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Grundschule in Spanien - Erfahrungen?

Thema: Grundschule in Spanien - Erfahrungen?

Hallo Ihr Lieben ich meine, mich zu erinnern, dass einige von Euch in Spanien leben. Könnt Ihr mir eine kleine Entschiedungshilfe geben? Für meine Tochter (2) steht die Entscheidung für den Kindergarten und damit indirekt auch schon der Grundschule an. Direkt vor Ort haben wir eine "klassische" öffentliche Schule, die den Vorteil hat, dass sie quasi um die Ecke liegt, die aber schon sehr früh, so sieht es jedenfalls von außen aus, auf Leistung setzt. Sprich: Die Kinder lernen mit 4 lesen, ab 4 hat man auch schon Schulbücher und mit 5 werden das richtig viele. Außerdem kommt sie mir sehr, hm, karg voor. Also, wie vierzig 3jährige sich die drei Spielgeräte auf dem patio teilen sollen, ist mir ein Rätsel. Alternativ gibt es noch eine weiter entfernte, ebenfalls öffentliche Schule, die mir eher zusagt, aber halt den Nachteil hat, dass sie entfernt ist. Und vor allem ist es nicht gesagt, dass meine Tochter dort genommen wird. 50% der Kinder dort werden abgewiesen, weil es so viele Anmeldungen gibt. Und dann gibt es noch die Privatschulen, entweder kirchlicher Trägerschaft oder halt einfach Privatschulen. Kirchliche Trägerschaft mag mein Mann so gar nicht in Erwägung ziehen, und "normale" Privatschulen liegen mir jetzt wiederum. auch aufgrund des ganz anderen Systems in Deutschland, fern. Habt Ihr Erfahrungen mit einem der Schultypen, privat oder öffentlich? Ich muss sagen, die "klassische" öffentliche Schule finde ich äußerlich sehr, sehr karg und im HInblick auf den Lehrplan einfach für kleinere Kinder so wenig kindgerecht. Aber vielleicht sehe ich das auch falsch? Danke!

von Joaninha am 05.01.2018, 07:31



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Hallo Joaninha, mein Kleiner geht in das 2. Kindergartenjahr einer öffentlichen Schule. Sicherlich wird es im Frühjahr "puertas abiertas" geben. Manchmal kann man reinsehen, wenn Kinder da sind, meistens wenn sie schon weg sind, manchmal kann man wählen. Dann kannst du dir ein "richtiges" Bild machen. Mein genereller Eindruck. Es wird mehr gekocht als gegessen wird. Lesen und Schreiben mit 4: Mein Kleiner kann alle Buchstaben und einfache Wörter lesen, man kann oft erkennen, was er schreiben will z.B. "FLUKZOIG". Ich bin mir nicht sicher wieviel da geübt wird, denn in der "Malmappe" habe ich nur das A und die Zahlen 1-4 gefunden, und davon jeweils eine Seite, auf der sie die Zahlen nachmalen und Dinge abzählen sollen. 5 Seiten in 4 Monaten, der Rest gemalte Bilder. Sie schreiben ihren eigenen Namen und schreiben so manchen Geschichtentitel ab. Dazu zum Vorschulstoff. Es gibt sehr viel Programm, basteln, Garten, meiner Meinung too much. Freispiel nachmittags, aber auch nicht immer. Perfekt fände ich 2 Stunden Programm am Tag und dann freies Spielen, aber leider heisst es oft: Heute haben wir mit Bauklötzen gespielt, danach mit Puzzels, also die Kinder bekommen das vorgegeben, naaaajaaaa. Dann gibt es noch etwas, das bei uns Racons heisst. Die Kinder dürfen aussuchen, was sie spìelen dürfen, es gibt einen eigenen Raum dafür, voll mit Spielzeug. Pro Jahr werden die Räumlichkeiten immer "karger", d.h. immer weniger Spielzeug. Der Übergang in die Grundschule ist viel fliessender, aber was die da angeblich "lernen", na ja, es hört sich schulischer an als es ist. Unsere Räumlichkeiten von innen sind sehr freundlich, von aussen eher hässlich. Mir hat hier noch nie ein Patio gefallen. Allgemein sind mir die "Lehrer" zu streng. Mein Kind hat mal nicht "Guten Morgen" zur Direktorin sagen wollen, mit 3! Und das wurde mir vorwurfsvoll mitgeteilt. Allerdings habe ich sowas von anderen Mamas an anderen Schulen noch nicht gehört. Wann wird dein Kind 3? Meiner ist ein Aprilkind und gehört eher zu den älteren. Er hat grossen Spass an den Buchstaben und mag auch das Programm. Er würde sich vermutlich beschweren, wenn ich ihn jetzt in einen deutschen Kindergarten ohne grosses Programm schicken würde, aber er sagt selbst manchmal, dass sie manchmal zuviel machen. Ich finde es besser, dass er Kontakt mit Kindern in der Umgebung hat. Ich finde auch, dass das Konzept nicht zu allen Kindern passt. Manchen Kindern würde denke ich das reine Freispiel besser tun. Wir haben noch eine öffentliche Schule mit "Montsorri Konzept". Aber das Unterhaltungsprogramm ist da auch nicht weniger, die Kinder können da nur freier ihre Interessen wählen, angeleitet ist es dort auch. Ich habe mir auch die kirchlichen halbprivaten Schulen angeguckt, die haben mir kein Deut besser gefallen. Das Publikum ist halt angemein "betuchter", aber auch nicht immer. Ich kenne Familien, die geben ihr Geld für diese Schulen aus, können sich aber dann keinen Zoobesuch leisten. Davon gibt es hier viele... Hoffe, dieser Bericht hilft dir etwas ;).

von Nadinnsche am 05.01.2018, 13:15



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Also infantil habe ich keine Ahnung. Zumindest nicht direkt. Aber da unsere Jüngste in die 1. Klasse primaria eingeschult wurde , kann ich doch etwas auf die Vorschule schließen. Lesen und Schreiben konnten fast alle Kinder - das mußte meine Tochter innerhalb von 3 Monaten nachholen - zusätzlich zum Erwerb der Sprache ( Sprachen : schriftlich Castellano ; mündlich Valenciano) . Die Regelmäßigkeit und Frontalunterrich mit Melden und Sitzenbleiben war soweit auch schon in der Vorschule eingeübt , nur leise waren die Kinder nie ( das stört meine Tochter bis heute - 3. Schule - inzwischen 5. Klasse) daher denke ich das wird überall so sein. An Deiner Stelle würde ich höflich zu allen möglichen Schulen hingehen und Dich vorstellen und Fragen wie das Schulsystem so aufgebaut ist ... Etc was ist das tolle an Ihrer Schule - ( wenn die Leiterin oder der Leiter dies schon nicht beantworten konnten ... war das ein schlechtes Zeichen) die Einen machen eine Führung , die anderen nicht ... Ich habe inzwischen viele primarias gesehen ( dafür das wir erst 4,5 Jahre im Land sind) Gut ist ebenfalls : Frag die Mütter im parque , die schon ältere Kinder haben - wo gehen die hin und warum - zufrieden oder nicht . Schau mal nach der Schule hin , wer da rauskommt , bzw abholt : ohne rassistisch klingen zu wollen - gitanos - die erkennt man meistens . Vor denen muß ich aus Erfahrung wirklich warnen. ( Wenn man sie nicht richtig erkennt , dann würde ich das als gut ansehen- dann sind das wohl eher die Guten / Intergrierten - von denen gibt es bei uns aber keine im Ort) Concertado würde ich nicht gleich ablehnen , meist sind die doch besser ausgestattet und bemühter. Wo wohnt Ihr? Ist bilingual möglich? In der Communidad Valenciana gibt es außerhalb der Großstädte nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit Castellano zu lernen. Daher sind wir in die Provinz Albacete umgezogen . Würde mich freuen wenn man sich öfters mal lesen/ hören würde .gerne auch per PN- können ja auch mal telefonieren . Muchos saludos Reblaus

von reblaus am 07.01.2018, 08:25



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Danke für Eure Berichte, das macht die Sache für mich doch gleich viel anschaulicher! Nadinnsche, uff, das hört sich echt richtig verschult an. Ich hätte ja meiner Kleinen ein bisschen mehr Spiel gegönnt. Darf ich Dich noch ein bisschen löchern? Wie sieht es denn im Kindergarten mit dem Leistungsdruck aus, was geschieht denn, wenn ein Kind es nicht schafft, Lesen zu lernen oder Dinge nicht schön genug abschreibt oder ähnliches? Gibt es dann Übungen für zu Hause, Gespräche mit den Eltern oder so? Oder wird das dann doch nicht soo hoch gehängt? Und wie sehen die Kinder die Leistungen ihrer, tja, sagen wir, Mitschüler? Entwickelt sich da schon eine Gruppendynamik, bei der klar ist, dass X nicht gut schreiben kann, dafür gut rechnet, Y schon liest und Z leider gar nix hinkriegt? Nur so aus Neugierde: Lässt Du Deinen Sohn parallel auch auf Deutsch schreiben, oder kam er von selbst darauf, dass er die Buchstaben auch fürs Deutsche verwenden kann? Ich frage, weil Du vom "Flugzoik" schriebst (ein typisches Thema für unsere Kleinen, gell? Meine zeigte neulich auf einen Busfahrer und sagte "Pilot"! :). Reblaus, ja gerne, Austausch ist immer gut! Ich war bisher nur sporadisch hier im Forum, weil meine Kleine auch noch gar nicht so viel spricht. Aber so langsam wird es, dann werde ich sicher öfter vorbeischauen.

von Joaninha am 08.01.2018, 12:15



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Die Kinder sehen das noch als Spiel, die vergleichen nicht. Nein, Schön schreiben usw. záhlt noch gar nicht. Es gibt Beruteilungsbogen zweimal im Jahr, da steht was ein Kind schon kann, was nicht. Aber wenn ein Kind mit 4 Jahren die Buchstaben nicht kapiert, ist das egal. Es steht nur eben da, dass er noch keine kann. Ich treffe öfter die Mama der Jüngsten. Da habe ich mich schon sehr aufgeregt. Die Lehrerin reklamiert, dass die Kleine nix verstehen würde und öfter nicht malen wolle. Ja, meine Gúte, wie schlimm! Aber ansonsten passiert da nix. Wie gesagt, der Anspruch ist nicht hoch. Die Kinder müssen mit 4 Jahren bis 4 zählen können, die meisten können mehr. Ich werde meist nur angesprochen, weil mein Kleiner wieder was angestellt hat ;). Es gibt im ersten Jahr hier zwei Einzelgespräche, nach der Eingewöhnung und mitten im Jahr. Da wird dann sowas erzählt. Es geht aber um alles, also auch um die Einfügung in die Gruppe. Gute Frage, ich weiss nicht wie das mit dem Schreiben wird. Wir sind hier ja spanisch-katalanisch. Wenn er mit Papa ist, schreibt er auf spanisch, wenn mit mir auf deutsch. Ich käme nicht auf die Idee ihm zu sagen, dass er was schreiben soll. Das macht er selbst. Ich stelle nur fest, dass er z.B. AUS liest statt HAUS, weil ihm wohl jemand gesagt hat, dass man das H nicht ausspricht. Also habe ich ihm gesagt, ha spricht man im Deutschen meist aus. Wenn er was lesen will sage ich z.B.: Das ist deutsch, und dann weiss er das H muss gesprochen werden. Aber wie gesagt, er wurschelt vor sich hin und fragt, ob das so richtig ist, dann erkläre ich ihm warum nicht, aber eigentlich will ich ihn nicht verbessern. Meine Idee war eigentlich erst Deutsch schreiben zu üben, wenn er in der Grundschule ist. Das was er da macht ist sein eigenes Interesse, es gibt keine Hausaufgaben. Generell spielen sie noch viel, ich mag nur dieses Vorgegebene nicht, also: Jetzt spielen wir dies, dann das...etc. Kein Problem, finde es auch immer wieder spannend ;)

von Nadinnsche am 08.01.2018, 15:22



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Wir gehören auch zu den "Spaniern" und haben uns seeehr ausführlich mit dem Schulthema beschäftigt. Obwohl mir das Thema Privatschule am Anfang auch fremd vorkam, haben wir uns am Ende dafür entschieden. Die staatlichen Schulen setzen alle immer stärker auf Valencianisch als Hauptsprache, und dass sie lesen und schreibne in einer Sprache lernt, die wir beide nicht sprechen, möchten wir nicht. Ausserdem ist der Betreuungsschlüsse v.a. im Kindergarten katastrophal. Für die Kindergartenjahre haben wir uns am Ende für einen privaten, Montessori-orientierten Kindergarten entschieden, bei dem die Kinder von 3-6 wie in DE zusammen in die Gruppe gehen. Hier ist zwar am Ende doch etwas mehr Druck auf Lesen und Schreiben also uns lieb ist, aber immer noch vergleichsweise wenig. Die staatlichen mit 25 Kindern und einer Erzieherin ohne jede Eingewöhnung hätten unser Sensibelchen sicher überfordert - es war trotz besserem Betreuungschlüssel schon hier nicht einfach. Ab der Grundschule geht sie dann auf eine "normale Privatschule", mit etwas kleineren Klassen und stärkerem Schwerpunkt auf Lesen und Kreativität als normale Schulen - und mit Deutsch, schon im Kindergarten gibt es so viele Deutsch-Muttersprachenkinder, dass es eine Extrascolar Deutsch für Muttersprachler gibt - das ist hier irgendwie die "inoffizielle dt. Schule", und mit ca. 400 € im Monat inkl. Mittagessen auch noch halbwegs erschwinglich und mit einem relativ gemischten Publikum. Die "Snobs" gehen auf andere Privatschulen, die schon mit so Slogans wie "Formamos lideres" werben. In dem Ort, in dem wir wohnen, gibt es glaube ich mehr Schüler, die auf private oder halbstaatliche (concertados) Schulen gehen, als in den staatlichen. Das Thema ist ganz anders als in DE, und ich würde deshalb - wenn es finanziell möglich ist - das Thema private Schulen nicht kategorisch ausschliessen.

von Connitaa am 21.01.2018, 11:13



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Das ist sicher sehr regional bedingt, bei uns gibt es z.B. gar keine spanischen Schulen als Hauptsprache. Weder öffentlich, noch privat. Und für die 3 Muttersprachler in der Gegend sicher auch keine Extraescolares. Montessori gibt es bei uns öffentlich, und die Eingewöhnung war dann schneller als vorgegeben, weil meiner gar keine Schwierigkeiten hatte. Allein schon das Viertel kann entscheidend sein, vor allem in der Gross-Stadt. In unserem Dorf sind es zur Zeit 18 Kinder, anfangs 16, es gibt offiziell eine Lehrerin, aber auch immer "Hilfen". Das klappt gut. Die Hilfen führen dann auch die Sommerbetreuung. Die meisten bei uns gehen auf die öffentliche Schule im Dorf. Ich wollte meins nicht auf der deutschen Schule abseits haben in einer eigenen Blase. Dort ist Spanisch noch nicht mal Pflichtfach. Mal vom Preis abgesehen, da kommt man mit 400 EUR nicht hin. Alles angucken ist sicher ratsam. Dann gibt es ja auch noch Privatiniativen bis 6, gibt es bei uns auch. Da sehe ich nur das Problem, dass das Kind mehr Schwierigikeiten haben kónnte, sich mit 6 in der Schule anzupassen. Meiner rennt jeden Morgen rein und fühlt sich wohl in seinem "colegio público".

von Nadinnsche am 22.01.2018, 13:55



Antwort auf Beitrag von Connitaa

Wow 400Euro/Monat... sind denn da die Schulbücher mit drin und sonstige Materialien ? Ich finde ja Schule in Spanien ist um einiges teurer als in Deutschland, aber da reichen auch die öffentlichen Schulen aus. Wir hatten uns mal ein tolles colegio concertado angeschaut: 250 Euro ohne Essen und Schulkleidung , aber dafür mit Büchern und Aktivitäten. Nur hatten die sich auch and die Richtlinie der Schulbehörde zu halten und mußten Medi und Sociales zusätzlich in Valenciano unterrichten ( und damit gibt es kaum schriftliche Fächer in Castellano).

von reblaus am 25.01.2018, 11:16