Frage: mäkelige Esser

Hallo, ich habe schon länger ein Problem... Meine Kids 6 und 4 meckern immer am Essen rum. Das mag ich nicht, dass ess ich nicht, Ihhh da ist was grünes drin usw. Wie bekomm ich die Kids dazu mal was zu probieren? Soll ich se einfach ignorieren und vorm lerren Teller sitzen lassen...? Es gibt es manchmal, dass se Geburtstag war im Kindi dann haben se kein Hunger. Ist ok. Wenn se aber nichts essen nur weil se bockig sind und das gekochte nicht in "den Kram" passt oder man möchte nicht probieren dann gibt es auch nix süßes. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Heute gibt es Spagetthi mit Käsesoße. Die Kleine schon bäh... der Große Mag es. Ich geb ihr halt nur Nudeln und ignorier se sonst. Oder haben sie einen Tip? Lg Luki

von Luki2011 am 02.05.2018, 13:00



Antwort auf: mäkelige Esser

Hallo Luki2011 Im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum Kochen für Kinder kann ich dir leider nur sehr begrenzt weiter helfen. Die allgemeinen Ratschläge zum Thema legen den Fokus auf "Gelassenheit". Der Erziehungsauftrag sollte mehr in der Rolle des Vorbildes gelebt werden und weniger durch Worte geschehen. Essen sollte für deine Kinder zur Selbstverständlichkeit werden. Ich empfehle dir jetzt, dass du langfristige Wege gehst. Du brauchst dir nicht zum Ziel zu setzen, dass das Verhalten deiner Kinder morgen schon anders sein wird. Versuche in einem längeren Zeitraum zu denken, den du für die langsame Änderung nutzen willst. Vertraue darauf, dass es sich ändern wird. Je gelassener du alles betrachten kannst, desto eher wird sich ihr Verhalten am Esstisch ändern. Es muss nicht dein Ziel sein, deine Beiden dazu zu bringen, dass sie alles essen, was auf den Tisch kommt. Es könnte dein Ziel werden, deine Kinder am Esstisch mit Spaß und Freude, mit Hunger und Neugier, einfach mit essen zu lassen. Das beginnt beim Decken des Tisches. Am Esstisch sollte eine ruhige und schöne Atmosphäre herrschen, die ausreichend Zeit lässt, die angebotenen Speisen zu betrachten, sie zu riechen. Speisen, die Appetit schüren, schon durch den Anblick. Dazu zählt auch schönes Essgeschirr, evtl eine Tischdecke oder schöne Tischsets, ein paar Blümchen? Hier* ist ein Vorschlag für das Anbieten von Karottensalat (Nüsse gegen Rosinen tauschen). Wenn du diesen Salat bspw täglich auf den Tisch stellst, wird jedes Kind, irgendwann, aus reiner Neugier, aus eigenem Antrieb, den Finger reinbohren, die Augen klauen und irgendwann auch die Karotten probieren.... * https://www.rund-ums-baby.de/forenbilder/index.htm?seite=1&forum=kochen-fuer-kinder&bild=3#start Möhre fein reiben, in ein Ausstechförmchen geben und mit einem Löffelstiel o.ä. einfach fest drücken. Gesicht auflegen. So macht Essen Kindern Spaß. Was hier aussieht wie eine Spielerei ist eine geniale Methode, um Kinder unauffällig zum Probieren zu animieren, wortlos. Ärgere dich nicht, wenn das Häschen nicht aufgegessen wird oder nur die Augen geklaut werden. Der Rest folgt nach einer Gewöhnungszeit. Wenn der Möhrensalat schmeckt, wenn der Salat für deine Kinder ein Essvergnügen ist, dann werden sie ihn essen. Kinder entscheiden zunächst mit dem Auge, ob die Speise wohl genießbar sei, ob sie ihnen angenehm sein wird. Das mehrmalige Anbieten einer Speise, das ständige Sehen der angebotenen Speisen ist für Kinder sehr wichtig. Man nennt diesen Effekt Mere-Exposure-Effect. Du kannst das ausnutzen und ständige Wiederholungen in euren Wochen bzw Monats- Speiseplan einbauen. Versuche die angebotenen Speisen möglichst jeweils gleich aussehen zu lassen, so dass deine Kinder diese deutlich wieder erkennen. Lass dich von ihren Ausrufen wie "bäh", "das mag ich nicht", nicht unterkriegen. Du als Mama (und auch der Papa), ihr entscheidet, was es bei euch zu essen gibt und daran sollten sich eure Kinder gewöhnen. Das Ignorieren der Ausrufe zur verweigernden Esshaltung klappt auch schon ganz gut bei dir. Somit erreichen deine Kinder durch ihr Verhalten keine besondere Aufmerksamkeit was langfristig auch Machtkämpfe verhindern kann. Je mehr Aufmerksamkeit mit einem solchen Verhalten erzielt wird, würde den Effekt im Weiteren nämlich noch verstärken. Du könntest Regeln einführen. Regeln, die verlangen, dass mindestens eine kleine Menge von der Speise (von der Sosse, vom Salat, etc) probiert, gustiert werden soll, bevor es kategorisch abgelehnt wird. Hier eignet sich bspw ein eigens dafür bereit gestellter Probierlöffel. Deine Kinder sind alt genug, um den Löffel zu nehmen und zu probieren. Jetzt kannst du interessiert nachfragen, ob es denn schmeckt, oder ob sie die Speise, die Goutierportion etwa zu salzig, zu süß, zu bitter, oder gar zu fad empfinden.. Eine ehrliche Meinung erfragen. Und Geschmackseindrücke wirken nach. Erst wenn der Körper das gegessene ergo probierte Nahrungsmittel/Gericht verdaut und neben den Nährstoffen auch andere Inhaltsstoffe herauslöst, kann er deren Nutzen/Wirkung langfristig bewerten. Dadurch entsteht ein Geschmacksgedächtnis, das langfristig dafür sorgt, dass man Appetit auf bestimmte Speisen bekommt. Der Appetit regelt darum langfristig die richtige Auswahl der Speisen. Dieses Geschmacksgedächtnis muss gefüllt werden. Und dafür muss probiert werden. Finde hier die besten Mechanismen, die für deine Kinder funktionieren. Manche Kinder finden den Zugang zum Probieren auch mal abseits vom Esstisch. Bspw wenn sie direkt aus dem Topf, am Herd probieren können. Oder wenn sie von Mamas Teller etwas testen. Ca 50% aller Kinder haben in diesem Alter eine angeborene Furcht unbekannte Speisen einfach mitzuessen. Als Eltern ist es darum wichtig über diesen Mechanismus Bescheid zu wissen und adäquat darauf zu reagieren. Manchmal hilft es, die Kinder zu ermutigen einfach zu probieren. Manchmal sagen Kinder auch einfach nein, aus Prinzip! Dieses Spielchen darfst du schnell unterbinden - nicht darauf reagieren. Das gibt sich schnell wieder. Ab etwa 3 Jahren entwickeln Kinder häufig eine ausgeprägte ablehnende Haltung gegenüber neuen oder auch bereits bewährten und vormals beliebten Speisen. Sie wollen sich damit ausprobieren, ihre Grenzen testen. Wenn man als Eltern diesem Verhalten nun zu viel Aufmerksamkeit schenkt, dann übernehmen die Kinder irgendwann das Kommando und bestimmen was sie essen wollen. Das ist nicht gut. Kinder müssen essen lernen und dazu brauchen sie Eltern/Erzieher, die sie an eine Nahrungsvielfalt heranführen. Vielfalt in allen Bereichen, bereichernd für alle Sinne. Verschiedene Konsistenzen, verschiedene Aromen, Geruch, Geschmack, Textur, Geräusche beim Draufbeissen, andere Formen - den Esstisch als Abenteuerspielplatz betrachten - ohne Zwang, mit viel Spaß beim Essen, mit genussvollem Vorleben und Voressen guter Essgewohnheiten. Besonders die Eltern sind hier das wichtigste Vorbild - ganz automatisch. Ich "zitiere" an dieser Stelle immer wieder gerne Herrn Jesper Juul: Er bezeichnet Erziehung als "Osmose", Erziehung ginge vielmehr durch die Haut. Mehr als durch Worte gesprochen zähle die Haltung, die innere Einstellung - all das nähmen die Kleinen viel stärker wahr als Worte. Das Vorleben steht bei ihm an erster Stelle - persönliche Maßstäbe und Überzeugungen - unausgesprochen - prägten seiner Ansicht nach, die Kinder am meisten. Kannst du den ein oder anderen Tipp verwerten? Welche Regeln würden bei euch gut funktionieren? siehe auch unbedingt noch hier: https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=45659&suche1=juul+zitiere&seite=1 Hier findest du eine Fülle an Ideen. Also dann Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 04.05.2018