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Geschwister wachsen nicht mehrsprachig auf

Thema: Geschwister wachsen nicht mehrsprachig auf

Hallo! Mein Partner und ich erwarten im Frühling ein kleines patchworknachzügler Kind. Die drei großen Brüder (16, 13 & 9) sind nicht zweisprachig aufgewachsen. Unser viertes Kind würde nur mit seinem Papa und den Großeltern in der zweiten Sprache sprechen können. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie kam das an? Auf beiden Seiten?

von Milchschmacht am 10.08.2021, 08:13



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Ich persönlich sehe saran kein Problem. Ihr werdet relativ viel Zeit und Energie investieren müssen, wenn die zweite Sorache korrekt und aktiv gesprochen sein soll, vom Kind aus. Verstehen und sich rudimentär verständigen wird das Kind. Geschwister werden sicher mit dem Baby deutsch reden. Je weniger ihr macht, desto schwächer wird die zweite Sprache sein.

von lubasha am 12.08.2021, 16:13



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Hallo, wenn Dein Partner berufstätig ist und Euer gemeinsames Kind nur abends sieht, wird die zweite Sprache eher wenig ausgeprägt und schwach bleiben. Grundkenntnisse wird Euer Kind trotzdem haben, und das ist gut. Hauptsprache aber ist immer die Umgebungssprache, das heißt die, welche die Hauptbetreuungsperson (Du vermutlich) spricht und die in Kiga und Schule gesprochen wird. Ich sehe aber ein anderes Problem: Dass Dein Freund und seine Familie die bisherigen Kinder nicht zweisprachig aufziehen konnten, zeigt ja ein deutliches Desinteresse an der Thematik. Ich fürchte, dass Du Dich da nur schwer wirst durchsetzen können. Nach meiner Erfahrung bleibt es in der Regel bei sehr wenigen Brocken in der zweiten Sprache, wenn sich nicht alle Beteiligten explizit Mühe geben und sehr reinhängen. LG

von Banu28 am 13.08.2021, 08:49



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Hej! Also, ganz so schwarz sehe ich das nicht, wenn der Vater genügend Zeit für diese Sprache hat und auch nutzt. In vielen mehrsprachigen Familien ist doch nur 1 Elternteil für die 2. Muttersprache zuständig - bei uns z-.B. ich - und doch geht es sehr gut. Aber: Der Zeitfaktor ist entscheidend, denn bei allem gilt: je mehr man es üben kann, umso besser kann man es. Bei Vätern ist das oft per se weniger als mit Müttern - obwohl die ja nun auch arbeiten, aber das muß sich die Familie dann eben mal so einrichten - der Vater holt vom KIGA oder der Vater unternimmt allein was mit dem Kind, der Vater liest diesem Kind abends in seiner Sprache vor undundund. Zusätzlich eben Bücher, später auch Lieder und Filme dazunehmen - die ersetzen aber niemals die persönlichen Dialoge. Ich hatte es nun so gelesen, daß die älteren Geschwister ohne diese 2. Muttersprache aufgewachsen sind, weil sie erst jetzt mit der Mutter in die Patchworkfamilie gekommen sind. Aber selbst wenn es anders wäre: Wieso kann nicht mit dem nächsten Kind ein größeres Interesse und sogar Bedauern da sein, darüber, daß man es bei den anderen Kidnern versäumt hat - warum auch immer? Deswegen nun nicht mehrsprachig zu agieren, fände ich schade, das ist für mich kein Indiz, daß das Interesse klein ist. Vielleicht sprach bei den anderen Kindern, so sie wirklich die des Vaters sind, damals mehr dagegen; vielleicht WAR das Interesse damals klein. JETZT ist der Wunsch da, auch die eigene Sprache weiterzugeben, also: dann los! Gleich von Anfang an, soviel wie möglich - und die anderen (Du, die anderenKinder) lernen mit, denn mit einem kleinen Kind redet man eh noch nicht über Quantenphysik o.ä. - da sind die Sachen sehr leicht mitzulernen. Daß Ihr beim Mitlernen gleich mehrere seid, ist doch nur vorteilhaft, vielleicht bekommt Ihr Lust, das ernsthafter zu machen, einen Kursus zu besuchen oder sowas.. Baut die andere Sprache soviel wie möglich in Euren Alltag ein, gebt dem Vater aber viel Zeit, sie mit dem Kind zu sprechen - dann kann da schon einiges hängenbleiben. Es wird vielleicht nicht genauso stark wie die Umgebungssprache - da gibt es durchaus sehr ausgewogene Verhältnisse, wie ich nicht nur von meinen Kindern weiß. Aber selbst wenn es die Sprache erstmal nur passiv erlernt, geht es beim echten Lernen dann später leichter, falls es sie wirklich mal vertiefen will. Viel Erfolg, erzähl doch mal, wie s bei Euch läuft, wenn Ihr eine gewisse Routine entwickelt habt. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 13.08.2021, 16:15



Antwort auf Beitrag von Milchschmacht

Danke für die ausführlichen antworten. Genau, wir sind eine Patchworkfamilie. Die beiden großen sind von mir und meinem verstorbenen Mann. Wir sind beide nur deutschsprachig. Der kleine ist von meinem Partner und seine Mama wollte es damals nicht. Die Vorstellung, dass wir anderen dadurch etwas mit lernen finde ich total klasse. Darauf bin ich noch garnicht gekommen. Mein Partner wird das zweite Jahr in Elternzeit gehen. Von daher viel Zeit mit unserem Kind verbringen. Ich glaub wir werden es wagen.

von Milchschmacht am 16.08.2021, 20:06



Antwort auf Beitrag von Milchschmacht

Hej nochmal! Ich finde es gut, dass du Mut gefunden hast, dem Kind auch den Zugang zu seiner anderen Identität zu bekommen. Das geht nun mal bestens mit und durch Sprache. Ihr habt ja nichts zu verlieren! Bedenke auch, daß du auch Deinem Mann etwas gibst. Ganz ehrlich hätte mich nichts und niemand davon abhalten können, hier meine eigene Sprache mit meinen Kindern zu sprechen. Von daher haben wir das eh nie theoretisiert, aber wenn mein Mann sich dagegen gestellt hätte, hätte ich schon ein ernsthaftes Problem mit ihm gehabt! Ich würde nie dazu raten, das Erlernen einer 2. Muttersprache über das Familienglück und den familienfrieden zu stellen, aber bei uns wäre beides in ernste Gefahr geraten. Nur: nicht nur, daß das bei uns halt nie zur Diskussion stand, hätte mein Mann mic/ vermutlich auch nicht bremsen können: meine Muttersprache gehört zu meiner Identität! Mir fällt da übrigens auch noch meine Große ein, damals noch nicht sehr groß, die mal sinnierte: „ wie gut, daß wir Deutsch mit Dir reden, sonst hättest du hier ja keinen, mit dem du das tun könntest.“ Ja, sie hat gespürt, daß ein Verbot von Muttersprache Einsamkeit bedeutet…. Ich wünsche Euch viel Freude dabei. Um welche Sprache geht es denn eigentlich? Gruß Ursel, Dk

von DK-Ursel am 16.08.2021, 23:02



Antwort auf Beitrag von Milchschmacht

Ich denke, das Kind wird auf jeden fall davon profitieren. Mein Sohn hat einen Freund, dessen spanischer Vater ihm kein Wort seiner Sprache beigebraucht hat und er ist todtraurig, dass er die Zeit verpasst hat, wo er die Sprache hätte automatisch lernen können. Trini

von Trini am 08.09.2021, 15:35