Sehr geehrter Dr. Paulus,
Ich habe seit zwei Wochen eine schwere Bronchitis und habe deswegen mehrere Medikamente genommen. Jetzt habe ich erfahren, dass ich schwanger bin. Ich mache mir große Sorgen um mein Baby. Ich habe über den Tag Wick Daymed Erkältungskapseln und Nachts Wickmedinight genommen (ca. 1 Woche) Als der Husten produktiv wurde habe ich tagsüber das Wick Daymed Kombi-Erkältungsgetränk genommen und abends weiterhin Wick Medinight. Das Erkältungsgetränk ist das, was mir die größten Sorgen bereitet (->Phenylephrinhydrochlorid). Ich habe über zwei Tage vier von den Beutelchen zu mir genommen. Dann habe ich erfahren, dass Nachwuchs ansteht. Muss ich mir jetzt Sorgen machen?
Liebe Grüße Reni
von
Reni1984
am 08.02.2019, 07:49
Antwort auf:
Wick Daymed Kombi Erkältungsgetränk
Ein wahrer Cocktail an Wirkstoffen!
Dextromethorphan besitzt eine ähnlich hustenlindernde Wirkung wie Codein bei geringem Suchtpotential. Es ist daher bei Husten in allen Phasen der Schwangerschaft vorzuziehen.
Das Collaborative Perinatal Project registrierte bei den Kindern von 300 Patientinnen, die Dextromethorphan im ersten Schwangerschaftsdrittel eingenommen hatten, keinen Anstieg der Fehlbildungsrate (Heinonen et al 1977). Zwei Kohortenstudien mit 59 bzw. 140 Schwangeren fanden keinen Zusammenhang zwischen der Medikation mit Dextromethorphan und kongenitalen Anomalien (Aselton et al 1985, Einarson et al 1999).
Paracetamol gilt bei vorübergehender Anwendung als Schmerzmittel bzw. fiebersenkendes Mittel der ersten Wahl gilt in der Schwangerschaft.
Nach Exposition mit Phenylpropanolamin zeigte sich bei 726 Schwangeren keine Zunahme größerer Fehlbildungen (Heinonen et al 1977). Zwei Kohorten des Boston Collaborative Drug Surveillance Project mit über 350 Neugeborenen wiesen keinen Anstieg der Fehlbildungsrate nach Exposition mit Phenylpropanolamin im I.Trimenon auf (Jick et al 1981; Aselton et al 1985).
Komplikationen für die kindliche Entwicklung aufgrund der kurzfristigen Anwendung von Wick® DayMed in der Frühschwangerschaft sind bei Ihnen nicht zu befürchten.
Der Wirkstoff Doxylamin ist auch in einigen Medikamenten gegen Schlafstörungen enthalten. Er ist in der Schwangerschaft so gut erprobt, dass er inzwischen von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA als Mittel erster Wahl bei Übelkeit im ersten Trimenon empfohlen wird.
Das Collaborative Perinatal Project fand keinen Anstieg der Fehlbildungsrate unter den Kindern von 373 Müttern, die Präparate mit Ephedrin im I.Trimenon eingenommen hatten (Heinonen et al 1977). Die Fehlbildungsrate war bei dieser Studie auch bei den Kindern von 873 Frauen nicht erhöht, die eine solche Medikation zu einem beliebigen Schwangerschaftsalter angewandt hatten. Bei 112 Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Suppositorien mit Ephedrin benutzt hatten, fiel ein leichter Anstieg des Geburtsgewichtes und des Gestationsalters auf (Czeizel & Toth 1998).
Weniger erprobte Medikamente wie Pentoxyverin (z. B. Sedotussin®) sind zwar bisher nicht für Fehlbildungen verantwortlich gemacht worden, aber beim Menschen embryonaltoxikologisch nicht ausreichend abgeklärt.
Der Hustenblocker Pentoxyverin hat eine spezifische Wirkung auf den Hustenreflex, indem es die Übererregung im Hustenzentrum herabsetzt und seine Funktion normalisiert. Untersuchungen an verschiedenen Tierspezies (Maus, Ratte, Kaninchen) haben keine Hinweise auf ein embryotoxisches oder teratogenes Potential ergeben (Fachinfo Sedotussin® Hustenstiller 2008).
Publizierte Untersuchungen beim Menschen liegen nicht vor.
Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgrund einer therapeutischen Anwendung von Tramazolin (z. B. Rhinospray plus) in der Frühschwangerschaft wurde beim Menschen nicht beschrieben. Der Wirkstoff könnte bei hoher systemischer Konzentration zur Vasokonstriktion (Gefäßverengung) und uteroplazentaren Minderperfusion (verminderten Durchblutung von Gebärmutter und Mutterkuchen) führen, was bei nasaler Verabreichung in therapeutischer Dosis nicht zu befürchten ist. Man sollte allerdings nicht mehr als 3 x täglich 1 Hub pro Nasenöffnung anwenden.
Eine Kohorte mit 301 Schwangeren aus dem Boston Collaborative Drug Surveillance Project zeigte nach Medikation mit dem Sympathomimetikum Phenylefrin im I.Trimenon keine Zunahme angeborener Anomalien (Aselton et al., 1985). Eine weitere Kohortenstudie mit über 100 Schwangeren bestätigte dieses Ergebnis (Jick et al., 1981).
Das Boston Collaborative Drug Surveillance Program ergab bei 925 Schwangeren nach Exposition mit dem Mukolytikum Guaifenesin keine Häufung von Anomalien (Jick et al 1981; Aselton et al 1985). Zu ähnlichen Resultaten kam das Collaborative Perinatal Project bei 197 Expositionen im I.Trimenon bzw. 1336 Anwendungen in einem beliebigen Gestationsalter (Heinonen et al 1977).
Grundsätzlich sehe ich angesichts der vorübergehenden Anwendung der Präparate in der Frühschwangerschaft keine konkreten Hinweise auf ein deutlich erhöhtes Fehlbildungsrisiko.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 08.02.2019