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Englisch beibringen als Nicht-Muttersprachler

Thema: Englisch beibringen als Nicht-Muttersprachler

Hallo zusammen, mein Mann und ich kommen aus Deutschland, wir leben seit 13 Jahren in der Schweiz und unsere 4 Kinder (9,7,5,2 Jahre) sind auch hier geboren. Die Kinder sprechen Umgebungssprache (=Schweizerdeutsch), wir sprechen Hochdeutsch. Die beiden älteren Kinder können problemlos zwischen den beiden Sprachen wechseln. Unser Sohn (7) hat nun eine Klasse übersprungen und muss Englisch nachlernen (ein gutes halbes Jahr fehlt ihm), da er das bisher nicht hatte und in der neuen Klasse auf dem Stundenplan steht. Mein Mann und ich sprechen beide Englisch auf C2 Niveau, sind aber keine Muttersprachler. Gerne würden wir den Kindern aber die Freude an der Sprache mitgeben und und natürlich unserem 7-jährigen helfen Englisch zu lernen und nicht nur stur Vokabeln zu pauken. Wir haben nun im November (da war klar, dass er die Klasse überspringt) begonnen, dass wir beim Frühstück nur noch Englisch miteinander und mit den Kindern sprechen, damit die Kinder ein Gefühl für die Sprache bekommen. Zusätzlich dazu lernen die Kinder mit Tiptoi und Büchern etwas Englisch. Auch dürfen sie Kinderserien auf Englisch gucken und hören Englische Kindermusik. Habt ihr Erfahrungen? Macht so etwas Sinn oder ist das viel zu wenig und zu schlecht, da wir keine Muttersprachler sind? Mir kommt es derzeit so vor, als würde unsere 2-jährige am meisten profitieren. Sie wünscht sich oft, dass ich den ganzen Tag Englisch mit ihr spreche und antwortet nun auch teils schon auf Englisch. Eigentlich stellt sich mir generell die Frage, ob es erfolgreich sein kann als nicht Muttersprachler den Kindern eine Fremdsprache beizubringen?! Mir macht es Spass und es fordert mich natürlich, aber es soll ja den Kindern helfen, nicht mir:-D

von Emilia_Sophie am 02.02.2021, 21:43



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Als Einstiegshilfe für Euren Sohn ist das sicher sinnvoll - so lernt er es spielerisch und kommt schnell rein - um das halbe Jahr Rückstand aufzuholen reicht Euer Englisch bestimmt - den Rest machen dann die Videos, Tip-toi und natürlich der Unterricht in der Schule. Für die Kleine finde ich es eher schwierig - sie soll ja ihre Muttersprache festigen und da den Wortschatz ausbauen. Da würde ich schon darauf achten, dass sie genug deutsch-Input hat und auch auf Deutsch Bilderbücher schauen usw. Aber ein paar Videos und hin und wieder ein Familienfrühstück auf Englisch, wo alle ihren Spass haben, schadet ihr sicher nicht. Nur "richtig" Englisch lernt sie so sicher nicht, sondern es ist dann eben ein kleiner Vorsprung für den Schulunterricht, mehr nicht. Das sollte Euch bewusst sein. Unsere Kinder sind dreisprachig, der Grosse lernt jetzt Englisch in der Schule (es ist also seine vierte Sprache und erste Fremdsprache) - und der Kleine lernt viel von ihm mit - Wörter, ganze Sätze, dazu kommen Videos, da kommt man gar nicht dran vorbei, dass die Kinder mit Englisch in Kontakt kommen. Manchmal probieren sie auch so spielerisch, anders zu sprechen - gerade weil der Grosse eine tolle Englischlehrerin hat, die viele Aktivitäten in den Unterricht einbaut, viele Videos, viel Kontext herstellt zu dem, was sie gerade lernen. So sollte moderner Fremdsprachenunterricht ja sein, kein langweiliges Vokabelpauken (das gehört natürlich schon auch dazu, aber man ist dabei dann ganz anders motiviert). Also klar bringt das was, aber ich finde - im Blick auf Eure Kleine - schon wichtig, sich dabei dessen bewusst zu bleiben, dass es eben eine Fremdsprache ist, von der man nur "ein bisschen" kennt, längst nicht alles. Denn - obwohl sie z. B. auf Englisch zählen können und einfache Sätze bilden und auch schon einges verstehen - wenn jemand auf der Strasse englisch spricht, erkennen sie maximal, dass es eben Englisch ist, aber verstehen noch kaum etwas - da ist es noch ein weiter Weg :-)

von Kacenka am 03.02.2021, 18:09



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Danke Kacenka für deinen Input. Genau, es ging mir erst einmal darum, dass es eine Einstiegshilfe für meinen Sohn ist und er den Stoff, den er aufarbeiten muss nicht nur durch stures Vokabeln lernen nachholen muss. Es hat sich nun einfach die Frage gestellt, wie wir weiter machen und ob sowas überhaupt Sinn macht es durchzuziehen als nicht-Muttersprachler. Und ja, unser Englisch sollte definitiv reichen, dass wir unseren Kindern die Grundlagen (und hoffentlich auch mehr) beibringen können. Wir haben selbst einige Zeit im Englischsprachigen Ausland verbracht und dort gelebt und gearbeitet. Es ist also nicht sooooo "unnatürlich" für uns diese Sprache zu sprechen. Mein Mann arbeitet auch in einem internationalen Unternehmen wo Englisch die Hauptsprache ist und spricht/schreibt somit täglich in dieser Sprache. Aber klar, es ist nicht unsere Muttersprache! Mit der Kleinen lesen und sprechen wir natürlich auch viel Deutsch. Aber auch bei ihr ist die Hauptsprache Schweizerdeutsch, das weder mein Mann noch ich sprechen. Die Kinder untereinander sprechen auch Schweizerdeutsch und auch mit uns wechseln sie nicht ins Hochdeutsche. Nur, wenn sie mit ihren Grosseltern oder Verwandten in Deutschland sprechen.

von Emilia_Sophie am 03.02.2021, 23:02



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Danke Kacenka für deinen Input. Genau, es ging mir erst einmal darum, dass es eine Einstiegshilfe für meinen Sohn ist und er den Stoff, den er aufarbeiten muss nicht nur durch stures Vokabeln lernen nachholen muss. Es hat sich nun einfach die Frage gestellt, wie wir weiter machen und ob sowas überhaupt Sinn macht es durchzuziehen als nicht-Muttersprachler. Und ja, unser Englisch sollte definitiv reichen, dass wir unseren Kindern die Grundlagen (und hoffentlich auch mehr) beibringen können. Wir haben selbst einige Zeit im Englischsprachigen Ausland verbracht und dort gelebt und gearbeitet. Es ist also nicht sooooo "unnatürlich" für uns diese Sprache zu sprechen. Mein Mann arbeitet auch in einem internationalen Unternehmen wo Englisch die Hauptsprache ist und spricht/schreibt somit täglich in dieser Sprache. Aber klar, es ist nicht unsere Muttersprache! Mit der Kleinen lesen und sprechen wir natürlich auch viel Deutsch. Aber auch bei ihr ist die Hauptsprache Schweizerdeutsch, das weder mein Mann noch ich sprechen. Die Kinder untereinander sprechen auch Schweizerdeutsch und auch mit uns wechseln sie nicht ins Hochdeutsche. Nur, wenn sie mit ihren Grosseltern oder Verwandten in Deutschland sprechen.

von Emilia_Sophie am 03.02.2021, 23:02



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

stresst das kinder nicht, wenn ihr beim frühstück englisch sprecht?

von kunstflair am 03.02.2021, 22:38



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Nein, warum sollte es sie stressen? Klar ist es nicht immer einfach und mehr "Arbeit" manche Dinge zu erklären, aber die Kinder gewöhnten sich da schnell dran. Mein Mann und ich haben auch beide einige Zeit im englischsprachigen Ausland gelebt, mein Mann arbeitet zudem bei einem Unternehmen wo die Firmensprache Englisch ist. "Dank" Homeoffice bekommen die Kinder natürlich mit, dass er den ganzen Tag nur Englisch spricht. Mein Sohn, um den es mir mit diesem Versuch hauptsächlich ging, möchte die Sprache ja auch lernen, da es einfach Teil des Stundenplans seiner neuen Klasse ist und er sehr ehrgeizig ist.

von Emilia_Sophie am 03.02.2021, 22:51



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

dann ist ja alles prima viel glück

von kunstflair am 03.02.2021, 23:21



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

Hej! Ich bin ja wie meistens wieder sehr bei Kacenka. Grundlegend ist nun mal, daß wir, die wir unsere MUTTERsprachen weitergeben, meistens mehr als kritisch gegenüber Fremdsprachenunterricht im KIGA-Alter sind. Das hat seine Gründe: und aus Erfahrung in mehreren Foren und auf Mailinglisten zum Thema durch alle die Jahre hindurch kenne ich nur 2 oder 3 gelungene Beispiele - man mag selbst darüber nachdenken, wieso keiner von den vielen, die erst begeistert motiviert fragen, ob sie nicht ihren Kindern Englisch (und es ist IMMER Englisch, nie Italienisch, Spanisch, Chinesisch...) beibringen sollten solange die Kinder so klein sind, daß die sich also nie mehr melden ,auch wenn ich sie immer dringend bitte,doch zu erzählen, wie es so läuft. Sie könnten uns doch um die Ohren hauen, wie falsch wir mit unseren Einwänden lagen - aber nichts passiert! Das Thema erledigt dich vermutlich meistens selbst. Wie bei der Geburt meiner Großen; da lag ich mit einer Dänin im Zimmer, die lange Jahre in den USA verheiratet gewesen war und dem Baby nun auch Amerikanisch vermitteln wollte - kaum war das Baby da, nuselte die auf Dänisch mit dem Kindchen rum - das war nun mal doch ihre Herzenssprache. Und so ist die Kritik oder Skepsis unsererseits vermutlich berechtigt, denn sie beruhen auf der Erfahrung, daß es schwer ist, eine Fremdsprache derart durchzuziehen. Dazu kommen die üblichen Einwände mit Fehlern - ich finde die fast weniger schlimm als verkehrte Strukturen!!! - und für mich auch sehr wichtig das Argument:, das Kacenka auch hat: Eine gute Muttersprache ist tausendmal besser, um später Fremdsprachen zu lernen,als jede frühe Fremdsprachenvermittlung. Ich weiß,noch, daß ich mit meiner Freundin in der 4. Kl. Engilsch lernte, um in der 5. Kl., als wir es bekamen, dann schon fit zu sein - wir konnten wirklich einiges mehr als die anderen - aber ehrlich? Wie schnell hatten die das auch drauf?? Ruckizucki. Genauso wie Kinder,die bei der Einschulung lesen können -das haben die anderen ruckzuck drauf und weg ist der Vorteil. Was aber an muttersprachlichen Wortspielereien, Versen, Reimen, Fingerspielchen, Liedern und Albernheiten etc. fehlt,weil man es nicht mit 2 oder 3. in der MUTTERsprache gelernt hat, das läßt sich nicht mehr nachholen, obwohl eine hiesige Lehrerin es in der 0. Kl. noch versuchte, aber den Seufzer, daß das eben leider für solche Kinder, die es oft auch einsprachig nicht bekommen, zu spät sei, höre ich heute noch. . Man kann eben nicht hoppe-hoppe-Reiter mit den Sechsj. machen - daß Sprache, Rhythmus und Laute auf bestimmte Weise zusammenspielen und zus.agieren, lernt ein Kind instinktiv mit 2 durch Hoppe-hoppe-Reiter.- nicht mehr mit 6, auch nicht durch Erklärungen,da sind die Kinder weiter und brauchen andere Dinge (die auf den früheren Sachen aufbauen). Das wird leider unterschätzt. Daher eben auch von mir: Zur Unterstützung des Sohnes - okay. Aber für die Zweijährige geht viel natürlich Muttersprache verloren. Und das Argument, daß der Mann auch im Dienst Englisch redet -sorry: wieviel Hoppereiter singt der mit den Kunden und Kollegen? Wie oft ruft der in Panik und der spontan. NEIN, nicht das - laß das stehen!!! Vorsicht - komm schnell - die Tür knallt zu! Will sagen: Mit (2j.) Kinder spricht man doch völlig anders als mit Erwachsenen, zudem Kollegen, Dienstgespräche etc. Selbst in der Muttersprache redest Du da anders- und da sind wir wieder dabei, daß darauf eben dann auch die wachsende Sprache aufbaut. Je weniger spontane Muttersprache das Kind dadurch mitbekommt, umso ärmer ist das Reservoir, auf das es zurückgreifen kann, auch beim Lernen anderer Sprachen. Und ehrlich? Englisch ist heute derart überall,d aß man dem nicht entgehen kann, selbst wenn man will - nicht einmal das wäre also ein Grund, es nun auch der Zweijährigen unbedingt als FREMDsprache beizubringen. Immer, wenn man etwas dazuwählt, wählt man auch etwas ab. Und der Zeitfaktor für jede Sprache ist einer der 2 wichtigsten Komponenten in meiner Mehrsprachigen Erfahrung - die Selbstverständlichkeit die andere, und die habe ich gerade ja auch etwas in Frage gestellt. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.02.2021, 00:40



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Danke auch dir für deine ausführliche Antwort. Das Fazit ist klar: lasst es, wenn ihr nicht Muttersprachler seid:-) Ich möchte aber zu einem Thema gerne etwas korrigieren, denn das kann ich bestens aus eigener Erfahrung beurteilen: Sowohl meine Tochter (9) als auch mein Sohn (7) konnten vor Schuleintritt lesen, schreiben und auch rechnen. Das haben sie sich selbst beigebracht und wurde nicht von uns erzwungen/gelernt/geübt. Diesen Vorsprung haben sie nie verloren, im Gegenteil. Das haben sie beibehalten und weiter ausgebaut. Umsonst geht unser Sohn mit 7 Jahren nun nicht in die 3. Klasse;-) Da wir in der Schweiz wohnen würde es sich natürlich auch anbieten Französisch mit den Kindern zu sprechen. Aber erstens brauchen sie das momentan noch nicht und zweitens bin ich darin selbst nicht gut genug. Ich denke, so geht es vielen Eltern. Englisch ist einfach die Sprache, die mit am einfachsten zu erlernen ist und die man selbst am besten spricht, neben der Muttersprache.

von Emilia_Sophie am 04.02.2021, 07:47



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

Hej Emilia Sophie! Den reinen Lesevorteil holen die anderen Kinder auf. dabei bleibe ich. Ich habe 2 Kinder,d ie kluge Köpfchen haben - die eine lernte als 1. , aber schon in der Klasse lesen, die andere schaute es sich eben vorder Einschulung von der großen Schwester ab. Die eine ist IMMER Klassenbeste, schreibt heute ihe Juraprüfungen NUR mit Bestnote etc,. Die andere ist auch klug, war auch Klassenbeste, hat aber deutlich andere Prioritäten und ist mehr praktisch orientiert. ich denke, es liegt am Kind, wie man diesen Vorteil ausbaut. Die Große hat dann eben schnell auch ihr Lesen zur Weiterinformation zu Themen angewandt, die sie interessierten, die liest sich heute klug (wie ich auch),die andere liest sich nicht klug, die probiert aus. Das ist eine Chrakterfrage und keine der Intelligenz oder des frühen Lesenkönnens. Zum andern: Gerade in der Schweiz habt Ihr ja eh noch Französisch und Italienisch - wenn Ihr woltl sogar Rätoromanisch vor der Haustür, und wie gesagt, Englisch kommt hinzu. Und zu Englisch sage ich nur soviel: Englisch ist schwerer zu lernen als die meisten glauben. Die nette Tatsache, daß wir verstanden werden und kein Engländer uns dauernd korrigiert, bedeutet eben NICHT,d aß wir Englisch können, daß wir Englisch gut können. Englisch ist (angeblich) eine Sprache ohne viele Regeln und ohne viel Grammatik. Deutsch hingegen ist gleich am Anfang voll mit Regeln und Grammatik. ABER: Hat man die dt. Regeln halbwegs kapiert, kommt nicht mehr viel nach. Im Englisch aber sitzt man dann mit tausend Ausnahmen von einer Regel, die nur in bestimmten so - und auch nur unter einer gewissen Voraussetzung - gilt. Das schlichte Englisch, das die meisten (und nein, ich spiele damit in keinster Weise auf Dich an, sondern auf alle,die mir erzählen, sie lernen lieber Englisch als Deutsch, weil das ja soviel leichter sei - und gerade hier n DK laufen davon fast 5 Millionen rum ) -- das schlichte Englisch, das die meisten für gutes Englisch halten, weil sie es schnell aktivieren können (in der Tat ein Vorteil,. den Skandinavier haben), weil sie verstanden werden und weil keiner sie korrigiert, sagt absolut nichts über die Qualität des Englisch aus. Dies nur am Rande, es ist nicht meine private Meinung,sondern wird von vielen gestützt, u.a. auch von praktischen Erfahrungen. Letztendilch soltle jede Familie ausprobieren,was sprachlich am besten für sie paßt, aber ich würde niemals meinem Kind eine Fremdsprache beibringen. Gerade auch wenn deine Kinder intelligente Köpfchen haben, kann zuviel Vorwissen ein Schlag nach hintens en. Wir haben erlebt,was es heißt,wenn ein Kind die Schule oft gelangweilt besucht, weil die anderen zu langsam sind, weil sie (z.B. Deutsch) ein Fach zwangsläufig schon können etc. Wie ein Vater mit langsamer Tochter mal zu uns nach einem Elternabend sagte: Ich dachte immer, wir hätten Probleme mit unserem Kind - aber ihr am anderen Ende kämpft ja genauso. Eben. Lieber Dinge fördern,die in der Schule gar nicht oder zu wenig vorkommen - Musik, Sport, und dann Themen, die das Kind sucht - Mineralogie, Astronomie, Zoologie etc. waren hier phasenweise dran. Und ja, da kam der Großen ihre LIEBE zum Lesen zugute - nicht aber in der 4.- oder 5. Klasse, daß sie es in der 0. ein paar Wochen lang vor ihren Kameraden konnte. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.02.2021, 10:33



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

also ich finde ja Englisch eine ziemlich schwierige Sprache. Nicht das, was alle können, aber eben auf die Ebene zu dringen, wo man Emotionen richtig wiedergibt, eben richtig in die Kultur eintaucht (also alles, was eben nicht beruflich-sachlich ist), das finde ich viel schwieriger als z. B. manche kleinere Sprache oder sogar Spanisch. Wenn ihr längere Zeit in einem englischsprachigen Land gelebt habt, mag da viel da sein, aber meine Erfahrung ist eben auch, dass englisch-Muttersprachler es dermaßen gewohnt sind, mit nicht-Muttersprachlern zu kommunizieren, dass da viel vom Usus aufgeweicht wird in der aktuellen Kommunikation. Das hat seinen Sinn und ich will das auch gar nicht bewerten - Englisch ist eben eine internationale Verkehrssprache, aber diese muss man ja schon von dem unterscheiden, was die Engländer oder Amerikaner mit ihren Kindern sprechen. So lernt man dann von Japanern über deren Englisch viel über die japanische Kultur und von Finnen über die finnische, weil sie vieles nonverbale oder kulturelle gar nicht anpassen, obwohl sie gerade eine Fremd-Sprache sprechen. Ich lebe in Tschechien und spreche mit meinem Mann eigentlich immer tschechisch - aber der gesamte Kinderwortschatz (heieheihe, spezielle Kinderwörter für Essen, Trinken...) hat sich mir erst erschlossen, als unser erster Sohn geboren wurde und ich mit ihm zusammen hier in der Gesellschaft gelebt habe. Mein Mann und auch meine Schwiegermutter sind vorher nicht auf die Idee gekommen, so mit mir zu kommunizieren - das war mit dem Kontakt zum Baby plötzlich da und hat mich erst mal ganz schön verunsichert - es war mir ziemlich fremd!Da war ich froh, dass ich selber meine Muttersprache hatte :-) Heute würde ich es mir zutrauen mit anderen Kindern so zu reden, aber damals fehlte mir das komplett. Also nicht nur Kinderlieder und Reime, die man ja nachlesen kann. Es ist ja sogar nachgewiesen worden, dass Mütter mit ihren Babys intuitiv anders sprechen, was die Aussprache betrifft - charakteristische Lauteigenschaften der Laute werden besonders hervorgehoben, just in der Phase, wo Kinder eben das Lautsystem erwerben. Die Frage lautet also - wenn Englisch zusätzliche Familiensprache (und nicht nur Schulsprache) werden soll: Wer hat Euch das auf Englisch beigebracht? Hattet ihr damals häufigen Kontakt zu Familien mit kleinen Kindern, um sich das abzugucken? Ich bin da sehr emotional, was Sprache angeht, ich würde auch heute mit eigenen Kindern nicht tschechisch sprechen, sofern sie so klein sind - nicht nur, weil meine Aussprache eben trotzdem ein bisschen abweicht, sondern auch weil eben viele Feinheiten nicht so intuitiv kommen, wie bei Muttersprachlern. Und das sage ich, obwohl ich mich schon auch dabei erwische, wie ich meinen Kindern auf tschechisch antworte, wenn sie etwas über die Schule erzählen - das kommt ja alles komplett in der Umgebungssprache von ihnen. Der zweite Aspekt ist, dass Englisch eine verhältnismässig einfache Grammatik hat, das aber teilweise über einen extrem komplexen Wortschatz ausgleicht, den man sich kaum ableiten kann. Auch die Polysemien decken sich selten mit denen im Deutschen, was z. b. bei vielen Nachbarsprachen viel weniger häufig ein Stolperstein ist. Da will ich Euch keine Kenntnisse absprechen, nur darauf verweisen, dass diese Schwierigkeit z. b. beim Tschechischen viel geringer ist - hier kann man, wenn man einmal die Endungen beherrscht (und davon gibt es zwar wesentlich mehr als selbst im Deutschen aber ihre Zahl ist trotzdem überschaubar), eigentlich fast immer 1:1 übersetzen kann. Easy gegenüber Englisch. Und genau um diese emotionale, kulturelle Ebene geht es eben bei Euren jüngeren Kindern. Deswegen würde ich mit denen - wenn die Grossen in der Schule sind - konsequent weiter Deutsch sprechen, auch wenn sie manchmal von selber auf Englisch plappern (das ist ja nicht schlimm). Aber da ist der Zeitfaktor eben wirklich wichtig, wie Ursel immer so schön sagt. Klar - meine Kinder haben auch 3 Sprachen, weil wir nun mal 3 Sprachen in der Familie haben. Aber das merkt man dann in der 3. auch. Ich finde das nicht schlimm, aber ich behalte es schon im Auge, lese bewusst immer wieder in der schwächsten Sprache vor, versuche sie zu Videos zu animieren, denn sonst bleibt der Wortschatz auf der Strecke - und sie sind jetzt schon Schulkinder. Wir lesen immer noch jeden abend vor und auch der Grosse fragt noch regelmässig in allen drei Sprachen Wörter nach. Noch ein letzter Aspekt (ist eh schon viel zu lang): Je nachdem welches Deutsch ihr sprecht, kann das für die kinder in der Schweizer Schule ja auch ein Vorteil sein, wenn die dann ein Deutsch lesen lernen sollen, das doch ganz schön von dem abweicht, was sie in ihrer Umgebung hören und sprechen (auch wenn da das Fernsehen sicher schon viel mitgibt). Alles Gute Euch! K

von Kacenka am 04.02.2021, 10:48



Antwort auf Beitrag von Kacenka

Ich sehe,wir sind schon wieder sehr einig, Kacenka - und schön, daß Du auch so lang schreibst und nicht nur ich. Und selbst wenn wir dasselbe meinen: Du drückst es wieder anders aus, mit anderen Beispielen - und das macht es dann auch wieder verständlicher und nachvollziehbarer! Übrigens ist das ja nun mit jeder Fremdsprache so, das merke ichs ogar bei meinem Dänisch, das mir inzwischen leichter vn der Hand oder ausa dem Mund geht alsEnglisch (weil es eben öfter bauche): Man merkt immer, wo jemand herkommt - nicht nur und oft gar nicht am Akzent - sondern an vielen anderen kleinen Dingen. Ich kann inzwischen gut an Satzstellung (und da meine ich nicht die primitivsten, sondern eben auch avancierte kleine Fehler) merken, ob da ein englischer, dänischer oder ... Deutsch spricht. So merken Dänen, ob dasselbe für ihre Sprache,wenn sie ein bißchen sprachbewußt sind, und Engländer natürlich auch. und bei denen kommt, wie Du sehr richtig schreibst, dazu, daß sie ja gewohnt sind, daß alle welt Englisch mit ihnen spricht - oder was sie dafür halten. Bestes Beispiel war vor etlichen Jahren mal ein Posting hier, wo jemand korrigiert haben woltle, was er7sie an eni Hotel in GB geschrieben hatten. Das korrigierte jemand - fremdsprachlich, Schulenglisch - ich dachte noch: Ja, das kommt ja wohl besser hin als das erste, gut, hätte ich wohl auch so gemacht. und dann kam ein Muttersprachler - und JA, das klang so, wie ich unsere engl. Freundin oder Filme höre. VERSTANDEN hat man alle 3 Ausgaben desselben Textes, wirklich Englisch war wohl nur die letzte. Was die Sprache mit Kindern angeht, so hat man eine andere Satzstruktur, natürlich ein anderes Vokabular, sicher auch Aussprache - udn vor allem ändert sich oft auch der Tonfall. Gru ßUrsel, DK

von DK-Ursel am 04.02.2021, 12:51



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

Ursel hat es bestens erklärt. Der Satz: "fügt man etwas hinzu, nimmt man etwas weg" - zeigt in seiner Kürze, wo der Hase im Pfeffer liegt. Dein Satz hingegen "Mir macht es Spass und ...., aber es soll ja den Kindern helfen ..." zeigt, dass hier eventuell nicht die richtigen Ansprechpartner(innen) sind. Kein Mensch dieser Welt würde sagen: "Ich spreche jetzt mit meinem Kind, weil es ihm hilft, sprechen zu lernen". Das ist der Unterschied, den Ursel besser beschreibt als ich, inklusive Beispiele aus dem Alltag und den Auswirkungen. Sprachenlernen ist meine Passion und ich bin froh, darf ich meine Leidenschaft ausleben. Die Umgebungssprache ist 'meine' geworden, doch niemals würde ich sie unterrichten. Weder meinem Kind noch sonst jemandem. Nun, jeder darf das so handhaben wie er/sie möchte, das ist das Erfreuliche in diesem Leben. Ebenso erfreulich ist es, wenn beim Frühstück gesprochen wird. Ich wünsche euch viel Glück und alles Gute!

von kunstflair am 04.02.2021, 09:22



Antwort auf Beitrag von kunstflair

"Ebenso erfreulich ist es, wenn beim Frühstück gesprochen wird." Danke! Hier unterschreibe ich! Super formuliert :-)

von Kacenka am 04.02.2021, 10:52



Antwort auf Beitrag von kunstflair

Danke für das Lob, Kunstflair, ich erkläre mich auch gerade einig mit Di. ich lebe jetzt schon Jahrzehnte in DK und spreche auch für Dänen in so gut wie jeder Lebenslage fließend, aber dennoch würde ich niemals Dänisch mit meinen Kindern geredet haben geschweige denn, es ihnen beigebracht haben! (Sag niemals niemals: Natürlich habe ich Dänisch gesprochen, wenn die dän. Familie oder dän. Freunde bei uns waren oder wir beio denen, sprich: Wenn Dänen uns verstehen sollten,die des Deutschen nicht so mächtig waren, aber so im Alltag nur unter uns: Von MIR lernt man Deutsch, nicht Dänisch, dafür (für deutsch) aber bin ich auch 100%ig zuständig.) Und so war eben auch der Zeitfaktor auf dem höchsten Niveau, denn je älter die kinder werden, umso weniger kann man tagsüber die Nichtumgebungssprache einsetzen - oft sogar abends/nachts auch nicht, weil wir sehr oft Übernachtungsbesuch der Kinder hatten - manchmal "wohnte" die sog. "3. Tochter" mehrere Tage bei uns - da ging dann eben sehr viel auf Dänisch vonstatten - und die dt.- Sprache mußte sich immer um ihren Platz bemühen und ihn nutzen! Wieso sollte ich da noch eine Fremdsprache einschieben, zumal eine, die die Kinder heute eh sehr früh sehr gut lernen?? Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 04.02.2021, 14:00



Antwort auf Beitrag von Emilia_Sophie

Auch wenn meine Antwort vielleicht für Deine Frage etwas spät kommt, möchte ich doch noch dazu schreiben. Es kam hier schon viel, dem ich mich eigentlich nur anschließen kann. Aber aus der Sicht von zwei deutschen Muttersprachlern, die ihre Kinder zweisprachig erziehen (ich englisch, der Papa deutsch), kann ich vielleicht noch ergänzen, dass es zwar möglich aber stellenweise sehr schwer ist. Damit meine ich garnicht mal die Kleinkindzeit. Lieder und Kinderreime waren nie ein Problem, die hatte ich damals wirklich gut drauf. Da beide Kinder mit jeweils zwei Jahren in einen bilingualen Kindergarten kamen, wurde natürlich auch dort vieles von Muttersprachlern vermittelt. Ohne diese Unterstützung wäre es vielleicht weniger gut gelungen. Mein Sohn hat mit ca zweieinhalb sogar zwischen Mama und Papa übersetzt. Ich erinnere mich an ein Szenario, wo ich während einer Autofahrt etwas zu ihm gesagt habe und er dann plötzlich meinte "Du Papa, Mama hat gerade ... gesagt." (Worum es eigentlich ging, habe ich mittlerweile leider vergessen.) Mein Mann antwortete und unser Sohn übersetzte dann wieder für mich. Für ihn war so klar, wer welche Sprache mit ihm spricht, dass ihm nicht mal in den Sinn kam, dass wir uns gegenseitig durchaus verstehen. Schwieriger wurde es dann in der Schulzeit. In den Klassen meiner Kinder (bilinguale Privatschule) waren immer wieder Kinder, die wenig Englisch verstanden - und dass nicht nur am Anfang. Waren diese Kinder mal bei uns zu Gast, musste ich teilweise deutsch sprechen, damit sie mich überhaupt verstanden haben. Natürlich haben dann auch die eigenen Kinder auf deutsch umgeschwenkt. Dann kommt die Zeit, in der eine Sprache auch mal verweigert wird. Bei meiner Tochter war das Englisch, denn sie wollte sich der Umgebung anpassen und bloß nicht dadurch auffallen, dass man in einer anderen Sprache redet. Der Große hingegen hat zwischenzeitlich mal geäußert, dass er Deutsch hasst. Klar hat er trotzdem geantwortet, aber er bevorzugt das Englische und hat mich darin mittlerweile (er ist 16) zugegebenermaßen überflügelt. Irgendwie auch kein Wunder, denn beruflich nutze ich die Sprache nicht (außer in schriftlicher Form für Emails an Eltern, die wenig Deutsch verstehen) und mit Teenie-Kindern redet man auch nicht übermäßig viel. Mittlerweile gibt es die Trennung Mama Englisch und Papa Deutsch auch nicht mehr - wir reden miteinander, wie es gerade passt. Trotzdem ist unser "Versuch" (denn als solcher war es anfangs gedacht) meines Erachtens nach durchaus positiv verlaufen. Das liegt aber definitiv auch daran, dass wir bzw. die Kinder immer durch muttersprachliche Lehrer und Erzieher unterstützt wurden

von platschi am 01.04.2021, 19:37