Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
meine Frau und ich beschlossen im Juli schwanger zu werden, was nach unserer Hochzeit im August und Absetzen der Pille sofort klappte.
Meine Frau hat bereits im Juli zunächst mit Halbierung der Dosis auf 10mg, etwa 3 Wochen, dann keine Einnahme mehr, das Medikament abgesetzt. Dies geschah jedoch nur in Rücksprache mit dem Therapeuten, nicht mit dem Psychiater.
Leider kam es dann im September wieder zu massiven Panikattaken und Depressionen, woraufhin wir den Psychiater aufsuchten.
Dieser verordnete dann wieder eine Dosis von 20mg. Eine Unterrichtung der Gynäkologin erfolgte. Therapeut, Psychiater und Gynäkologin stehen in Kontakt.
Alle drei sagten uns einhellig, dass die schädigenden Wirkungen der Depressionen massiver sein könnten auf die Entwicklung des Embryos / nun Fötus, als die des Medikamentes, wie ich auch in den unter anderem von Ihnen zitierten Studien nachlesen konnte.
Leider wies uns der Psychiater gestern auf mögliche Entzugserscheinungen beim Neugeborenen hin, weshalb er auch die von uns favorisierte Entbindung in einem hiesigen Geburtshaus nicht empfiehlt.
Gerne möchte ich mich nun noch detaillierter auf die kommenden Gespräche, insbesondere im Geburtshaus vorbereiten und frage daher:
Können Sie mir Quellen nennen, in welchen ich mich über Wirkung des Medikamentes in Schwangerschaft und Stillzeit fundiert informieren kann und
Gibt es überhaupt belastbare Studien?
Ganz herzlichen Dank.
von
Sven4711
am 16.11.2012, 11:47
Antwort auf:
Wirkungsweise von Citalopram in der Schwangerschaft und beim Stillen
Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (Citalopram, Sertralin etc.) in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet.
In diesem Kollektiv sind 2.701 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,4% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007).
Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden.
Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Citalopram in der Schwangerschaft durchaus vertretbar.
Allerdings wäre unter einer solchen Dauermedikation die Geburt in einer Klinik mit ggf. kinderärztlicher Betreuung vorzuziehen.
Für eine konkrete fachliche Beratung dürfen Sie bzw. Ihre betreuenden Ärzte gerne unser Institut kontaktieren. Mit Hilfe von EDV-gestützten Datenbanken vermitteln wir schnell und umfassend aktuelle Erkenntnisse über den Einsatz von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit. Unser Anfrageformular können Sie von unserer Website (http://www.reprotox.de) herunterladen und uns übermitteln. Für entsprechende Beratungen stehen wir werktags zwischen 8 und 18 Uhr gebührenfrei zur Verfügung:
Institut für Reproduktionstoxikologie
KH St. Elisabeth (Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm)
Elisabethenstraße 17
88212 Ravensburg
Tel.: +49 751 87 2799
Fax: +49 751 87 2798
E-Mail: paulus@reprotox.de
Internet: http://www.reprotox.de
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 22.11.2012