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Zu Hause türkisch, draußen deutsch. Richtig?

Thema: Zu Hause türkisch, draußen deutsch. Richtig?

Hallo ihr Lieben, Ich habe eine 2 jährige Tochter, die 2 sprachig aufwächst. Momentan bildet sie relativ neu Sätze auf türkisch, kann aber auch einige Wörter auf deutsch, wie sitzen, essen, trinken, spielen...usw. also die "Grundbausteine". Sie wird im Sommer in den Kindergarten gehen. Bis dort hin möchte ich sie auf die deutsche Sprache " vorbereiten". Mein Konzept ist derzeit: zu Hause türkisch und draußen (auf dem Spielplatz, einkaufen, bei/mit Freunden) deutsch. P.s.wir sind jeden Tag an der frischen Luft mind. 2 Stunden. Meine Frage ist: wäre die Vorgehensweise in Ordnung oder wird meine Tochter dadurch nur verwirrt. Habt ihr damit Erfahrung gemacht? Danke für eure Antworten. LG Tugba

von ElifNurMam am 03.11.2017, 18:46



Antwort auf Beitrag von ElifNurMam

Hej und willkommen hier! Richtig und falsch gibt es nicht - und kindliche Verwirrung durch mehrere Sprachen auch nicht. Der Punkt ist nur: Bekommt dein Kind dadurch nicht eher das Gefühl, die türkische Sprache verstecken zu müssen? Ich habe deutsch (in DK) geredet, wenn wir umgeben von Menschen waren,d ie unser Gespräch nichts anging - oder wenn wir eben zuhause waren. Aber auf jeden Fall auch unterwegs - in der Supermarktschlange, im Bus etc. Wenn Dänen dazukamen ,die uns verstehen sollten ,dann habe ich auf Dänisch gewechselt. Du kannst es so machen, wie Du schreibst, verwirrt wird Dein Kind dadurch nicht. Aber ich hätte nicht gern gewollt, daß bei meinen Kindern der Eindruck entsteht, sie müßten ihre 2. Muttersprache "zuhause verstecken" (Meine Schwiegermutter hatte durchaus mal Bedenken, daß ältere Herrschaften in DK durch unser Deutsch unangenehme Erinnerungen an den Krieg bekamen --- und ich denke, sobald es nicht mehr Englisch oder Französisch ist, reagieren auch in Dtld. manche Menschen eher negativ auf die 2. Muttersprache,. dem gitl es doch entgegenzuwirken, bzw. dem Gefühl des Kindes, sich da anpassen zu müssen. Viel Erfolg und Freude weiterhin, erzähl doch ab und zu mal, wie es Euch ergeht! Gruß - Ursel, DK

von DK-Ursel am 03.11.2017, 19:02



Antwort auf Beitrag von ElifNurMam

Ich spreche mit meinem Kind ueberall Deutsch. Nur wenn etwas eigentlich fuer die Italiener bestimmt ist, spreche ich Italienisch. Ich habe am Anfang teilweise auch den Leuten auf Italienisch gesagt, dass Kind zweisprachig aufwaechst. Manchmal wurde ich auch gefragt, ob Kind Italienisch sprechen koennte. Da hat Kind dann oft selbst geantwortet.

von germanit1 am 05.11.2017, 16:56



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Als Fachkraft für Sprache im Kindergarten kann ich nur den Tipp geben auch draußen türkisch zu sprechen, wenn das eure Familiensprache ist ;-) Je besser und gefestigter die Muttersprache ist, desto leichter erlernt dein Kind später auch die deutsche Sprache. Sprichst du nun draußen deutsch hat dein Kind im türkischen Lücken, da gewissen Worte eben nur draußen vorkommen. Sprache kann sich so nur bedingt entwickeln. Ich bekomme immer wieder Kinder in die Gruppe, die wenig oder gar kein Deutsch können und wenn sie in ihrer Erstsprache gut sprechen, dass holen sie das Deutsche ganz schnell auf. Die Grammatik im Deutschen ist umso besser, wenn sie auch in der Muttersprache über eine komplexe Sprache verfügen. Entscheiden darfst das aber du ;-)

von Wunschkind2008 am 05.11.2017, 19:11



Antwort auf Beitrag von ElifNurMam

Deine Tochter hat doch auf dem Spielplatz Kontakt zu anderen Kindern. Da wird sie doch auch schon Deutsch lernen. Und wenn ihr unterwegs seid hoert sie doch auch Deutsch. Ich wuerde auf dem Spielplatz ein Auge drauf haben, ob deine Tochter ev. gehaenselt wird, weil sie kein Deutsch spricht. Als ich mit meinem in Deutschland auf dem Spielplatz war und er sich nicht richtig auf Deutsch ausdruecken konnte (hat mehr Italienisch als Deutsch gesprochen) hat sich ein Kind ueber ihn lustig gemacht (genau erinnere ich mich nicht mehr - der war irgendwie gegen Auslaender was in dem Alter wohl aus dem Elternhaus kam). Ich habe meinem Kind geholfen und dem Kind gesagt, dass Pizza und Spaghetti aus Italien kommen und Italien nicht bloed ist. Spricht dein Mann den auch Tuerkisch?

von germanit1 am 06.11.2017, 11:30



Antwort auf Beitrag von germanit1

Gute Nacht ihr Lieben, Danke für euer Feedback und tipps. Dies hat mich motiviert und gestärkt. Ich glaube, ich mach mir zu viel Kopf, was Erziehung und Bildung meiner Tochter Elif Nur nangeht. Ich möchte_wie alle Mütter_ das beste für mein Kind. Mein Mann spricht leider auch türkisch mit Elif Nur. Ich habe gehört, dass, wenn ein Elternteil eine Sprache und der andere Elternteil die andere Sprache spricht, lernt das Kind mehrere Sprachen besser und gefestigter. Aber bei uns ist das nicht der Fall. (Würde auch schlecht gehen). Es ist nämlich so, dass ich komplett die Aufsicht und Erziehung meiner Tochter habe, da mein Mann auf der Dauer-Nachtschicht ist. Also nachts arbeitet und tagsüber bis 17:00 Uhr schläft. Und ca. 1-2Stunden braucht, bis er zu sich kommt. Also die meiste Zeit nicht "da ist". (Um 19: 30 schläft schon die kleine.) Da bleibt nicht viel Zeit zum kuscheln und spielen mit Papa. Es ist nicht leicht, aber ich mach das beste drauß. Naja wie auch immer. Das Leben geht weiter..... LG Tugba

von ElifNurMam am 07.11.2017, 01:59



Antwort auf Beitrag von ElifNurMam

Hej nochmal! Du solltest nicht bedauern ,daß Dein Mann so konsequent seine Sprache mit Eurer Tochter spricht. Der Einfluß der Umgebungssprache wird, wenn sie in einen dt. KIGA geht, auf eine dt. Schule und dt.Freunde hat ,sehr schnell sehr groß - da ist es gut mit einem Gegenpol in der Nicht-Umgebungssprache. Wir hatten z.B. auch Deutsch als Familiensprache zuhause - es sei denn, es waren Dänen dabei. Mein Mann sprach zwar Dänisch mit den Kindern, aber zusammen verlief alles auf Deutsch. Trotzdem hatten meine 2 Töchter Dänisch als Sprache untereinander - sogar, wenn wir Auto fuhren und nur noch ich dabei war (am Steuer), redeten sie hinten Dänisch. Du siehst, der Einfluß der Umgebungssprache ist groß. Und ja, mach Dir vorher nicht zuviele Sorgen, es kommt immwr anders als man denkt, mit Kindern sowieso, und Prinzipien nützen wenig, wenn man sie nicht durchhalten kann. Wichtig ist nur: So oft wie möglich die Umgebungssprache. Und so natürlich wie möglich in den Alltag bei Euch integrieren. Das sind die besten Voraussetzungen! Alles Gute und schreib doch mal ,wie es so läuft! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 07.11.2017, 10:01



Antwort auf Beitrag von ElifNurMam

Liebe EliNurMam! Ich bin selbst mit zwei Sprachen aufgewachsen. Das hat so gut funktioniert, dass nun auch meine Kinder zweisprachig aufwachsen können. Meine Mutter hat mir gesagt, dass man mit den Kindern nur eine Sprache sprechen soll; egal ob drinnen oder draußen. Zu beachten ist: Man vermittelt den Kindern, dass es einem als Mutter wichtig ist, in der Muttersprache zu reden und dass man stolz auf diese Sprache ist. Wenn Du anfängst, draußen Deutsch zu reden, dann bekommt das Kind die Information (übertrieben formuliert) "Aha, Türkisch ist peinlich / nicht so gut, weil man es in der Öffentlichkeit nicht sprechen darf, sondern nur dann, wenn es die Öffentlichkeit nicht hört." Vielleicht hast Du Freunde, die mit Deiner Tochter Deutsch reden können. Oder einfach nur dem Spielplatz gehen. Deine Tochter wird die Kinder dort Deutsch reden hören. Das sollte als Vorbereitung reichen. Wenn Deine Kinder in den Kindergarten und später in die Schule kommen werden, lernen sie ganz schnell Deutsch und das Türkische rückt automatisch immer mehr in den Hintergrund, weil das Leben der Kinder immer mehr in der Deutschen Sprache stattfindet wird (Spielkameraden). Darum ist es wichtig, am Anfang eine besonders gute Sprachbasis aufzubauen (angeblich sind die ersten 3 Lebensjahre prägent) und später diese aufrechtzuerhalten. Auch wenn die Kinder dann im Dialog mit Dir auf Deutsch reden sollten, ist es ratsam weiterhin auf türkisch mit Ihnen zu reden. So hören Sie die Sprache immer wieder und gerät so nicht in Vergessenheit. Meine Geschwister und ich wollten vor allem während der Pubertät nur Deutsch reden, denn die Sprache der Eltern ist peinlich (in dieser Zeit war mir alles, was meine Eltern machten peinlich...aber angeblich geht es den meisten Pubertierenden so). Nach dieser Zeit war ich sehr froh, dass meine Mutter hartnäckig blieb. Jetzt spreche ich voller Stolz die Sprache meiner Mutter und zwar sosehr, dass ich sie meinen Kindern weitergeben möchte. Das ist mein Erfahrungsbericht; ich hoffe, er hilft Dir! Herzliche Grüße, Ingrid

von ingrid001 am 07.12.2017, 17:37