Guten Morgen Herr Dr. Paulus
Ich weiss noch nicht, ob ich schwanger bin, da ich eine eher unregelmässige Menstruationszykluslänge habe. Nun bin ich verunsichert, da ich die oben erwähnten Medikamente manchmal nehme, wenn es wetterbedingt nötig ist, und bin besorgt, dass diese schon Schaden angerichtet haben könnten.
Ist die Angst begründet?
Ich werde auf die Einnahme verzichten bis ich Bescheid weiss und mit einem Arzt über die künftige Behandlung gesprochen habe.
Ich habe noch Augentropfen von Similsan, die ich alternatv nehmen möchte um das Schlimmste zu lindern - sind diese erlaubt?
Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
von
simona28
am 02.06.2017, 10:39
Antwort auf:
Medikamente bei Heuschnupfen
Die inhalative bzw. nasale Anwendung von Präparaten mit den Kortikoiden Fluticason bzw. Beclometason führt bei üblichen Dosen nicht zu einer relevanten Belastung des Ungeborenen. In der Schwangerschaft gut erprobt und wenig belastend wäre auch die nasale Anwendung von Budesonid oder Mometason (z. B. Nasonex).
Bei Bedarf wäre auch der orale Einsatz von Antiallergika wie z. B. Cetirizin bzw. Desloratadin in der Schwangerschaft vertretbar.
Eine Auswertung des Swedish Medical Birth Registry ergab keinen Anstieg von Fehlbildungen unter 903 Kindern, deren Mütter Cetirizin im ersten Trimenon eingenommen hatten (Kallen 2002). Die Fehlbildungsrate lag mit 2,99% nicht signifikant über den Werten der Allgemeinbevölkerung (2,02%).
Drei Studien von teratologischen Beratungsstellen konnten unter 177, 123 bzw. 33 Kindern keine Häufung von Fehlbildungen erkennen, nachdem die Mütter im ersten Trimenon Cetirizin bzw. Levocetirizin eingenommen hatten (Einarson et al 1997, Paulus et al 2004, Weber-Schoendorfer & Schaefer 2008).
Daneben gibt es auch Augentropfen bzw. Nasenspray mit dem Wirkstoff Cromoglicinsäure. Dieser Wirkstoff wird praktisch nicht in relevantem Umfang in die Blutbahn aufgenommen und gehört damit zu den antiallergischen Mitteln erster Wahl in der Schwangerschaft.
Bei Desloratadin (z. B. Aerius) handelt es sich um einen Metaboliten des länger bekannten Antihistaminikums Loratadin.
Auf der Grundlage eines schwedischen Geburtsregisters wurde der Verdacht geäußert, dass Loratadin bzw. Desloratadin zu einer Zunahme von Hypospadien (Harnröhrenfehlmündungen) führt: Unter 2.780 Fällen mit Einnahme von Loratadin in der Schwangerschaft wiesen 15 Kinder Hypospadien auf, etwa dreimal soviel wie erwartet (Källén & Otterblad Olausson 2001).
Gemäß einer aktuellen Metaanalyse traten bei 2.694 männlichen Neugeborenen nach intrauteriner Exposition mit Loratadin in 39 Fällen (1,4%) Hypospadien auf. Im nicht belasteten Kollektiv fanden sich bei 4.231 von 450.413 Jungen (0,9%) derartige Fehlbildungen. Damit erscheint das Risiko für kindliche Hypospadien nach mütterlicher Therapie mit Loratadin im ersten Trimenon nicht signifikant erhöht (Schwarz et al 2008).
Die Anwendung von Desloratadin wäre daher bei allergischen Beschwerden in der Schwangerschaft auch langfristig vertretbar.
Bei Similasan Augentropfen handelt es sich um ein homöopathisches Arzneimittel. Diese sind in allen Phasen der Schwangerschaft akzeptabel.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 07.06.2017