2 Jähriges Kind will nich zum Papa

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: 2 Jähriges Kind will nich zum Papa

Sehr geehrte Frau Dr.Bentz, ich hoffe ich darf Ihnen die Frage stellen da es nicht direkt mit einem Schreibaby zu tun hat. Meine kleine war bis zum 10.Lebensmonat ein Schreibaby.Auch heute mit 2 Jahren ist es so,dass sie wenn sie viel erlebt hat wieder die Unrihe durchbricht. Seit ich von meinem Partner getrennt wurde ihr Verhalten besser.Njn ist es aber so,dass sie einmal die Woche und alle 14 Tage beim papa ist.Danach ist sie wie ausgewechseöt.Sie klammert sich dann total an mich und will dann auch bei mir im Bett schlafen.Damit hab ich kein Problem,da ich mir denken kann,dass es für sie nicht zu verstehen ist warum sie alleine beim Papa ist. Nun zu meiner Frage: Seit längerer Zeit ist es so,dass ich sie überreden muss mit ihrem Papa mitzugehen.Sie schaut ihn an und sagt:"Ich will nicht Papa hin.Will Mama bleiben"Dann rennt sie weg und versteckt sich. Das Jugendamt meint ich muss sie dennoch mitgeben.Aber mir bricht es jedesmal das Herz und ich habe Angst,unsere gute Bindund und ihr Vertrauen in mich zu verlieren.Kann das dadurch passieren? Kann es sein,dass das nur eine normale Phase ist?Und haben Sie einen Rat wie ich es für meine kleine erträglicher machen kann? Sie muss bei Ihrem Vater nichts ausstehen,der kümmert sich gut.

von rose2013 am 04.09.2015, 00:52


Antwort auf: 2 Jähriges Kind will nich zum Papa

Liebe Rose2013. klar dürfen Sie! Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich Ihnen wirklich weiterhelfen kann, denn ich bin keine Spezialistin für Trennungskinder. Hilfe könnte da eine Erziehungsberatung bieten. Ein gemeinsamer Besuch wäre sicher sehr, sehr sinnvoll. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche empfehlenswerte Literatur - sowhl für Sie als Eltern als auch für die Kleinen zum Vorlesen. Doch hier ein paar Gedanken aus psychologischer Sicht - unabhängig von einer rechtlichen Situation. Es ist verständlich, dass Sie sich fragen, ob Ihre Tochter wirklich gut tut, wenn sie doch offensichtlich bei Ihnen belieben will. Hier rate ich jedoch zur Vorsicht, damit sich Dinge nicht vermischen: Ein Trennung ist immer schmerzhaft und mit Kränkungen und Änsgten verbunden, selbst für den Initiator. Kinder werden da leicht zur Projektionsfläche für die eigenen zwiespältigen Gefühle - häufig ohne dies zu wollen oder bewusst als Strategie zu fahren. Auch kann es sehr leicht dazu kommen, dass Kinder in einen emotionales Dilemma geraten, weil Sie merken, dass Mama und Papa sie jeweils auf "Ihrer" Seite haben wollen. Dies überfordert die Kleinen sehr. Eine kindliche Reaktion wie die Ihrer Tochter darf daher nicht mit Erwachsenenaugen analysiert werden. Wahrscheinlicher als eine tatsächliche Ablehnung Ihres Vaters ist daher, dass Ihre Tochter Druck verspürt, so handeln zu müssen, da Mama sonst traurig oder enttäuscht ist. An der einen oder anderen Stelle wird sie trotz aller Vorsicht sicher mitbekommen haben, dass sie negative Gefühle mit Ihrem Papa verbinden und oft traurig, wütend oder enttäuscht sind. Da sie ein wichtiger Orientierungspunkt sind, ist sie nun verwirrt, was ihre Beziehung zu Ihrem Vater und seine neue Rolle betrifft. In Erwachsenensprache übersetzt könnte man die Gefühlswelt Ihrer Kleinen vielleicht so beschreiben: "Hat Papa mich lieb, bin ich schuld, ist Papa jetzt böse? Darf ich Papa noch liebhaben oder hat Mama mich dann nicht mehr lieb? Was passiert mit Mama, wenn ich bei Papa bin? Ist es böse, wenn ich Papa gern hab? Macht das meine Mama traurig? Ist Mama dann weg?" Natürlich klammert Ihre Tochter sich an jeden Anker, den sie jetzt bekommt und sie sind nun einmal zeitlich und räumlich viel präsenter. Um so wichtiger ist es jetzt für sie, dass Sie ihr signalisieren, dass es völlig ok ist, wenn sie beim Papa ist und dass sie ihn auch lieb haben und vermissen darf. Hier heißt es dann wirklich oft die Zähne zusammenbeißen und gute Miene zum bösen Spiel machen! Egal, was passiert ist, wie sehr sie verletzt wurden oder auch wie sehr sie vielleicht im Recht sind - Ihre Konflikte als Paar sollten hier keinen Platz haben. Für Ihr Kind ist es wichtig jetzt zu erfahren, dass Papa und Mama beide noch für sie da sind und sie lieb haben und sie sich eben nicht entscheiden muss! Und auch für Sie als Eltern ist es zumindest mittel- und langfristig wichtig, wenn nicht als Paar so als Eltern zu funktionieren. Das ist eine wirkliche Herausforderung und die Hürde, an denen leider viele Eltern in ähnlichen Situationen scheitern. Kinder eignen sich nämlich leider wunderbar, um sich für eigene verletzte Gefühle zu rächen und eine weitere Bühne für die nicht verarbeiteten Konflikte zu haben. Insgeheim tut es vielleicht sogar gut, der Favorit des Kindes zu sein, der oder die Gute. Manchmal wird so regelrecht um die Aufmerksamkeit und Liebe des Kindes gebuhlt - jeder will es besser machen - doch dies ist eben nicht im Sinne des Kindes. Ich will mir aus der Ferne nicht anmaßen, Ihre Situation korrekt einzuschätzen und möchte auch nichts unterstellen. Es soll lediglich ein Hinweis sein, in welche gedanklichen und emotionalen Fallen man als Trennungspaar laufen kann. Hier hilft eben nur brutale Ehrlichkeit zu sich selbst, um sich vor solch wirklich destruktiven Interaktionen zu schützen. Ihrer Tochter helfen Sie daher überhaupt nicht, wenn Sie Ihr Trost spenden, denn wenn - wie sie sagen, sich der Vater gut kümmert, gibt es keinen Anlass zum Trösten - das wäre genau das falsche Signal! Gleiches gilt für Überreden oder auch moralische Hinweise "Papa hat dich doch lieb. Warum willst du nicht zu ihm?" Versuchen Sie soviel Normalität und Gelassenheit wie möglich zu vermitteln, verabschieden sie sich und zeigen sie ihr, dass es ok ist und sie nicht traurig macht, wenn sie zu Papa geht. Den Abschied können Sie z.B. so gestalten: "Jetzt ist deine Papazeit. Papa kümmert sich und dann und dann hole ich dich wieder ab. Habt viel Spaß zusammen! Habt dich lieb!" Haben Sie sich im Griff, wenn Ihre Tochter ihnen dann von tollen Dingen erzählt, selbst wenn es vielleicht weh tut oder ärgert und kommentieren Sie diese positiv "Es ist schön, dass Du und Papa soviel Spaß hattet. Das freut mich!" Signalisieren Sie ihr wie gesagt immer wieder, das es völlig ok ist, wenn Sie Papa vermisst, lieb hat oder toll findet und dass darunter Ihre Beziehung nicht leidet. Sie sind jetzt nicht mehr Mann und Frau, aber immer noch Mama und Papa! Sie wird das immer mehr verstehen und die Trennung ohne größere Verletzungen überstehen, wenn sie jetzt richtige Weichen stellen. Sollten Sie merken, dass Sie als Eltern einfach nicht mehr so funktionieren, kann eine Paarberatung / Mediaton helfen. Diese dient nämlich nicht immer zur Rettung einer Ehe, sondern kann auch helfen, nach einer Trennung wieder eine Kommunikationsebene zu finden. Zu letzt noch mal: ich verstehe Sie und Ihre Sorgen! Das alles ist wirklich nicht leicht. Doch es ist machbar! Und mehr noch - am Ende kann für alle eine wertvolle Lebenserfahrung sein, nämlich die, dass man trotz Trennung, unterschiedlicher Wege und Konflikte vernünftig und respektvoll miteinander umgehen kann - etwas was angesichts der ganzen Krisen in der Welt doch sehr zu fehlen scheint! Ich drücke Ihnen allen dafür die Daumen! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 04.09.2015


Antwort auf: 2 Jähriges Kind will nich zum Papa

Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich werde nochmal in mich gehen und schauen ob ich unbewusst etwas ausstrahle,dass meine Kleine so handeln lässt. In Ihrem Beisein rede ich nur gut über meinen Ex und nur wenn sie weg ist,also wirklich weg,bei Papa,dann rede ich mit anderen wie ich mich fühle.Damit soe das nicht mitbekommt.Aber Kinder sind ja wahre Emotionskünstler die bekommen alles mit. ☺ Sie haben mir auf jeden Fall die Angst genommen,dass unser Vertrauensverhältnis beschädigt wird. Vielen Dank

von rose2013 am 05.09.2015, 00:09


Antwort auf: 2 Jähriges Kind will nich zum Papa

Liebe Rose, wenn das so angekommen ist, freut es mich! Sie müssen sich bezüglich des Vertrauensverhältnis wirklich keine Sorgen machen. Ich Tochter muss jetzt einfach viel ausprobieren, um mehr Sicherheit zu finden. Sie testet jetzt einfach auch, wie Sie reagieren. Natürlich wird sie an der ein oder anderen Stelle mal was mitbekommen. Das ist aber auch nicht schlimm! Die Dosis macht hier das Gift! Andere Paare streiten ja auch und Konflikte gehören zum Leben nun mal dazu. Wichtig ist nur, dass die Kleinen lernen, dass sie als Eltern ja weiterhin für sie da sind. Und wir als Eltern müssen lernen -vor allem später (!) - das wir uns nicht ausspielen lassen. Doch das gilt ebenfalls für alle. Trennungen sind nicht schön, doch Kinder können sie sehr wohl gut verarbeiten. Besser oft als die Alternative, nämlich dauerunglückliche, streitende Eltern die ein schräges Modell von Beziehung vorleben. Nochmals alles Gute, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 07.09.2015