Starke Innendrehung eines Fußes

Dr. med. Jan Matussek Frage an Dr. med. Jan Matussek Chefarzt für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie am Klinikum Emil van Behring, Berlin

Frage: Starke Innendrehung eines Fußes

Guten Tag Unser Sohn (20M, läuft frei seit 7 Monaten) zeigt eine starke Innendrehung des linken Fußes. Er stolpert regelmäßig und das Gangbild ist sowohl barfuß als auch mit Schuhen eher unrund (er „schwankt“ aus der Hüfte heraus, läuft mit den Beinen in einem leichten Halbkreis nach außen und schlenkert dann mit den Armen für Gleichgewicht - ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine). Vor allem im Vergleich mit Gleichaltrigen sieht sein Laufbild eher unbeholfen aus. Unser KA meint, dass wir bis zur U7 im Oktober nichts machen sollen und dann mal sehen, wie es sich entwickelt. Jetzt ist mir aufgefallen, dass unser Sohn nicht mit ausgestreckten Beinen und geradem Rücken sitzen kann - entweder macht er den Rücken rund oder er zieht ein oder beide Beine an. Auch mit nach außen abgewickelten Knien (Füße in der Mitte) sitzt er sehr ungern, er bevorzugt die Knie in der Mitte und die Füße nach außen. Wir haben bereits einen Orthopädentermin - der ist allerdings wartezeitenbedingt auch erst im Oktober. Was können wir bis dahin tun? Sollen wir leichte Dehnübungen versuchen (Zehen zum Mund, Hände zu den ausgestreckten Füßen, Füße über den Kopf rollen, etc)? Wir wurden kürzlich von einer Physiotherapeutin darauf hingewiesen, dass unser Sohn wohl auch beidseitig einen leichten Sichelfuß hat; dies wurde aber weder von KA noch von Osteopath, die ihn beide seit Geburt kennen, angesprochen. Hüftstellung (Hüftreife) war damals ebenfalls unauffällig, allerdings habe ich schon den Eindruck, dass das „unrunde“ in seinem Laufen irgendwie aus der Hüfte kommt. Er ist groß und schwer für sein Alter (94cm, 15kg) und generell sehr muskulös. Ich danke für Ihre Meinung. Beste Grüße

von m_tina am 01.07.2021, 09:22



Antwort auf: Starke Innendrehung eines Fußes

Liebe Eltern, liebe Familie, Ein innengedrehtes Gangbild kann die Ursache am Fuß an sich haben oder aber es liegt an der Hüfte. Zunächst ist ihr Kind noch sehr klein, deshalb ist es verständlich, dass das Gangbild noch wackelig und unbeholfen aussieht. Hier ist die Variationsbreite zwischen altersgleichen Kindern sehr hoch, deshalb ist ein Vergleich mit anderen Kinder nicht immer zielführend. Zum Thema Hüften und innengedrehtes Gangbild: Die Hüftgelenksform ist in dieser Altersgruppe immer noch häufig unreif. Dies bedeutet, dass bestimmte Drehungen am Oberschenkelknochen in seiner Verbindung mit dem Beckenknochen eine starke Innendrehung des Beines favorisieren. Dies ist an sich zunächst einmal nichts besonderes und bei vielen Kindern zu beobachten. Eine einfache Untersuchung beim Kinderarzt kann dies verifizieren. Beim Orthopäden dann im Oktober, was ja doch nicht so lange hin ist, kann man dann in Ruhe die Bewegungen von Hüften und auch Füßen nachprüfen. Die Entwicklung der Drehung in den ersten 6-8 Lebensjahren ist rasant und man kann aufgrund der Situation jetzt noch gar nicht vorher sagen, wie das genau ausgehen wird. Bei 95 % aller Kinder wird das innengedrehte Gangbild verschwinden. Einige wenige müssen später behandelt werden und tatsächlich hat man da jetzt noch Zeit, in einer regelmäßigen Beobachtung diesen Selbstreifungsprozesses zu verstehen. Zum Thema Füße und innengedrehtes Gangbild: Auch ein leichter Sichelfuß ist zunächst einmal nichts Besorgniserregendes. Aufgrund der Position im Bauch der Mutter sind viele Füße gewohnheitsmäßig stark angespreizt und innengedreht, und in Entspannungsstellungen wird diese Position auch dann bei Gehbeginn nicht gleich verloren. Einfache Untersuchungen, wo der Untersucher das Füßchen in die Hand nimmt und prüft, ob steife Fehlstellungen oder aber nur weiche Fehlstellungen vorliegen, wird die Sache klären. Da ja die Physiotherapeutin das Füßchen oder sogar beide Füßchen bereits in der Hand hatte, darf man ihr hier ruhig vertrauen. Bei festen und nicht beweglichen Fußfehlstellungen müssen gelegentlich intensivere Bewegungseinheiten, oder gelegentlich auch sogenannte Tapeverbände oder Kunststoff Cast Verbände zum Tragen kommen. Alle diese Eventualitäten werden durch einfache kleine Untersuchungen am Kind sofort klärbar und behandelbar, falls notwendig. In den meisten Fällen allerdings kann man, wie der Kinderarztes sagte, ersteinmal abwarten und zuschauen. Das Angebot an viel Bewegung und Geschicklichkeits-Übungen (altersentsprechend natürlich) wird hier die Lösung alleine vor ihren Augen anbieten. Herzliche Grüße, Ihr JM

von Dr. J. Matussek am 12.07.2021