ist es verwerflich dass es mir gut geht?

Dr. Petra Thorn Frage an Dr. Petra Thorn Dipl.-Sozialarbeiterin und Familien­therapeutin DGSF

Frage: ist es verwerflich dass es mir gut geht?

Hallo Frau Dr. Thorn, kurz zu mir: ich bin 39 und habe zwei kinder, 8 und sogutwie 6. vor dem großen hatte ich eine MA mit AS 11. woche. jetzt versuchten wir ein jahr lang schwanger zu werden und hatten es geschafft. fast. ich hatte genau drei termine beim gyn. 1. termin: kind zu klein, herz zu langsam. 2. termin: kind verstorben. dann bei 10+0 eine AS und danach Kontrolle, alles gut. und was soll ich sagen, mir gehts gut. wirklich. auch psychisch. die wochen des wartens waren hart, die diagnosen waren niederschmetternd. der tag im KH die hölle, die zwei tage danach auch. aber dann entschied ich mich (mein mann übrigens auch) zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist, froh zu sein, dass wir keine entscheidung treffen mussten, sondern uns diese abgenommen wurde und nun warten wir auf die erste blutung nach AS und starten neu. mein umfeld aber erwartet irgendwie, dass es mir schlecht geht. ich werde gefragt, ob mir das egal sei was war, wie ich wieder so fröhlich frech sein kann wie vorher, warum ich nicht krankgeschrieben bin etcpp. läuft da was falsch? wenn ja, wo? es geht doch um MICH. und wenn ICH für MICH akzeptiere, was war und was positives draus ziehe , was auch immer, dann ist das doch ok. oder nicht? ich denke echt, ich spinne weil ich nicht so reagiere wie es die andren erwarten. ich rede nicht von meinem mann, meinen eltern und meinem bruder. die kinder wussten nicht genau was los war, wir wollten sie nich belasten und dass sie sich sorgen um mich machen. daher meine frage, ob es falsch ist, dass es mir richtig gut geht? das ganze ist nun 2 wochen her...

von mellomania am 14.08.2019, 20:45



Antwort auf: ist es verwerflich dass es mir gut geht?

Liebe Mellomania, leider gibt es immer wieder bei Außenstehenden klischeehafte Vorstellungen darüber, wie es einem in einer bestimmten Lebenssituation geht. Diese sind oft genau das: Klischees! Sie dürfen empfinden, was Sie fühlen und müssen sich nicht nach den Erwartungen Anderer richten. Wichtig ist, dass es Ihnen selbst und Ihrer Beziehung und Familie gut geht! Vielleicht kommt bei Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt doch noch etwas Trauer, aber vielleicht kommt sie auch nicht - beides wäre OK! Ihnen alles Gute, Petra Thorn

von Dr. Petra Thorn am 15.08.2019



Antwort auf: ist es verwerflich dass es mir gut geht?

Liebe Mellomania Ich las eben deine Frage und wollte dir berichten, dass es mir auch so ging. Ich hatte in meiner 2. Schwangerschaft eine frühe Fehlgeburt in der 7. SSW (natürlicher Abgang) und mir ging es damit auch gut. Ich dachte mir, einen Grund wird es gegeben haben und Mutter Natur hat sich gegen dieses Kind entschieden. Sogar mein Frauenarzt konnte meine Gefühle irgendwie nicht verstehen. Das ist nun 4 Jahre her, mittlerweile kam noch ein gesundes Kind Alles Gute für dich!

von LilliB am 15.08.2019, 20:40



Antwort auf: ist es verwerflich dass es mir gut geht?

Hallo, Ich finde es ganz toll und bewundernswert, dass du eine so positive Einstellung hast. Ich denke, du hast einfach, im Vergleich zu ganz vielen anderen Menschen heutzutage, ein gutes Urvertrauen und kannst Dinge einfach gut loslassen und akzeptieren. Vielleicht war es jetzt einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt für dich oder dem kleinen Mäuschen wäre es überhaupt nicht gut gegangen und du bist in der Lage der Natur zu vertrauen. Das ist eine ganz wundervolle Fähigkeit und damit stärkst du auch das Vertrauen deiner Kinder. Man muss nicht immer positiv sein und fröhlich, aber ein realistischer Umgang mit Situationen und keine unnötige Dramatisierung ist sehr gesund. Alles Gute für dich und deine Familie!

von Tinihh2904 am 19.08.2019, 07:54



Antwort auf: ist es verwerflich dass es mir gut geht?

War bei mir damals auch so.... ich bin nach der FG arbeiten gegangen und hab weiter gemacht als wäre nix. Dad hat auch tatsächlich gute 9 Jahre funktioniert, bis ich schwanger wurde... ungeplant aber bewusster. Ich hatte ständig Angst. Wirklich ständig. Grsde weil beide Schwangerschaften so identisch abliefern von den Symptomen war ich nervlich oft reichlich am Ende. Bis zum 3. Trimedter hielt es an, dann wurde es besser und ich konnte mich entspannen. Seit dem denke ich aber wieder öfter an damals... an das, was nie eine Chance hatte. Ost scher zu erklären.... eine undefinierbaren Sehnsucht, die einfach nicht schweigen will. Es muss natürlich nicht so sein, war auch einfach nur erleichtert das ich damals nichts entscheiden musste. Dennoch bin ich erstaunt, dass dieses Ereignis, was ich als abgehakt empfand, so tief in mir sitzt und tatsächlich noch einmal erstarken konnte.

von Meyla am 28.08.2019, 23:33