Mehrsprachig aufwachsen

Mehrsprachig aufwachsen

Fotogalerie

Redaktion

 

Geschrieben von JuliaB am 31.07.2005, 12:44 Uhr

@Paula

Liebe Paula,
erstensmal bin ich nicht der Meinung, daß es sich bei "USA, Argentinien, GB, Teile Westafrikas, Polynesien" um weite Teile der Welt handelt. Und wenn schon, was würde das zeigen? Ich bin kein "Weltmensch", ich lebe nur gerade in einem skandinavischen Land, weil es sich so mehr oder weniger zufällig ergeben hat. Für jeden Mensch ist der Platz an dem er leben muß "die Welt" und mit den Regeln die dort gelten muß er sich auseinandersetzen. Es ist also für den Einzelnen im Ergebnis völlig uninteressant, was "in weiten Teilen der Welt" oder für die Mehrheit der Menschheit angeblich ein Ideal sein soll.

Um ehrlich zu sein: Sicher kann man durch eine verwaschene Sprache einen tollen Eindruck der "Weltläufigkeit" bei anderen Menschen machen und seine ganz besondere Individualität ausdrücken. Nur wer läßt sich davon lange blenden? Außerdem, sicher gibt es in den USA verschiedene Sprachmischungen. Das heißt doch noch lange nicht, daß man mit seiner eigenen individuellen Sprachenmischung beitragen muß - sozusagen spräche dann jeder seine eigene Sprache. Dieser Meinung kannst Du sein, bitte. Wir haben selbst amerikanische Freunde, die mit Deinen Aussagen ganz sicher nicht mitgehen würden. Es kommt da sicher auch auf das Milieu an, in dem man sich bewegt, oder?

Scheinbar war bei Deinem Leben im Ausland immer nur Friede, Freude, Eierkuchen. Wenn man freundlich und offenherzig aufgenommen wird, dann kommt man so zurecht. Vielleicht bist Du auch so eine Frohnatur, daß sich alle mit Dir unterhalten wollen, egal wie Du sprichst, zur Not auch mit Händen und Füßen.

Mir (und vielen anderen Ausländern) hier kommen die Skandinavier zum Beispiel nicht so entgegen. Und das gilt übrigens nicht nur für die Schweden, ich habe auch schon mal woanders in Skandinavien gelebt. Ein bißchen diese Sprache und ein bißchen eine andere eingemixt, kommt hier sehr schlecht an, oft geraten die Gespräche dann sehr kurz, wenn Du verstehst, was ich meine. Sicher ist es in dieser Hinsicht hier sehr "kühl", es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß solche Konventionen nicht auch in anderen Ländern mehr oder weniger stark ausgeprägt vorkommen. (nur zum Beispiel: versuchs doch mal in Frankreich mit "ein bißchen französisch", vielleicht mit ein wenig Englisch vermischt oder in Italien mit einem Gemisch aus spanisch und italienisch - viele werden Dich verstehen, aber...viel Spaß bei dem Versuch ;-).)

Was die "Reinheit" einer Sprache angeht, so meine ich damit nicht, daß bestimmte Wörter aus anderen Sprachen übernommen worden sind o.ä. Es geht doch für ein Kind darum, zu wissen, was in einer Sprache gilt, welche Wörter ein Deutscher versteht. Wenn ein Wort (meist Substantive) im normalen deutschen Umgang vorkommt, dann ist es kein Wort aus einer fremden Sprache mehr. Was ich mit Unreinheiten meine ist, wenn z.B. Verben und Adjektive falsch angewendet werden, weil sie zum Beispiel in beiden Sprachen ähnlich vorkommen, aber eben eine ganz andere Bedeutung haben oder eben nur eine ein bißchen andere Bedeutung. Solche Unterschiede sind im Alltag wichtiger als man denkt. Daß gewisse Wörter in die andere Sprache individuell übernommen werden, kommt sogar häufig bei Erwachsenen vor, die mehrsprachig leben. Das nenne ich jetzt mal "Sprachverwirrung im Kleinen". Das ist meist kein Problem, aber wenn Kinder mit einem undefinierbaren Sprachengemisch bombardiert werden, kann das wirklich zu einer größeren Verwirrung führen, weshalb es nie ein schlechter Vorschlag ist, konkrete Sprachzuständigkeiten zu haben und dabei konsequent zu sein.

Mein Mann hat übrigens einen Kollegen in den Niederlanden, den er von Workshops kennt, der einige Zeit als Lehrer für EU-Diplomatenkinder gearbeitet hat. Diese Kinder sind mit mindestens drei Sprachen konfrontiert. Dabei bleibt notwendigerweise die Tiefe der Sprachbeherrschung auf der Strecke. Überdurchschnittlich viele dieser Schüler schaffen die allgemeine Hochschulreife nicht, berichtete dieser Mann. Sprache ist eben ein Werkzeug und wenn man einen Hammer braucht nützt ein "Sägenmeiselhammerschrauber" recht wenig um den Nagel in die Wand zu bekommen ;-).

Das war es nun wirklich zu diesem Thema von mir,
viele Grüße
Julia

 
Unten die bisherigen Antworten. Sie befinden sich in dem Beitrag mit dem grünen Pfeil.
Die letzten 10 Beiträge im Forum Mehrsprachig aufwachsen
Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.