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Krümelchen

Thema: Krümelchen

An mein über alles geliebtes Krümelchen. Viele Beiträge hier lesen sich so: "Du wärst nun x Monate/Jahre alt". Du wärst nun ungefähr 2 Monate alt, je nachdem ob dein Geburtsdatum den errechneten Termin getroffen hätte oder nicht. Wir hatten nie die Chance, es herauszufinden. Ich kann nicht anders als innerlich zerrissen zu sein, einerseits denke ich mir (gezwungenermaßen, ich kann ja rechnen) wie so viele Andere auch "Nun wäre mein Kind 2 Monate alt". Andererseits denke ich mir "Es war ja kaum wirklich jemals da". Manchmal beruhigt mich der Gedanke, aber er verstört mich auch. Wie beides auf einmal sein kann? Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mehr viel. Ich habe nie deinen Herzschlag gesehen. Ich weiß nicht, wann du in meinem Bauch abgestorben bist, ob in der 6. SSW oder erst in der 9. SSW, in der die MA schließlich festgestellt wurde. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe, ob ich etwas anders hätte tun können oder ob es wirklich kompletter Zufall war, dass du sterben musstest. Ich weiß auch nicht, ob du gesund oder krank warst. Ob du männlich oder weiblich geboren worden wärst. Ich weiß nicht, was ich über dich denken soll. Du bist und bleibst für immer mein erstes Kind, obwohl du nie ein "richtiges" Kind werden konntest. Ich denke an dich und fühle ein Loch in meinem Herzen, obwohl ich deines nie gesehen habe. Ich fühle mich schlecht, wenn ich lese, dass andere Frauen ihre Kinder im dritten Trimester verloren haben, ich aber auch trauere, und egoistisch, weil ich meine Trauer trotzdem als legitim empfinde. Ich lerne immer noch jeden Tag ein bisschen, wie ich ohne dich leben kann. Es ist ein tiefer seelischer Schmerz, den ich nicht in Worten ausdrücken kann, wie sehr ich es auch versuche. Du bist nicht da und das tut weh. Dein Papa lenkt sich deutlich besser von dir ab als ich. Manchmal weiß ich nicht, ob ich ihn dafür lieben, beneiden oder wütend auf ihn sein soll. Wenn ich oft von dir spreche, hält er mich im Arm, aber ich merke, dass er ein wenig genervt von mir ist. Er will lieb und fürsorglich sein, aber es stört ihn sichtbar, dass ich dauernd von dir spreche. Er sagt nichts, aber ich merke es. Ich beneide ihn darum, dass er nur sehr kurz und sehr heftig getrauert hat. Für ihn hat sich der Scherbenhaufen anscheinend mit dem üblichen Alltag als Kleber wieder zusammensetzen lassen. Ich tu so, als wäre es bei mir genauso, wann immer ich kann. Viele Freunde glauben mir. Aber nichts ist wie vorher. Ich denke in anderen Kategorien. Ich sehe andere Frauen mit anderen Augen, vor allem die Mütter in der Krippe, in der ich arbeite. Ich teile sie ein in "1 Kind; 2 Kinder; 1 Kind und Karriere" etc. Ich stelle mir vor, wie sie ihren Alltag mit Kind(ern) bewältigen. Und habe dabei trotz aller Erziehererfahrung absolut keine Vorstellung, wie ein Alltag mit dir ausgesehen hätte. Und es macht mich fertig, dass ich mir das nicht vorstellen kann. Als wärst du nie dagewesen. Nie Teil unseres Lebens gewesen. Doch du warst und bist ein Teil von mir. Nur konnte ich dich leider nicht beschützen. Die Tränen kommen nur noch selten. Aber sie kommen. Ich denke an dich. Liebe, Mama

von zitronenmama am 28.04.2018, 23:24



Antwort auf Beitrag von zitronenmama

Liebe zitronenmama. Fühl dich mal ganz lieb und fest gedrückt!! Es ist schrecklich ein Kind zu verlieren, egal in welcher Ssw das passiert. Man baut vom ersten Augenblick an eine tiefe Verbindung zu dem Krümelchen im Bauch auf. Mir kommen bei deinem Beitrag die Tränen. Man hört förmlich die Liebe raus aber auch gleichzeitig die Trauer in deinen Worten. Mir geht es mit meinem Freund genauso. Wenn ich über unsere geliebte Tochter sprechen will, blockt er jedesmal ab und sagt ich soll doch das Thema mal ruhen lassen, ist ja schließlich schon so lange her (Ende Juli 2015).. aber mir zerreißt es jedesmal wieder das Herz wenn ich an sie denke und ich habe das ganze immer noch nicht überwunden. Aber Wut ist da die falsche Emotion. Wir wollten versuchen, dass mit ihren Augen zu sehen. Immerhin haben sie in der Schwangwrschaft noch nichts von dem Kind. Merken keine hormonellen Veränderungen und spüren das Kind auch nicht. Gib dir bitte genügend Zeit zum Trauern und lass es zu. Auch wenn es vielleicht viele nicht verstehen. Es war/ist dein erstes Kind und wird es immer bleiben. Du hast alles Recht dazu, um es zu trauern und immer daran zu denken. Es wird dich für immer in deinem Herzen begleiten!!! Ich wünsche dir alles alles Liebe und viel Kraft das alles bestmöglich zu verarbeiten. Lg Sandra

von Sandra_1990 am 29.04.2018, 00:14



Antwort auf Beitrag von zitronenmama

Liebe zitronenmama, deine Worte sind so wundervoll, wieviel Liebe und Trauer sind in ihnen. Nur mit Tränen in den Augen konnte ich deine Zeilen lesen. Ich habe genau so empfunden, als ich mein erstes Krümelchen verloren habe. Und die Fragen, die du dir stellst, habe ich mir auch gestellt. Auch wenn das jetzt schon lange her ist und Krümelchen jetzt vielleicht Abitur machen würde, vom Alter her. Eine Antwort gibt es nicht auf diese Fragen. Im Alltag ist es ruhiger geworden, ich habe es akzeptieren müssen, wie es ist. Durch unseren jetzigen Verlust ist alles wieder neu aufgebrochen. Die Trauer, ist mit dem Meer vergleichbar, mal schlägt sie hohe Wellen, mal ist sie sanft und seicht, aber immer da. Mir hat reden und schreiben geholfen, ich habe eine Art Tagebuch geschrieben, mit einzelnen Worten, mal Sätzen, auch Bilder oder Skizzen,... Und ich kann dir sagen, du hast jedes Recht zu trauern, du hast einen Verlust erlebt, da ist es egal ob in der frühen oder späten Schwangerschaft. In der Trauer gibt es kein richtig und falsch, jeder trauert so, wie er es gerade empfindet. Es kann auch sein, dass du Situationen erlebst, in denen du lachen musst. Das ist vollkommen in Ordnung. Alle Gefühle die du hast sind richtig und gehören genau da hin, wo du sie gerade empfindest. Auch Neid darf sein, es schmerzt, wenn andere ihre Babys halten oder wenn man Mütter mit ihren Kindern sieht. Gleichzeitig wird (irgendwann) auch Freude aufkommen, dass andere mehr Glück hatten. Schwanger werden und ein gesundes Kind bekommen hat etwas mit Glück zu tun. Es gibt so viele Möglichkeiten, dass vorher etwas nicht in Ordnung ist. Gerade wenn ein Krümelchen so früh wieder geht, war etwas nicht in Ordnung und das ist nicht zu beeinflussen. Versuche dir selbst keine Vorwürfe zu machen, du kannst nichts dafür. Normaler Alltag, normaler Stress,... schadet keiner Schwangerschaft. Sonst gäbe es nirgends ein zweites oder drittes oder gar mehr Kinder. Jede Mutter hat Stress. Ich wünsche dir alles gute. Fühl dich gedrückt. Wenn du magst kannst du mir PN schreiben, ich höre zu.

von Reh77 am 29.04.2018, 11:58



Antwort auf Beitrag von Reh77

"Die Trauer, ist mit dem Meer vergleichbar, mal schlägt sie hohe Wellen, mal ist sie sanft und seicht, aber immer da." Wundervolle Art und Weise, es auszudrücken. Hier ein kleines Update zu meiner Krümelchen-Geschichte: Unser Krümel hat uns seine kleine Schwester geschickt. Ja, ich sitze hier zuhause, am Ende der 22. SSW, mit schon recht dickem Bauch und einer sehr aktiven Räuberprinzessin drinnen. Ja, ich freue mich immens über meine erneute Schwangerschaft, vor allem nach einem knappen Jahr Wartezeit, die mich sehr verunsichert hat. Aber: Nein, ich kann meinen Krümel nicht vergessen. Er wäre mittlerweile wohl neun Monate alt und wenn seine kleine Schwester geboren wird, wäre er ungefähr 13 Monate alt. Das wäre heftig, zwei Kleine so kurz nacheinander, aber auch das hätte ich irgendwie geschafft. Unter das Glücksgefühl über die erneute Schwangerschaft mischt sich eine tiefe Trauer, weil unser Krümel nun für mein gesamtes Umfeld nicht mehr existent ist. Dass er jemals existiert hat, wird überspielt. Ich kann da aber nicht mitmachen. Meine Tochter wird niemals mein erstes Kind sein, sondern immer mein Ältestes. Ich spreche meine kleine Räuberin regelmäßig durch den Bauch darauf an, dass sie ihren Bruder (das war mein Gefühl damals, dass es ein Junge war) bitte erst in ca. 80 Jahren oder mehr kennenlernen soll. Ich werde ihn nie verschweigen. Spätestens, wenn irgendwann noch ein Kind kommt, wird sie die alten Ultraschallbilder sehen, die von sich und die von ihrem Bruder. Ich danke euch beiden herzlich für eure Beiträge. Wenn die Trauer zu groß wird, lese ich sie mir immer noch durch.

von zitronenmama am 27.11.2018, 14:34