wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Frage an Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

Frage: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

Liebe Birgit, man hört immer wieder, dass man Milchprodukte oder kalziumhaltige Lebensmittel nicht mit eisenhaltigen Lebensmitteln kombinieren soll, da Kalzium die Eisenresorption hemme...wie stark ist das denn der Fall? Wird dann gar kein Eisen mehr aufgenommen? Das Kalzium aber immerhin ja schon, oder schalten sie sich gegenseitig aus? Und gibt es andere "Gegenspieler"? Letztens habe ich gelesen, dass wohl auch Früchte- und Kräutertee die Eisenaufnahme hemmt, bisher wusste ich das nur vom Schwarztee, den unsere Tochter mit 2 ja sowieso noch nicht trinkt. Herzlichen Dank für die Antwort! Liebe Grüße Sandra

von stellina84 am 04.02.2019, 22:57



Antwort auf: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

Hallo Sandra Milch/Milchprodukte (Casein und Calcium), Ballaststoffe (ausser Cellulose), Schwarz-, Grüntee u. Kaffee (Tannin), andere Polyphenole (z.b. Hirsekörner), Phytin (frisches Vollkorn, Soja, etc), Phosvitin (Eigelb), Phosphat, Oxalsäure (Oxalate bspw Spinat, Rhabarber aber auch in Kakao) Calciumsalze, .., all dies behindert die optimale Resorption von Eisen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Kombinationen überhaupt nicht im Speiseplan vorkommen dürfen/sollten. Es wäre nur insoweit ratsam diese Kombinationen besonders bei einer medikamentösen Eisengabe zu meiden, um die Resorptionsrate nicht unnötig negativ zu beeinflussen. Und bei Babys und Kindern darauf zu achten, dass diese Kombinationen nicht zu häufig gegeben werden. Die Resorptionsrate richtet sich auch immer nach dem individuellen Bedarf und dem Speicherstatus. Eine negative Bilanz ist bei einer ausgewogenen, normalen Mischkost normalerweise nicht zu erwarten. Bei einer normalen Mischkost (mit Fleisch) erhält der Körper normalerweise ausreichend gut resorbierbares Eisen. Die gleichzeitige Aufnahme der sog. Gegenspieler wirkt sich normalerweise bei Gesunden auch eher nicht stark negativ aus. Vitamin C kann die Aufnahme von nicht Häm-Eisen enorm verbessern.Häm-Eisen ist tierischen und nicht Nicht-Hämeisen ist pflanzlichen Ursprungs. Bei einer vegetarischen Kostform, zumal bei Kindern, kann die besondere Zusammensetzung der Zutaten die Resorptionsrate sehr günstig beeinflussen. Ein Glas frischer O-Saft bspw wäre vor einer eisenreichen pflanzlichen Mahlzeit eher günstig, wohingegen ein Glas Cola oder Schwarztee (bspw in Eistee) eher ungünstig in Bezug auf die Eisenresorption sei. Der allgemeine Rat lautet darum: öfter mal milchfreie Mahlzeiten einplanen, eine bewusste Kombination der Lebensmittel beachten, ausreichend eisenhaltige Zutaten in den Wochenspeiseplan integrieren, Mangelernährung vorbeugen, Nahrungsvielfalt bieten. Bspw: Kinder unter 3 (wegen erhöhtem Bedarf) sollten darum bspw nicht täglich gekochte Hirsekörner verzehren, Gemüsemahlzeiten auch mal ohne Milch und Ei verzehren, nicht zu viel Vollkornprodukte (Phytin, Ballaststoffe) verzehren, öfter frisches Obst/Gemüse (Vit C) konsumieren, am besten frisch gekochte Produkte anbieten (Vit C ist besser erhalten - Lagerung und Wiedererwärmen zerstören Vit C) Bei gesunden Kindern (mit regelrechter Resorption im MD-Trakt) wäre somit (besonders bei Mischkost) normalerweise kein Mangel zu befürchten. Bei einer vegetarischen Kostform wäre es günstig: Vit C bspw in Früchten als Saft mit eisenreichen Mahlzeiten kombinieren, auch mal milch-und eifreie Mahlzeiten einplanen, ggf zusätzlich Pflanzendrinks (nicht Soja) mit Getreide (speziell Haferfocken) kombinieren, ...), wenig Kakao, Wasser als Getränk, usw. Kräuter -und Früchtetees können bei genauerer Betrachtung die Resorptionsrate nachteilig beeinflussen, wenn bspw aufgrund der Zuaten Polyphenole, Oxalate, Phytinsäuren (bspw Kräuter, Früchte, etc) enthalten sind und der Konsum vom Tee sehr häufig und in größeren Mengen geschieht. Also dann Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 06.02.2019



Antwort auf: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

wow, vielen Dank für diese ausführliche Antwort! Ich hätte noch zwei Anschlussfragen: 1) morgens bekommt unsere Tochter ihre Haferflocken meist mit Haferdrink, da ich eben von den eisenhemmenden Eigenschaften von Milchprodukten gehört habe. Ab und zu kaufe ich Haferdrink mit zugesetztem Kalzium. Dies ist dann auch eher ungünstig für die Eisenaufnahme, oder? 2) wir nutzen gerne (gegarte, nie rohe) Vollkornprodukte (Brot, Haferflocken, Nudeln) und eigentlich enthalten sie ja auch einige Mineralstoffe, z.B. Eisen. Gehen Phytine nicht bei der Weiterverarbeitung teilweise verloren? Beim Brotbacken mische ich oft Vollkorn- mit Weißmehl (bzw. Typ 1050). Ist Vollkorn tatsächlich nicht so empfehlenswert? Weißmehlprodukte empfinde ich immer als "leere Kalorien"... Vielen Dank und liebe Grüße Sandra

von stellina84 am 06.02.2019, 16:47



Antwort auf: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

wow, vielen Dank für diese ausführliche Antwort! Ich hätte noch zwei Anschlussfragen: 1) morgens bekommt unsere Tochter ihre Haferflocken meist mit Haferdrink, da ich eben von den eisenhemmenden Eigenschaften von Milchprodukten gehört habe. Ab und zu kaufe ich Haferdrink mit zugesetztem Kalzium. Dies ist dann auch eher ungünstig für die Eisenaufnahme, oder? 2) wir nutzen gerne (gegarte, nie rohe) Vollkornprodukte (Brot, Haferflocken, Nudeln) und eigentlich enthalten sie ja auch einige Mineralstoffe, z.B. Eisen. Gehen Phytine nicht bei der Weiterverarbeitung teilweise verloren? Beim Brotbacken mische ich oft Vollkorn- mit Weißmehl (bzw. Typ 1050). Ist Vollkorn tatsächlich nicht so empfehlenswert? Weißmehlprodukte empfinde ich immer als "leere Kalorien"... Vielen Dank und liebe Grüße Sandra

von stellina84 am 06.02.2019, 16:47



Antwort auf: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

Hallo Sandra verwende Pflanzendrink ohne zugesetztes Calcium. In Bezug auf Calcium bzw Calciumsupplemente solltest du deinen KiA befragen. Denn mit einer ausgewogenen MIschkost (auch vegetarisch) brauchst du normalerweise keinen Calciummangel zu befürchten, brauchst keine Produkte mit Zusätzen verwenden. Oder verzichtet ihr komplett auf Milchprodukte? Dann besprich dich bitte auf jeden Fall mit eurem KiA. Kochen/Erhitzen u.a. hat einen Einfluss auf Phytin. Die verschiedenen küchentechnischen Verfahren (Einweichen, Keimen, Garzeiten oder Zubereitungsarten (versch.Teigzubereitungsarten bspw Sauerteigführung, lange Gehzeiten etc) können den Phytatgehalt zudem teilweise reduzieren oder gänzlich mindern. Vollkornprodukte gelten weiterhin als empfehlenswert insoweit die individuelle Toleranz berücksichtigt wird. Richtige Zubereitungsweisen/Garmethoden machen Vollkornprodukte besser bekömmlich und auch die Nährstoffausbeute kann durch bestimmte Rezepturen verbessert werden. Das Mischen, wie du es praktizierst, ist wunderbar! Gesund ist, was schmeckt! Ein guter Geschmack offenbart sich meist erst richtig, wenn das Gegessene verdaut wurde und der Körper Lust und Appetit auf MEHR hat. Ob Vollkorn nun also als gesund oder ungesund bewertet wird, das kommt drauf an. Ausprobieren ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, um es selbst herauszufnden. Vollkornbrot und Co hat auf jeden Fall einen guten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, hält ihn konstanter und macht auf jeden Fall länger satt und meist auch zufrieden. Vollkornhafer ist auf jeden Fall eine gute Wahl, auch Haferflfocken sind i.d.R. sehr gut bekömmllich und liefern Närhstoffe par excellence! Also dann Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 07.02.2019



Antwort auf: wie stark behindern Milchprodukte die Eisenaufnahme?

vielen lieben Dank für deine Ausführungen, liebe Birgit! Wir essen Milchprodukte, ja, ich habe den Haferdrink nur so mit zugesetztem Calcium gekauft, werde ihn aber ab jetzt pur kaufen. Jetzt muss ich leider doch nochmal kurz nachfragen: Kann nur Sauerteig den Phytatgehalt im Brot abbauen oder geht das auch mit Hefe-Broten mit einer langen Gehzeit? Ich backe z.B. gerne mit der Übernacht-Gare, wo der Teig für 12 Stunden im Kühlschrank geht. Baut so etwas auch Phytin ab (oder braucht es z.B. Zimmertemperatur für den Prozess?)? Und gibt es eine Mindest-Gehzeit, damit Phytin abgebaut wird? Wie ist es mit Haferflocken? Die essen wir in rauen Mengen im Müsli, als Bratlinge, in Pfannkuchen, im Brot etc. - enthalten die auch Phytin und falls ja, kann ich es irgendwie unschädlich machen? Irgendwie enthalten fast alle vegetarischen Eisenquellen Phytin, wird mir gerade bewusst *seufz* SORRY für diese vielen Fragen! Ich ernähre mich seit fast 20 Jahren vegetarisch, kenne mich eigentlich mit den Basics aus und hatte nie Probleme mit der Eisenversorgung, auch in der Schwangerschaft nicht, aber wenn man so einen kleinen Zwerg zu versorgen hat, möchte man manches doch nochmal genauer wissen und gar nichts falsch machen... Ganz, ganz herzlichen Dank für deine Antwort! Liebe Grüße Sandra

von stellina84 am 11.02.2019, 22:17