Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Dr. med. Andreas Busse Frage an Dr. med. Andreas Busse Kinderarzt
Antwortet von Samstag - Mittwoch

Frage: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Sehr geehrter Herr Dr. Busse, mein Sohn wird in ein paar Tagen 10 Monate alt und hatte schon immer "Probleme" beim einschlafen. Seit ein paar Tagen ist es allerdings extrem. Sobald er merkt, dass es ins Bett geht krallt er sich an mir fest. Wenn ich ihn hinlege, fängt er sofort an zu brüllen (ich schreibe extra nicht WEINEN). Ich versuche ihn dann zu beruhigen, indem ich ein Liedchen summe. Manchmal funktiioniert es, manchmal auch nicht. Sobald ich allerdings den Raum verlasse (oder mich nur vom Bettchen entferne), geht es wieder los. Ich lasse ihn dann erstmal eine Weile schreien (ca. 10 min.), bis ich erneut ins Zimmer gehe und das ganze von vorn losgeht. Ich mache das ca. 3-4x. Ein paar Mal hab ich ihn dann ca. 1,5-2 Std. schreien lassen, bis ich es nicht mehr ausgehalten habe und ihn aus dem Bett bzw. mit ins Wohnzimmer genommen habe. Ich bin wohl nicht sehr konsequent. Das Gebrülle ist für mich allerdings mittlerweile eine Art Psychoterror, da ich weiß, dass er nichts hat... Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll... In Hoffnungsvoller Erwartung Ihres Rats verbleibe ich Mit freundlichem Gruß Imen Boudemagh

von delinda am 02.12.2010, 20:25



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Liebe D., dass Sie ein konsequentes Zubettgehritual pflegen, ist sehr gut. Allerdings wäre es gerade in diesem Alter dann so lange neben dem Bett ruhig redend oder singend sitzen zu bleiben bis Ihr Sohn einschläft. Auch wenn es lange dauert. So kann er keine Angst vor Verlassenheit entwickeln, lernt aber auch selber wieder in den Schlaf zu finden. Alles Gute!

von Dr. med. Andreas Busse am 03.12.2010



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Hallo "delinda"! Ich stelle Dir hier mal einiges ein, das ich vor kurzem hier geschrieben habe. Es trifft vielleicht nicht 100% auf Deine Situation zu, aber wird Dir hoffentlich doch weiterhelflen. Warum das Schreienlassen niemals gut sein kann (ich zitiere mehrere Postings von mir selbst, weil ich die am ehesten finde): "Es ist nun mal leider nicht "nichts", wenn man Schlaftrainings anwendet. Du wirst ja meinen Text weiter unten noch gelesen haben.... Auch "Machtspielchen" KÖNNEN Babys noch gar nicht "spielen", alles was sie tun ist nunmal reine Bedürfnisäußerung, alles andere muss erst noch reifen. Weiterhin geht es nicht darum, ob ein Kind eine, 10 oder 60 Minuten lang schreit. Jede Minute, die ein Kind alleine gelassen vor sich hinweinen muss, ist zuviel. Natürlich weinen Babys und es geht auch nicht darum, das Weinen um jeden Preis zu unterbinden oder sie mundtot zu machen, Es geht aber wohl darum, im ersten Schritt heraus zu finden, warum sie weinen und ob sie evtl. Hunger, eine volle Windel oder gar Schmerzen haben. Finden wir das nicht heraus, ist es einfach wichtig, sie liebevoll in den Armen zu halten und zu begleiten, wenn sie weinen. Beispiele dafür und Vergleiche habe ich weiter unten angeführt. Auch hat niemand behauptet, dass Du Dein Kind nicht liebst. Früher hieß es "wer sein Kind liebt, der züchtigt es" und schlugen liebende Eltern ihre Kinder, weil sie dachten, ihnen etwas Gutes damit zu tun. Tja, heute ist es strafbar, Kinder zu schlagen... Wir Eltern tun vieles, was uns gesagt wird, weil wir uns selbst nicht vertrauen und immer denken, wir machen etwas falsches, verziehen unsere Kinder, wenn wir ihnen körperliche Nähe gewähren usw. Man kann ein Baby und Kind niemals mit Liebe im negativen Sinne. Dein Kinderarzt mag ja ein junger moderner Arzt sein, aber er ist Kinderarzt und kein Entwicklungspsychologe oder Hirnforscher und kann sich irren. Die Methode aus dem Buch wurde von Dr. Ferber entwickelt und zwar ausschließlich für Kinder ab dem Alter von einem Jahr und nur dann, wenn die Eltern so am Rande ihrer Kräfte waren, dass sie Gefahr liefen, ihrem Kind sonst noch Schlimmeres anzutun. Es war ein Notfallprogramm und heute wird es als Standardwerkk in Laienhände gegeben. Ich muss nicht erwähnen, dass sich Dr. Ferber selbst mittlerweile von dieser Methode distanziert und darüber erschrocken ist, was daraus gemacht wurde. Es gibt nunmal keine Legitimation, sein Baby gezielt schreien zu lassen. Wenn es mal absolut nicht anders geht, so ist das höhere Gewalt und nimmt man sein Kind danach wieder liebevoll in die Arme und versucht es gut zu machen, aber das Kind alleine im Zimmer zu lassen, während es nach Mamas warmen Armen schreit, ist ethisch nicht vertretbar. Hier ein Zitat aus einer Fachzeitschrift: "Die scheinbar simple Frage, ob ein hilflos schreiendes Baby hochgenommen werden sollte oder nicht ist angesichts dieser Erkenntnisse nicht mehr eine Frage des Erzeihungsstils. Unbestrittene Tatsache ist, dass Babys ihren eigenen Stress nicht abbauen können - sie können sich nicht bewußt ablenken, wenn sie erregt sind. In dieser Situiation produziert der Hypothalamus Signalstoffe, die zur Ausschüttung des Stresshormons Kortisol führen. In späteren Jahren reagiert das Hirn dann in Stresssituationen entweder mit hormoneller Überproduktion (Ängste und Depressionen sind Folge) oder mit Unterversorgung (emotionale Kälte und Aggression)." Aus: Braun, Walter: Früher Stress bremst das Gehirnwachstum, in Psychologie Heute, Nov. 2004, S. 12" "Dein Kind steckt mit 10 Monaten wieder in einem großen Wachtums- u. Entwicklungsschub und braucht einfach Deine Nähe und Begleitung. Meine Tochter hatte auch eine Phase - exakt um diesen Zeitpunkt herum - in der sie nachts einfach hellwach war. Auch sie weinte und schrie, als ich erst noch nicht wusste, was los ist und sie immer wieder durch die üblichen Beruhigungsmittel, wie stillen, tragen, stillend tragen, singen usw. zum schlafen bewegen wollte. Sie KONNTE aber einfach nicht mehr schlafen und so spielte ich eben mit ihr und war eine zeitlang wach. Ich startete dann den Versuch und ging mit ihr in der Trage an die frische Luft, was die Wachzeit stark verkürzte und sie wieder gut einschlafen ließ. Es war einfach eine Phase, die ca. 3 Wochen anhielt. Sie war nicht jede Nacht wach, aber jede 2.-3. Eine solche Phase hatten wir 2mal und dann nie wieder! Du verziehst oder verwöhnst Deinen Sohn also nicht, indem Du ihn "gewähren" lässt, sondern zeigst ihm einfach, dass er im Fall der Fälle auf dich zählen kann und Du unterstützend als liebende Mutter an seiner Seite bist. Die Kleinen lernen so viel dazu, bekommen Zähnchen, entdecken neue Fähigkeiten usw, da ist es ganz normal, dass sie auch nachts mal am Rad drehen und keine Ruhe mehr finden. Stelle Dir mal vor, Du hättest von heute auf morgen Flügel und wüsstest, Du kannst damit fliegen. Es will Dir einfach noch nicht gelingen und Du würdest am Liebsten auch in der Nacht üben. Du wachst auf und der Gedanke daran, dass das Fliegen jetzt vielleicht hinhauen könnte, lässt Dich nicht los. Du MUSST es einfach ausprobieren...... Wir Erwachsenen haben doch auch ab und an Phasen im Leben, in denen wir nachts wach liegen und nicht mehr einschlafen können. Wir können frei entscheiden, was wir tun (lesen, TV gucken, einfach da liegen, an den PC gehen usw.). Unsere Kinder sind auf uns angewiesen und brauchen unsere Unterstützung. Sie lernen die Welt und das Leben gerade erst kennen. Wie würde es Dir wohl gehen, wenn Du die Nähe Deines Partners bräuchtest, weil Du Zahnschmerzen hast und Dir Ablenkung erhoffst, weil Du Kummer hast und alleine nicht damit fertig wirst usw. und er Dir sagen würde, dass er keinen Bock hat, mit Dir wach zu sein und das durchzustehen und Dich einfach zu dem Zeitpunkt, zu dem Du ihn dringend als Stütze gebraucht hättest "sitzenlassen" würde? Du wärest wohl wahnsinnig enttäuscht u. würdest wohl auch ein Stück weit das Vertrauen in ihn verlieren. Was würdest Du tun, könnte Dein Söhnchen zu Dir sagen: "Mama, ich fühle mich gerade so alleine und unsicher, außerdem tut es in meinem Mund irgendwie weh. Kannst Du bitte mit mir zusammen sein und mich ablenken, bis ich wieder schlafen kann? Du bist doch meine Mama und hast mich lieb und ich habe Dich lieb und brauche Dich. Bitte bleib bei mir, ja!?" Brächtest Du es dann über´s Herz, ihn schreiend alleine zu lassen? Die Kleinen können sich eben noch nicht ausdrücken, wie wir es können und das wird ihnen oft zum Verhängnis. Man meint, sie schreien lassen zu müssen, dass sie etwas "kapieren", dass sie zu verstehen noch gar nicht in der Lage sind. Die Jahre, in denen wir so stark - gerade in der Nacht - von unseren Kleinen gebraucht werden, sind so schnell vorüber. Wir sollten uns diese Zeit für unsere Kinder nehmen. Besuche mal die Seite www.ferbern.de und lies da nach. Und ja, es wird schlimmer, wenn Du alle 10 Minuten ins Zimmer gehst, weil Dein Sohn denkt, dass Du nun endlich für ihn da bist und er das noch lautstärker zeigt aus Angst, Du gehst wieder. Aber das heißst keinesfalls, dass Du etwas Gutes tust, wenn Du gar nicht mehr hingehst. Im Gegenteil solltest Du ihn erst gar nicht gezielt zu Trainings- oder Erziehungszwecken alleine weinen lassen. Alles, was wir für unsere Kinder tun müssen ist, ihnen Liebe im Übermaß zu schenken und ihnen Vorbild sein. Mehr braucht es nicht. Das ein oder andere Buch kann mal eben hilfreich sein, wenn wir verunsichert sind, aber da muss stark selektiert werden. (z. B. In Liebe wachsen / Von der Kunst, liebevoll zu erziehen / Tao te king für Eltern / Auf der Suche nach dem verlorenen Glück / Dein kompetentes Kind /) Ich wünsche Dir, dass Du Dein Söhnchen mit seinen jetzigen Schlaf"problemen" annehmen kannst und die für euch richtige Entscheidung triffst. Frage doch auch mal im Sandmännchenforum nach oder am Montag bei Dr. Posth. Ach ja, ein weiterer Versuch, wäre, mit Deinem Sohn tagsüber ganz viel raus an die frische Luft zu gehen. (Im Tragetuch z.B. kann er viel sehen und hat er´s schön warm - Du übringens auch ;-) ) Auch kurz vor dem Schlafengehen würde ich zu einem ausgiebigen Spaziergang raten. Gerade die schöne Winterluft, die wir jetzt haben, macht müde und lässt gut schlafen. Vielleicht hat er den Tag über auch nicht genug "Action", aber das kann ich nicht beurteilen. Frischluft half bisher fast allen Kleinen, besser zu schlafen und nebenbei tun wir Eltern auch etwas für unsere Bewegung und Gesundheit." Von einer anderen Userin - ich erlaube mir, MaSchie zu zitieren: "~ Aus der Sicht eines Babys ~ Ich war noch garnicht richtig müde, da hast mich auf einmal hochgenommen und meintest zu mir ich müsse jetzt schlafen lernen. Dann hast du mich in mein Bett gelegt, die Spieluhr angemacht und mir noch einmal über die Wange gestreichelt. Dann bist du rausgegangen. Vorher hast du noch ein Schlummerlicht in die Steckdose gesteckt, ich solle ja keine Angst im Dunkeln haben. Hast du vergessen das ich überall Angst bekomme wo du längere Zeit nicht bist, Mama? Ich kenne doch nur dich. Das erste was meine Ohren auf dieser Welt hörten waren dein Herz und deine Stimme. Eine Weile liege ich so und beschäftige mich mit mir selbst. Ich weiß ja das du sonst auch immer kommst wenn ich weine. Bald wird es mir aber zu Dunkel und Still, ich fange an mich zu fürchten. Ich vermisse deine Nähe, also wimmer ich ein wenig – du wirst sicher gleich kommen. Ich horche in das Dunkel hinein, doch ich höre keine Schritte. Vielleicht hast du mich einfach nicht gehört? Also Jammer ich lauter. Ich wundere mich, und bekomme noch viel mehr Angst, eigentlich müsstest du doch längst da sein? Ich höre dich und Papa nebenan. Wieso kann keiner kommen? Ich fange an zu Schreien und die Zeit kommt mir so ewig lang vor. Mein Hals tut weh, meine Augen brennen und ich krieg kaum noch Luft. Und Niemand kommt. Hab ich dich verärgert? Brauchst du mich nicht mehr, hast du mich nicht mehr gern? Hörst Du mich nicht? Ich Schreie immer angestrengter, Niemand kommt. Ich strampel mit meinen Ärmchen und Beinchen und muss bald ruckartig Luft holen damit ich weinen kann. Ihr nennt das Schluchzen. Niemand kommt. Ich starre in die Dunkelheit, ich fange an heute Nacht etwas zu begreifen : Der Pool meiner Geborgenheit und meiner Sicherheit den ich für unanfechtbar hielt, ist angreifbar und wackelig. Ich habe dir gesagt das ich dich brauche, du hast nicht reagiert. Vielleicht hilfst du mir jetzt in Alltagssituationen in denen ich Angst hab auch nicht mehr? Ich glaube es fast. Ich schreie noch einmal, vielleicht hast du mich wirklich nicht gehört, Niemand kommt. Anstatt deine warme Brust und deine beruhigende Nähe zu spüren, sehe ich nur die kalte Bettdecke, und rieche Laken anstatt warme Haut. Ich schlafe schlecht ein und habe Alpträume vom Verlassensein. Wenn ich aufwache bist du noch immer nicht zurück, du hast nur ab und an mal reingeschaut. Das erste Mal als die Tür aufging freute ich mich riesig – endlich hast du mich gehört! ! ! Doch du sagtest nur etwas von “keine Angst mein Schatz” und bist wieder hinaus gegangen. Ich habe hinter dir her geschriehen, und mich dann so unfähig gefühlt dir offensichtlich nicht sagen zu können das ich alleine bin, als du nicht zurück gekommen bist." Ein Auszug aus dem Buch "Von der Kunst, liebevoll zu erziehen - liebevoll Grenzen setzen und dabei gute Laune bewahren": "Einer der bedeutendsten Gründe für Grenzüberschreitungen von Kindern jeden Alters ist der Verlust des Kontakts zum Erwachsenen. Kontakt ist ein existenzielles Bedürfnis von Kindern, so existentiell, wie Atmen, Essen, Trinken und Schlafen. Kleine Kinder brauchen, um zu überleben, ständig Kontakt. Durch Kontakt erst fühlen sie ihr Dasein. Haben sie keinen Kontakt, so fühlen sie sich schnell verloren. Dies kann für kleine Kinder ein extrem bedrohliches Gefühl sein. Sie bekommen Angst. Deshalb versuchen Kinder, die zu wenig Kontakt haben, mithilfe von Grenzüberschreitungen die Erwachsenen zu Reaktionen zu bewegen. Sie tun dies unbewusst, aber zielstrebig. Je jeftiger die Grenzüberschreitungen ausfallen, desto heftiger sind auch die zu erwartenden Reaktionen der Erwachsenen. So ziehen Kinder den klugen Schluss, dass starke Provokationen ein sicheres Mittel zur Kontaktgewinnung sind. Um diese komplizierten Zusammenhänge zu verstehen und daraus gute Schlussfolgerungen für die Erziehungsarbeit zu ziehen, will ich hier einen Exkurs in die jüngsten Erkenntnisse der Forschung unternehmen. Für uns Erwachsene ist unser Dasein eine Tatsache. Dieses Wissen ist in uns langsam und unbewusst entstanden, so dass wir uns nicht mehr daran erinnern, dass wir uns unseres Daseins einmal nicht so sicher waren wie heute. Deshalb können wir Erwachsenen uns nicht mehr vorstellen, dass Kinder sich nicht sicher sind, ob sie wirklich da sind. Diese Unsicherheit wirkt in ihnen unbewusst, deshalb kommen sie auch nicht auf die Idee, uns danach zu fragen. Die Strategie der Erwachsenen Obwohl wir Erwachsenen uns über unser Dasein ständig im Klaren sind, wissen wir nicht, wie wir das bewerkstelligen. Wir haben dafür kluge, sehr gut eingeübte, unbewusste Strategien ausgebildet, welche Kinder noch nicht beherrschen, weil sie erst in der Pubertät entwickelt werden: Wir schlagen etwa die Beine übereinander. Durch den Kontakt des rechten Beins mit dem linken, vermittelt uns der Tastsinn das Daseinsgefühl. Oder wir kratzen uns am Kopf, streichen unsere Haare alle paar Minuten aus der Stirn, verschränken unsere Arme oder stützen unseren Kopf in unsere Hand. In einem Konzert oder bei einem Vortrag lässt sich das gut beobachten: In einem großen Saal sitzen Hunderte erwachsene Menschen und es gibt keinen Einzigen, der sich nicht selbst berührt. Wir berühren uns ständig, zu dem Zweck, den Kontakt zu uns selbst nicht zu verlieren. Und wir wissen nocht nicht einmal, warum wir es tun, so routinemäßig sind diese Vorgänge. Würden wir unbeweglich und ohne uns zu berühren eine Zeitlang ausharren, so würden wir bemerken, dass wir ein untertägliches Bedürfnis nach Bewegung und Berührung hätten. Kinder beherrschen die Eigenstimulierung noch nicht in genügender Weise Wenn sie beim Sitzen die Beine übereinanderschlagen, lachen wir, weil wir sehen, dass sie einen Erwachsenen nachahmen und Erwachsensein spielen. Kinder brauchen, dass wir Erwachsenen ihnen Kontakt geben. Durch den Kontakt zum Erwachsenen fühlt sich das Kind "daseiend". Aber dieses Gefühl ist kein beständiges Wissen, wie bei uns Erwachsenen, sondern nur ein flüchtiges Gefühl. Wenn kleine Kinder im wachen Zustand über einen längeren Zeitraum ohne Kontakt sind, fühlen sie sich von einem bängstigenden Verlustgefühl bedroht. Es ist das Gefühl, sich selbst zu verlieren. Die Strategie der Kinder Kleine Babys schreien ganze Nächte hindurch und sind nur zu beruhigen, wenn ihre Eltern direkten Körperkontakt zu ihnen aufnehmen. Manchmal brauchen sie es sogar, auf dem Arm der Eltern hin und her getragen zu werden, das heißt, sie brauchen zu dem Kontakt auch noch die Bewegung, um sich anwesend zu fühlen. Und es gibt viele Kinder zwischen null und neun Jahren, die so wenig Daseinsempfinden haben, dass sie immer wieder im Laufe eines Tages das Gefühl bekommen, verloren zu gehen. In solchen Momenten provozieren Kinder. Sie tun dies nicht, um ihre Eltern zu ärgern, sonder nur, weil sie diese Bedrohung nicht aushalten können. Sie müssen sofort Kontakt haben, um sich lebend zu fühlen. Dafür brauchen sie eine hundertprozentig sichere Strategie. Wenn beispielsweise ein zwei- bis dreijähriges Kind seine Mutter fragen würde: "Mama, kannst du mich bitte sofort in den Arm nehmen?" dann hat das Kind vielleicht eine fünfzigprozentige Chance, dass die Mutter Ja sagt und zu dem Kind Kontakt herstellt. Zu fünfzig Prozent ist es aber auch wahrscheinlich, dass die Mutter sagt: "Nein, das geht jetzt nicht, stör mich nicht!" Dann wäre das Kind vom Gefühl des Selbstverlustes bedroht. Die Hundertprotzent-Stragegie ist eine unbewusste, gesund erhaltende Strategie der Kinder. Sie besteht darin, dass Kinder ihre Eltern oder Erzieher häufig "provozieren", um an deren heftigen Reaktionen eindeutig ablesen zu können, dass sie da sind. Zum besseren Verständnis dieses Gefühls des Kindes vergleiche ich es mit dem Phänomen der Unterzuckerung: Hat ein kleines Kind genug Daseinsgefühl, dann geht es ihm gut. Fällt der Wert unter null, so geht des dem Kind so schlecht, dass es den Impuls verspürt, sofort und schnell etwas zu unternehmen, dass es über den Nullpunkt kommt. Das Kind hat das Gefühl, sonst zu sterben Deshalb kann es sich in dieser Not nicht leisten zu riskieren, dass es unter Null bleibt, nur weil ein Erwachsener gerade keine Lust hat, es in den Arm zu nehmen." An dieser Stelle folgt im Buch eine kurze Ausführung über den Kindergartenalltag, den ich aber eben überspringe. Und hier geht´s weiter: "Noch im Alter von neun Jahren kommt es vor, dass sich Kinder etwa abends im Bett keinfen, wenn es still und dunkel ist, um sich Gewissheit zu verschaffen, dass sie da sind. Erst seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zustande gekommenen Forschungsergebnissen von René A. Spitz und seinen Kollegen wissen wir, dass Kontakt für Kinder so wichtig ist wie Atmen, Essen und Schlaf. Er und seine Kollegen wiesen nach, dass Säuglinge trotz bester Hygiene und Ernährung starben, weil sie zu wenig Körperkontakt hatten. Seine Ergebnisse waren aufsehenerregend. Sie haben in Kliniken und Kinderheimen bewirkt, dass die Säuglingssterblichkeit um ein Vielfaches verringert werden konnte, indem das Personal dazu aufgefordert wurde, die Kinder auf den Arm zu nehmen. Diese Erkenntnisse sind aber leider noch nicht genügend in die pädagogische und familiäre Praxis eingeflossen. Grob betrachtet gibt es drei Arten von Kontakt: 1. Körperkontakt 2. Blickkontakt 3. sprachlichen Kontakt Körperkontakt Fehlt einem Kind der Körperkontakt und damit das Existenzgefühl, so wird dies vom Kind als schlimme Bedrohung erlebt. Das Kind verliert sich selbst. Wer aber in ein Nichts zu fallen droht, hat unvorstellbare Angst! So ist auch die Vehemenz zu erkären, mit der die Kinder unbewusste Strategien entwickeln, um sich gegen diese Bedrohung zu wehren. So ergeht es kleinen Kindern oft, wenn sie eine Zeitlang ruhig alleine spielen und dann plötzlich anfangen zu jammern. Wenn der Erwachsene erkennt, dass das Kind seinem Kontaktbedürfnis Ausdruck verleiht, reicht es oft aus, dass der Erwachsene mit dem Kind kurz Kontakt aufnimmt. Mütter beschreiben mir häufig Szenen wie diese: Ihr Kind (im Kindergartenalter) kommt zum Mittagessen mit unzufriedener Miene und jammert, dass es nichts von dem, was auf dem Tisch steht essen wolle. Sie Szene eskaliert dann stets, bis die Mutter das schreiende Kind in sein Zimmer verweist. Als seine Mutter einmal ganz anders reagierte, löste sich die Situation in Harmonie auf. Die betreffende Mutter nahm das Kind auf den Schoß, murmelte in das kindliche Ohr ein paar Koseworte und füllte sich selbst etwas zu essen auf den Teller. Daraufhin kuschelte sich das Kind einige Minuten auf den Schoß der Mutter, rutschte dann hinunter, setzte sich auf seinen Platz und aß eine normale Portion des Mittagessens......." Ich weiß, das war jetzt sehr viel, doch ich hoffe, dass Du nun klarer siehst und Dein Kind bitte nicht mehr so lange schreien lässt. Es ist reiner Horror für die Kleinen - die Gründe dafür hast Du ja gelesen. Ansonsten frag´ nochmal im Sandmännchenforum nach und lies Dich da ein bisschen ein. Viele Grüße und alles Gute für Dich und Dein Baby Andrea

von aspira am 03.12.2010, 01:28



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Hi, ich stimme zwar Aspira nicht immer zu, aber diesmal schon =) Vor allem wenn du dein Kind schreien lässt und dann auch noch bis zu 2 Stunden und es sich so allein und im Stich gelassen fühlt wie soll denn dann ein "normales" Schlafverhalten entstehen. Wenn er schreit drückt er damit aus das er dich braucht und du gehst dann einfach weg und lässt ihn schreien? Das kann doch nicht das Richtige sein. Hör auf dein Herz und nicht auf irgendwelche Tips von irgendwelchen Leuten die meinen die Kinder müssen schreien wie am Spiess --> wo auch immer du das her hast. LG

von wide0_2 am 03.12.2010, 10:45



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Deinkind hat natürlich Angst vor dem Bett weil es weiß dass du dann gehst und es schreien muss. Es braucht dich und deine Nähe! Bleib bei ihm bis er schläft. Was du tust wenn du ihn schreien lasst und dann auch noch bis zu 2 Stunden, ist ihm zu zeigen, dass er und seine bedürfnisse nicht zählen, dass du die stärkere bist die ihn alleine mit seiner Angst lasst. Der Stress der beim schreien entsteht wirkt sich negativ auf die gehirnbildung aus und hat Spätfolgen wie Depression, ADHS, mangelndes Selbstvertrauen und Angstzustände. Tu Deinem Kleinen Baby das nicht an! Begleite ihn beim einschlafen, zeige ihm dass er keine Angst vor seinem Bett haben musst, indem du bei ihm bleibst!

von kirshinka am 03.12.2010, 19:34



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Aspira hat ja eigentich (da bin ich sicher) schon alles gesagt, was dringend gesagt werden muss! Und selbst Dr. Busse hat die einen Rat gegeben, der die schreckliche Stituation, in der sich du und v.a. dein Kind befinden, zweifellos entschärfen und verbessern wird (auch wenn es unzweifelhaft noch - für dein Kind - bessere, schonendere Methoden gäbe, die Schafsituation zu verbessern, als mit dem Tipp von Dr. Busse... aber besser so, wie Dr. Busse es vorschlägt, als weitermachen wie bisher!!!) ""Das Gebrülle ist für mich allerdings mittlerweile eine Art Psychoterror, da ich weiß, dass er nichts hat..." Dieser Satz ist mir allerdings, ehrlich gesagt, extrem sauer aufgestoßen, und ich kann mit meiner Meinung nicht hinterm Berg halten: Für DICH ist es also "Psychoterror"???! Du Ärmste! *ironieoff* WAS gaubst du, was dein Verhalten, dein Kind (z.T stundenlang) allein im Dunkeln, hilflos in seinem Bettchen eingesperrt, schreien zu lassen, für dein Kind ist?? Nämlich genau das: Psychoterror, und das in nicht gerade geringem Ausmaß!!! UND: dein Kind hat NICHT NICHTS!!! Es hat ANGST! Punkt. Hast du schon mal 1 Sekunde lang versucht, dich in dein Baby hineinzuversetzen? Dann könntest du dir nämlich ganz einfach zusammenreimen, WARUM dein Kind nicht ins Bett will, sich an dir festkrallt und schon beim Hinlegen losbrüllt, als würde man ihn umbringen: Es hat schlechte Erfahrungen mit dem Bett gemacht. Du hast ihn (z.T. stundenlang) hilflos in eben diesem Bett schreien lassen - ist es da nicht logisch, dass er sich mit Händen und Füßen wehrt??? Er hat einfach Angst, große Angst, sogar Todesangst - da ein Baby von unter einem Jahr noch garnicht die kognitiven Fähigkeiten besitzt, sich vorzustellen, dass du nur im Nebenraum bist, wenn du aus dem Zimmer gehst! Genauso gut könntest du auf dem Mond sein! Und er weiß NATÜRLICH auch nicht, ob und wann du wiederkommst (woher auch?). Er versteht das alles noch garnicht, versteht die Welt nicht mehr, wenn er einfach allein im Dunkeln liegen gelassen wird, obwohl er sich die Seele aus dem Leib schreit! Er hat Angst, irgendwann allein im Dunkeln sterben zu müssen, weil er schon zu oft erleben musste, dass er sich die Seele aus dem Leib gebrüllt hat und keiner kam, um ihm zu helfen!! Selbst 10 Minuten sind schon eine sehr lange Zeit für ein Baby, aber 1,5-2 Stunden??? Tut mir leid, aber ich bin echt schockiert! Für ein Baby in dem Alter ist allein im Dunkeln im Bettchen schreien müssen ungefähr so, wie es für uns wäre, wenn man uns in ein Kellerverlies sperren würde, Tür zu, Licht aus, und keiner würde uns sagen, ob und wann wir wieder raus dürfen. ---> Folter eben! Schau doch auch mal unter www.ferbern.de Ich gratuliere dir übrigens zu deinem offenbar extrem willensstarken Kind, dass sich und seine berechtigten Bedürfnisse trotz der krassen Behandlung, die ihm zuteil wird, noch nicht aufgegeben hat!! Er schreit noch!!!!!! Das ist ein gutes Zeichen, sein Wille ist noch nicht gebrochen! Und deshalb kann man sicher noch was retten, sogar alles zum Guten wenden - wenn du nur willst! Alles Gute für dich und dein Kind! Bitte, nimm mir meine deutlichen Worte nicht übel, ich meine das nicht böse, im Gegenteil, ich würde dir nur gern die Augen öffnen und dich dazu bringen, auf dein Mutterherz zu hören und dich in dein Kind hinein zu versetzen!! LG

von rabarbera am 03.12.2010, 23:17



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Die anderen haben ja schon viel geschrieben, aber was ich mich gerade frage: Du schreibst: "sobald ich allerdings den Raum verlasse, geht es wieder los...." das bedeutet aber doch, dass dein Kind noch nicht eingeschlafen ist! Du musst zumindest bleiben, bis es fest schläft, dann merkt es gar nicht, wenn du rausgehst. Vielleicht schläft er besser, wenn du dich mit ihm zusammen hinlegst, schließlich krallt er sich ja an dir fest, weil er offensichtlich nicht will, dass du gehst. Und weißt du, warum du das Gebrüll als "Psychoterror" empfindest?? Nicht, weil dein Kind nichts hat (er hat ja was, er möchte nicht alleine sein, hat vermutlich Angst), sondern weil es vollkommen unnormal ist, sein Kind so lange schreien zu lassen ohne es zu beruhigen. Gib deinem Gefühl nach und beruhige dein Kind.

von Emmi67 am 04.12.2010, 19:36



Antwort auf: Höllisches Gebrüll beim Schlafengehen

Also, vielen Dank euch allen! Der einzig gutgemeinte Rat kam von Herrn Dr. Busse, anden ich die Frage eigentlich auch gerichtet habe - soviel zudem was ich von euren Antworten halte! Es ist echt eine Frechheit und dermaßen dreist mir vorzuwerfen, ich sei eine Rabenmutter, auch wenn es niemand von euch so genau geschrieben hat. Meint ihr nicht, ich hätte all eure "tollen ratschläge" bereits ausprobiert?? Mein Fehler - Woher sollt ihr es auch wissen. Ich werde mich auch nicht weiter rechtfertigen - ich schätze, ihr wolltet nur helfen. Solche Frauen sind mir echt die Liebsten - ich dachte, ich würde in dieser Schwierigen Lage Hilfestellung von qualifizierten Fachleuten erhalten und muss lesen, dass Emanzen ihre Langeweile bezwingen, indem sie anderen Müttern einreden wollen, sie seien unfähig - echt klasse! Das war´s hier für mich - danke nochmal!

von delinda am 19.12.2010, 19:57



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