythemen! Das wirkt Wunder!! Sie werden sehen, viele Leute kennen ähnliche Probleme und haben viel Verständnis! Von Menschen, die Ihnen nicht guttun, halten Sie sich einfach fern, das brauchen Sie jetzt nicht auch noch! Und zum Schluss nochmal: es ist Licht am Ende des Tunnels! Ich sehe das jeden Tag!!! Alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 05.02.2016


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Hallo, ich kann dich sehr gut verstehen! War auch am Ende und mein Sohn ist nach wie vor kein guter Schläfer! (s.u) was allerdings bei uns zumindest verbesserung gebracht hat.. war Rhythmus.. brei zur gleichen Zeit... auch in der gleichen Art! Zwar gehts bei meinem Sohn immer noch nicht exakt...aber seither schläft er tagsüber zumindest länger (2 Std) vorher vieleicht gerade 30 min vielleicht nur ein tropfen auf dem heißen stein... lg

von MimmiNinni am 03.02.2016, 12:06


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Darf ich fragen, warum das Händchenhalten abgeschafft werden soll, wenn es dem Kind doch hilft? Viele Grüße

von schegge am 05.02.2016, 21:27


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Anscheinend hilft das Händchenhalten bei der Tochter doch gar nicht. Sonst hätte die AP doch dieses Problem nicht. LG, Pia-Lotta

von Pia-Lotta am 06.02.2016, 11:42


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Da geb ich Pia recht. Die Kleine scheint starke Trennungsängste zu haben. Wenn sie mit Mamis Hand einschläft und ohne wieder aufwacht ist das für viele Babys schon erschreckend. Die meisten Babys schlafen friedlich wenn sie es schaffen alleine einzuschlafen. Ich hatte das zu Anfang bei meinem Sohn. Er schlief NUR auf meinem Arm ein und legte ich ihn ins Bett wurde er nach 20 Minuten wach und brüllte was das Zeug hält. So schwer es mir viel befolgte ich den Rat seines Kinderarztes. - Ins Bett legen und daneben sitzen bleiben und meinem Sohn damit zeigen dass einschlafen nichts schlimmes ist und ich immer da sein werde wenn er weint. Und was soll ich sagen. Heute ist er 8 Monate alt und kann NUR noch in seinem Bett einschlafen wenn KEINER im Zimmer ist. Und auch Nachts wurde er mit 4-5 Monaten noch wach. Aber auch da hat er gesehen dass ich gekommen bin sobald er "gerufen" hat und heute wird er nachts wach und braucht mich nicht mehr. Er schläft nach 5 minuten einfach weiter. Weinen ist kein Thema mehr bei uns wenn Schlafenszeit ist. Weder am Tag noch am Abend. Und Rituale wären eventuell sehr hilfreich. Wir legen unseren Schatz pünktlich um 20 Uhr ins Bett. Jeden Abend. Und morgens um 8 Uhr wird er dann wach. Auch unsere Essenszeiten sind jeden Tag gleich. Wie auch die Mittagsschläfchen. Ich wünsche dir daher ganz viel Glück und hoffe dass du den besten Weg für dich und deinen Schatz findest. Liebe Grüße

von Nad1234 am 06.02.2016, 16:41


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

MMn muss ein Baby nicht allein ein- bzw. weiterschlafen. Es braucht seine Eltern und den Körperkontakt um sich sicher zu fühlen. Daher ist es doch ganz logisch, dass die Kleine bei Mama sein möchte. Und das Händchenhalten hilft insofern, dass sie ein- und weiterschläft. Ich hatte auch so ein kuschelbedürftiges Kind, habe seine Bedürfnisse erfüllt und es wurde mit der Zeit ganz von selbst besser. Daher halte ich nichts davon, dem Kind die körperliche Nähe, die es ja offenbar noch braucht und einfordert, vorzuenthalten.

von schegge am 07.02.2016, 22:46


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Ich möchte natürlich niemanden belehren oder von irgendetwas überzeugen, hatte nur aus Interesse nachgefragt. Jeder muss für sich und seine Familie den passenden Weg finden. Auf jeden Fall wünsche ich alles Gute und hoffentlich baldige Besserung der Situation. Viele Grüße!

von schegge am 07.02.2016, 22:52


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Uns ging es genauso. Ein Besuch beim Osteopath war der Schlüssel zu unserem Glück. Von da an war unsere kleine wie ausgewechselt und sichtlich entspannt. Der Schlaf kam von ganz alleine wieder.

von beximimar am 08.02.2016, 13:38


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Das könnte auch das kiss-Syndrom sein. Vielleicht magst du ja mal googeln und einen Facharzt dafür aufsuchen. Im Internet findest du Symptome dafür und auch eine Ärzte-Liste. Ich glaube, die Seite heißt kiss-kidd. Viel Kraft wünsche ich dir!

von Zoemama265 am 08.02.2016, 17:41


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Hallo babyglück24, meine Tochter hat auf Grund einer refluxerkrankung über Monate nur geschrien sobald ich sie hinlegen wollte. durch Zufall sind wir darauf gekommen da sie keine typischen Anzeichen für reflux hatte. da war sie allerdings schon knapp zwei Jahre alt. Bis heute hat sie noch Probleme obwohl sie operiert wurde. Ich kann euch nur empfehlen mal reflux beim Arzt mit abklären zu lassen auch wenn sie nicht die Anzeichen hat. Ich wünsche euch und eurer kleinen alles Gute.

von Miaandme123 am 08.02.2016, 22:10


Antwort auf: Am Ende meiner Kräfte

Ich empfehle dir sofort zum Osteopathen zu gehen sag ihm das du es kaum Aushältst es gibt viele verrückte Knochen durch z.B. Falsche Lage im Bauch oder der Geburt. Ich bin jetzt mit meinem Sohn seid 4 Monaten in Behandlung weil ich nicht gleich nach der Geburt da war hat er eine Fehlstellung die der osteopath im Kleinkind alter mit einer Behandlung beseitigen hätte können ich bereue damals nicht gegangen zu sein obwohl mein kleiner auch viel Nähe brauchte und viel weinte. Ich habe nicht gedacht das es was bringt!! Erster Besuch kostet bei uns 70€ weitere 40€ und die Krankenkasse Stk zählt pro Jahr für 3 Behandlungen 40€ dazu ... Tu dir den Gefallen gehe sofort los ;) alles gute

von Manon1985 am 10.02.2016, 16:32