Guten Tag Dr. Paulus,
bei mir wurden in der Schwangerschaft um die 20 Ultraschalluntersuchungen (auch dreimal Doppler) durchgeführt, da ich leider anfangs viel zu ängstlich war, dann, weil ich mal mit dem Rad gestürzt bin... ich habe, ohne dass es ein Risiko gab das Feinscreening machen lassen, da es mich beruhigt hat und ich absolut überzeugt von der Unschädlichkeit von Ultraschall war.
Nun wird ja nach der neuen Strahlenschutzverordnung der Einsatz von Ultraschall strenger reguliert und ich mache mir nun große Vorwürfe und habe Angst, meinem Kind auf lange Sicht geschadet zu haben. Kann es denn tatsächlich sein, dass sich durch den Ultraschall, wie ich gelesen habe, Zellen oder das Erbgut verändern und man das erst nach Jahren merkt? Ich weiß, dass das eine sehr hypothetische Frage ist. Oder kann man beruhigt sein, wenn das Kind gesund auf der Welt ist und hätte eventuelle Schäden sofort bemerkt?
von
katarina123
am 21.06.2019, 08:35
Antwort auf:
Sehr häufiger Ultraschall doch schädlich?
Es gibt trotz jahrzehntelanger Forschungsarbeit keine Studienergebnisse, die eine fetale Schädigung durch Ultraschalluntersuchungen belegen würden. Eine theoretische Temperaturerhöhung hängt von der Intensität des abgegebenen Schalls ab. (Duggan 1994, Helmy 2015). Sie liegt unter Verwendung eines heute üblichen Leistungsniveaus deutlich unter dem Temperaturanstieg, der durch Fieber oder starke körperliche Aktivität ausgelöst wird.
Lediglich eine spezielle Betriebsart zur Messung von Strömungsgeschwindigkeiten, der sogenannte pw-Doppler, geht mit einer höheren Schallemission einher und könnte nach mehrminütiger kontinuierlicher Beschallung theoretisch einen Temperaturanstieg von mehreren Grad Celsius herbeiführen. Der pw-Doppler wird unter strenger Indikationsstellung zur Ursachenforschung bei bekannten Wachstumsstörungen und einigen weiteren kindlichen Auffälligkeiten eingesetzt, wobei die Beschallungszeit üblicherweise auf wenige Sekunden beschränkt bleibt. Des Weiteren werden dabei oft Gefäße untersucht, die außerhalb des Feten liegen (mütterliche Gebärmutterarterie, Nabelschnur).
Der von einigen Forschern gemutmaßte Zusammenhang zwischen Ultraschallexposition und späterem Autismus (autism spectrum disorders - ASD) fußt allein auf der Beobachtung, dass das Auftreten von Autismus in den letzten Jahrzehnten in etwa in gleichem Maße zugenommen hat, wie die Anzahl an Ultraschalluntersuchungen. Im gleichen Zeitraum hat sich aber z. B. auch die Anzahl strahlungsintensiver Kommunikationsmittel (Mobiltelephone, W-LAN etc.) erhöht.
Eine Auswertung der Schwangerschaften bei 107 Kindern, die unter einem ASD litten, ergab weder eine Häufung von Ultraschalluntersuchungen noch eine spezielle Leistungseinstellung des Ultraschallgerätes. Das Auftreten von ASD muss nach dieser Studie als ultraschallunabhängig interpretiert werden (Rosman et al 2018).
Eine Störung der Neuronenwanderung im Gehirn von Mäusefeten nach Ultraschallexposition kann nicht als Beleg für eine Gefährdung menschlicher Feten durch sonographische Untersuchungen gewertet werden (Ang et al 2006). Die Übertragung experimenteller Studien (Versuchsaufbau, Fixierung, Dauerbeschallung über einen langen Zeitraum, direkte Beschallung des Gehirns) auf den Menschen ist nur schwer möglich, da praktisch kein fetales Gehirn dauerhaft beschallt wird und im System Uterus, Fruchtwasser, Fet und Mutter andere Bedingungen als im Tierexperiment bestehen.
Ein erhöhtes Risiko für kindliche Erkrankungen aufgrund der zahlreichen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft müssen Sie nicht befürchten.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 21.06.2019