`n paar Anstöße (Achtung, lang)

Hallo,

beim Lesen hatte ich ein paar Gedanken zu der Situation, ich schreibe sie einfach mal auf. Ich kenne Dich nicht selbst, und aus einem Posting kann man natürlich nicht alles über jemanden erfahren. Deshalb sind das alles nur Anstöße, schau einfach mal, ob etwas für Dich dabei ist, gell.

Wenn man jemanden heiratet, also viele Jahrzehnte mit ihm verbringen möchte, muss man davon ausgehen, dass derjenige sich weiterentwickelt. Das Leben ist nicht starr und tritt nicht auf der Stelle, und auch der Mensch soll und will sich entwickeln. Wenn man das nicht annehmen möchte, sondern Widerstand gegen Veränderungen (eigene und die des Partners) aufbaut, wird man ständig unglücklich sein. Nun wirst Du wahrscheinlich sagen: Ich habe ja nichts gegen Veränderungen, aber sie sollen natürlich in meinem Sinne und für mich nachvollziehbar sein.

Aber das Wesen aller Veränderungen und Weiterentwicklungen ist, dass sie eben nicht vorhersehbar sind, und dass sie einem nicht unbedingt gefallen müssen. Du leidest, weil Dein Mann sich weigert, ein Leben lang derselbe zu bleiben. Nämlich der, den Du geheiratet hast. Und auch er leidet, weil Du ihm seine Weiterentwicklung nicht gut erlauben kannst. Wenn man sich selbst zu einem gesunden/spirituellen (oder was auch immer) Lebensstil entwickelt, ist das gut und macht einen reicher und tiefer. Und wenn die Partnerin da nicht mitgehen will, dann ist das sehr schwierig.

Du hast viele „Abers“ zu jeder Form von Hilfe. Bei einer Paartherapie wird keine Schuldfrage gestellt. Es wird auch nicht gefragt, von wem ein Trennungswunsch ausgeht (das interessiert übrigens auch einen Scheidungsanwalt oder Richter nicht). Das sind alles Scheingründe, um nicht handeln zu müssen. Aber das Geheimnis des Lebens ist, dass Dinge nie von selbst besser werden. Aussitzen ist keine Option. Der Spruch, dass man seines Glückes Schmied ist, stimmt zu 100 Prozent. Niemand nimmt Dir diese Aufgabe, der Dein Lebensjob ist, ab. Und deshalb: Natürlich hilft eine Paartherapie!

Es könnte sein, dass es Deine Aufgabe für die nächsten Jahre ist, Dich weiterzuentwickeln. Das heißt nicht, dass Du werden solltest, wie Dein Mann. Es kann aber zum Beispiel heißen, sich von alten Ideen dazu, wie Dein Mann und Deine Ehe sein sollten, zu lösen. Und den Dingen zu erlauben, dass sie sich wandeln und auch weiter verändern werden. Es könnte auch heißen, in Dir selbst noch mehr Spielraum für innere Entwicklung zu entdecken. Vielleicht schlummern auch da noch Dinge, die gelebt werden wollen.

Wenn Du Dich statt auf Deinen Mann mehr auf Dich selbst und Deine Wünsche, Träume und Potenziale konzentrierst, wirst Du von selbst erfüllt und glücklich - ganz unabhängig von Deinem Mann. Ja sogar unabhängig davon, ob Du Dich eines Tages trennst oder nicht. Du wirst die Fülle und Tiefe Deines eigenen Lebens so spannend finden, dass das gar nicht mehr so wichtig ist. Und vielleicht wirst Du dann auch besser mit Deinem Mann leben können, weil Du an Dir selbst erfährst, wie wertvoll Weiterentwicklung ist.

Das ist nicht nur graue Theorie. Ich selbst habe im Laufe der Jahre fast alles verändert. Ich habe nochmal einen neuen Beruf gefunden, der mich glücklich macht. Ich bin Vegetarierin geworden, mache leidenschaftlich Laufsport, bin spirituell unterwegs (Einkehrtage mit Meditation in Klöstern oder buddistischen Zentren etc.), habe einen Bestseller geschrieben (kein Witz). Es hat sich in den letzten ca. 10 Jahren in meinem Leben fast ALLES verändert. Mein Mann staunt nur noch, geht aber mit. Er ist neugierig, findet das spannend, auch wenn er nicht alles versteht oder nachvollziehen kann. Das muss er auch nicht. Aber er lässt mir Raum für diese neuen Dinge.

Wichtig ist natürlich, dass man den Partner nicht missioniert. Wenn Dein Mann das tut oder Dir vorwirft, dass Du nicht so lebst wie er, die Dinge nicht so siehst wie er, dann ist das natürlich auch ein Problem. Deshalb fände ich eine Paarberatung (wenige Sitzungen) oder Paartherapie (langfristiger) sehr hilfreich für Euch beide.

LG