Sehr geehrter Herr Dr. Busse,
unser Sohn wird in Kürze 4 Jahre und konnte bei der U8 vor ca. 1/2 Monat das Weitsehen nicht gut erkennen, daher bekam ich eine Überweisung zum Augenarzt zum Weittropfen.
Bisher hatte er nie Probleme bei den Seh-Untersuchungen. Immer 1*!
Auch war ich ohne besonderen Grund nur zur Kontrolle im Mai 2011 zur Sehschule und Kontrolle beim Augenarzt (ohne Weittropfen) und auch da 100% Sehkraft und 1*!
Am Montag war ich nun zum Weittropfen und es wurde folgendes festgestellt.
Er braucht dringend eine Brille und zwar hat er folgende Werte auf dem Rezept/Sehhilfenverordnung:
R + 3,25 -0,50 5
L +4,25 -0,50 165
Was bedeutet dies? Der Arzt hatte kaum Zeit mir näheres dazu zu erklären aber wie ich ihn verstanden habe, ist das ziemlich viel in diesem Alter.
Warum wurde es nicht früher bemerkt? Können sich Werte innerhalb eines Jahres so stark verschlechtern bzw. verändern?
Hat er eine Chance auf Besserung mit Brille? Hat er eine Chance, daß er in ein paar Jahren auch keine Brille mehr benötigt und die Dioptrien Zahl wieder nach unten geht und es sich wieder verwächst?
Weder mein Mann noch ich sind Brillenträger - auch Großeltern oder Tanten, Onkel - eigentlich keine Brillenträger!
Im Internet steht viel - ich bin sehr verwirrt - teilweise schreiben Leute man ist mit diesen Werten fast ein `Maulwurf`, andere schreiben, Kinder haben immer hohe Dioptrien Werte - die sich im Laufe des Wachstums noch verändern.
Leider ist dies nun bei unserem Sohn doch etwas spät erkannt worden, denn wie ich lese, wächst das Auge höchstens noch bis zum Alter von 6 Jahren und danach ist die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung sehr gering.
Ich danke Ihnen für eine Rückantwort!
von
Babsi1978
am 07.11.2012, 10:04
Antwort auf:
Brille mit 4 Jahren / Weitsichtigkeit
Liebe B.,
bei Ihrem Kind wurde bei der Augenuntersuchung festgestellt, dass es weit- oder übersichtig (hyperop) ist. In den meisten Fällen kann Ihr Kind trotzdem sowohl in der Ferne als auch in der Nähe gut sehen. Denn beim Sehen in der Ferne ist der Muskel, der die Augenlinse ringförmig umgibt, normalerweise entspannt. Zum Sehen in der Nähe nimmt die Krümmung der Augenlinse durch Anspannung dieses Muskels zu. Diesen Vorgang nennt man Akkommodation. Dadurch nimmt die Brechkraft der Linse zu, so dass in der Nähe scharf gesehen werden kann.
Bei weitsichtigen Kindern ist das Auge noch zu kurz gebaut, um in der Ferne scharf sehen zu können. Die Augenlinse muss daher durch eine verstärkte Krümmung die Brechkraft erhöhen, um ein scharfes Bild auf der Netzhaut erzeugen zu können. Das bedeutet, dass weitsichtige Kinder auch für das Sehen in der Ferne akkommodieren müssen - da sie aber noch eine sehr elastische Augenlinse haben, fällt ihnen das nicht schwer - allerdings müssen sie für die Nähe sehr viel mehr Muskelanstrengung aufbringen als normalsichtige Kinder.
Das kann dazu führen, dass weitsichtige Kinder Kopfschmerzen bekommen, sich nicht lange auf Naharbeit konzentrieren können, ungenügendes räumliches Sehen haben oder sogar anfangen zu schielen (durch verstärkte Akkommodation entsteht ein verstärkter Naheinstellungsimpuls).
Daher sollte Ihr Kind - auch wenn es noch keine Auffälligkeiten zeigt - eine Brille verordnet bekommen, wenn die Weitsichtigkeit über +2,5 oder +3,0 Dioptrien (Einheit für die Brechkraft) liegt. Wenn Beschwerden wie Kopfschmerzen o.ä. vorhanden sind, sollte auch schon bei geringer Weitsichtigkeit eine Brille getragen werden. Die Entwicklung der Augen (Sehschärfe, räumlichen Sehen) wird damit unterstützt. Diese Entwicklung kann im späteren Alter nicht nachgeholt werden.
Eine Weitsichtigkeit verringert sich normalerweise durch das Wachstum des Augapfels in den ersten Lebensjahren deutlich. Wie lange Ihr Kind eine Brille tragen sollte, kann allerdings nur durch regelmäßige etwa jährliche Messungen festgestellt werden.
Alles Gute!
von
Dr. med. Andreas Busse
am 07.11.2012