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Geschrieben von Traumfänger am 10.06.2008, 8:16 Uhr

Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Gestern habe ich mit meinem Vater telefoniert. Er meinte, er würde gar nicht verstehen, warum um die Kinder von heute so viel "Geschiss" (ist Hessisch, lach) gemacht wird. Seine Mutter hätte ihn mit seinen 3 Geschwistern den ganzen Tag draußen Fahrrad fahren lassen und toben auf dem Spielplatz ohne Aufsicht, auch meine Mutter erzählte, ihr Bruder hätte immer Seifenkisten gebaut und sie als Kleinste reingehockt (ohne Sicherheitsgurt und ohne Fahrradhelm, heute nicht auszudenken!!!) und sie den Berg runterrasen lassen. Früher gab es keine Impfungen, man ging nicht zur Erziehungsberatung und ADS wurde auch nicht diagnostiziert, die Kinder waren einfach "zappelig". Man hat die Kinder einfach "mitlaufen" lassen. Und heute machen wir uns Gedanken - über IKEA Tunnelbefestigungen (sorry, ist nicht abfällig gemeint) hätten unsere Mütter und Großmütter sicher nicht diskutiert. Da wurde der Brei noch gemahlen und die Kinder bekamen abgekochten Haferbrei. Von Allergien hat kein Mensch gekräht und von Kinderboutiquen auch nicht.

Ich frage mich manchmal, ob diese alten Zeiten nicht irgendwie "einfacher" waren. Die Bauern haben auf dem Feld gearbeitet, auch die Frauen, und die Kinder sind draußen auf dem Feld zum Spielen geschickt worden. Heute wird man fast schon wegen Vernachlässigung angezeigt, wenn ein Kind auf den Spielplatz allein geschickt wird.

Wie seht Ihr das? Tun wir zu viel - habe gestern das Buch DIE SUPERMUTTIS in der Hand gehabt, da geht es auch um das Thema.

In letzter Zeit frage ich mich, ob wir nicht wirklich zu viel tun und mal wieder die Devise "weniger ist mehr" gelebt werden sollte.

 
16 Antworten:

Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von katrin0306 am 10.06.2008, 8:20 Uhr

Da sagst Du was....

Ich habe zwischenzeitlich die festen Freizeitaktivitäten auf ein erträgliches Mindestmaß reduziert (Ballett und Hockey finden nur noch jeweils 1x pro Woche statt - Schwimmen haben wir gottlob hinter uns) und wenn das Wetter auch nur halbwegs erträglich ist, wird das Kind "rausgeschmissen".

Ich war früher (als Kind) auch ständig draußen, hab Buden gebaut, im Dreck gespielt, bin auf Bäume geklettert und hab beim Nachbarn meiner Oma die Kirschen vom Baum geklaut (täglich - und meine Oma hat mich immer noch in Schutz genommen "meine Enkelin macht sowas nicht).

Und ich bin auch groß geworden, hab nen ordentlichen Job, bin nicht blöd in der Birne oder sonstewas....

Back to the roots !!!

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von Traumfänger am 10.06.2008, 8:23 Uhr

Ja, so sehe ich das auch. Ich lese auch gerade das Buch "Ein Löffelchen voll Zucker" wie man Kinder mit Spaß erzieht und nicht nur maßregelt. Da werden Rituale beschrieben usw. Ein sehr sehr schönes Buch!

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von hasebär73 am 10.06.2008, 8:43 Uhr

Hi!

Die Mischung machts... Bei manchem bin ich eher vorsichtig, bei anderem lass ich fünfe gerade sein.
Das mit der Ernährung allerdings finde ich fragwürdig. Warum haben heutzutage fast alle Erwachsenen irgendwelche Allergien? Deswegen achte ich bei meinem Sohn darauf, daß er gesund ißt. Heißt aber nicht, daß es nicht zwischendurch Eis oder Schoki gibt :-)
Früher hatten Familien viele Kinder und oft noch Oma/Opa im Haus, da war es gar nicht möglich, sich einen wahnsinns Kopf zu machen. Heutzutage konzentriert sich die geballte Aufmerksamkeit auf ein oder zwei Kinder...
Wenn irgendwie die Möglichkeit besteht, sollte man Kinder draußen spielen lassen. Mein Sohn hat vor ein paar Wochen angefangen, alleine draußen zu spielen oder bei Freunden (Nachbarschaft) zu klingeln. Es fällt mir wirklich schwer, aber ich weiß aus meiner Kindheit, wie "groß" man sich fühlt, wenn man alleine und mit Freunden spielt. Prozeß der Abnabelung...
VG HB

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Das mit draußen spielen ist so ne Sache ...

Antwort von Debbi am 10.06.2008, 9:02 Uhr

... heute ist auch viel mehr Verkehr - selbst bei unserem kleinen Kaff läuft ne gefährliche Straße durch.

Unsere spielt auch viel draußen, aber meistens mit mir zusammen - da hätte ich einfach keine ruhige Minute. Unsere ist mit 4 mal in ein Auto gelaufen - direkt vom Kiga. Das vergißt man nicht so schnell. Sie hatte zwar 100 Schutzengel und es ist kaum was passiert - trotzdem denkt man an so was.

Aber im Prinzip hat er schon Recht - es wird wirklich so viel Geschiss gemacht.

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von mama.frosch am 10.06.2008, 9:05 Uhr

hallo,

ein interessantes thema!

früher war natürlich nicht alles besser, aber manches sicher unverkrampfter - ohne dass das automatisch mangelnde elterliche liebe bedeutet hätte.

prinzipiell sehe ich es so, dass oft zu viel "geschiss" um die kinder gemacht wird (mich eingeschlossen). umgekehrt gibt es natürlich auch genug eltern, die sich mal etwas mehr gedanken um ihre kinder machen sollten, aber um die geht es hier ja nicht sondern um die sehr fürsorglichen und besorgten.

ich habe den eindruck, dass kinder in deutschland ein sehr rares und kostbares gut geworden sind und dadurch die positive selbstverständlichkeit ihres daseins abhanden gekommen ist. das selbstverständliche dazugehören ist hier eben nicht mehr selbstverständlich, sondern bekommt das pädagogische etikett der "teilhabe" verpasst. seifenkistenbauen, auf bäume klettern etc. fallen heute unter den bereich der erlebnispädagogik die meiner meinung nach erstens zeigt, wie wichtig erlebnisse und grenzerfahrungen für die individuelle wie soziale entwicklung sind und zweitens wie sehr sich doch viele menschen danach sehnen. sprich, was eigentlich natürlich ist, wird heute in wichtigen bereichen pädagogisiert.

ich denke, dass kindheit heutzutage überwiegend eine organisationsfrage ist. es ist für kinder heute schwieriger, freiräume, in denen sie unkontrolliert sind zu finden oder sich zu erobern. ich sehe das und es tut mir leid, gleichzeitig fällt es auch mir schwer, mein kind allein rauszulassen weil ich angst habe, es könnte mit jemandem mitgehen.

es ist eine herausforderung, immer wieder das risiko-nutzen-verhältnis herauszufinden. man kann sich nicht gegen alles absichern, und unsere gesellschaft vermittelt in meinen augen tendentiell das bild, dass das geht. wenn dann ein unglück geschieht wird überall nach schuldigen und unfähigkeiten gesucht ohne zu sehen, dass man sich gegen manches nicht wappnen kann.

ich vermute, dass eltern heute eher dazu tendieren, ihre kinder vor gefahren zu schützen als ihnen den umgang damit beizubringen. das finde ich bei mattis so schön, der ronja auf ihre fragen, was sie tun soll, wenn sie sich im wald verirrt oder in den fluss fällt, antwortet, dass sie sich dann einen pfad suchen bzw. schwimmen soll. und ronja hütet sich vor den gefahren, indem sie sich langsam herantastet und dabei immer stärker wird.

ebenso sind die kleinen gehirne ja so prägbar, so aufnahmefähig dass man sie schon im mutterleib mit mozart beschallen sollte. in den usa gibt es angebllich prä(!)natalschulen/kurse. förderung scheint das a und o zu sein, als müsse man kinder optimieren. hier stellt sich mir die frage, wo sinnvolles fördern aufhört und eine funktionalisierung der kinder beginnt.

denn was ist es, das kinder brauchen, um eine halbwegs schöne kindheit zu haben? so viel ist es nicht.

familienbett, bis wann nuckel oder flasche, wie lange stillen, kochen für kinder, wieviel süßigkeiten, abgelegte kleidung oder nicht etc. --
das sind wohlstands"probleme" die familien meines erachtens oft unter druck setzen und besonders die kinder. in anderen ländern wachsen kinder nicht unbedingt schlechter auf, auch ohne dass diese fragen die nation spalten müssten.

hups das wurde ja lang.

vg, MF

ps: stell die frage doch auch im erziehungsforum, da passt sie auch gut hin, ist ja nicht nur ein kindergartenthema.

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von RR am 10.06.2008, 9:50 Uhr

Hallo
zum Teil schon - denke ich. Das mit dem auf der Straße alleine spielen u. auf dem Spielplatz finde ich ist heute allerdings anders als früher, man hört soviel von Kindesmisshandlung,es ist viel mehr Autoverkehr als früher, da müssen sie schon ein bisschen größer sein dass sie das können finde ich.

Ansonsten denke ich manchmal dass die vielen Ergotherapien (nur als Beispiel, gibt noch mehr solche Therapien) die die Kids bekommen übertrieben sind, früher hat da kein Hahn danach gekräht ob ein Kind mit 4 auf 1 Bein hüpfen kann soundsooft.....

Kinderboutiquen hab ich bisher noch keine betreten, mein "Dreckbär" zieht eher günstige Sachen an, da muss ich mich nicht ärgern wenn die nicht mehr sauber werden.

Ansonsten läuft bei uns im Betrieb der Sohn auch oft so "mit" - er lädt abends mit Papa den LKW ab, fährt mit dem Sackkarren Leergut-Kisten vom Abholmarkt an den richtigen Platz etc. Bei Bauern ist es garantiert auch heute noch so, wie soll es anders gehen? Den Kids gefällt es dabei zu sein u. uns auch.....

Dennoch achte ich auf Helm beim Radfahren (Kopfverletzungen sind oft eine Todesfolge bei Radunfällen).

Aber grundsätzlich finde ich auch dass oft zu viel "Geschiss" drum gemacht wird.....

viele Grüße

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Das ist klar!

Antwort von hasebär73 am 10.06.2008, 10:01 Uhr

Wir wohnen in einer Straße, in der alle Stunde mal ein Auto fährt (keine Durchgangsstraße). Und ums Eck ist gleich der Spielplatz, der nur zu Fuß oder mit Fahrrad erreicht werden kann. Wenn mehr los wär, wäre ich nicht so entspannt ;-)

Puh, Dein Kind hat wirklich einen Schutzengel gehabt....

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von Traumfänger am 10.06.2008, 10:29 Uhr

Nun ja. Das mit dem "Ich kenn dich nicht, ich geh nicht mit" habe ich meinem Sohn früh beigebracht, auch das sein Körper ihm gehört und er sich wehren soll, wenn er angefasst wird und das nicht möchte. Ich habe mit ihm zur Abholung von Kindergarten oder Sportverein, falls ich mal länger arbeiten musste, ein Passwort vereinbart. Wenn also jemand im Auto vorbeifährt und ihm sagt, ich hätte einen Unfall gehabt, muss derjenige das Passwort wissen, und wenn nicht, fährt er nicht mit und bleibt im Kindergarten bzw. in Schule und die Lehrerin ruft dann den Vater an, der das Passwort auch kennt. Punkt. So schütze ich mein Kind und das ist gut.

Es ist ein schmaler Grat zwischen "loslassen" und "zu viel erlauben und das Kind überfordern", das stimmt. Dass Deutschland nicht allzu kinderfreundlich ist, stimmt auch :-( Leider.

Nur finde ich es erstaunlich, dass man in den schlauen Büchern immer so viel liest "Tun Sie dies, tun Sie das". Immer mehr "Gebrauchsanweisungen" für das Kind, mit Gefühl klappt es scheinbar nicht mehr. Die Eltern früher hatten auch dieses Gefühl.

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von Monstermami am 10.06.2008, 10:31 Uhr

Hallo

Bei mir kam der Wachrüttler vor ca. 2 Jahren. Da wäre mein Sohn fast gestorben, wegen einer Lebensmittelunverträglichkeit (nicht mit einer Allergie zu verwechseln). 2 Wochen hätte er wohl noch gehabt, bzw. wohl etwas mehr zum leben, aber zu retten wäre er dann nciht mehr gewesen.
Ich dachte mir damals auch, auf welchen Mist man geachtet hat und auf was noch so alles.
Nun habe ich einen großen gesunden Sohn und eben unseren Kleinen, mittlerweile aber auch 4 Jahre. Dieser braucht Förderungen, Logopädie, Frühförderung und Heilpädagogik einfach nur damit nicht in so jungen Jahren schon das Leben verbaut wird. Gott sei Dank werden sämtliche Förderungen im KiGa integriert, bzw kommen die Personen dann in den KiGa, so dass Zuhause dann Alltag herrscht. Überhaupt Alltag das ist sowas schön normales geworden für uns in dieser Zeit, einfach nur "normal" gesund leben können.
Seitdem lasse ich meine Kinder eigentlich einfach nur Kinder sein, achte natürlich auch auf Fahrradhelm und Co.aber das stört die Kinder ja auch nicht, ansonsten spielen, toben, liebhaben, etwas fördern und nicht überfordern, essentielle Dinge die aber heutzutage leider auch vielen verloren gegangen sind, sonst gäbe es diese Diskussion und diese viele Erziehungsratgeber usw wohl auch gar nicht.
Aber hätte ich vor 2 jahren keinen Terror bei den Ärzten, damals übringens auch als Geschiss bezeichnet gemacht, oder würden wir vor 50 Jahren leben, dann hätte ich heute sicher nur noch einen Sohn. Aber ansonsten stimme ich Dir schon zu. Es ist halt wie mit so vielen Dingen, die richtige Mischung machts.
Es gibt Sachen die gehören einfach in unsere Zeit, bzw. sind aus einem modernem Zeitalter eben nicht wegzudenken, wie eben der Fahrradhelm oder Steckdosensicherungen, aber wie so vieles im Leben kann man alles halt auch übertreiben :-)

LG
Die Monstermami

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Ich nicht...

Antwort von Linda761 am 10.06.2008, 11:03 Uhr

Hallo Traumfänger,

es kommt auf die Ebene an.

Ich persönlich finde, dass man sich über Grundsätzliches VIELE Gedanken machen sollte. Und das tue ich auch. Man sollte sich möglichst frühzeitig klar machen, was man mit seiner Erziehung erreichen will und seine Meinung auch fachlich unterfüttern. Dieses Bild, das man hat, muss man dann regelmäßig prüfen. Und wenn sich Probleme ergeben, sollte man auch möglichst früh in Erfahrung bringen, wie man gegensteuern kann.

In der Praxis finde ich viele Eltern viel zu aktionistisch. Ich überlege lieber gründlich und handele dann reflektiert und eingeschränkt, damit es eben nicht zu viel und zu planlos wird.

Was das Alltägliche angeht, mache ich nicht viel Geschiss. Wenn ich mich darum kümmere, dass das Umfeld meiner Kinder stimmt und sie im Alltag genügend Angebote erhalten, muss ich z.B. nicht noch in X Zusatzveranstaltungen rennen. Ich bin nicht gut ausgestattet, wenn wir unterwegs sind. Z.B. habe ich fast nie Wechelkleidung dabei (es sei denn, wir planen, in Pfützen zu hüpfen). Was zu essen lässt sich auch unterwegs kaufen, wenn's dann ausnahmsweise nicht so gesund ist, ist das ja nun kein Drama. Ich traue meinen Kindern auch viel zu und lass meinen 2-Jährigen z.B. mit dem Bobby-Car die Tiefgarageneinfahrt runterfahren, wohl wissend, dass er dabei wahrscheinlich umkippt (ist nichts weiter passiert und beim 2-ten Mal wusste er dann auch, was ich mit "langsam" und "vorsichtig" meine)...

Also: Wichtig finde ich eine gut durchdachte Basis. Dann kann man den Alltag locker laufen lassen.

Gruß
Linda

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von platschi am 10.06.2008, 13:32 Uhr

Dazu fällt mir der folgende Beitrag ein, dne mir mal eine Kollegin zugeschickt hat:

Und niemand hatte Schuld...

Wenn du als Kind in den 50er, 60er oder 70er Jahren lebtest, ist es zurückblickend kaum zu glauben, dass wir so lange überleben konnten! Als Kinder saßen wir im Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt in strahlenden Farben voller Blei und Cadmium. Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit Bleichmittel. Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen. Auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm. Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen.
Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar. Wir verließen morgens das Haus zum Spielen.
Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren, und wir hatten nicht mal ein Handy dabei. Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne, und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld außer wir selbst. Keiner fragte nach "Aufsichtspflicht". Kannst du dich noch an "Unfälle" erinnern? Wir kämpften und schlugen einander manchmal bunt und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte den Erwachsenen nicht. Wir aßen Kekse, Brot mit Butter dick, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht zu dick. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen. Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf Video, Surround-Sound, eigene Fernseher, Computer, Internet-Chat-Rooms. Wir hatten Freunde. Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir marschierten einfach zu deren Heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitigen Eltern. Keiner brachte uns und keiner holte uns... Wie war das nur möglich??
Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Tennisbällen. Außerdem aßen wir Würmer. Und Prophezeiungen trafen nicht ein: Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter, und mit den Stöcken stachen wir nicht besonders viele Augen aus. Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen. Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führe nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zu Änderungen der Leistungsbewertung. Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht aus dem Schlamassel heraushauen. Im Gegenteil: Sie waren der gleichen Meinung wie die Polizei! So etwas!!
Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft hervorgebracht. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit alldem wussten wir umzugehen.
Und du gehörst auch dazu? - Herzlichen Glückwunsch.

Wenn man das so liest, dann hat man ganz sicher den Eindruck, dass wir heutzutage zuviel "Geschiss" machen - und in vielen Fällen mag es auch wirklich so sein. Andererseits muss man bestimmte Dinge eben genau abwägen. Als ich ein kleines Kind war, fuhren in der Strasse vor unserem Haus kaum Autos - heute ist es eine wichtige Durchfahrtsstrasse. Klar, dass mein Sohn nicht mehr wie ich damals allein vors Grundstück darf.
Tja und wo bleibt dabei die Statistik, wieviele Kinder bei Verkehrsunfällen schwer verletzt wurden oder starben, weil sie nicht angeschnallt bzw. keinen Fahrradhem trugen waren?
Erziehung ist mit Sicherheit heutzutage schwieriger geworden - schon weil einem jeder auf die Finger schaut und man möglichst nichts falsch machen will. Aber solange man ein gesundes Maß findet zwischen zuviel Geschiss und viel zuwenig, tun wir das Richtige für unsere Kinder.
Und ich würde dieses gesunde Maß auch noch ausweiten wollen, auf den Umgang mit anderen Kindern/Eltern. Kleines Beispiel dazu: Mein Sohn wurde vor ein paar Wochen im Kiga geschubst und knallte mit der Nase an einen Metallpfeiler. Als er am nächsten Tag wieder in den Kiga ging (ich hatte ihn wegen der Verletzung früher angeholt) sagte mir seine Erzieherin, die Mutter des anderen Jungen hätte gemeint, ich sei jetzt bestimmt total sauer auf sie und ihren unerzogenen Sohn. Ähm, was soll das denn? Ich gehe mal davon aus, dass Dreijährige sich nicht böswillig derart verletzen und die Mutter war doch nicht mal dabei. Aber das zeigt auch, dass sie im Gegenzug wohl ganz anders reagiert hat. Da frage ich mich dann auch, warum ein solches "Geschiss" um etwas, dass im Alltag nunmal passiert.

LG platschi

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von Mama Carina am 10.06.2008, 17:42 Uhr

So was kommt doch immer auf alter der Kids an.
Und auf den ort wo man wohnt.
Und eben auf die Freunde und die selbst einschätzung der Kinder.

Meine große 6,5 darf hier nur innerhalb der Straße spielen oder wenn sie mal 2 straßen weiter geht zu Freunden dann muss sie bescheid geben.
genauso mit dem Spielplatz, der liegt an einer gut befahrenen straße-dort darf sie nur mit bestimmten Freunden hin, eben mit denen wo ich weiß das die auch nur zu zweit oder mit mehreren hin dürfen und niemals allein dort bleiben würden.

Mein kleiner 4,5 darf nur innerhalb unserer Straße spielen, und dann auch nur mit Kreide und Ball etc. mit Fahrrad oder BobbyCar ist es zu gefährlich, da kann er einfach nicht schnell genug reagieren wenn ein Auto kommt.

Und klar war früher alles leichter und meiner Meinung nach auch schöner für die Kids - weil eben mehr sicherheit da war.
Weniger Autos - weniger Unfälle - weniger Kindesentführungen etc.

Ohne Helm ist Rad fahren absolut Tabu.
Und auch wenn ich früher noch ohne fahren durfte und innerhalb unserem Dorf überall hin gegangen bin ohne das ich mich abmelden musste ( so ca. 15 uhr raus und 18 uhr wieder heim kommen ) würde ich dieses meinen Kids nicht mehr erlauben.

Auch ich war früher mit 8 allein im Schwimmbad weil ich schwimmen konnte und mit freunden unterwegs war, auch das würde ich nicht erlauben, dazu passiert einfach zu viel.

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Re: Machen wir zu viel "Geschiss" um unsere Kinder?

Antwort von Hofi2 am 10.06.2008, 20:55 Uhr

Also ich handhabe es so: Annika hat im Moment 2 Termine in der Woche (Musicalprobe und Turnen), den Rest der Woche ist sie meist mit ihren Freundinnen im Dorf unterwegs. Sie ist 7 und darf allein bis um 17h30 wegbleiben. Wie gesagt, wir wohnen auf nem Dorf.
Ab dem Sommer hat sie aber 3 bzw. 4 Termine die Woche: Musicalprobe, Englisch, Schwimmkurs (von der Schule verlangt) und evtl. noch Turnen - wenn es ihr selbst nicht zuviel wird.
Malte ist 3,5 Jahre und hat nur einmal die Woche Turnen. Wir haben es noch mit einem Chor probiert - da hatte er aber keinen Spaß dran.
Ein bis zweimal die Woche trifft er sich mit seinem besten Freund (wir Mütter sind auch Freundinnen). Allerdings darf er nicht alleine auf der Straße bzw. Bürgersteig spielen (Nachbarskinder schon - ich finde das zu gefährlich). Gespielt wird bei uns bzw. bei seinem Freund auf dem Hof.
Nicole

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Ich habe auch ein tolles Beispiel dazu...

Antwort von krueml am 11.06.2008, 7:48 Uhr

... Wir waren nachmittags in unserer Lieblingsstraussi (quasi ein Gartenrestaurant wo man direkt auf dem Spielplatz sitzt). Ich sass da und meine Kinder (4,5 und 2,5 J.) spielten mit ihren Sandsachen im Sand. Obwohl es dort 2 riesige Sandflächen gab, sass zwischen ihnen ein 2,5-jähriges Mädchen wie eine Schlaftablette, rührte sich nicht und benutze ab und an die Sandsachen von meinem gleichaltrigen Sohn. Irgendwann überkam ihn der kleine Teufel und er schüttete dem Mädchen eine Schaufel Sand über den Kopf. Das Typische was kleine Kinder eben so verbocken. Ist meinen 2 ja auch schon hundert Mal passiert. Was geschieht? Die Mutter kommt mit einem Empörungsschrei angerannt und regt sich über meinen unerzogenen Sohn auf. Ihr armes Kind und sie müsste ihm nun wieder die Haare waschen obwohl sie gerade gewaschen wurden etc. etc. Das war ein Aufstand sondergleichen. :-))) Die ganze Zeit davor waren meine Kinder aber als Bespasser zum zuschauen und Sandsachen gut genug. >-)

Meine dürfen sich immer beschmuddeln, in Pfützen hüpfen, herumtollen,... Ich finde auch, dass viele Mütter zu penibel sind.

Was allerdings die Sicherheit im Strassenverkehr mit Gurtpflicht, Helmpflicht usw. betrifft, bin ich FROH, dass heute andere Sicherheitsbestimmungen gelten (ganz abgesehen davon, dass der Verkehr heutzutage viel gefährlicher ist). Mir rollt es jedesmal die Fussnägel zusammen wenn ich so einen Asbach Uralt Kindersitz von anno dazumal sehe. Schön finde ich auch, dass es für Kinder mehr Freizeitangebote und Fördermöglichkeiten gibt bzw. dass die auch in Anspruch genommen werden. Ich war als Kind ein Exot weil ich in der musikalischen Früherziehung war. Währen der Schulzeit habe ich Klavier gespielt, war im Chor und Orchester, habe diverse Sportarten ausgeübt, war im Ballett. Das gab es ganz selten. Die meisten Kinder hatten als Hobby höchstens 1x pro Woche den Turnverein.

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Ich schließe mich weitgehend mama.froschs Einschätzung an...

Antwort von hase67 am 11.06.2008, 12:48 Uhr

... will aber noch hinzufügen, dass Kinder in D nicht nur ein rares und kostbares Gut geworden und uns deshalb die "positive Selbstverständlichkeit" abhanden gekommen ist, sondern Kinder sind meiner Beobachtung nach durchaus auch Prestigeobjekte, die einerseits sinnstiftend für ihre Eltern sind, andererseits aber auch gern als Aushängeschilder der eigenen Elternkompetenz "benutzt" werden. Das klingt jetzt furchtbar negativ, aber ich möchte das relativieren: Kinder kriegen war früher gar nichts besonderes, es gehörte irgendwie automatisch dazu. Heute ist es ja doch eher so - insbesondere in meinem Umfeld, der gehobenen, akademisch gebildeten Mittelschicht - dass man sich Kinder "leistet" - nicht selten, weil man irgendwann merkt, dass Selbstverwirklichung in der Karriere, relativer materieller Wohlstand und Partnerschaft doch "irgendwie" nicht genug sind. Die Kinder werden dabei zur Projektionsfläche von etwas diffus im bisherigen Leben fehlenden, und meiner Beobachtung nach verstärkt sich dieser Trend noch, wenn ehemals akademisch oder in hochdotierten, verantwortungsvollen Positionen tätige Mütter mit dem gleichen Feuereifer auf die Kindererziehung stürzen. Da wird dann mit der gleichen Leidenschaft über die richtige Windel- oder Bio(!)-Breisorte diskutiert wie einstmals über die dividendenträchtigsten Aktienpakete. Da diese gesellschaftliche Gruppe aber hierzulande (ob nur, kann ich allerdings nicht beurteilen) einen großen Vorbildcharakter hat (in puncto materieller Status, Bildung, Zukunftsperspektive), färbt das automatisch auch auf viele Mitmütter ab, so meine Beobachtung.

Ich nehme mich überhaupt nicht von dieser Geschichte aus, über die ich hier so distanziert schreibe, aber m. E. ist das dennoch ein fataler Trend, den man bei sich und anderen mit offenem und kritischem Auge betrachten sollte. Denn Kinder bleiben Kinder, und der elterliche Regulierungs-, Kontroll- und Förderwahn wird sich gewiss entsprechend auf die kommende Generation auswirken, und das keineswegs nur im positiven Sinne...

Inzwischen versuche ich viel mehr, auch mal "Fünfe gerade sein zu lassen" und den Umgang mit meinen Kindern viel weniger an den neuesten wissenschaftlichen, psychologischen und kinderärztlichen Erkenntnissen auszurichten. Das ändert natürlich nichts daran, dass meine Kinder auf Fahrrad und Roller immer noch Sturzhelme tragen und im Auto auf Kindersitzen sitzen ;-), aber ich glaube schon, dass es wichtig ist, das eine oder andere im Konkurrenzkampf mit Miteltern entstandene Dogma ruhig mal zugunsten der politisch unkorrekten, entspannt-altmodischen Variante fallen zu lassen...

LG

Nicole

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Gerade das mit dem Ikea-Tunnel...

Antwort von MM am 11.06.2008, 14:08 Uhr

... ist m.E. kein gutes Beispiel für "Geschiss um die Kinder machen" - denn praktische Tipps, wie dieses oder jenes im Haushalt (und da eben z.B. auch mal was am Kinderbett, Laufstall etc.) zu befestigen/reparieren/auszubessern usw. wäre, ohne dass es viel kostet, haben sich die Leute (Eltern) wohl schon immer gegenseitig gegeben - nur eben nicht übers Internet, da es das nicht gab ;-)...!

Zu den anderene Beispielen - ich denke, da wird im Ausgangsposting einiges durcheinandergemischt:

Manches davon sehe ich auch als "Geschiss" - z.B. wenn manche meinen, ihr Kind ständig "bespielen" zu müssen (schon das deutsche Wort ist absurd!) und es nie einfach mal "nebenher laufen lassen" bei den üblichen Arbeiten/Tätigkeiten. Ich denke, dass diese Kinder sich später oft langweilen, weil sie nicht gelernt haben, sich sleber was auszudenken und gewohnt waren, etwas fertig "serviert" zu bekommen...

Das heisst aber natürlich nicht, dass man sich seinem Kind nicht widmen soll, aber eben nicht ständig und aussschliesslich, als sei es der "Nabel der WElt"...

Anderes aus der ursprünglichen Aufzählung ist einfach den geänderten Umweltbedingungen geschuldet - z.B. wenn der Autoverkehr extrem zugenommen hat, kann man eben Kinder nicht mehr so einfach überall draussen spielen lassen, das ist einfach logisch und fällt m.E. nicht unter "Geschiss".
Und über manche Dinge habe wir einfach mehr/neuere Erkenntnisse und wenden diese an - z.B. KIndersitze und Anschnallen im Auto, Fahrradhelme.
Ich kann mich erinnern, als ich in die 3.Klasse ging, verunglückte eine Mitschülerin mit dem Fahrrad so, dass man lange nicht wusste, ob sie überlebt und dann war sie monatelang im Krankenhaus mit einem komlpizieretn Schädelbasisbruch. Sie wurde zum Glück gesund, aber wahrscheinlich wäre das Ganze heute mit Fahrradhelm lange nicht soo schwerwiegend gewesen (hofft man zumindest, wenn man diese den Kindern aufsetzt)...

Und zu guter Letzt - mir kommt es vor, als seien im Ausgangsposting verschiedene Zeiten vermischt worden: Einerseits ist da die Rede von der Elterngeneration (Grosseltern unserer Kinder), andererseits davon, dass alle auf dem Feld arbeiten und die Kinder dabei sind - was ja wohl in der Regel NICHT die Situation unsrer Eltern, ja meist nicht mal mehr der GRosserltern war - oder?

Naja, aber trotzdem interessante Frage und Antworten.. ;-)

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