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Mehrsprachigkeit

Thema: Mehrsprachigkeit

Hallo ihr Lieben, Unser Sohn ist jetzt 14 Monate und wächst mehrsprachig auf. Also bis jetzt spricht er noch gar nichts ...aber bald :) da Frage ich mich, ob wir mit ihr zeitgleich mit dem sprechen lernen auch die unterschiedlichen Schriften / Alphabete zu den jeweiligen sprachen üben sollen oder kommt das eh viel später erst in der Schule z.B.?

von LifeIsABucketOfCherries am 04.04.2021, 06:33



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Hej und willkommen hier! So eine Frage nehme ich wenig ernst: Du willst doch nicht wirklich einem 2j. Kind das Schreiben beibringen - oder? Egal, ob mir 1, 2 oder 3 Alphabeten? Wozu? Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.04.2021, 10:05



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Hallo! Ich hatte auch die Situation, dass meine Muttersprache Russisch ein ganz anderes Schriftsystem hat als die Umgebungssprache (Vatersprache) , also Deutsch. Ich habe damals der Großen, und beim Kleinen ja genauso, Buchstabenwürfel besorgt, aber nur in der Nicht-Umgebungssprache, und immer wieder in der Büchern auch die Buchstaben gezeigt, etwa ab 10 Monaten. Mit 13 Monaten konnte sie so 19 Buchstaben sicher auseinanderhalten, aber noch nicht richtig aussprechen. Also zeigen ging, benennen ging nicht immer. Das habe ich aber nur gemacht, wenn Interesse dafür da war. Das Lesen kam übrigens deutlich später, erst mit 4 konnte sie Buchstaben/Laute zu Silben zusammenziehen, das wirkliche Lesen erst jetzt mit 5 Jahren. Übrigens hat sie die deutschen Buchstaben dann im deutschen Kindergarten so halbwegs kennen gelernt, und hat sich das Lesen auf Deutsch selbst beigebracht, also das Prinzip einfach in die andere Sprache übernommen. Im Herbst kommt sie in die Schule, da bin ich schon gesprannt, wie es weitergeht. Übrigens habe ich das Gefühl, dass ihr das Lesen sehr beim Sprache erlernen geholfen hat. Vor dem Lesen konnte sie kaum ein Wort auf Russisch sagen. Als wir aber immer wieder Lesen geübt haben (mit 4), da war es, als ob sie erst jetzt begriffen hat, wie man das Wort spricht, weil sie es ja in Buchstabenform gesehen hat und nun wusste, wie man es liest. Von da an hat sie so viel Russisch dazugelernt!

von Ivdazo am 04.04.2021, 10:39



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Hej Ivdazo! Interessant, was Du erzählt. Mir ist das a) zu kopflastiger Zugang zur Muttersprache und b) eben viel zu früh für schulische Dinge. Aber das sieht ja jeder anders und macht daher interessante Erfahrungen. Ich weiß von einer Dänin, die ihr Kind deutsch-dänisch erzog, weil sie selbst wie auch ihr Mann mehrere Jahre in Dtld. gelebt hatten, und die dann hierzulande (Deutsch-)Lehrerin wurde, daß die mehrsprachig aufwachsenden Kinder niemals Probleme mit dem Schreiben in der anderen Sprache hatten, selbst wenn dann eben die Aussprache/Schreibweise von einander abwich. Beiden Kindern,die Deutsch erst als Fremdsprache lernen mußten, haben sie damit nicht in derzeit angefangen, als sie grundsätzlich Buchstaben lernten, da beschränkte man sich auf das Dänische. Diese theoretische Absprache auch mit der Schulleitung etc. bestätigt sich ja auch immer wieder in Foren wie diesen:die kinder, die die Wörter kennen, lernen das Schreiben in der jeweiligen Sprache parallel zum Schreibenlernen in der Landessprache,also in der 1. Klasse. Ich denke, man kann gerade Kindern dann auch leicht vermitteln,daß andere Sprachen ihre eigene Schrift, ihre eigenen Zeichen haben. Sie verstehen ja wie wir auch auch Verkehrszeichen, römische zahlen etc., wenn wir sie brauchen. Und wenn nicht, war ich immer sicher, daß sie sich das schnell zu eigen machen können,wenn sie es später wirklich brauchen. damit hatten wir keine Eile, wir haben im Gegenteil auch später vermieden schulischeDinge vorab zu üben,denn gelangweilt haben sich die Kinder noch genug... lieber andere Dinge fördern, die in der Schule eh zu kurz kommen,wie Musik, überhaupt künstlerische/musische Begabungen und Sport oder Hobbies vertiefen wie Astronomie udn Zoologie etc. Frohe Ostern - Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.04.2021, 13:34



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Hallo Ursel! Bei uns in der Kultur gehört es dazu, Kinder schon sehr früh mit "Bildung" vertraut zu machen. Bei uns in der Familie ist es noch etwas mehr verankert. Wir Kinder konnten mit 3 Jahren schon lesen, schon früh rechnen, haben gefühlt den halben Tag mit Büchern verbracht. Ich erinnere mich, als ich um die 8 Jahre war, habe ich meine Mutter gefragt: "Was machen denn andere Kinder den ganzen Tag, wenn sie nicht lesen können? Es ist doch so langweilig!" Ich meinte durchaus die 4-5-Jährigen. Bei meinen Kindern ist es viel abgemilderter, ich lege viel mehr Wert auf Bewegung, freies Spielen, Natur, etc., aber ich kann beim besten Willen nicht verstehen, was so schlimm daran soll, Kindern, auch Kleinkindern, Lesen und Rechnen beizubringen. Dass es in der Schule vermittelt wird? Und? Ich war auf der Schule, auch auf einem Gymnasium. Ich habe gesehen, wie "toll" die Kinder dort das können, und das sind Muttersprachler! Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das waren tatsächlich Ausnahmen. In der Klasse meiner Schwester war es übrigens das Gleiche. Du sagst immer wieder "Die anderen Kinder holen schnell auf." Ich wundere mich jedesmal darüber. Wieso holen sie auf? Wieso bleibt das andere Kind so sehr auf der Stelle stehen, dass die anderen aufholen können? Lernt es in der Zwischenzeit nichts? Oder wird es so langsam? Wie können die anderen in einigen Wochen / Monaten aufholen, was das andere Kind vor 1-2 Jahren (oder gar 3-4) gelernt hat? Wieso kann es nicht weitermachen mit dem Lernen? Wieso darf es nicht in der 2./3. Klasse Bruchrechnen lernen? Oder eine weitere Fremdsprache? Oder "Drei Musketiere" lesen statt "Geschichten vom Franz"? Oder sich mit der Entdeckung Amerikas auseinandersetzen, statt zu lernen, dass ein Eichhörnchen im Wald lebt. Wieso sagt man in Deutschland so häufig "Lass das Kind doch Kind sein"? Was ist meine Tochter denn sonst, als ein Kind? Natürlich ist sie Kind! Sie schmollt, und trotzt, und hat mal keine Lust, und kann nicht Fahrrad fahren, und baut alles Mögliche (und ich meine "alles") aus Lego, Kissen, Schnee, Kartoffelbrei, und kann dennoch in 2 Sprachen lesen. Davon hört doch alles andere nicht automatisch auf. Natürlich darf man es nicht so machen, wie bei manchen Wunderkindern in der Sowjetunion, dass die von morgens bis abends ganz allein an ihrem Talent arbeiten mussten und nichts anderes. Es gibt aber Wege, wie man Bildung ganz natürlich in den Alltag integriert, weil es für mich ganz einfach dazugehört, und für meine Kinder auch. Und wenn ich meine Große rufe, weil ich mit ihr "lernen" will, dann rebelliert mittlerweile mein Kleiner mit seinen 3 Jahren und weint, wenn er nicht mitlernen darf. Und als ich ihn fragte, warum er denn weint, dann sagte er "Soll ich denn dumm bleiben?"

von Ivdazo am 04.04.2021, 18:39



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Ich glaube, Du hast mich etwas mißverstanden oder interpretierst manche Sätze anders als wir. Wenn ich sage, "das holen sie auf", dann meine ich die Fertigkeit, und in der Tat wirst Du bei einem normalen Kind ohne andere Schwächen nach kurzer Zeit keinen Unterschied zu einem Kind sehen können, das Lesen schon vor der Schulzeit beherrscht hat. Daß vielleicht die Anzahl der Bücher dfifferiert, wenn das eine Kind schon mit 4 welche liest und die anderen erst mit 6 oder 7 anfangen - geschenkt. Trotzdem ist das reine Lesen auch für andere Kinder ganz schnell kein Problem - und den anderen hättest Du es mit 4 auch nicht schneller beigebracht. Wenn jemand sagt, man möge das Kind doch Kind sein lassen, dann verstehe ich das zumindest so, daß man dem Kind sein Tempo und seine Art zu lernen - altersgerecht - belassen sollte. Meine kinder haben NIE eine Zeit, eine Lebensphase ohne Bücher verbracht - mit mir als mutter ging das gar nicht. Trotzdem ist es eben ein Unterschied, ob Du jemandem mit 6 oder 8 erklärst, im Buch zeigst oder gar mit einem Versuch ausprobierst, wie Wasser und Sand sich verbinden oder wie die Schwerkraft funktioniert, oder ob ein Kind mit 2 oder das rein im eigenen Spiel entdeckt, ohne daß ich ihm dann was von physikalischen Gesetzen erzählen muß. Wie eine freundin (als Erzieherin tätig) mal sagte: Nimm einem 25J. ein Jahr, sperr ihn für 1 Jahr weg - es ist eine blöde Zeit, aber es ist kein Drama. Mach sdasselbe mit einem kleinen Kind, es verpaßt wichtige Entwicklungsschritte ." Genau, nämlich die, worauf es aufseiner Erfahrnug gelernt hat und darauf aufbaut. Unsere Vorschulpädagogin beklagte sehr, daß manche kinder zuhause kene Singspiele, kenie Tanzspiele, selten gesungen undwenig gesprochen nahgtten --- das in der Vorschulklasse ist eben nicht mehr dasselbe wie mit einem 1j. Kind auf dem Schoß Hoppe-Reiter zu machen - gerade in den verschiedenen Entwicklungsjahren, dies ja eben rasant sind, lernen Kinder auch methodisch so unterschiedlich. Und wieso haben Kinder keinen Zugang zu Bildung, die mit ihren (Groß)Eltern ins (Kinder-) Theater gehen, wenn sie ein Instrument lernen oder in der Musikgruppe singen oder beim Fußball im Team spielen oder schwimmen oder ...? Ist es keine Bildung, mit dem Kind an den Strand, in den Wald zu gehen oder abends den Sternenhimmel anzuschauen,wenn es sich dafür interessiert? Geht alles ohne lesen! Und wer sagt, daß sie deshalb weniger mit Büchern leben als Deine Kinder? es gibt sicher viele Arten,seine Kinder zu erziehen. ich wollte eben so lange wie möglich keine schulischen Bereiche in ihr Kleinleben lassen - in dieser ersten Zeit haben sie Gott sei Dank auch hier im KIGA sehr viel gespielt, soziale Fähigkeiten erworben und sich austoben können. das nenne ich alles Bildung - das andere, was dann vermehrt kommt, ist Ausbildung. Und wenn Dir das andere wichtig ist, ist es ja okay. Hier war es viele Jahre andersrum, sie lernten, wo das Spielen sie gerade hintreibt, Denn Spielen ist nicht so zielgerichtet wie alles von den Erwachsenen vorgegebene. Spielen besteht aus Zufälligkeiten, dann fängt etwas das Interesse und man probiert weiter - auf die kindliche Art, ohne daß eben die Erwachsenen und Bücher einen an-leiten. so denke ich,der Ansatz hier ist immer noch der dem Kind angemessenere. Ich fand es gut für meine Kinder, und glaube mir: An Bildung fehlt ihnen genau nichts - sie haben es nur zuerst anders gelernt! Wenn Deine auf Deine Art trotzdem genug Kind sind, ist es doch wunderbar. Wie gesagt, ich glaube fest, daß man nichts früher bekommt, nur weil man es vor den anderen gelernt hat - wir sprechen jetzt ja nicht von Profikarrieren im Sport oder in der Musik, da muß man wohl früh anfangen und viel üben. Aber selbst als Verfasserin hat meine Große 2x den schwierigen Zugang zur Verfasserschule bekommen, geht also auch. Kindsein bei mir heißt eben: Kinder lernen zu jeder Minute ihres kleinen Lebens - ohne daß wir Erwachsenen da sehr viel steuern müssen. Wir tun es ja eh - mit Sport, Musik, Vorlesen, Spielen etc. - aber dann ist bei mir auch gut. Jeder wie er mag - nichts für ungut - Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.04.2021, 20:24



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Ursel, ich finde Deine Beschreibung sehr richtig. Und Ivazdo hat recht - das ist ein kultureller Unterschied - immer wieder wenn ich ihre Beiträge lese, muss ich denken: typisch Russisch. Ich bin oft selber total verblüfft, wie stark mich das an manche mir bekannte Mütter mit demselben Kulturhintergrund erinnert. Bei mir war die mehrsprachige Erziehung auch stärker durch Neugier geprägt - nach dem Motto "Mal sehen, was das Kind aus der Situation macht." Und durch Emotion - jeden Sprache verbinden sie mit für sie wichtigen Bezugspersonen, die ihnen Familiäre Geborgenheit bieten. Klar, man kann auch Kleinkindern eine Menge beibringen, sie merken sich praktisch alles. Ob das die speziellen Namen für Fische im heimischen Aquiarium sind, die Namen für alle möglichen Pflanzen, Automarken, was auch immer. Unser Sohn konnte mit elf Monaten auf bildern Glockeblumen und Vergissmeinnicht richtig zeigen. Hat ihn halt interessiert... Buchstaben haben sie früh gelernt, sie sind ja auch wirklich auf allem möglichen Spielzeug drauf, genau wie Zahlen. Lesen erst im Vorschulalter - von sich aus. Mir ist wichtig, dass sie die Sprachen neutral verwenden (also keinen Widerwillen dagegen entwickelt haben, der schnell durch (Erwartungs-)Druck entstehen kann) und ansonsten vor allem ihre Kreativität und soziale Kompetenzen möglichst weit entwickeln - denn das wird wohl in Zukunft die wichtigste Grundlage für persönliche Zufriedenheit und beruflichen Erfolg sein. Ich bin da eher nicht so ehrgeizig, sehe gerade beim Erwerb DIESER Kompetenzen keinen Vorteil in einem wie auch immer gearteten Vorsprung gegenüber anderen Kindern in Schulwissen und -fertigkeiten. Sie sollen unbefangen mit Altersgenossen spielen, sich denen nicht überlegen fühlen oder gar sich mit "ich kann schon lange xy" brüsten. Stattdessen dürfen sie sich ruhig auch mal was von anderen Kindern abschauen, was die schon wissen oder können, das motiviert :-) Aber da gibt es sicher viele Meinungen. Ich bin vor allem schon länger zu der Einstellung gelangt, dass wir Eltern sowieso höchstens ahnen können, welches Wissen unsere Kinder mal brauchen werden. Alles ändert sich so schnell...Selbst die Frage ob sie die drei Sprachen, die wir zu Hause sprechen, auch tatsächlich als Erwachsene alle brauchen werden, kann ich doch nicht wirklich wissen. Vielleicht emigrieren sie ja mal nach Kanada und brauchen da dann stattdessen Englisch und Französisch?

von Kacenka am 07.04.2021, 11:54



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Danke Dir, ich kam mir schon wie eine Rabenmutter vor, weil ich meine Kinder nicht mit 2 Jahren schon Schule zugemutet habe. (Ironie ) (Ich übertreibe , aber so wirkt es eben auf mich - und ich erinnere ich auch an eine Frau, die in Japan wohnte vor langer zeit und beiden ersten PISA-Studien und dem Neid auf die japanischen Ergebnisse nur kommentierte: Ja, toll - aber so wie die Kinder hier leben will keiner von und seine Kinder großwerden lassen.) Ich woltle hier nichts mehr schreiben, aber ich sehe genau wie Du. Letztendlich eben darf ja jeder mit seinen Kindern in Sachen Erziehung vieles machen ,wie er/sie will - hierzulande ist man trotz aller Verkopfung (die ja leider auch aus aus dem ehrgeizigen Dtld. etc. rüberschwappt) noch nicht so weit, daß unbefangenes Spielen so viel wie es nur geht unterschätzt und gegen zielgerichtetes Lernen runterprioritiert wird. Als wir hier den ersten Versuch der später geglückten Schulgründung unternahmen, haben wir uns ja bei anderen Schulen informiert und damals gefragt, was ein Rektor zu den noch unüblichen Englischstunden in der 1. Klasse sagte. Ja, prima, fand der. Aber was soll ich dafür abwählen - denn egal, wieviel und wie oft: Ich habe nur ein bestimmtes Quantum Zeit zur Verfügung, jedes JA zu etwas ist gleichzeitig ein NEIN zu anderem. DAS habe ich mir bei meinen JA-Entscheidungen immer gemerkt und versucht zu beachten. Kleinkinder lernen viel, aber sie vergessen es auch genauso schnell wieder, es sei denn, man übt immer wieder. Und das paßt eben nicht in den dänischen und meinen Kleinkinderalltag - wir üben radfahren ,vielleicht auch schwimmen, auch mal eine Viertelstunde Violine (ohne Notenlesen!!! - einfach so, wie Kinder sich eben ausprobieren) , wir singen - aber wir trommeln sie nicht zusammen, um das zu übenw,as die Scule nachher leistet. Und Bücherwerden vorgelesen - das vermittelt gemütliche Stimmung und nicht den Eindruck von Arbeit, was Lesen oft noch lange Zeit für Kinder ist, die ANSCHEINEND gut lesen. Wie gesagt, all diese Fertigkeiten holen sie schnell nach und auf. Ob jemand mit 1, 2 oder erst mit 5 ordentlich mit Messer und Gabel essen konnte, lesen oder schreiben vor oder in der Schule lernte, etc. - das merkt man dem Teenie oder Erwachsenen nicht mehr an. udn früh lesen können- ja, dann lesen die kinder in der Vorschulzeit evtl. ein paar Bücher mehr, aber auch das ist oft Charakterfrage. Ich habe eine Leseratte, die erst in der Scule anfing an zu lesen, und eine, die schon vor der Einschulung las und trotzdem heute eher praktisch orientiert ist. Fachliteratur für das spätere Weiterkommen lesen solche Kinder auch noch nicht mit 5 - also den echten Vorteil sehe ich nicht wirklich. Die Umgebung prägt uns ganz sicher. In Dtld. wäre ich vermutlich auch weniger entspannt als hier - denn hier habe ich gemerkt, gesehen,d aß es auch anders als superambitiös geht (obwohl eine dänische Mutter uns als ambitiös bezeichnete, weil sie und ich einen guten Musikunterricht mit viel Mühe und Unkosten lieber auf uns nahmen als nur Geklimper.) Aber ichsehe eben: Es geht auch anders, die Menschen hier sind weder blöder noch klüger als anderswo, aber wie ja sogar Touristen finden, deutlich entspannter und wie Statistiken alljählrich zeigen: glücklicher. DAS ist es mir wert. Ein Satz noch zu Ivdazos Satz, daß das Geschwisterchen schon frage, ob es mitlernen dürfe, wenn sich Mutter und Kind zum Üben hinsetzen. Na klar kann man das interpretieren wie Du, Ivdazo. Ich sehe es anders: Das Kind sieht eine Einheit, Mutter und das ältere Kind, die machen was intensiv zusammen - und klar wil lein kleiner Bruder oder eine kleine Schwester auch dabei sein; zu dieser Einheit gehören; dasselbe erleben. Ich glaube nicht, daß dies bei etwas anderem,was nur die beide machen und wobeisich das andere Kind ausgeschlossen fühlt, anderes wäre. Und dann stecke ich eben lieber Bügelperlen oder bastele eins dieser Papierdeckchen ,die man hier im Februar als "Ratebriefe" verschickt, oder ich male zu Ostern Euer oder ich lege Puzzeles etc. - also alles, was die Scule wenig bis gar nicht macht. Und dann hätte auch bei usn die kleine Schwester daneben gestanden und hätte dabei sein wollen, groß sein wollen, in diese Einheit gehören wollen. Das ist doch eine soziale Sache und vielleicht ebendoch weniger der Drang,. jetzt Schulstunde zu machen. Aber wie gesagt, ich lebe in DK - hier sieht und vor allem sah man das anders. Meine Kinder sind trotzdem kluge junge Frauen, die ihren Weg gehen - und die hoffentlich viele Kindheit hat ihnen viele soziale und andere Kompetenzen gegeben und gezeigt, daß Lernen wichtig ist, aber auf vielerlei Art vor sich geht. In der Schule/Studium, zuhause, im Musikunterricht/Chor/Orchester, im Sport (Stichwort Teams), in der Küche beim Kochen und auf dem Spielplatz beim Grenzenausprobieren. Lernen ist überall - und bei kleinen Kindern muß ich das nicht steuern. Die sind wißbegierig und eignen sich an, was sie brauchen! Vor allem ahmen sie eben nach - gute Sprache lernen sie dadurch, daß wir sie sprechen (auch beim Vorlesen); gute Manieren schauen sie sich ab; gesunde Ernährung lernen sie nicht dadurch, daß wir ihnen Vorträge dazu halten,sondern daß wir es servieren etc. Übrigens, gerade beim Frühstück heute haben mein Mann und ich aus gegebenem Anlaß nach der Äußerung einer Tochter wieder einmal festgestellt, daß vieles von dem, was wir bewußt und zielgerichtet angeleiert haben und mit den Kindern machten, zumindest im Bewußtsein weg ist. natürlich haben sie von Theater, Musik, Büchern profitiert; sie haben ganz sicher aus Museen und Planetarium was mitgenommen, aber sie erinnern sich an ganz andere Dinge - es sind anscheinend auch ganz andere Dinge,die sie geprägt haben,die ihnen vermittelten: hier lernen wir was, so lernen wir was. Das ist sehr lustig - weil ich manchmal denke: Hätte ich das vorher gewußt, ich hätte mir noch weniger Gedanken gemacht, was ich meinen Kindern an "Bildung" bieten muß, damit sie "was werden". Eine meiner Freundinnen sagt übrigens dasselbe. Manchmal schätzen wir unseren Einfluß auch ganz falsch ein...und das ist manchmal gut und manchmal auch nicht, wie so vieles im Leben. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 09.04.2021, 12:42



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Ursel, ich glaube wir verstehen uns da. Aber Du hast halt einen entscheidenden "Vorteil" - Deine Töchter sind schon groß und Du kannst Dich entspannt zurück lehnen, denn Du weisst, sie sind selbständig geworden und kommen im Alltag erst mal gut allein zurecht. Also hast Du nichts grundlegendes falsch gemacht :-) Bei uns, wo die Kinder noch nicht erwachsen sind, ist das doch etwas anderes... Die Aussage des kleinen Bruders, der nicht "dumm bleiben" will, fand ich auch eher traurig - was heisst das denn konkret? Dass er denkt, er sei (noch) dumm - ein Schimpfwort? Das er ganz viel von dem Üben mitmachen muss, um der Mama zu gefallen, um nicht "dumm zu bleiben"? Dass er überhaupt nur gut ist, wenn er nicht "dumm" ist? Und letztlich kam mir dabei auch die Idee, dass es vielleicht etwas mit politischer Einstellung zu tun hat WIE wir Kinder "BILDEN" - dürfen sie wenigstens die ersten sechs Jahre komplett selbstbestimmt zeigen, was sie am meisten interessiert (abgesehen von Anstands- und anderen sozialen Verhaltensregeln)? Oder soll das von Anfang an von aussen bestimmt sein, sollen immer alles die Erwachsenen entscheiden, WAS genau gerade gelernt wird? Unsere Jungs sind ja nun beide Schulkinder und wenn ich mir die zurückliegenden Jahre anschaue, auch die gleichaltrigen Kinder von Freunden oder in der Kindergartengruppe, dann finde ich, dass alle Kinder das meiste früher oder später gelernt haben - die einen früher, die anderen später. Unsere konnten mit 2 die Farben und der Kleine hat begeistert gepuzzelt, andere halt erst mit 5 - aber mit der Einschulung konnten sie es. Mit Messer und Gabel essen kam bei uns später, bei den Töchtern meiner Freundin früh... so ist es quasi mit allem. Und immer wieder habe ich mich dabei erwischt, wie ich mit anderen Kindern verglichen habe - oh xy kann schon - das müsste doch bei uns auch langsam - und musste mich da immer wieder bewusst bremsen - lass ihm die Zeit, der packt das schon, bis zur Schule ist es noch weit. Ich freue mich, dass unsere Jungs immer noch gerne raus in die Natur gehen und sich nie im Wald langweilen. Dass sie Interesse zeigen, wenn ich ihnen einen blühenden Baum voller Bienen zeige. usw. Ich mag meine Kinder einfach nicht dressieren wie ein Zirkustier, sie sollen ihre eigenen Wege finden - so bin ich auch selber "erzogen" worden und bin dankbar dafür. Ja und genau - da sind wir wieder beim kulturellen Unterschied: Klar, in Asien werden die Kinder auch viel früher "getrimmt". Die haben aber auch eine Riesenaufgabe, wenn sie lesen lernen sollen! Und die dortigen Sozialstrukturen sind einfach viel weniger aufs Individuum und viel mehr auf die Gemeinschaft ausgerichtet. Ich will das gar nicht werten. Aber auch da gibt es immer mehr Konflikte. Und schlussendlich leben wir ja hier in unserer Gesellschaft und unsere Kinder sollen ja erst mal hier klarkommen und nicht in Asien. Ich mag auch dieses Konkurrenzdenken nicht so - Du musst besser sein, schneller, weiter als die anderen Kinder. Warum? Stattdessen denke ich, dass ein Kind, das etwas mit Begeisterung und echtem Interesse tut (und nicht nur, um der Mama oder wem auch immer zu gefallen), das auch gut machen wird. Zumal, wenn es zu seinem eigenen psychischen Gleichgewicht findet, wird es viel leichter durch ein anspruchsvolles Leben gehen, als wenn es mit allen möglichen Komplexen zu kämpfen hat (zum Beispiel, dass es nicht klug genug oder nicht fleissig genug oder was auch immer sein könnte). Aber so geht halt jeder anders ran - auch an die Mehrsprachigkeit. Ich fühle mich so wohler und bisher sind wir in sofern auch "erfolgreich", als die Jungs beide alle drei Sprachen aktiv sprechen und auch bei unbekannten Wörter fragen. Sie lesen und schreiben auch bzw. fragen, wie etwas richtig geschrieben wird - was will ich mehr? Soviel ich weiss, lernt man aus eigenem Antrieb noch immer am besten. Hier sieht es jedenfalls so aus, als dass sie die ganze Zeit Fortschritte machen - mal in dem einen Bereich mehr, mal im anderen.

von Kacenka am 13.04.2021, 11:41



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Hej nochmal - das enbtwickelt sich ja zu einem spannenden Exkurs! Du hast, Recht, meine Kinder sind groß. Aber, Kacenka, das heißt ja nicht, daß ich alle diese Sorgen, in denen einige erst am Anfang und andere mittendrin stecken, schon vergessen habe, sooo lange ist das noch nicht her und Alzheimer habe ich auch noch nicht (meine ich jedenfalls), höchstens leichte Coronahirnmüdigkeit... Gerade unsere Jüngste kam in einer so schlimme Krise, die uns allen arg zugesetzt hat, daß sie (natürlich) auch schulisch irgendwann abgehängt wurde; egal von wie hohem Niveau man runterrutscht, irgendwann wird es kritisch. Sie hat die Kurve bekommen - ich aber auch, denn damals hatten wir Hilfe, und ich habe gelernt, von meinem deutschen Ambitionsniveau und meinen Ansprüchen runterzuklettern und a) zu akzeptieren, wie unterschiedlich meine beiden Töchter trotz Klugheit bei beiden und trotz ähnlicher Erziehung doch sind und b) daß die Dänen Recht haben: Ich kann es nicht erzwingen, es wird nicht so, wie wir Mütter es uns vorstellen (das ist ja die Krux, an der wir dann scheitern: Kind geht einen anderen Weg), es wird auch nicht so wie wir uns das für uns unser Kind wünschen - Glück ist für jeden woanders,. und der Weg ist für jeden ein anderer. DAS zu akzeptieren, war schwer für mich, aber ich schaffe es inzwischen weitgehend ganz gut, glaube ich. Für mich war auch schwierig , daran zu glauben (wie es die dänischen Ratgeber) hier taten, daß sich das findet; daß ich nicht eingreifen,steuern, beraten, ja, auch Druck machen müsse- daß mein Kind auch ohne das klarkommt. Aber das stimmt. Mindestens bei einem Kind, dem Lernen Spaß machen darf, weil es so weit wie möglich zu seinen und nicht Erwachsenenprämissen vor sich geht. Mindestens bei einem Kind, das erfahren darf: Da vertrauen meine Eltern, .Lehrer,andere darauf, daß ich herausfinde, wie dies und das geht - daß ich frage, daß ich lerne, wenn ich das will. Kann sein, meine Tochter oder die meisten dänischen Kinder sind mit 6 nicht so fit in der Schule wie die deutschen oder gar russischen/asiatischen (meine dt. Freundin war immer sehr genervt von den Vergleichen, die zwischen ihrem Sohn hier und der gleichaltrigen Nichte in Dtld. angestellt wurden - die schnitt wissenstechnisch IMMER besser ab, kannte die Flüsse, wußte die Namen von Hauptstädten etc. --- unsere Kinder aber haben lernen gelernt,sie haben gelernt, Freude daran zu haben, gern in die Schule zu gehen, sie haben gelernt, daß man keinen Druck und Angst vor Noten haben muß, um gut zu sein - und im Endresultat holen sie dann die deutschen, russischen, asiatischen Kinder sicher auch wieder ein. Kann auch sein, meine Tochter ist später fertig als viele andere - aber was hat sie reell verpaßt? Ist es sooo wichtig, ob man mit 22 oder 24 oder noch später mit etwas fertig wird? Ein Jahr länger in seinem Beruf arbeitet? (Ehrlich gesagt, mit Verschiebung des Rentenalters ins hohe Alter kann es doch nur gut sein, später anzufangen ) Ich habe in DK, aber eben auch durch diese Tochter gelernt, viel mehr zu vertrauen, viel gelassener zu sein. Oder die Gelassenheit,die ich bin der Vorschulzeit absolut für meine kinder hatte, mit Ambitionen, ja, aber nie mit schulischen Einsätzen, diese Gelassenheit eben auch durch einen Teil der Schulzeit zu tragen. Mehr auf die Stärken als auf die Schwächen zu fokussieren. Und wenn dann ,wie bei beim Sohn einer Freundin plötzlich Mathe doch auf A-Niveau gebraucht wird für den Traumberuf, und man hat es vorher aus Faulheit und gegen Erwachsenenreden zum Trotz tiefer belegt, naja, dann holt man das nach - und das geht dreimal leichter und besser für alle, als wenn die Mutter ihn durch die Jahre auf A-Niveau getrietzt hätte, wo er noch nicht einsah, wozu. (und sie es ja auch nicht wußte). Denn ja, am wichtigsten ist doch: sie kommen zurecht. Ob sie mit 2 oder 8 lesen lernten, ob sie gut oder schlecht in Mathe sind, ob sie studieren oder eine praktische Ausbildung machen - was bedeutet das letztendlich? Wenn es zu ihnen paßt und sie ihren Weg finden und sich im Leben behaupten können, , dann ist es richtig. Und ja, ich glaube,wenn man Schulkinder hat, dann kann man recht bald eigentlich merken, daß es nicht sooo viel bedeutet, ob das Kind schon mit 2 eigene Bücher gelesen hat oder "erst" mit 6. Ich bin auch ein großer Anhänger davon, erst zu krabbeln und dann zu laufen;beim Lesen heißt das für mich, erst die Bilderbücher, dann die Textbücher. Denn heute gibt es für jedes Alter wunderbare Bücher, das ist nicht mehr wie in meiner Kindheit, und heute können sich Kinder damit entwickeln und sollten, müssen nicht schon gleich da einsteigen, wo die anderen dann eben mit 6 oder 8 sind. Wozu? In der Zerit, als meine Kinder kleiner waren, hat man hier sehr auf das Kindsein geachtet, das Ivdazo ja auch in die Waagschalge wirft. Und man hat sie eben rumstreifen lassen, man hat sie nicht dauernd angeleitet und gefördert in dem Sinne, daß man zielgerichtet etwas lernen sollte. Man hat ihre Neugier, ihre Motivation, ihre Freude am Lernen nicht gelenkt und gebremst, nicht gesteuert und nicht zu bestimmten Zeiten mit bestimmten Werkzeugen/Techniken festgelegt, man hat sie weitestgehend gelassen. Und so entdecken die Kinder dann ihre Fähigkeiten, aber auch Interessen und das, was sie weniger mögen, auf eigene Faust und nicht,weil wir Erwachsenen finde, das eine lohne sich mehr als das andere. Ein Vater (Deutscher) meinte einmal, seine Kinder lernten Noten ja spielerisch - die Noten waren bunt und hatten kleine Füße. Tja, er hatte leider "spielerisch" mißverstanden: Das ist Erwachsenenvorstellung von Spielen: Zielgerichtet, gesteuert (du sollst jetzt Noten lernen) statt einfach drauf los. Und ja, Kinder mögen sicher auch mal lesen und schreiben und rechnen und Noten lesen,wennsie kleiner sind - aber wieviel Wahl haben sie auch? Aber zugegeben, ich HABE Vorteile gegenüber Euch: ich war in nahem Kontakt mit einer überzeugten Waldorffamilie (und habe dabei auch ein paar gute Sachen verinnerlicht, die ich hier in Dk wiederfand, obwohl ich sie niemals aufine Waldorfschule gegeben hätte!) Ich habe meine Kinder in DK großziehen und zur Schule schicken könnenm das ist deutlich entspannter als in Dtld. ich hatte kluge Kinder, die wißbegierig waren und blieben - was natürlich auch eine Folöge des obigen ist, denke ich.. und ich habe eine Jüngste, die sich und uns das Leben streckenweise zur Hölle gemacht hat, die sich und uns aber auch viel gelehrt hat dabei, ohne das direkt zu wollen (wieder: Nichts zielgerichtet - das Leben lehrt uns sooo viel mehr!). Daß meine Kinder schon groß sind, ist kein Vorteil, der jetzt ins Gewicht fällt, glaube ich - denn glaube mir, ich habe viel von dem auch durch... ich bin schließlich deutsche Mutter - ganz dänisch werde ich auch nie sein. Egal wie und wo - ich wünsche allen Eltern und Kindern viel Gutes - Ursel, DK

von DK-Ursel am 13.04.2021, 20:04



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Danke! Das klingt auf jeden Fall spannend. Ja, die Skandinavier sind in vielem sehr sympathisch, was Bildung angeht (und Finnland hatte ja auch immer sehr gute Pisa-Ergebnisse). Ich bin auch eher froh, dass unsere Kinder nicht in eine deutsche Schule gehen müssen, denn was man da hört klingt nicht so toll (ich meine damit Bekannte und deren Kinder in Deutschland). Ich finde auch das hiesige System besser - weniger Druck, mehr unterschiedliche Möglichkeiten für unterschiedliche Wege. Allein der Fakt, dass man nach der 5., 7. oder 9. Klasse aufs Gymnasium wechseln kann - das Abitur aber auch auf einer Berufsbildenden Schule machen kann - finde ich VIEL besser. (Gerade Jungs sind ja oft "Spätzünder" und für die ist da irgendwie mehr Platz.) Hier gibt es viel Kritik, weil diese und jene Inhalte zu kurz kommen oder weil die zentralen Prüfungen nicht gut sind oder oder. Was ich bisher gesehen habe ist: in der Grundstufe wird vor allem geschaut, dass alle Kinder mitkommen. Und das ist doch das wichtigstes - alle MÜSSEN, um später was auch immer beruflich zu machen, lesen, schreiben und grundlegend rechnen können bis hundert, alles andere - wer weiss schon was unsere Kinder mal wirklich brauchen werden? Es gibt sicher LehrerInnen, die mit wenig Motivation und viel Frust den Kindern das Leben schwer machen, wir haben da grosses Glück. Ich habe grossen Respekt, denn sie lassen den Kindern viel Raum für ihr spielerisches, kindliches Naturell, aber sie haben auch immer im Blick, ob ALLE Schäfchen vorankommen, ob es im Laufe des ersten Jahres "KLICK" macht und am Ende jedes beliebige Wort gelesen werden kann, ob sich das Schreiben einigermassen "festigt" und ob es auch beim Rechnen bis 20 "KLICK" macht. Da ist viel "klassischer" Frontalunterricht, aber da wird auch mal spontan - wenn die Lehrerin sieht, dass die Kinder unruhig auf ihrem Stuhl herumrutschen - eine kleine Sporteinheit dazwischengeschoben (all das wüsste ich nicht ohne den Distanzunterricht von zu Hause...), da wird, wenn draussen herrlicher Schnee liegt, eine komplette Unterrichtsstunde zum Rodeln genutzt, und zwar nicht nur einmal, sondern jeden Tag, solang das Wetter mitmacht. Danach sitzt es sich bestimmt auch viel besser und es ist genug Sauerstoff im Gehirn :-) Wenn ich mir anschaue, was künstliche Intelligenz derzeit schon kann und wahrscheinlich bald können wird, glaube ich, dass unsere Kinder vor allem 2 Dinge brauchen werden: soziale Kompetenz (die hat keine Maschine) und Kreativität (keine Maschine kann sich NEUES beibringen, der Impuls für's Lernen kommt immer vom Menschen). Vielleicht werden gerade deshalb Handwerkberufe wieder wichtiger werden, denn da spielt Kreativität eine viel grössere Rolle als in vielen Berufen, die studierte BWL-ler oder Leute in der Verwaltung ausüben. LESEN und Sprache ist definitiv auch wichtig, um fähig zu sein aus der Flut an Informationen das passende herauszufiltern, nicht davon überfordert zu sein. Aber DAS zu erwerben, haben sie gut 15 Jahre Zeit, da kann man ruhig entspannt rangehen. Und ein neugieriges Kind wird das besser tun - denn in den texten steht ja auch was drin, das könnte ja interessant sein? Und da bin ich auch bei Dir - mit 2, 4 und selbst noch mit 6 sollten alle Sinne angesprochen werden, frei gespielt, soziale Grundregeln erworben werden - das ist die Zeit wo sie dafür empfänglich sind. Naja, aber davon ab - was nützt der tollste Job mit der besten Bezahlung, wenn man darin ausbrennt oder unglücklich ist? Da wird man eh bloss krank und am Ende vielleicht sogar arbeitsunfähig...Insofern bin ich ganz bei Dir - erst mal brauchen wir ja alle Selbstkenntnis, um zufrieden zu sein: Was will ich, was kann ich, was tue ich gerne. Wenn man das Kinder herausfinden lässt, ist es einfacher und auch lustvoller, als wenn man es später erst als Erwachsener lernen muss - auf sich selber zu hören. Das klingt dann nach überwindung alter Muster und Hindernisse (Erwartungen anderer) und viel seelischem Schmerz. Wir werden sehen, was die Zeit bringt, hoffen wir das beste! Gerade hoffe ich, dass unsere Kinder jetzt mal wieder ein Weile überhaupt in die Schule gehen können...

von Kacenka am 14.04.2021, 08:30



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Hej Kacenka! Wieder einmal so einig. Früher habe ich auch gesagt, daß i nDk sehr früh nicht nur auf Digitalisierung,sondern auch auf Teamwork gesetzt wurde. Das liegt natürlich auch an der generellen Gesellschaftsform, die u.a. dazu führte, daß der schon oft zitierte Ausspruch der Vorschulpädagogin über meine Tochter "sie ist eine Individualistin und Perfektionistin", den ich zunächst freudig mit einem inneren "YES, Erziehung geglückt,sie stellt kritische Fragen und läuft nicht mit der Masse" quittierte, gar nicht so positiv, sondern eher als Seufzer und Problem gemeint war. Die wohlgemeinten Ratschläge unseres Arztes, daß ich meinem Kind andere Kinder nicht ersetzen können (weil ich meine Kinder "erst" ab KIGA "fremdbetreuen" ließ, ansonsten aber mit ihnen zur Musikgruppe oder Gymnastik ging und wir ja auch private Spielkameraden hatten, ja, diese Anmerkungen habe ich anfangs gar nicht verstanden,sie waren aber die versteckte Kritik, die mich nachher oft geballter traf - bis hin zu: ich schade ja meinem Kind, wenn ich es nur bei mir habe; es wird immer an meinem Rockzipfel hängen und unselbständig sein. Oder dem Erstaunen,wenn sie es dann nicht waren, nein, sogar sozial sich um andere kümmerten - das Erstaunen ging bis zu den hohen Klassen. Es hat einen Grund, das man früher feststellen konnte, daß sich ehem. DDR-Bürger deutlich wohler hier fühlten oder sich besser einordnen konnten als Westdeutsche. Aber Teamwork wurde immer gefördert und sehr daraufgeachtet,d aß dann eben Intellekt beiden anderen durch Pragmatismus beiden anderen ergänzt wurde,so daß die Kinder lernten: Jeder kann zum gemeinsamen Erfolg mit seinen Begabungen beitragen. Das hat sicher u.a. auch den positiven Vorteil,d aß die soziale Kluft geringer ist und ein Lehrer, Arzt, Pastor, gelehrter nicht so abfällig auf den Müllmann, die Verkäuferin oder den Zimmermann runterschaut. Zudem sitzen die Kinder ja auch die ersten 10 Jahre zusammen in der Folkeskole und teilen sich erst danach auf die unterschiedlichen Ausbildungszweige auf - DAS kann man allerdings auch kritisieren. Da habe ich oft meinen Kindern mehr Anspruch im Unterricht gewünscht, obwohl sie gerade dadurch eben auch eine unbeschwertere Schulzeit = Kindheit bekamen. Trotzdem denke ich, in Sachen Schule könnten sich manche etwas abgucken hier. Und auf die PISA-Studien hat das auch keine große Auswirkung, den dna liegen Deutsche wie Dänen im guten Mittelfeld. Letztendlich gibt man jungen Menschen hier deutlich mehr zeit, sich und ihren Weg zu finden .Man traut ihnen das auch mehr zu als in Dtld., wo Mütter ja oft sehr kontrollierend sind - auch lenkend sein müssen, denn welches Kind kann wirklich entscheiden, ob es mit 10 aufs Gymnasium, die Real- oder eine ganz andere Schule soll? Es kann sein,d aß sich manches ein bißchen lockert in Dtld., aber letztendlich ist es noch so, wie eine dt.sprachige Freundin in Schweden mal formulierte:. Hier in S bin ich die kontrollierende, machtausübende, dominante und betüdelnde Mutter, Gluckenmutter eben. Zuhause in Ö bin ichdie sorglose, die verantworutngslose, die desinterssierte, die sich nicht kümmernde Mutter, also Rabenmutter. Ja, in diesem Spaghat befinde ich mich auch. - oder tat es zumindest. Alles Gute für Euch - Ursel, DK

von DK-Ursel am 14.04.2021, 15:07



Antwort auf Beitrag von LifeIsABucketOfCherries

Hi ihr lieben :) Danke Ivdazo für den tollen Einblick in euren Alltag. So toll, dass es bei euch so toll klappt mit den Sprachen und ich finde auch, dass "Kind sein lassen" ganz oft "lernen lassen" bedeutet - die kleinen wollen doch unbedingt immer dazulernen. DK- Ursel: danke auch für deinen Input, jedoch geht es doch überhaupt nicht ums "schreiben lernen". Wir sind ein mehrsprachiger Haushalt und leben in einer Umgebung von 3! Verschiedenen Alphabeten / Schriftzeichen. Ich weiss nicht, ob du mal im Ausland warst wo alle Buchstaben komplett anderst sind...das ist super anstrengend. Ich wär froh, wenn sich mein Sohn in ein paar Jahren besser zurecht findet als ich am Anfang. Auf jedem deutschen Spielzeug sind ja auch bunte ABC's drauf - glaubst du echt es macht gar keinen Sinn das auch mit den anderen Schriften zu üben/vertraut zu machen?

von LifeIsABucketOfCherries am 04.04.2021, 18:56



Antwort auf Beitrag von LifeIsABucketOfCherries

Darf ich fragen, welche Sprachen es bei euch sind? Ich habe Deutsch extra so wenig wie möglich gefördert, dafür Russisch, damit es nicht überhand nimmt. Deutsch kommt sowieso so natürlich und so schnell, wenn ich nicht gegensteuern würde, würden die Kinder (oder zumindest meine Große) heute kein Wort Russisch sprechen, selbst wenn sie es verstehen könnte.

von Ivdazo am 04.04.2021, 19:20



Antwort auf Beitrag von Ivdazo

Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Hebräisch. Aktiv gefördert wird nichts. Vielleicht später mal französisch da es im täglichen Alltag kaum vorkommt derzeit.

von LifeIsABucketOfCherries am 04.04.2021, 20:13



Antwort auf Beitrag von LifeIsABucketOfCherries

Cool! Hebräisch fängt meine Große wohl im September an, wenn sie jüdischen Religionsunterricht besucht. Das kann ich ein bisschen, aber zu wenig, um sich wirklich gut zu verständigen. Arabisch ist auch schön, da bin ich immer wieder mal dran, aber allzu weit komme ich nicht.

von Ivdazo am 04.04.2021, 20:19



Antwort auf Beitrag von LifeIsABucketOfCherries

Ab dem Interresse des Kindes Bei der grißen war es mit 4,5 so weit. Vorher waren die Zahlen spannend, weit vor 2 Geburtstag. Bei dem Kleinen schon mit 3. Übrigens haben beide Kinder ersr das Lesen gelern, dann die Buchstaben Lesen geht prima mit 4 Buchstaben aus eigenem Namen Alle 26 oder 29 oder... braucht man gar nicht. Und ja, auch hier half lesen bei der nicht Umgebungssprache. Ich denke, das klare Bild und Worttrennung hilft sehr dabei. Ich fand es schön, wenn die Kinder noch nichtblesen konnten. Sie sehen die Welt ganz anders. Wir gehen lesend durch die Stadt, für sie sind es Bilder. Sie konnten ilmer sagen, ob der Ladenname zum Laden passt. Egal was darauf stand. Wir lesen und verlernen dieses Kinderblick. Schade, eigentlich.

von lubasha am 20.04.2021, 12:16



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Stimmt! Die Orientierung an Logos oder Piktogrammen (Rauchen verboten usw.) bei Kindern ist auch total spannend. Was bedeutet dieses Schild? Verkehrsschilder sind auch sowas. Und noch eine praktische Sache: solange die Kinder NICHT lesen können, merken sie nicht notwendigerweise, dass Mama oder Papa ihnen im Restaurant gar nichts von der Kinderspeisekarte bestellt, wo eh wieder bloss Pommes mit Ketchup drauf sind oder Süsses als Hauptspeise (Eierkuchen mit Apfelmuss). Kriegen sie erst mal die Kinderspeisekarte vor die Nase, wo steht, das ist für KINDER, dann gibt es wieder eine Diskussion mehr (oder ein ungesundes Essen bzw. einen "Kompromiss" mehr)... Mit 3 finde ich Pommes auch schlimmer als mit 7 ab und an...

von Kacenka am 21.04.2021, 11:07



Antwort auf Beitrag von lubasha

"Ich fand es schön, wenn die Kinder noch nichtblesen konnten. Sie sehen die Welt ganz anders. Wir gehen lesend durch die Stadt, für sie sind es Bilder. Sie konnten ilmer sagen, ob der Ladenname zum Laden passt. Egal was darauf stand. Wir lesen und verlernen dieses Kinderblick. Schade, eigentlich." Das hast Du schon gesagt, Lubasha! Und es betsätigt eben auch,was ich mir als ein Motto genommen habe: Wenn du eine Sache dazuwählst, wählst du immer auch etwas ab. Eine Wahl FÜR etwas ist immer auch eine Wahl GEGEN etwas anderes. Und da muß man abwägen, wieviel das FÜR das GEGEN aufwiegt,. Ist es das wert? Manchmal JA, sehr oft JA, aber beim Lesen sehe ich das nicht. Ihr habt ja 2 wichtige Aspekte genannt, bei mir ist eben auch das Lernen auf die kindliche - und eben nicht "spielerische" Atr, wie manche das nennen, sehr wichtig. Das Entdecken der Welt dann, wenn sie es wollen - nicht weil ich Beinchen an Noten pinsele und dann behaupten kann,s ie lernten die Noten ja "spielerisch". Bei uns wurde nie jemand vom Lernen abgehalten, alle Fragen wurden beantwortet. Aber oftmals wurden sie eben nicht vertieft, nichit ausgebaut und nicht zu einer Art Unterrichtt gemacht (vor allem eben nicht,wenn es eh noch in der Schule kam). Ich finde aber auch, dieser Thread zeigt deutlich, wie sehr doch die Gesellschaft uns beeinflußt, in der wir leben. Ich habe früher schon gesagt, daß ich vermutlich in Dtld. auch nochmal eine ehrgeizigere Mutter gewesen wäre als hier in DK, von daher habe ich mich immer gefreut, daß meine Kinder hier aufwachsen durften. Und wie erwähnt bedeutet das ja nicht ,daß man keine tüchtigen, ja auch ehrgeizigen Menschen heranzieht. Meine Große geht nur nach der Bestnote, nach der Anstellung in den renommiertesten Firmen, die bastelt sehr engagiert und erfolgreich an einer Karriere - und es gelingt ihr, mit Studium und Vollzeitjob in guter Position, weil ihr nur eine Sache von Anfang zu langweilig waren. Dies nicht als Prahlen(naja - ein bißchen bin ich natürlich auch stolz auf sie ) sondern als Zeichen dafür, daß eine Kindheit mit späterem schulischen Werdegang auch an die Spitze bringt. Genauso stolz bin ich aber auch auf meine Jüngste, die eher pragmatisch ist, und die von sich das Abitur, das sie krankheitsbedingt aufgeben mußte, erneut anstrebte und machte und die sich selbst einen Beruf gefunden hat udn das ebenso zielstrebig wie ihre Schwester durchzieht. Ohne Druck und Leistungserwartungen gelingt ihr das auch deutlich besser. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 21.04.2021, 16:08



Antwort auf Beitrag von LifeIsABucketOfCherries

Hej noch mal: Ich will ich jetzt nicht behaupten, daß Ihr das so macht,aber zuviel des Guten ist eben oft auchschädlich - wie bei Nahrung: Alles ist gut, wenn es in Maßen genossen wird. Der Artikel ist doch recht interessant für die Bildungswelle, die in manchen Familien um sich greift. https://www.focus.de/familie/eltern/familie-heute/hirnforscher-huether-wie-eltern-kindern-die-wichtigste-erfahrung-ihrer-kindheit-stehlen_id_10930803.html Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 22.04.2021, 10:13



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

ja das passt ganz gut unter diese Debatte. Aber bereitet schon auch Bauchschmerzen... denn der Zeitfaktor ist etwas, das mir auch schon oft in die Quere kam, obwohl ich immer gegen den Ambitions-Bildungs-Drang ankämpfe (O-Ton einer Mutter in der Kita meines Sohnes: Bringen Sie ihrem Kind denn auch Deutsch bei? - erst später fiel mir die passende Antwort ein: ich bringe ihm keine Sprache bei, er lernt sie von allein, indem er sie hört.). Obwohl wir darauf achten, dass nicht zu viel Zeit verplant wird, haben sie gefühlt kaum welche - und das im Grundschulalter. Wie viele Spielsachen lagen lange herum, weil eigentlich nie Zeit war, um damit ausgiebig zu spielen. Erst durch die Quarantäne haben wir manche Baukästen richtig genutzt! Ok, sie spielen dafür in der Kita und im Schulhort, dort ist auch Zeit für freies Spiel, hoffe ich jedenfalls. Sie gehen raus und dürfen dort im Gebüsch Buden bauen (MEIN Inbegriff von romantischer Kindheitserinnerung!). Aber sie müssen sich schon viel anpassen an alle möglichen äußeren Umstände. Als ich Kind war, habe ich viele Nachmittagsstunden nach der Schule auf dem Hof oder in der Umgebung unserer Wohnung mit anderen Kindern verbracht - ohne Erwachsenenaufsicht. Mal haben wir Verstecken gespielt, mal hatte jemand einen Ball dabei. Die meisten dieser "Treffen" waren komplett spontan, wir haben z. B. bei Klassenkameraden, die inder Nähe wohnten, einfach geklingelt und gefragt, ob sie nicht raus kommen wollen. Wir mussten zu einer festen Stunde zu Hause sein, als wir selber noch keine Uhr hatten, haben wir einfach die vorbeigehenden Leute gefragt, wie spät es ist. Heute fast komplett unüblich, wie mir scheint. Wie auch, wenn die Kinder alle in irgendwelchen organisierten Nachmittagsaktivitäten engagiert sind und oft erst zum Abendbrot nach Hause kommen. Dort sind sie sicher gut aufgehoben, aber sie verbringen ihre Zeit eben auch wieder unter Erwachsenenanleitung - kein freies Spiel. Treffen muss man planen und verabreden, ohne Telefonnummer der Eltern geht scheinbar kaum was. Und sobald ein Kind sich allein von A nach B bewegt, MUSS es ein Handy haben, meist eh schon ein Smartphone. dann schauen sie, wenn sie nicht unter Aufsicht sind, eh nur noch auf ihre Telefone... Nur - wie viel davon kann ich als Mutter noch beeinflussen? Andere Kinder haben x Nachmittagskurse, dann wünschen sich meine auch sowas. Und die Tagesstruktur ist schon in der Kita-Zeit ziemlich strikt vorgegeben und nur zum Teil beeinflussbar. Man finde eine gute Kita, wo das freie Spiel genug Raum hat und die Erzieherinnen ihre Aufsicht darauf konzentrieren, dass sich a) kein Kind verletzt und b) den Kindern nach und nach beigebracht wird, wie sie Konflikte untereinander vernünftig lösen können, sofern sie das nicht von alleine schaffen. IIch weiss auch nicht, immer was davon eben unter "andere Zeiten" verbucht werden muss und was davon eigentlich Sorge bereiten sollte...

von Kacenka am 22.04.2021, 11:29



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Hej nochmal! Ja, Kindheit von früher ist anders als Kindheit heute. Dasselbe aber haben sicher auch unsere Mütter und Großmütter gesagt. Eine Freundin, die Pädagogin im KIGA ist, wo auch ein PC für die Kinder zum "Spielen" bereitsteht, hat einmal gesagt: Wir müssen die Kinder auf die Welt von morgen vorbereiten - da können wir nicht mehr alles so machen wie vor 100 Jahren. Genau,aber ich denke, und darin sind sie und ich auch weitgehend einig, daß freies Spielen gerade im Vorschulalter sehr wichtig ist, weil Erfahrungen da in anderen Zusammenhängen gemacht, gesammelt und sozusagen ausgewertet werden. Leider weiß man viele Dinge ja auch, erst wenn die Kinder längst groß sind und keinen Raum für Erziehungsexperimente mehr lassen. Woran erinnern sich denn meine Töchter? Nicht so sehr an, wo ich wirklich Einsatz leistete, mich womöglich gar streßte, wo ich mir vornahm, dies und jenes zu erreichen, wo ich plante, machte und organisierte, wo ich dachte, ich biete ihnen wirklich Tolles. Nein: an Kleinigkeiten, die ich längst vergessen habe. An das Schneckenwettrennen, das sich spontan an einem Geburtstag ergab, weil es genug Schnecken gab, die man an den Start schicken konnte. An den eher ungeplanten Geburtstag, wo alle kreuz und quer spielten und zum Abschluß auf dem nahe gelegenen Fußballplatz noch so toll tobten, daß sie kaum nach Hause wollten. An ein Eis oder ein spätes Aufbleiben zu völlig unvernünftiger Stunde, aus völlig belanglosem Anlaß. Mit dem Wissen von heute würde ich so mancher meiner ambitiösen Aktionen, die ich ja trotzdem hatte, streichen und alles einfach noch mehr als im Vergleich zu vielen (hier) laufen lassen. Eine gute Freundin Schweden, die sich auch sehr anstrengte mit allem, Muttersprachenunterricht, Schularbeiten auf Deutsch und ich weiß nicht was, ist zu demselben Schluß gekommen. Ja, mit dem Deutschsprechen, da habe ich auch so manche komische Bemerkung anhören müssen. Sogar meine Große war recht entrüstet und reagierte fast verständnislos, als sie und ich beim Büffett in der Familie mal Deutsch diskutierten, was wir nehmen und die eine Schwägerin erstaunt fragte: "Sprecht ihr immer noch deutsch?" Bei ihr herrschte ganz deutlich die Ansicht vor, daß mein Dänisch jetzt ja ausreichend sei und Deutsch daher nicht nötig. Genauso wie einer meiner Senioren in einem Kursus mal meinte, nun verstehe ja besser, wieso die Ausländer hier ihre Sprache im Supermarkt sprächen. Früher hätte er ja gedacht: Hallo, wir sind in DK, redet dänisch - jetzt aber wohnte eins seiner kinder mit Familie in Norwegen, und natürlich diskutierten die in der Gemüseabteilung auch nicht auf Norwegisch, was sie heute abend kochen wollten. Wen die Phantasie sogar in diesem Bereich noch derart begrenzt ist, wie wenig stellen sich Einheimische dann erst vor, was NOCH anders läuft in bilingualen Familien? Unsereiner denkt ja selbst kaum darüber nach - unsere Pastorin hat es einmal hervorgehoben, als wir eine Bericht von ihr brauchten., und ich weiß noch, wie ich da stutzte: Für MICH war es doch total normal, wie wir mit 2 Kulturen udn Sprachen lebten. Ihr aber fiel das immerhin auf. Eine andere Mutter, die meine Große bereits gut kannte und wußte, wie wir miteinander umgehen, fragte mich bei der Einschulung der Jüngsten als ich der auf dem Spielplatz kurz auf deutsch was zurief,. ob meine Kind es nicht "træt" seien, dauernd deutsch zu sprechen. "Træt" heißt auf dänisch "müde" - kann aber eben auch in der Bedeutung "es leid sein" verwendet werden. Da sie uns aber doch schon kannte, übersetzte ich ihre Frage wörtlich mit "müde" und dachte, sie fände es anstrengend für die kleinen Köpfe, erklärte ihr also, daß eine Muttersprache ja nicht anstrengend sei. Nein, nein, sie meinte: es leid seien, weil es doch auffiele etc. Diese Frau habe ich nach einer etwas unfreundlicheren Antwort stehenlassen. Ich wette mein ganzes Vermögen, daß keine diese Personen ihre Muttersprache aufgäben, lebten sie in einem anderen Land. Aber von den Ausländern hier erwarten sie es, ohne nachzudenken. Dasselbe gilt bei Dänen übrigens für die Staatsbürgerschaft. Nun ja, das ist ein anderes Thema, aber spannend allemal. Ich hoffe, die AP ist nicht böse über unsere Exkurse, sondern findet evtl. den Kulturen- und Gesellschaftsvergleich auch interessant. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 22.04.2021, 13:58