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Es gibt Tage, da geht mir die Zweisprachigkeit nur noch auf die Nerven...

Thema: Es gibt Tage, da geht mir die Zweisprachigkeit nur noch auf die Nerven...

Wir sprechen zu Hause nur Deutsch, Umgebungssprache und Schulsprache Französisch, Kinder sprechen beide Sprachen fliessend, die Grosse (10) schreibt auch beide Sprachen korrekt, der Kleine 8 schreibt seinem Alter entsprechend. Und trotzdem sprechen die Kinder so oft ein Kauderwelsch, eine Mischung aus beiden Sprachen in einem abartigen Tempo, einfach weils schneller geht!! im Spiel verwenden sie fast ausschliesslich die Umgebungssprache, und ich habe keine Lust, sie z.H. immer zu ermahnen, Deutsch zu sprechen. Kennt Ihr das auch? Oft muss ich nachfragen, worum es geht, um dem Kauderwelsch zu folgen, was für sie natürlich keinerlei Problem darstellt. Es nervt mich auch oft, dass ich selbst mich in heiklen Situationen in der Umgebungssprache nicht so differenziert und auf dem Niveau ausdrücken kann, wie ich das gerne hätte. (Ja, ich spreche die Sprache fliessend und schreibe sie fliessend und lebe auch schon 10 Jahre in der Sprachumgebung.) Und trotzdem bin ich nciht in der Lage ein hochstehendes (Fach)buch in der Sprache zu lesen, ohne dass es mich anstrengt, usw.. Und das alles zusammen nervt mich manchmal einfach nur! Und ja natürlich freue ich mich für die Kinder, dass sie perfekt bilingue sind. LG Doris

Mitglied inaktiv - 04.11.2012, 21:02



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Ach Doris, das verstehe ich sehr gut!! Kauderwelsch sprachen meine Töchter zwar nie, und meistens konnte und kan nich ihnen auch folgen, aber daß sie zuhause miteinander Deutsch sprechen - nixda. Sogar i mAuto, wenn nur wir drei zusammen waren, ging es auf dem Rücksitz Dänisch zu, ich warf was Deutsches ein, bekam eine dt. Antwort und dann ging es Dänisch weiter. Aber ich fand das meistens komisch Schwerwiegender ist in der tat auch für mich,daß ich auch nach vielen Jahren imLande immer noch nicht so differenziert wie im Deutschen bin, daß manche Dingwe nur schwarz-weiß rüberkommen, daß ich persönlich meinen Wortschatz begrenzt finde (auch wenn andere meinen, das stimme doch gar nicht!) Letztes mal lachten wir sehr, als ich von dem neuen Job meiner Tochter erzählte und eine Kollegiun, die ja sehr genau weiß, daß ich Deutsche bin und die auch weiß, daß meine Kinder zweisparchig aufgewachsen sind, ganz spontan zurückfrate: Kann sie denn so gut deutsch? Esdauerte ein paar Sekunden, bis wir lachen und sie sichvor die Stirn patschte -- udn wiru ns einig waren,daß dies nun eigentichein Kompliment an mein Dänisch - auch gerade vorher beim Erzählen - gewesen sein. Und doch: ICH kenne die Begrenzung, ICH weiß, daß ich es auf Deutsch besser, ICH merke, daß da wieder was fehlt und hier was falsch oder nicht so gut steht... Und wenn mich jemand fragt, was mir am meisten fehlt, dann antworte ich meistens: Meine Muttersprache. Und die meisten verstehen das nicht - weil sie mich fließend Dänisch parlieren hören. Weil sie nie soviel Wert auf ihre Sprache gelegt haben (und sich vielleicht eh gar nicht besser in ihrer Muttersprache ausdrücken können/wollen als ich es auf Dänisch tue). Weil sie nicht wissen,wie es ist, immer in einer fremden Sprache zu leben, vor die Haustür zu gehen und sprachlich nicht mehr "zuhause" zu sein. Da fällt mir die andere Kollegin ein, die mich neulich erst fragte, ob wir zuhause auch deutsch sprechen (ja, wie stellen die Leute sich eigentilch vor, daß die Kinder die Sprache sonst lernen???) und erstaunt war, als ich sagte: Ja, sobald ich zuhause bin, rede ich nur Deutsch! Ach ja, ich verstehe Dich, aber trotzdem: Es gibt noch viel Schlimmeres, und die Nebenwirkungen sind doch einfach nur gut - oder? Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.11.2012, 21:15



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Ja, in manchen Punkten verstehe ich dass du genervt bist... Mir geht es auch ähnlich mit Deutsch und meiner Muttersprache Spanisch. Lebe seit 18 Jahren in Deutschland, mein halbes Leben, spreche u d schreibe fließend Deutsch, aber es ist halt nicht meine Muttersprache. Auf der anderen Seite habe ich mit deutschen Fachbüchern kein Problem, wohl eher mit den spanischen ( kommt vielleicht daher dass ich hier studiert habe...) Was die zweisprachige Erziehung betrifft, bin eher "enttäuscht" von den Ergebnissen. Meine Kinder verstehen perfekt Spanisch, reden aber nur Deutsch. :-( Heute: vor 20 min haben wir meine Mama zum Geburtstag angerufen. Die Große (6 J)schaffte es gerade ihr auf Spanisch zu gratulieren. Die Kleine gar nicht (5 J), dafür erzählte die wie ein Wasserfall mit meiner Mutter auf deutsch! Meine Mutter verstand natürlich nichts... Das macht mich traurig, denn genau das wollte ich nicht. Ich wollte immer über die Sprache auch meine Herkunft, meine Heimat (= Familie) und Kultur vermitteln. Ich habe das Gefühl des Versagens in diesem Punkt. Wie das Leben so ist, gell? Selbst über ein Kauderwelsch würde ich mich wahnsinnig freuen... :-) Lg

von manira am 08.11.2012, 20:07



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Hallo Dor, das kenne ich zum Teil wenigstens auch. Da wir nur einen Sohn haben, faellt zwar die Kindersprache weg, aber besonders, wenn ich ihn direkt nach der Schule spreche, bekomme ich auf Deutsch manchmal auch nur geringfuegig grausliche Tagesbeschreibungen, wohingegen es auf franzoesisch oder englisch ohne Probleme fliesst. Da ich u.a. auf franzoesisch studiert habe, habe ich keine Probleme, mich selbst auf franzoesisch auszudruecken, bzw. Fachbuecher zu lesen, aber es ist schon anstrengender als Englisch oder Deutsch. Dazu kommt, dass wir keinen Fernseher haben und ich nicht so viel fuer das Programm der guten TSR uebrig habe, und wir insofern manchmal eine Oase/Insel der Abgeschiedenen sind. Aber an solchen Tagen sage ich mir immer, dass ich/wir mir/uns das ausgesucht habe/n, dann geht es wieder. Gruss FM

von Foreignmother am 09.11.2012, 15:35



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ich muss sagen ich hab richtiggehend Angst davor das meine Kinder richtige Schweden werden, was ja unausweichlich und auch ok ist. Trotzdem ... ich fühle mich hier manchmal so in die Ecke gedrängt von Schweden, schwedischer Kultur und schwedisch (z.b. auch das Reden auf höherem Niveau) das mir das alles nur auf die Nerven geht. Jetzt daran zu denken, dass mein Sohn so ein richtiger Schwede wird, der vielleicht auch mal die schwedische Flagge an seiner Flaggenstange vor seinem Haus hisst .... URGHHH .... Ich lebe erst 2,5 Jahre hier und bin im Moment in Mutterschaftsurlaub ... hoffe das mein schwedisch über die Jahre noch besser wird, so dass ich meine Kinder mal in Zukunft nicht blamiere .... das sind eher so meine Ängste.

von smultron am 14.11.2012, 07:23



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Hej! Tja, Abstriche wirst Di wohl machen müssen. Mich grauste ehrlich gesagt am meisten,wen nich den Geschichtsunterricht meiner Töchter sah. Soooo groß und wichtig für die Weltgeschichte ist DK ja nun mal nicht, aber man soltle meinen, es bestand alles nur aus dänischen Königen und Kriegsherren etc. Es tat mir dann schon manchmal weh, wenn Dtld. nur erwähnt wurde, wo wir in der Geschichte leider unrühmlich in Erschenínung traten: Drittes Reich, 2 Weltkriege, DDR und Stasi. Alles wichtig, aber Dtld. ist doch auch soviel mehr! Als sie ihr großes Thema suchten, diskutierte ich viel mit meiner Großen und ihrer Freundin (3. Tochter hier im Hause), und bei meinem Vorschlag "Reformation, Luther etc." (nicht ganz unwichtig für ein rein protestantisches Land wie DK, oder?) tat die unbedarfte Frage der Freudnin eher weh: "Kann man denn darüber soviel schreiben???" Gehört hatten sie davon im Unterricht eher nichts. Ähnlich empfand ich das dann im Deutschunterricht (Fremdsprache), wo leider so gar keine dt. Lietratur wirklich gelesen wurde. Auch eine dt. Freundin, die weiter nördlich wohnt, beklagte, daß keine Romane oder Schauspuelstücke gelesen wurden, wie wir das seinerzeit im Fremdsprachenunterricht doch taten, um die Literatur eines Landes kennenzulernen. Das tat mir als "gelernter" Biblothekarin natürlich am meisten weh. Es muß ja nicht nur Schiller und Goethe sein, Brecht, Böll, Lenz oder ein Daniel Kehlmann odereine Herta Müller (immerhin Nobelpreisträgerin) täten es ja auch! ich habe neulich gesehen,daß im TV in einerShow, die DEUTSCHE Allgemeinbildung abgeprüft wird, da bin ich mal gespannt, wieviel meine Kinder wohl wüßten. Klar ist von Land zu Land verschieden,was man wissen sollte, aber .... was die Dänen vom größten und wichtigsten Nachbarland wissen, ist oftmals traurig und - sorry: erbärmlich. ABER: Dagegen kann man durchaus alten. Wir haben bis zum ca. 12. Lebensjhr vorgelesen, und da kamen dt. Kinder- und Jugendklassiker immerhin "zu Wort". Wir sehendt. nachrichten, diskutieren dänische, aberauch dt. Themen und wir sprechen natürlich täglich Deutsch. Ganz sicher sind meine Kinder in erster Linie Dänen, hier sind sie ja aufgewachsen, die hiesigen Traditionen und Lebensweisen, verhaltenweisen sind ihnen vertrauter als die deutschen, manchmal kollidiert das jetzt sogar mit mir, die ich ganz sicher die "deutscheste" in unserer Familie bin. Aber sie habenauch viel von Dtld. mitbekommen und darüber gehört - fremd ist ihnen dasalles jedenfalls nicht. Es ist spannend, "deutsche" Kinder in einem anderen Land zu haben - durchaus auch eine Herausforderung auf vielen Geieten, nicht nur derSprache. Aber es macht auch viel Spaß, so eine Art Kulturbotschafter im eigenen Haus zu sein. Was das Blamieren mit der Landessprache angeht: Als meine Große im KIGA angefangen hatte, hörte ich einmal einen kleinen Kameraden beim Abholen zu seiner Mutter sagen: "Das ist Xy, die Mutter redet ein bißchen komisch." "Oha, dachte ich, was kommt nun?", und spitzte die ohren. Er fuhr fort: "Aber xy spricht ganz normal." Und ich girente in mich hinein. Einmal baute sichauch ein kleines Mädchen im KIGA vor mir auf und fragte direkt: "Wieso sprichst du so komisch?" (Damals war ich ja noch nicht dsoooo lange hieru nd mein Akzent war icherausgeprägter als jetzt, wo manche probleme haben, ich richtig unterzubringen.) Und während die Erwachsenen peinlich berührt nach einer Entgegnung suchten, sagte ich einfach nur: "Weil ich aus Deutschland komme, deutsch kann ich besser sprechen." Zum Angriff ging ich nur über,als meine Jüngste mal heimkam und erzählte, ihreFreundinnen hielten mich für dumm, weil ich manchmal einen Fehler auf Dänisch machte. Da ich dieMädels öfter kutschierte, stellte ich denen dann irgendwann dabei mal dieFrage, ob sie in der Schule gut Englisch oder Deutsch könnten. Naja, sosolala, kamen die Antworten. Ob sie manchmal Fehler in Englisch machten. Jo, da schon. Dann seien sie wohl so dumm wie ich, die ich die dänische Fremdsprache manchmal etas fehlerhaft beherrsche. Das Schweigen war etwas betreten, diewußten genau, womit sie meine Tochter hatten ärgern wollen. Und da kenne ich dann auch keine Gnade... Also, es kommen manche Herausforderungen auf einen zu, die man im eigenen Land nicht hhätte. Dafür fehlen dann andere. Was wir draus machen, liegt ja wie immer an uns, und hier kann man sich ja auch wunderbar austauschen und Erfahrungen aus 2.Hand sammeln. Viel Freude bei der mehrsprachigen Erziehung, die ja soviel mehr ist als nur die Vermittlung von Sprache! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 15.11.2012, 08:18



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Oh je - kommt mir alles bekannt vor. Nach mehr als 20 Jahren in Deutschland vermisse auch ich am meisten meine Sprache. Ich schaue deswegen im TV jeden Werktag auf dem NL-International TV eine Soap -normalerweise würde ich dies niemals tun- aber da sprechen die Leute zum Teil Dialekte und genau diesen Ton zu hören tut mir gut. Durch die Schauspieler höre ich meine Großeltern wieder sprechen (die schon lange nicht mehr leben) meine Freundinnen ratschen und auch die Witze scheine ich schon lange nicht mehr gehört zu haben so wie das Fluchen und Schimpfen. Man hört es ja alles nicht mehr um sich herum und ich habe oft ein AHA-Effekt. Deutsch kann ich in allen Lebenslagen gut verstehen. Mir fehlt eher ein gutes (anspruchvolles) Gespräch in meiner eigenen Sprache. Nur bei meinem Sohnemann, fällt mir auf, daß ich bzgl. "Deutschland" Lücken habe. Nämlich bei den Schulfächern Geschichte und Deutsch. Diese "Lücken" sind bei mir durch meine eigene vaterländische Geschichte und Literatur/Poesie gefüllt. Fazit : man gewöhnt sich an alles - und liebt es dann auch. Aber, man vergisst nie woher man kommt und auch nicht die Klänge, Düfte......

von Eileen am 15.11.2012, 09:45



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Hallo, Ich liebe Kauderwelsch. Wir sprechen bei uns zu Hause fließen deutsch und dänisch. Und es ist fantastisch, wie man die beiden Sprachen mischen kann und dann wirklich ganz perfekt das ausdrücken kann, was man möchte (Naja, manchmal fehlt mir halt auf der einen oder anderen Sprache mal das Wort) und englische Begriffe fließen ja auch ganz natürlich mit ein (und das ganz ohne dass Menschen 2 sprachig sind). Aber glaubst du nicht auch dass sich das Kauderwelsch auf zu Hause beschränkt? Ich würde doch mit keinem Dänen Kauderwelsch reden. Der versteht mich dann doch gar nicht, Sieh es als Spracherweiterung. LG

Mitglied inaktiv - 04.12.2012, 11:54