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Fast 3 jährigem türkisch beibringen?!

Thema: Fast 3 jährigem türkisch beibringen?!

Hallo, mein Sohn wird im April 3 Jahre alt und ich spreche mit ihm Deutsch und sein Papa Englisch (er kann kaum Deutsch). Meine Eltern sind ursprünglich aus der Türkei und mein türkisch ist nicht so gut wie mein Deutsch, daher hab ich mich entschieden Deutsch mit ihm zu sprechen. Er ist sehr sprachbegabt, fing sehr früh an zu sprechen und konnte schon früh die Sprachen gut trennen. Nun ist er schon soweit dass er mir sagt das ist in Englisch oder Deutsch. Wir lebten das letzte Jahr in Deutschland und nun in England, er startete hier im November mit dem Kindergarten. Soviel zur Vorgeschichte... Nun würde ich ihm auch gern Türkisch beibringen oder würde es ihn zu sehr verwirren wenn Mama plötzlich Deutsch, Englisch und Türkisch spricht? Ich habe mich bisher nicht getraut, da wir der Regel eine Person eine Sprache folgten und ich dachte seine Großeltern könnten den Türkischen Part übernehmen. Jedoch ist der Kontakt spärlich und da er nichts versteht und beide auch gut Deutsch sprechen sprechen sie dann doch immer kein Türkisch mit ihm... Und wie soll ich es anstellen ohne das er verwirrt wird das jetzt Mama plötzlich noch eine Sprache mit ihm spricht? Habt ihr da Erfahrungen oder Ideen? Vielen Dank

von DAI18 am 14.01.2021, 23:45



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So was ist schwierig. Also wenn in dem Alter Mama plötzlich eine andere Sprache spricht, das wird von vielen Kindern nicht so leicht "angenommen". Einfacher wäre es, wenn er jetzt in einen Kindergarten käme, wo nur türkisch gesprochen wird, aber das ist wahrscheinlich unrealistisch. Da würde er schnell "reinkommen". Vielleicht könnten aber die Großeltern vermehrt türkisch sprechen (dort kennt er das ja schon) und Du übersetzt oder vermittelst ein bisschen? Oder mit Kinderbüchern zweisprachig: Du liest alles auf deutsch vor und dann "wie Oma es sagt", so hat er die Bilder als Anknüpfungspunkt. Ich würde aber auf jeden Fall behutsam vorgehen und nicht zu viel Druck machen, das ist meist kontraproduktiv. Alles gute! K

von Kacenka am 15.01.2021, 19:12



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Hej Dai! Ja, ich unterschreibe mal wiedersehr bei Kacenka. Vermutlich aber wird es mit den Großeltern schwierig oder wohnen die auch in England? Eher nicht, da sie ja Deutsch als 2. Sprache haben... Genau wie Kacenka ginge ich vorsichtig an die Sache ran - vielleicht mit türkischen Vorlesestunden? Er braucht ja erstmal Wörter, um die Sprache aktiv anwenden zu können, also türkische Lieder singen, vielleicht auch die ersten türkischen TV-Sendungen (wenn es da gute Kindersendungen gibt - bei uns hier in DK war ich seinerzeit froh,daß das dt. TV so gute Kindersendungen wie die Maus h u.ä. hat, da durften meine Kinder nicht nur der Sprache wegen, sondern vor allem, weil die Sendungen einfach viel besser als die dänischen waren, dt. TV schauen,wenn sie denn mal gucken durften). Ich gebe aber zu bedenken: Ich persönlich finde 2 Dinge ausschlaggebend für einen etwaigen Erfolg der Mehrsprachigkeit: 1. den Zeitfaktor 2. die Selbstverständlichkeit Heißt: 1. wenn Du mit einer 3. Sprache anfängst und nur selbst für 2 Sprachen allein verantwortlich bist, dann teilst Du die knappe Zeit, die Du eh für die Nicht-Umgebungssprache (also Deutsch/Türkisch) hast, auf 2 satt nur auf 1 Sprache. Die Umgebungssprache wird mit zunehmendem Alter immer mächtiger; es kommen Freunde ins Haus, die weder Deutsch noch Türkisch verstehen, er selbst besucht Freunde,wo vermutlich nur Englisch gesprochen wird, natürlich auch den KIGA und die Schule etc. - da ist es schon "schwer", Zeit für die eine Sprache zu finden. Das soll Dich nicht unbedingt abhalten, ich gebe es nur zu bedenken, denn je mehr Zeit für 1 Sprache verwendet wird, umso besser lernt man sie - egal ob Mutter- oder Fremdsprache! 2. Wie selbstverständlich würdest Du beide Sprachen sprechen können, wie selbstverständlich kannst Du wechseln? Normale Mehrsprachigkeit wird ja nicht nach einem Konzept gelehrt, sondern ergibt sich aus dem Alltag,dem Leben. Wie bei allem in der Erziehung folgen Kinder uns umso leichter, je weniger Fragezeichen wir selbst an eine Sache setzen. Je mehr wir ihnen vermitteln - nicht durch Erklärungen, sondern durch unser Leben, daß es so ist, wie es ist - basta. Es wirkt eben ein bißchen künstlich, ein bißchen wie Fremdsprachenunterricht auf Kinderniveau ,wenn da eine Sprache dazugenommen wird, die Ihr eigentlich zuhause nicht pflegt. und (ge)braucht. Die Frage ist eben, wie kannst Du Zeit und einen natürlich Umgang mit beiden Sprachen in Euren Alltag einbauen, denn DU allein bist anscheinend ja für die beiden Nicht-Umgebungssprachen zuständig. Darüber würde ich mir zu allererst klar werden,wenn ich in Erwägung zöge, eine 3. Sprache jetzt noch hinzuziehen, unter den Bedingungen, unter denen Ihr lebt, d.h. Türkisch ist ja nicht unbedingt in Eurer Umgebung notwendig - ich würde persönlich entweder auf Deutsch oder ganz auf Türkisch umschalten, je nachdem, was ich lieber spreche, in welcher Sprache ICH mich mich lieber bewege, einfach, weil das dann die sog .Herzenssprache ist, die mir auch leichter von den Lippen geht, in JEDER Situation! Muttersprachenunterricht nach Richtlinien der EU ließ nur Kinder zu, die Sprache, in die man sein Kind zum Muttersprachenunterricht schickte, auch zuhause pflegten,also sprachen. Eine französische Mutter macht Französisch nur zur Muttersprache ihres Kindes, egal wo sie lebt und was sonst noch gesprochen wird, wenn sie die Sprache an ihr Kind weitergibt, sie eben in der Familie genauso wie die Umgebungssprache vorkommt. Alles andere ist und bleibt Fremdsprachenunterricht (ich kenne dänisch-deutsche Kinder, die ken Wort Deutsch konnten, bis sie in der normalen Schule Deutsch in der Klasse hatten, eben als Fremdsprache - gibt es auch) Langer Rede kurzer Sinn: mach Dir klar, daß auf Dich die Zuständigkeit für 2 Sprachen zukommt. Wieviel davon soll jede Sprache haben? Vermutlich wird ja eine als Fremdsprache bleiben, wie eben Deutsch Türkisch momentan ist. Für mich persönlich hat da jede Lösung eher den Charakter von "Englisch im Kindergarten",, und wieviel das wirklich bringt, darüber sind sich die meisten hier einig. Aber letztendlich kannst Du durch einige Stunden Türkisch pro Tag/Woche sicher ein paar Fetzen mitgeben - nur: Wieviel bringt das für die Sprache, was das Kind nicht auch später lernen könnte,wenn es das will/muß - und wieviel nimmt es der deutschen Sprache weg, die jetzt ja auch weniger gesprochen wird als vorher? Alles Gute und erzählt doch mal ,wie es lä#uft und wie Du es machst - wir lernen gerne dazu! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 16.01.2021, 11:02



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Hallo, kennst du dich vielleicht aus, wie es mit dem Muttersprachenunterricht ist, bei Kindern, die zu Hause eine nicht-Landes-EU-Sprache sprechen, die Sprache auch zu Hause aktiv und alltäglich gesprochen wird, aber da keine "Abstammung" vom zugehörigen Land existiert. Ich finde da irgendwie wenig im Internet, was Richtlinien betrifft.

von Ivdazo am 22.01.2021, 22:12



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Hej Ivdazo! es ist sehr lange her, daß wir uns damit befaßt haben, und in der Tat findet man wenig dazu, denn die Gemeinden vermeiden natürlich äußerst gerne alles, was kostet. So hat man usn auch damals einreden wollen, der Muttersprachenunterricht sei gerade durch eine damals neue Regierung abgeschafft worden. Stimme so aber nicht, was der für die Sinmalier, die vorher welchen bekamen udn den die damals neue Regierung ersatzlos struich - hatte aber eben nichts mit der EU zu tun. Der Muttersprachenunterricht für Sprachen aus der EU hatte damals stattzufinden, das ist EU-Recht,weil damit die Freizügigkeit innerhalb der EU gesichert werden soll. Genau darum ist es auch erforderlich, daß die Kinder die Sprache von zuhause her schon kennen und sie dort auch täglich sprechen - sonst ist es ja eher Fremdsprachenunterricht. Wie das beispiel mit dem somalischen Unterricht zeigt, ist DAS dann freiwllig, und vermutlich sogar freiwillig von Kommune zu Kommune, obwohl (zumindest hierin DK) die Regierung natürlich fordern oder abschaffen kann. wenn dann eine Kommune trotzdem zuviel Geld hat, kann sie sicher solchen Unterricht anbieten. Aber schon Türkisch wäre also freiwillig durch die Kommune, da eben nicht von der EU abgedeckt. mehr weiß ich leider nicht. Muttersprachenunterricht hat übrigens äußerst diverseQualitäten - allein die Tatsache,daß da oft große Kinder mit wenig Wortschatz(Sprache neben kleinen Kindern,die die Sprache fließend sprechend, sitzen,stellt an eine Lehrkraft enorrme Anforderungen - wie vermittelt einem 16 J. den gleichen Stoff wie einem 7Jährigen? Wobei es ja nicht einmal sicher sein muß, daß der 7-Siebenjährige den Stoff nicht schon beherrscht. ich kenne Leute,die damit sehr zufrieden waren; bei uns war es ein Fiasko, sowohl die Kinder der damaligen Lehrerin als auch unsere waren einfach zu gut für die anderen und es war den Aufwand der Fahrerei = 1 verlorener nachmittag zum Spielen nicht wert. Man muß sich also genau anschauen,was es wirklicu bringt für das eigene Kind - und ob es den eigene Erwratungen entspricht, die ja äußerst unterschiedlichsein können. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 23.01.2021, 18:40



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Hallo, Ich befürchte, dass dein Kind bald nicht mehr Deutsch spricht, wenn du jetzt mit ihm statt Deutsch nur noch türkisch sprichst. Ihr lebt jetzt is England. Dein Mann spricht Englisch, das Umfeld, inklusive Kita auch, und du bist in der jetzigen Situation die einzige, die ihm deutschen Input gibt. LG luvi

von luvi am 19.01.2021, 23:59



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Hej nochmal! Luvi, von "nur Türkisch" war ja nicht die Rede, eher von Verwirrung, "wenn Mama plötzlich Deutsch, Englisch und Türkisch spricht". Und dann stimmt es, daß sich das Deutsch eben auch nicht mehr so rasant entwickeln kann, weil eben die Zeit für die eine Sprache der anderen Zeit abknapst. Schaltet die Mutter jetzt total auf Türkisch um, wird das schwierig, aber Deutsch verschwindet natürlich - woher soll es kommen? Daß wir hingegen auch die Umgebugssprache in gewissen Situationen (hier also Englisch, und das ist ja eh Familiensprache?) sprechen, verwirrt kein Kind . Verwirrung ist mehr eine "Erwachsenenerfindung". Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 20.01.2021, 09:29



Antwort auf Beitrag von DAI18

Hallo, ich würde lieber auf die dritte Sprache verzichten beziehungsweise etwas warten. Dein Sohn ist meiner Meinung nach noch zu jung, um eine dritte Sprache zu erlernen. Nicht, dass es am Ende zu Sprachstörungen kommt und er einen Mix aus allen Sprachen spricht. Beobachte wie sich seine Sprachkünste entwickeln, wenn er im Kindergarten ist. Türkisch würde ich ihm mit 5 Jahren beibringen, denn dann spricht er Deutsch und Englisch perfekt. Außerdem kann man Türkisch schnell lernen, indem man sich viele türkische Videos anschaut und die Grammatik ist auch nicht besonders schwer. Mein Mann ist auch Türke und ich habe durch ihn schnell Türkisch gelernt. Du kannst ihm jetzt schon mal die Basics auf Türkisch beibringen. Dann hat er es später einfacher und vielleicht kannst du auch deine Türkischkenntnisse verbessern. Liebe Grüße

von Sa_bine85 am 22.01.2021, 16:03



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Sabine: Bei (kleinen) Kindern kommt es durch mehrere Sprachen so gut wie nie zu Sprachverwirrung, das ist eine Erwachsenengeschichte nud -vorstellung. Stell Dir einfach mal vor,die Eltern - englisch-deutsch- würden jetzt in die Türkei ziehen. Auch das stecken Kinder ni diesem Alter sprachilch ganz gut weg. Bei 3 Sprachen gibt es, wie die AP selbst einsieht, immer ein Zeitproblem, vor allem, wenn 2 Sprachen auf 1 Person konzentriert sind und ausgerechnet die Umgebungssprache dann womöglich Familiensprache ist und von der anderen Elternperson auch noch gepflegt wird,. DAS ist hier das Hauptproblem, plus der Tatsache, daß die mutter erst jetzt 2 Sprachen pflegen will, was per se eher ein künstliches Konstrukt wird, wäre es anders, hätten sie längst eine selbstverständliche Lösung für 3 Sprachen gefunden. Mein Widerspruch aber bezieht sich eben auf die Verwirrung, die findet bei Kinder nich so statt. Übrigens toll,daß Du Türkisch gelernt hat - ich träume ja auch noch irgendwie davon, aber da ich meine Abende meistens damit verbringe, Dänen Deutsch beizubringen, ist die Zeit knapp. Vielleicht sollte ich mich gerade jetzt m Lockdown in der Tat mal autodidaktisch damit beschäftigen, das hat auf Dänisch bei mir ja auch mal geklappt. Und da Du schreibst ,es sei nicht so schwer, könnte ich es ja mal versuchen. Danke für den ungewollten Mutmacher! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 23.01.2021, 12:40



Antwort auf Beitrag von DAI18

Vielen Dank für die Rückmeldung. Ich denke der Zeitfaktor spielt eine große Rolle. Deutsch wird wohl oder übel an zweiter Stelle stehen, da die Umgebungssprache Englisch ist. Wir besuchen eine deutsche Mutter-Kind-Gruppe soweit Lockdown das zulässt. Dort ist mir auch aufgefallen dass die meisten Kinder nur noch Englisch sprechen und kaum Deutsch vor allem die Älteren. Daher ist es wahrscheinlich wichtig mehr Zeit für das Deutsch sprechen zu haben. Wir treffen uns sonst noch mit unserer deutschen Nachbarin und einer deutschen Freundin mit 2 Kindern. Aber mein Sohn fängt auch an mit den Kindern sofort Englisch zu sprechen da er es ja schon so trennt: Kinder+Spielen=Englisch Ist echt schwierig. Aber andererseits denke ich ein paar Vokabeln wie Hallo, Tschüss, Zahlen, Farben etc. sollte er doch auch in Türkisch können um ein Sprachgefühl dafür zu entwickeln? Und später kann er ja einen türkischen Sprachunterricht besuchen? Also mir geht es nicht darum ihm fließend Türkisch beizubringen, dass wäre glaub ich zu viel verlangt. Aber so wie man in Deutsch und Englisch Abstrakte/Unnatürliche Sachen beibringt wie halt Zahlen, Farben und Formen. So kann man ihm das doch auch in Türkisch beibringen oder nicht? Ich habe ihm dieses Buch gekauft als Anfang, was haltet ihr davon? Die Maus kann nur Türkisch und sucht ihre Mütze... LG

von DAI18 am 22.01.2021, 16:22



Antwort auf Beitrag von DAI18

Das Buch kenne ich nicht, aber macht einen guten Eindruck. Sowas funktioniert bestimmt eher, als plötzlich als enge Bezugsperson die Sprache zu wechseln. Mit Sabine kann ich nicht so ganz einverstanden sein, ich finde nicht, dass man das so am Alter festmachen kann - und "perfekt" sprechen die Kinder mit fünf noch lange nicht -mit der Einschulung wird ja der Wortschatz noch mal gewaltig erweitert und auch die Grammatik reift da bei vielen Kinder noch... Sprachelernen ist doch mit sechs noch lange nicht abgeschlossen! Ich denke eher, man muss immer schauen, wie die Gesamtbedinungen sind - und ich denke, da ihr den familiären Hintergrund habt, ist es kein Fehler ein bisschen Türkisch mit einfließen zu lassen, aber eben auch das Deutsche nicht zu vernachlässigen - das Englische wird durch die Umgebung und vor allem die Schule gut gefördert. Unsere Kinder haben relativ lange noch die Nicht-umgebungssprache (und Familiensprache) miteinander gesprochen - aber wie der Kleine in der Kindergarten kam, wurde das immer weniger. Jetzt sprechen sie fast nur noch Umgebungssprache untereinander. Ich habe eigentlich nichts anderes erwartet, sonst müssten sie ja permanent übersetzten. Von daher ist Eure Strategie - Kontakt zu anderen deutschen Kindern - genau richtig. Alles Gute für Euch!

von Kacenka am 23.01.2021, 10:06



Antwort auf Beitrag von DAI18

Ich glaube ich würde eher türkische Kinderlieder mit ihm singen und erklären was es heißt. Also neugierig auf die Sprache machen, dann hat er es später leichter, die Sprache zu lernen. Jetzt verbunden mit einem Umzug in ein anderes Land würde ich nicht noch plötzlich eine neue Alltagssprache anfangen.

von LUpE am 26.01.2021, 08:40