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ich spreche deutsch, sohn (3,5 Jahre) antwortet in französisch!

Thema: ich spreche deutsch, sohn (3,5 Jahre) antwortet in französisch!

Hallo! Ich bin Deutsch, lebe aber in Frankreich. Ich habe 2 Kinder, einen Sohn, 3,5 Jahre alt und eine Tochter, 2 Jahre alt. Ich bin die einzige, die mit meinen Kindern Deutsch spricht. Mein Mann ist Franzose, und versteht kein Deutsch. Ich versuche es durchzuhalten, mit meinen Kindern Deutsch zu sprechen, aber in Gegenwart von Franzosen, spreche ich französisch, auch mit meinen Kindern. Wir sprechen also Deutsch immer dann, wenn wir unter uns sind. Mein Sohn geht morgens ins den Kindergarten, wo auch nur französisch gesprochen wird. Abends ist unsere Gute Nacht Geschichte immer auf Deutsch (der Papa mag nicht vorlesen, kommt nur zum durchkitzeln und Gute Nacht Kuss noch mal ins Zimmer). Jetzt meine Frage: Gibt es hier jemanden, der in einer ähnlichen Situation ist? Ich bin ein bisschen traurig, dass mein Sohn nur französisch mit mir spricht! Er versteht mich ausgezeichnet, wenn ich deutsch mit ihm rede. Einige deutsche Wörter gebraucht er schon, aber das sind dann meistens Wörter, die er nur in Deutsch kennt (zB Spielplatz, da gehe nur ich mit ihm hin) oder Wörter, die auf französisch sehr schwer sind, auf deutsch dagegen viel einfacher. Kontakt mit meiner deutschsprachigen Familie haben wir nur 2x pro Jahr, zu Weihnachten und in den Sommerferien. Er versteht, was der Opa sagt, führt auch aus, was man ihm auf deutsch aufträgt, (zB bring mir mal bitte die Zeitung!) aber es kommt kein Wort über seine Lippen. Insgesamt würde ich sagen, hinkt er sehr mit seiner sprachlichen Entwicklung hinterher (verglichen mit Gleichaltrigen kleinen Franzosen, die nur einsprachig aufwachsen), er macht aber seit er morgens in den Kindergarten geht, gewaltige Fortschritte ... in Französisch! Ist ja auch gut so, es ist halt die Landessprache, ich würde nur so gerne, dass er auch meine Muttersprache lernt, ohne lästige Vokabelpaukerei! Man hört immer, dass das für so kleine Möpse ein Klacks ist, mal eben so 2 Sprachen zu erlernen. Wohl doch nicht? Vielen Dank für Euren Rat!

von petiteutopie56 am 11.06.2013, 23:10



Antwort auf Beitrag von petiteutopie56

Womit ich an Deiner Stelle anfangen würde wäre, mit den Kindern immer deutsch zu sprechen egal ob Franzosen dabei sind oder nicht. Französisch ist eh schon mächtig genug und den deutschen Input bekommen sie von Dir, da würde ich dann auf niemanden Rücksicht nehmen. Ich mache es übrigens auch so, ich spreche grundsätzlich ungarisch mit den Kindern, egal ob Deutsche dabei sind oder nicht. Wenn ich will, dass jemand versteht was ich zu ihnen sage, wiederhole ich es nochmal in deutsch. Die Tatsache, dass er in Sachen sprachen ein Spätzünder ist, hat nichts zu bedeuten und liegt meist nicht an der Zweisprachigkeit. In der Tat können Kindern problemlos zwei oder sogar noch mehr Sprachen erlernen, lass Dich nicht deshalb verunsichern. Ich glaube, es ist ein normaler Entwicklungsschritt, dass die Kinder eine zeitlang nur die Umgebunssprache benutzten. Antworte ihm immer konsequent auf deutsch. Natürlich kann man dann auch die "Masche" mit "ich verstehe Dich nicht" ziehen, das würde ich aber in dem Alter noch nicht tun, erst etwas später. Versuche auch mehr Kontakt mit Deutschen, am Besten mit deutschsprachigen Kindern herzustellen. Vielleicht gibt es auch einen deutschen Kindergarten oder zumindest eine deutsche Samstagsschule. Das sollte in Frankreich ja eigentlich kein Problem sein, es sei denn Ihr wohnt in der absoluten Pampa.

von Fuchsina am 12.06.2013, 11:17



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Hej! Das machen viele Kinder (nicht alle, so normal ist das also durchaus nicht) so, aber das heißt nicht, daß u aufgebensolltest. Bleibe beharrlich beim Französischen, wiederhole seine Söätze, Antworten auf Französisch und stelle weitergehende Fragen dazu, so daß sein Wortschatz sich in dieser Sprache immerhin passibv weiternetwickeln kann. Natürlich ist es wichtig, soviel wie möglich in der Nicht-Umgebungssprache mit dem Kind zu sprechen, und IMMER geht auch eine ganze Weile, vor allem,wenn die Kinder klein sind. Trotzdem habe ich das nie gemacht --- und auch zwei fließend zweisprachige Kinder oder vielmehr junge Erwachsene heute. Es kommt eben darauf, die zusammen verbrachte zeit wirklich inder Nicht-Umgeungssprache zu leben, so selbstverständlich,daß da nichts anderes in Frage kommt. Wenn andere Dänen dabei waren, habe ich immer ins Dänisch gewecsehlt, b i s auf die kleine persönliche nBescheide (2zieh mal die Mütze an) oder wennwir mit Dänen zusammen waren, di wir eh nicht kannten, die eh nicht mit und kommunizieren soltlen.(Schlangeim Supermarkt, im Bus etc.) Laß Dich nicht entmutigen, oft schwenken die Kinder wieder um, und wenn nicht, dann hat Dein Kind immerhin einen schnell aktivierbaren passiven Sprachschatz - sowohl Wortschatz wie Grammatik. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 12.06.2013, 21:14



Antwort auf Beitrag von petiteutopie56

Nein, ein Klacks ist zweisprachige Erziehung auch bei Kindern wirklich nicht, es erfordert Ueberlegung, Durchhaltevermoegen und viel Willen, insbesondere die Nichtumgebungssprache aufrechtzuerhalten. Im uebrigen ist es manchmal zu beobachten, dass ein Kind, wenn es in der einen Sprache einen Entwicklungssprung macht, das auch in der anderen tut, selbst wenn es die Sprache nicht so sehr spricht. Und Dein Sohn ist ja auch noch klein, auch einsprachige Kinder sprechen nicht unbedingt schon ganz fluessig. Ich wuerde so weitermachen wie Du es tust und nach und nach auch andere Medien einfuehren (Filme, CDs etc auf Deutsch). Du hast nicht geschrieben, ob Du in der Naehe einer groesseren Stadt lebst. Vielleicht kannst Du auch eine oder mehrere andere Deutsche mit Kindern auftun und von Zeit zu Zeit eine Aktivitaet mit ihnen finden, so dass Dein Sohn auch versteht, dass Deutsch nuetzlich und relevant fuer ihn ist. Ich denke, die Aufenthalte bei Deinen Eltern werden auch immer mehr dazu fuehren, dass Dein Sohn deutsch spricht, um sich verstaendlich zu machen. Spaeter kannst Du ihn vielleicht dann auch mal alleine zu seinen Grosseltern schicken, dann "muss" er einfach. Aber das ist natuerlich noch einige Jahre hin. Alles Gute FM

von Foreignmother am 13.06.2013, 12:34



Antwort auf Beitrag von petiteutopie56

Liebe petiteutopie56, ich denke, dass die Sprachentwicklung bei Kindern genauso individuell verläuft wie jeder andere Entwicklungsschritt (Laufen, Sauberwerden, Umgang mit anderen lernen usw. usf.). Deine Kinder werden ganz sicher viel davon profitieren, wenn du Deutsch mit ihnen sprichst, selbst wenn dein Kleiner gerade lieber auf Französisch antwortet. Und: Zwei Sprachen korrekt lernen ist meiner Erfahrung nach überhaupt kein Klacks. Unsere "große" Tochter (knapp vier Jahre) wächst hier in Frankreich mit Deutsch als Familiensprache und Französisch als Umgebungssprache auf. Sie spricht und versteht also beides, mit teilweise deckungsgleichem aber auch teilweise sehr unterschiedlichem Wortschatz (also z.B. alles was mit dem Kindergarten oder dem Kinderturnen zu tun hat ist ihr viel geläufiger auf Französisch). Außerdem mischt sie wild durcheinander in beiden Sprachen je nachdem worüber sie spricht. Erzählt sie mir z.B. vom Kindergarten, kommen Sätze wie: Die Soundso hat mir nicht donnée la poupée und deswegen je ne suis plus sa copine aber après hat Madame XY gesagt il ne faut pas etc.... Das machen einsprachige Kinder so nicht, und wirken daher vielleicht sprachlich oft weiter entwickelt. Es stellt sich natürlich auch die Frage, welchen Anspruch man hat und in dem Alter überhaupt realistischerweise haben kann. Unsere Tochter merkt zwar deutlich, dass es zwei unterschiedliche Sprachen gibt, aber sie kann meiner Meinung nach noch gar nicht bewusst auf "Deutsch" oder "Französisch" umschalten. Ich hoffe, meine Erfahrungen helfen dir ein bisschen weiter! Viele Grüße und weiter viel Erfolg!

von Katia am 14.06.2013, 10:32



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Hej Katia! ich wage mal, Dir heftig zu widersprechen Sogar die Allerkleinsten unterscheiden die beiden Sprachen sehr wohl und genau. Daß sie mischen, hat eine andere Ursache: Der Wortschatz ist, genau wie Du das ja beschreibst, aus verschiedenen Lebensbereichen und daher nicht kongruent. Wenn Kind nun also aus dem KIGA erzählen will, muß es zwangsläufig Wörter aus diesem anderssprachigen Bereich entleihen, weil es die in der anderen Sprache (noch) nicht hat. genau darum helfen wir ja, indem wir z.B. den Mischsatz aufgreifen, quasi wiederholen und in unserer Sprache somit die Wörter liefern. Damit es sich weiterentwickelt und mehr nach Dialog als nach Korrektiv aussieht, hängt man vielleicht noch eine Frage an, die zum Weitersprechen animiert. Studien haben bewiesen, daß der Wortschatz der mehrsparchigen Kinder mindestens genauso´groß ist wie der ihrer einsprechigen Kameraden, aber eben auf 2 Sprachen verteilt, und darum erschließt sich für den einsprachigen Beobachter oft: Das Kind kann noch nicht richtig sprechen. Da brauchen wir eben viel Geduld - weniger für unsere Kinder, sondern für die verständnislose Umwelt! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 14.06.2013, 10:49



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Liebe DK-Ursel, um ein eventuelles Missverständnis auszuräumen: Ich gebe dir völlig recht, dass schon sehr kleine Kinder die beiden Sprachen voneinander unterscheiden können. Was jedoch für mein eigenes Kind und die - zugegebenermaßen wenigen - mir sonst noch bekannten zweisprachigen Kindern im Alter von 3-4 Jahren zutrifft ist, dass sie noch nichts mit den Bezeichnungen "Sprache X" und "Sprache Y" anfangen können. Sagst du also zu ihr: "Sprich doch mal Französisch!" oder "sag das und das Wort mal auf Deutsch!" (wie es immer wieder von Verwandten oder von Zweisprachigkeit faszinierten Bekannten gemacht wird) wird sie dich freundlich, aber verständnislos ansehen. Vielleicht war das bei deinen Kindern in dem Alter aber schon anders? Was sie mit 3-4 Jahrer meiner Erfahrung nach machen ist "reden wie Opa/Oma" oder "reden wie die Kindergärtnerin". Daher noch ein paar Überlegungen bzw. Fragen für petiteutopie56: - Wie genau versuchst du deinen Junior zum Deutschsprechen zu bewegen? Indem du ihm sagst: Sprich doch mal Deutsch, oder indem du einfach hoffst, dass er von selber irgendwann Deutsch antwortet, weil du immer Deutsch sprichst? Hast du ihm schon mal vorgeschlagen: Sprich doch mal wie Mama! (Und, wenn er es macht, natürlich große Anerkennung: Toll, du kannst ja genauso sprechen wie Mama. Du kannst sprechen wie Papa UND wie Mama.) - Wenn ihr ein Buch guckt oder etwas zusammen spielt, versuche ihm doch erstmal einzelne Wörter nahe zu bringen. Wenn er zum Beispiel dir auf Französisch was über den „chien“ in seinem Lieblingsbuch erzählt, sagst du einfach: Weißt du, man kann ja auch „Hund“ sagen anstatt „chien“. Das findet unsere Große ganz spannend, sie sagt oft von sich aus: Mama, statt ### (auf Französisch) kann man auch ### (auf Deutsch) sagen! Oder: Mama, die Kindergärtnerin sagt nicht Filzstift, sondern feutre! So klappts zumindest bei uns ganz gut, beide Sprachen gleichzeitig zu entwickeln. Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!

von Katia am 15.06.2013, 14:01



Antwort auf Beitrag von Katia

Um noch ein wenig deutschsprachige Umgebung für deinen Sohn zu schaffen: Schau doch hin und wieder eine kurze deutschsprachige Kindersendung mit ihm an, zum Beispiel vor dem Einschlafen einen Sandmann (davon gibts massenhaft Folgen auf youtube). Es würde mich schwer wundern, wenn er nicht danach noch Lust hätte, sich mit dir darüber zu unterhalten oder Fragen zu stellen, und zwar natürlich in der Sprache, in der es gesehen hat, nämlich Deutsch.

von Katia am 15.06.2013, 14:34



Antwort auf Beitrag von Katia

Hej Katia! Dann haben wir uns mißverstaden. Natürlich können viele kleien Kinder nicht auf Zuruf reagieren, wenn Mutters Sprache plötzlich nicht "Mutters Sprache", "so spricht Mutter", "wir sagen zuhause so" heißt, sondern "Deutsch". Das hat ja was damit zu tun, wie man die Sprache nennt, nicht, wie / ob man sie unterscheiden kann. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, wie das bei meinen war, oft kommen ja Leute und rufen begeistert aus: "Toll, du lernst Deutsch ja schon ganz leicht, da wird es ja einfach, wenn du Deutsch in der Schule bekommst!" Dann hätten sie Mutters Sprache auch als Deutsch bezeichnen können, aber ich weiß es nicht mehr .-- es ist lange her bei uns, manches vergesse ich dann doch. Letztendlich sind ja aber doch einig: Unterscheiden können die Kinder die Sprachen sehr wohl, "richtig benennen" aber oft noch nicht als KIGA-Kinder. Allen einen shcönen Sonntag abend - Ursel, DK, die gerade ihre Gspelchor zu Besuch hatte uzm Sommerfest, oh was haben wir gelacht (und gesungen)!!

von DK-Ursel am 16.06.2013, 16:52



Antwort auf Beitrag von petiteutopie56

Hallo, ich habe jetzt nicht alle anderen Antworten gelesen, aber: bei uns ist es auch so. Wir leben als Deutsche in England, Familiensprache ist deutsch, wir sprechen konsequent deutsch mit ihr, lesen deutsch vor, schauen deutsches Fernsehen - aber troztdem, die ersten 4 Jahre hat unsere Tochter uns komplett auf englisch geantwortet...Die Umgebungssprache war wohl die ersten Jahre sehr maechtig und fuer sie einfacher. Seit sie 5 ist kommen auch deutsche Saetze - und sie unterscheidet auch, mit wem sie spricht und passt sich entsprechend an. Also - nur Mut, sprich weiter konsequent deutsch mit den Kindern, die aktive Anwendung der Sprache kommt irgendwann!

von kfischgen am 16.06.2013, 22:21