Liegend stillen - Ohrentzündung again....

Prof. Dr. med. Stefan Wirth Frage an Prof. Dr. med. Stefan Wirth Pädiatrische Gastroenterologie

Frage: Liegend stillen - Ohrentzündung again....

Hallo! Ich möchte Ihenn diese (wissentschaftlichere) Ansicht zu der Fragestellung nicht vorenthalten und leite sie an Sie zur Kenntnisnahme weiter. Ich habe meinen Schluss gezogen und betrachte die Diskussion damit als abgeschlossen. Vielen Dank für Ihren Einsatz! Paps -- "die Saug- und Trinktechniken an Brust und Flasche unterscheiden sich ganz erheblich und damit auch der gesamte Bewegungsablauf von Lippen-, Mund- und Schlundmuskulatur. Daraus ergeben sich eine Vielzahl von Konsequenzen für die Entwicklung und Gesundheit des Kindes. Untersuchungen zu dieser Tatsache gibt es genügend (inklusive Ultraschalluntersuchungen). Nachlesen können Sie dies sehr ausführlich und mit Angabe von Studien z.B. in Riordan und Auerbach: „Breastfeeding and Human Lactation", 2nd ed. 1999 Kapitel 2 „Anatomy and Physiology" Seite 109 bis 119. Dass es zwischen Muttermilch und künstlicher Säuglingsnahrung erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung gibt, ist unbestreitbar und hinlänglich bewiesen. So enthält ein Tropfen Muttermilch 4000 lebende Zellen und zwar Makrophagen, Lymphozyten, Neutrophile Granoluzyten und Epithelien. Die Makrophagen greifen fremde Keime an und lösen sie auf, sie produzieren Laktoferrin, Lysozym und Komplement und transportieren Immunglobuline. Lymphozyten bilden und trasnportieren Immunglobuline und reagieren schnell auf Fremdkeime. Muttermilch enthält die folgenden Immunglobuline: IgA, IgG, IgD, IgE und IgM. Ganz wichtig ist auch der in der Muttermilch enthaltene Bifidusfaktor. Das ist ein stickstoffhaltiges Kohlenhydrat, das in Muttermilch, nicht aber in Kuhmilchderivaten vorkommt und die Entwicklung von Bifidusbakterien fördert, so dass die Besiedelung des Darmes mit diesen Bakterien unterstützt wird. Bifidusbakterien unterstützen ein saures Milieu im Magen-Darm-Trakt wodurch das Wachsutm von krankheitserregenden Bakterien, Pilzen und Parasiten gehemmt wird. Normalerweise finden sich im Stuhl gesunder gestillter Säuglinge keine reduzierenden Substanzen wie Zuckerstoffe. Anders bei mit künstlicher Säuglingsnahrung ernährten Säuglingen. Der längere Verbleibt der künstlichen Säuglingsnahrung im Darm gestattet eine weitgehende Resorption dieser Zuckerstoffe. Mikroblutungen der Darmschleimhaut kommen bei mit künstlicher Säuglingsnahrung gefütterten Babys deutlich häufiger vor als bei gestillten Kindern, was an der unterschiedlichen Zusammensetzung von Muttermilch und künstlicher Säuglingsnahrung liegt. Auch Mittelohrentzündungen sind bei gestillten Säuglingen signifikant seltener als bei nicht gestillten Kindern (wie in meiner letzten Antwort schon erwähnt). Was sich in der Tat auf die von mir erwähnten Zusammenhänge zurückführen lässt. Wenn Sie sich in die Biochemie der Muttermilch einlesen wollen, kann ich Ihnen Kapitel 5 „The Biological Specificity of Breastmilk" in oben genanntem Buch nur wärmstens empfehlen. Sie sehen, Literatur und Untersuchungen zu diesem Thema gibt es durchaus. Allerdings muss man sich in die Thematik einlesen, was leider nicht sehr verbreitet ist. Die Nationale Stillkommission in Deutschland (NKS) hat dieses Manko zum Beispiel in der Ärzteausbildung erkannt und es gibt bei der NKS eine Arbeitsgruppe zum Thema „Stillen in deutschen Lehrbüchern" und eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema „Prüfungsfragen" beschäftigt, um zu erreichen, dass das Wissen über das Stillen und die Muttermilch sich in Zukunft etabliert."

Mitglied inaktiv - 12.10.2001, 14:26


Antwort auf: Liegend stillen - Ohrentzündung again....

Danke, na ja....... viele Dinge haben nicht die Bedeutung, die man gerne hineininterpretiert s.w.

von Prof. Dr. med. Stefan Wirth am 12.10.2001