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Deutsch Französisch

Thema: Deutsch Französisch

hallo, ich bin zurzeit schwanger und plane jetzt schon, dass wir unser kind von anfang an zweisprachig erziehen, da die muttersprache meines partners französisch ist. (wir wohnen in österreich). ich habe schon gelesen, dass man so gut wie möglich konstant dabei bleiben soll. also ich spreche deutsch, mein partner französisch. wie ist es dann, wenn wir bei freunden und familie sind. soll mein partner es auch dort durchziehen? wäre das kind verwirrt, wenn er unter leuten doch deutsch spricht? wie verhält es sich mit bilingualen bildwörterbüchern? machen diese sinn, sodass ich auch beide sprachen mit dem kind üben könnte? oder wäre es besser, rein deutsche und rein französische bücher mit den jeweiligen elternteil anzusehen? wer hat praxistipps :-)

von novembermama2020 am 24.07.2020, 14:47



Antwort auf Beitrag von novembermama2020

Hej und willkommen hier! Es ist sehr unterschiedlich, wie Eltern das mit der sog. Konsequenz handhaben. Wichtig ist aber zu wissen,daß Kinder nicht verwirrt werden. Sie wissen ja ganz genau, daß wir (meistens) die Sprache des anderen verstehen bzw. der Partner, der im "fremden Land" wohnt, die Umgebungssprache eben auch beherrscht. (Tips wie "ich verstehe dich nicht, sprich in menier Sprache" fand ich deswegen auch immer etwas albern ) Für mich - und hier wurde einmal nach Grundregeln gefragt, die wir weitergeben würden (schade, daß da nicht allzu viele geantwortet haben) sind 2 Faktoren wichtig, 1. so überzeugend wie möglich rüberkommen (und das gilt bei allem in der Erziehung). Wer also grundsätzlich widerwillig oder selbst nicht an Erfolg glaubend rangeht, hat schon viel verloren!, Kinder merken, wo wir authentisch sind oder nur etwas wollen, weil es alle so machen, "man" so tut oder wir das richtig finden). 2. soviel Zeit wie möglich investieren. (und das gilt für einsprachige Kinder, für Muttersprachen wie für Fremdsprachen:) Hier kommt auch meistens die Konsequenz ins Spiel: Konsequent hieß bei uns, daß jeder Partner soviel und so weit wie möglich seine Sprache mit den Kindern spricht. Mit den Jahren wird das eh weniger, weil eben Kameraden dazukommen, die die Nicht-Umgebungssprache (bei Euch Franz.) nicht verstehen - in solchen Fällen wie auch bei Familie u.a. habe ich IMMER Dänisch gesprochen - abgesehen von kleinen Anmerkungen wie: stütz dich beim Essen nicht auf/ bring das mal bitte in den Papierkorb / nein,das Buchi ist im oberen Regal o.ä. In der Schlange vor der Kasse, im Bus etc. habe ich Deutsch mit dem Kind gesprochen - aber beim Schuhkauf konsequent Dänisch, um eben die Verkäuferin nicht auszugrenzen - vielleicht kennt Ihr auch das Gefühl, wenn man nur die notwendigen Dinge gesagt bekommt und den Rest nicht versteht? Nett finde ich das nicht. Sprache ist für mich Kommunikationsmittel, d.h. in der Praxis, sie soll verbinden und nicht trennen - danach sind wir vorgegangen, d.h. immer die Sprache in Gesellschaft, die die anderen auch verstehen - aber allein und wo niemand uns zu verstehen braucht, unsere Sprache. Konsequent heißt generell, daß man tunlichst nicht mitten im Satz oder Thema die Sprachen wechseln sollte, dann wird es leicht Mischmasch (und die Kinder lernen nicht die Wörter für die Dinge, die sie zunächst durchaus als Mischmasch "leihen"). Es gibt Familien,die übersetzen, d.h. sie sprechen ihre Sprache wirklich überall und immer mit dem Kind --- meine Erfahrung ist: wenn man die sonstige Zeit gut nützt, ist das nicht nötig. Zudem kenne ich so gut wie keine Familie, die das noch im Teeniealter (oder etwas eher) schafft, weil auch die Themen / Diskussionen interessanter und schwieriger werden. Hätte ich mit meiner Großen immer nur Deutsch gepsorchen, als es um Schulthemen in Gesellschaftskunde (amerikanische Präsidentschaftswahl damals gerade), um Religion, um ... ging, dann hätte sie mich mit ihrer Freundin (unserer "3. Tochter",so oft wie sie hier war) wohl bald abgehängt. DA war mir wichtiger: mit dem Kind,den Kindern (Jugendlichen) im Gespräch zu bleiben - unsere Sprache fand wieder dann statt, wenn die Freundin nicht mehr dabei war. Aber da sind wir auch wieder bei Punkt 1: für mich ist es authentisch, ICH bin authentisch, wenn ich Sprache als Kommunikationsmittelweiterreiche und nicht vorlebe, daß es Menschen trennt und alles kompliziert. Das meiste allerdings spielt sich sowieso in der eigenen Familienpraxis ein. Am besten ist es also, sich keine allzu grßoen Gedanken zum Thema zu machen,sondern einfach zu leben - auch einsprachige Eltern machen sich keinen Plan, wie sie ihrem Kind die Muttersprache beibringen. Wie reden Dein Partner und Du miteinander? DA ist es natürlich günstig (weil vom Zeiteffekt besser),wenn Ihr als Familiensprache französisch wählen könnt. Was erfordert, daß Du Dicheinigermaßen darin ausdrücken kannst. Das könntet Ihr jetzt ja schon umstellen/üben und mit dem kleinen Kidn sowieso üben, denn da ist die Sprache ja sehr einfach gehalten. Man lernt gut mit. Was die Bücher abgeht, so sind zweisprachige Bücher nett, aber wie ich finde keine Hilfe. Warum liest nicht jeder in seiner Sprache vor? bevor wir sie entleihen konnten, haben wir kistenweise deutsche Bücher heimgeschleppt - Frankreich ist ja nicht so weit weg,daß man nicht auch enige kaufen könnte. Alles andere wirkt eher fremsprachenartig - und DAS ist eben der Unterschied: Wir vermitteln MUTTERprachen in der Mehrzahl, nicht eine Mutter- und eine Fremdsprache!!! Alles Gute für die restliche Schwangerschaft - Ursel, DK

von DK-Ursel am 24.07.2020, 16:46



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

vielen dank für eure ausführlichen und motivierenden antworten :-)

von novembermama2020 am 02.08.2020, 12:36



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Erst mal: französisch ist wunderschön und ich freue mich für euer kind. Es ist wunderbar, wenn der vater ihm dieses so wertvolle geschenk, das ein leben lang nachhallt, mitgeben darf. Kein kind ist verwirrt, wenn es schwimmen und fahrrad fahren gleichzeitig lernt und genau so verhält es sich mit den sprachen. Ich bin überzeugt, dass man weder planen muss noch strategisch vorgehen - lebt einfach ganz natürlich mit den jeweiligen sprachen, die zu euch gehören. Viele verwechseln gerne fremdsprachen-didaktik, -strategien, -lernziele mit dem erwerb einer parallelsprache, doch diese zwei kompetenzen sind so weit entfernt wie die sonne und der mond. Das wunderbare daran ist, dass man nichts künstlich herbeiführen muss - es klappt, wenn jeder elternteil das einbringt, was zu ihm gehört und das beeinhaltet die eigene muttersprache. Es wird an ganz vielen orten dieser welt mehrsprachig gelebt ohne dass sich eltern darüber gedanken machen. Viel glück und bonne chance!

von kunstflair am 25.07.2020, 17:14



Antwort auf Beitrag von kunstflair

"Kein kind ist verwirrt, wenn es schwimmen und fahrrad fahren gleichzeitig lernt und genau so verhält es sich mit den sprachen." Den Satz muss ich mir merken :-) Zur Ausgangsfrage: zwei Dinge finde ich wichtig: 1. Jeder spricht seine Muttersprache. Es ist von großem Vorteil, wenn der Partner die Sprache des anderen versteht - so entstehen keine Verständnisprobleme im Alltag. Wenn das nicht der Fall sein sollte: versuchen mit dem Kind mitzulernen. Kindersprache ist ja "einfacher" und meist wird mit Kindern auch deutlicher gesprochen, das passiert ganz unbewusst und intuitiv. 2. eine neutrale/positive Grundeinstellung zu beiden Sprachen in der Familie. Also keiner rümpft die Nase, wenn Du mit dem Baby deutsch sprichst oder der Papa mit ihm französisch - auch nicht die Oma, die dann vielleicht nichts versteht. Kinder haben sehr feine Antennen und meiden negative Emotionen in solchen Beziehungsfragen - und Sprache ist nunmal ein Beziehungs-Ding. Wenn die Grosseltern keine Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit haben, lohnt es sich, offen mit ihnen darüber zu sprechen und Zweifel auszuräumen. Mehrsprachigkeit ist von grossem Vorteil für Kinder. Und vor allem - Ihr wollt, dass sich Euer Kind mit allen Grosseltern verständigen kann. Solange die Kinder selber nichts antworten, ist das meist kein Problem, fangen sie an zu sprechen, kommt es oft vor, dass sie "mischen". Wir haben das in den ersten Jahren damit überbrückt, dass wir gesagt haben: Mama sagt dazu XY, Papa sagt ZB. Das hat der Oma sehr geholfen, mit dem "Mischmasch" des Kindes neutral umzugehen, ohne zu "verbessern". Beim zweiten Kind brauchten wir das nicht mehr, die Oma hat dann gemerkt, dass sich das von alleine gibt. Und wenn die Oma oder der Opa mal nichts versteht, ist das auch eine gute "Lehrstunde", dass man sich manchmal eben mehr anstrengen muss, um die Sprachen auseinanderzuhalten (denn unsere Kinder wussten sehr wohl, was wohin gehört, schon als sie ganz klein waren, spätestens seit sie selber angefangen haben zu sprechen). Ich habe in den ersten Jahren sehr konsequent mit den Kindern in einer Sprache gesprochen, mittlerweile wechseln wir quer durch den Gemüsegarten, die Kinder sind aber schon Schulkinder. Das heisst nicht, dass ich ihnen "verheimlicht" habe, dass ich auch die anderen Sprachen kann, sie haben mich sehr wohl auch in den beiden Fremdsprachen sprechen gehört, wenn ich mit Schwiegermutter oder anderen Verwandten gesprochen habe. Aber ANgesprochen habe ich die Kinder immer in einer Sprache. Auch im Kindergarten, im Laden, immer. Manchmal sagt man dann etwas doppelt - damit das gegenüber mitbekommt, worum es geht, aber meist sind das eh banale sachen wie: wo hast Du denn Deine Hausschuhe, mach die Jacke zu und dergleichen. Ich finde auch, man sollte nicht allzu genaue Vorstellungen haben, wie das Kind sprechen wird. Viele sind enttäuscht oder machen sich Sorgen, wenn das Kind nicht wie erwartet beide Sprachen fliessend spricht oder parallel lernt. Da gibt es ganz viele verschiedene Wege, jedes Kind reagiert da ein bisschen anders. Und die Eltern reagieren widerum auf das Kind - meist intuitiv richtig. Ich akzeptiere auch, dass sie mittlerweile mit mir überwiegend in der Papa-Sprache sprechen - ich verstehe ja alles und antworten eben, wie es mir einfällt - oft übersetzte ich nebenbei etwas von dem, was sie gesagt haben. Mit Oma und Opa "müssen" sie sich dann eben mehr bemühen und das klappt dann auch. So eine Woche Oma-Ferien helfen dann auch enorm, um die anderen Sprachen wieder zu beleben. Eines finde ich noch wichtig dazuzusagen heutzutage: Bitte sprich mit Deinem Kind, wenn Du mit ihm zusammen bist. Das klingt komisch, aber lass mich erklären, was ich meine: Ich sehe in den letzten 3-5 Jahren immer mehr Mütter mit dem Handy in der Hand, das Kind sitzt im Kinderwagen, sagt etwas oder zeigt, die Mutter reagiert nicht. Das ist soo traurig! Genau in diesen Momenten passiert das Sprachelernen (und noch viel mehr) - das sind so viele verpasste Chancen. Klar muss man auch mal etwas anderes machen, auch mal telefonieren und das Kind muss warten. Aber gerade so in der Strassenbahn, im Bus, beim Einkaufen - da haben wir mit den Kindern immer gesprochen - schau mal, da ist ein grosser Hund, der wedelt mit dem Schwanz, oh, ein Schmetterling, so eine laute Sirene tatütata und und und Die Kinder zeigen ganz viel oder sagen Wörter, die sie schon kennen und "probieren" sozusagen, ob das hier auch passt (Hunde können ganz schön verschieden aussehen und werden schnell mal verwechselt :-)), die Antwort der Mütter war vor der Smartphone-epidemie intuitiv: ja ein Hund - oder Wo?, ach da, stimmt. oder nein, das ist kein Hund, das ist ein Waschbär da auf dem Bild. (selbst erlebt an der Strassenbahnhaltestelle). Deshalb zeigen sie auch, wenn sie noch nicht sprechen - sie wollen wissen, wie das heisst. Sicher, manche Mütter waren immer schon wortkarger, aber zumindest eine Einwort-Antwort war da meistens drin, die reicht da ja auch oft schon :-) Vielleicht renne ich da jetzt offene Türen ein, dann entschuldige den langen Text! Alles Gute erst mal für Schwangerschaft und Geburt! K

von Kacenka am 29.07.2020, 08:03



Antwort auf Beitrag von kunstflair

merci für eure ausführlichen und motivierenden antworten :-)

von novembermama2020 am 02.08.2020, 12:37



Antwort auf Beitrag von kunstflair

vielen dank für eure ausführlichen und motivierenden antworten :-)

von novembermama2020 am 02.08.2020, 12:37



Antwort auf Beitrag von novembermama2020

Hallo, Unser Kind kommt im Oktober und wird auch D-F zweisprachig. Allerdings wohnen wir in der frz.-sprachigen Schweiz, die Umgebungssprache wird bei uns also F. Auch reden mein Freund und ich bisher ausschliesslich F miteinander. Sprecht du und dein Partner miteinander D oder F? Versteht Ihr die jeweils andere Sprache? Vielleicht hast du ja Lust, dass wir uns nochmal schreiben, wenn die Würmchen da sind. Mein ET ist der 13.10. - dir noch eine schöne SS!

von Titounet am 01.08.2020, 16:54



Antwort auf Beitrag von Titounet

wir sprechen deutsch miteinander. ich verstehe nur etwas französisch, kann aber nicht mehr sprechen ;-) ich wünsche dir auch noch eine schöne schwangerschaft. freue mich, wenn wir uns mal austauschen :-)

von novembermama2020 am 02.08.2020, 12:35