Chronisch kranke und behinderte Kinder

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Geschrieben von Mama von Nicolino am 21.06.2003, 12:41 Uhr

Ein Bericht - Vorsicht sehr lang

Hallo

Ich möchte euch gerne etwas erzählen, woran ich im stillen seit Jänner diesen Jahres geplant habe. Im stillen deshalb, weil ich nie wußte ob das ganze jemals zu stande kommt.
Ich war gestern mit Nico in Linz, bei einem deutschen Arzt und Spezialisten für das KISS-Syndrom (er kam um einen Vortrag zu halten und er hatte mich eingeladen nach Linz zu kommen um sich Nico mal anzusehen) - welches Nico laut LKH mal hat (sogar schriftlich festgehalten!!!) dann wieder nicht, und ein paar Monate später wieder doch.

Aber wenn ich nicht übers Internet ein paar ganz liebe Freunde gefunden hätte, wäre das niemals zustande gekommen und dafür bin ich aus tiefsten Herzen dankbar.


Und hier kommt unser Reise Bericht:

Ich bin am Freitag um 3:45 aufgestanden um alles fertig herzurichten : Tee für Nico, Jause usw. und einen Kaffe hab ich auch gebraucht. Um 4:30 hab ich Nico geweckt – er ist in tränen ausgebrochen, wußte nicht was los ist. Er hat mir so leid getan.
Das Bahntaxi war sehr pünktlich und der Fahrer trug unserer Gepäck bis auf den Bahnsteig.
Wir hatten übrigens Behinderten-Gerechte Abteile Reserviert : aber glaubt der ÖBB kein Wort!
Behindertengerecht heißt weder das der Buggy durch den Gang in das Abteil paßt, noch das im Abteil ein Rollstuhlstehplatz ist!!!
Kaum hatten wir den Buggy in den Waggon gehievt, kam der Hammer, der Buggy paßt nicht in den Gang! Also Nico mit Sitzschale rausheben und den Buggy zwischen Tür und Gang auseinader bauen. Kann ich jetzt aber im Schlaf, glaubts mir.
In Salzburg mußten wir umsteigen. Und eines sag ich euch, wenn ich mal in Österreich in ein anderes Bundesland ziehe, dann nach Salzburg!!!!
Wir konnten uns vor Hilfe kaum retten. Wir mußten ja auf einen anderen Bahnsteig, das hieß runter mit Lift – aber rauf auf den Bahnsteig über Stufen und das nicht wenige.
Eine Dame trug uns zwei der Taschen und eine half den Buggy rauf zu tragen!!! Und den Buggy in den Zug zu hieven halfen uns dort zwei Herren. Bei sonstigen Ein- und Umstiegsaktionen machte das aber das Zugpersonal!!! Unaufgefordert!!!
Trotzdem werde ich Zugreisen nicht zu meinem Hobby erklären, denn das ist Streß total!
Raus aus dem Zug, Bahnsteig suchen, rein in den Zug.

Der Dr. war Punkt elf Uhr da, begrüßte uns Herzlich und da wir in das Untergeschoß mußten – hat ER den Buggy mit Nico getragen – alleine!!!

Der Arzt hat sich dann gleich in der WK einen Raum und einen Tisch organisiert.

Er ist unheimlich sympatisch. Sowas erwartet man von einem Arzt eigentlich nie.
Ich mußte ihm dann alles von Nico erzählen – von der Geburt, über sein Verhalten bis zu seinen Erkrankungen. Und die Babyfotos hat er sich auch angesehen.
Die Röntgen Bilder der HWS vom LKH waren übrigens völlig Wertlos – weil Falsch gemacht!!! War das Absicht???
Dr. Arzt meinte schließlich, er würde sich Nico mal ansehen und dann würde er mir alles erklären.
Dann hab ich Nico bis auf den Body ausgezogen, und der Doc hat ihn dann auf den Arm genommen.
Er hat Nicos ganzen Reflexe getestet, die Beweglichkeit von den Gliedmaßen und die ganze Wirbelsäule untersucht. Sah etwas Brutal aus!!!!
Dann hat er Nico auf seinen Schoß gesetzt und ihm den Kopf gedreht und gewendet, den Kopf vorsichtig in die Höhe gezogen – sah noch schlimmer aus. Nico hat geschriehen, aber er hatte null Chancen sich zu wehren. Man hat gemerkt das der Arzt das nicht zum ersten mal machte.
Dann hat er Nico vor sich auf dem Rücken auf den Tisch gelegt – mit Kopf zu sich
Er hat dann die HWS untersucht und abgetastet.

Ich wußte das er ihn nun „nebenbei“ Einrenken würde – und was dann passieren könnte.

Und da gabs ein lautes „Knack“ so als ob Knochen brechen – und Nico blieb für Sekunden die Luft weg.
Ich mußte mich wegdrehen – das konnte ich mir nicht ansehen.

Die Behandlung selbst war damit fertig – aber Dr. *** meinte er würde mir nun alles erklären.

Also : Nico hat eine cerebralparese /Gehirnschaden – er hat ganz viel cerebralparese aber ganz wenig KISS (original Wortlaut)
Das heißt eine cerebralparese ist niemals Heilbar (das weiß ich) man kann nur das Gehirn schulen das ungenutze Hirnregionen die Arbeit von geschädigten Hirnregionen übernehmen.
Aber er hatte auch KISS - doch wieviel das bei Nico ausgelöst hat weiß keiner – und da will er auch keine Vermutungen anstellen. – Verständlicher Weise. Ich weiß ja das Nico nie ganz gesund wird. Ich habe mir von dem ganzen keine Wunder erwartet - ich habe gehofft, ja. Aber ich bin realistisch geblieben und das war gut so. Die Enttäuschung wäre sonst grausam gewesen.

Und noch was hat er mir erklärt : Nico hat eine Tetraparese, d.h. alle vier Extremitäten sind von der cerebralparese betroffen. Und Nico ist zwar Hypoton von den Muskeln her (er hat zu wenige) aber er rutscht in die Spastik – d,h, die Muskeln, besonders in den Oberschenkeln beginnen sich zu verhärten.
Und da muß er therapiert werden – die Muskeln müssen weich gehalten werden sonst sitzt Nico eines Tages (entschuldung für den Ausdruck) wie ein voll Spastiker im Rollstuhl. *Schwerschluck*

Aber jetzt weiß ich wenigstens was Nico genau hat, und da kann man bei der Therapie ansetzen.

Mein Bruder war absolut enttäuscht, als ich ihm das am Telefon erzählt habe – ich bin es aber nicht.
Ich wußte ja das Nico eine cerebralparese hat und das die nicht Heilbar ist. Der Arzt ist kein Wunderheiler. Und ich habe keine Wunder von ihm erwartet. Sicher habe ich gehofft, aber ich bin realistisch geblieben – und das war gut so, sonst wäre die Enttäuschung grausam.
Aber ich mag an an diesem Arzt das er klipp und klar sagt, was Sache ist. Er beschönigt nichts und er verschweigt nichts.
Im LKH hat man mir ja lang verschwiegen das Nico einen Gehirnschaden hat, und welchen Typ der cerebralparese er hat, haben die mir auch nie gesagt.

Nico hat jetzt zwei Wochen absolutes Therapie verbot. Und in drei Wochen soll ich den Doc ein Mail schreiben, und ihm Nicos Fortschritte (sofern es welche geben wird) schreiben. Dann sehen wir weiter.
Er dürfte aber eine bessere Kopfkontrolle und eine bessere Kontrolle über seine Kiefer Muskulatur bekommen. Mehr Prognosen wollte er nicht aufstellen und das kann ich absolut verstehen.

Noch etwas hat er mir erklärt. Bei Nico sind noch viele Reflexe aktiv, welche er gar nicht mehr haben dürfte – also Reflexe die normalerweise Babys haben, und die dann mit der Zeit vergehen. Am stärksten ist bei Nico der Streck- und der Schreck- Reflex. Bei dem letzteren erschreckt das Kind, wenn z.b. beim Hochheben der Kopf nach hinten Knickt. Und gegen diesen Reflex können die Kinder nicht ankämpfen.
Das ist bei Nico strikt zu vermeiden.
Womit ein großes Geheimnis gelöst wäre, nämlich warum Nico vor dem Baden solche Angst hat. Da ich ihm beim Baden ja wie ein Baby halten muß, also meinen Arm unter seinen Nacken, knickt der Kopf dabei immer leicht nach hinten. Deshalb gerät er in Panik!!!

Ich muß Nico unheimlich loben : er war so brav und artig : die ganzen Stunden im Zug!!! Auch den Schaffnern ist das immer aufgefallen was für ein braves und liebes Kind er ist. *Stolzbin*

Nun heißt es also abwarten. In den nächsten Wochen ist so gut wie alles drinnen, bei Nico. Aber ich laß mich überraschen.

Egal was kommt, ich hab Nico immer lieb!!!!

Ich bin stolz das wir es mit der Manualtherapie geschafft haben, das sie endlich gemacht wurde. Und ein süßeres Kind könnte ich mir gar nicht vorstellen – auch wenn er behindert ist.

Den Namen des Arztes mag ich hier nicht schreiben, weil er erstens : eigentlich nur zu einem Votrag kam und er auch kein Geld für die Behandlung angenommen hat - und ich will ihn nicht in Schwierigekeiten bringen. Ich bin ihm nur unendlich für diese Chance dankbar, die er Nico somit gegeben hat.

Erzählt hab ich euch aus einem Grund, damit ihr auf euch und euer Gefühl hört. Mir wollten Ärzte und Therapeuten ausreden, manchmal sogar verbieten mit Nico eine Manualtherapie machen zu lassen.

Mein Argumente das ich es gerne versuchen möchte - weil jeder noch so kleinen Fortschritt ist ein Schritt nach vorne - und wenns gar nix bringt, kann ich mit ruhigen gewisssen sagen, ich habs versucht - hat dabei fast keiner gelten lassen.

Ich bin froh das ich es versucht habe, den der Arzt hat mir in einer halben Stunde mehr erklärt als alle anderen Ärzte seit 2 Jahren!!!

Das alles war auch ein Grund, warum ich in letzter Zeit habe wenig von mir hören lassen - weil ich die Reise planen mußte.

Jetzt werde ich zwei Wochen hoffen, das Nico wenigstens ein paar kleine Fortschritte macht. Und dann hat sich das ganze schon gelohnt.

Liebe Grüße
Birgit

 
3 Antworten:

Re: Ein Bericht - Vorsicht sehr lang

Antwort von Ellert am 21.06.2003, 14:20 Uhr

Hallo Birgit,

vieles was Du von Nico schreibst erkenne ich bei Ellert wieder.
Auch vom hypotonen zur Spastik etc
alles wie bei uns
nur uns hat es keiner vorhergesagt, leider.
Auch hat man uns den Hirnschaden versucht als NICHTS zu verkaufen
heute weiss ich, das es sehr viel ist was ihn am Entwickeln hindert.

Ellert ist wie Nico sicher auch
ein total süßer liebenswerter Knopf,
der einfach anders ist als andere Kinder
aber ich kann ihn mir gar nicht mehr anders vorstellen als er ist.
Wir sind in diese Situation reingewachsen
und das tust Du doch auch schon perfekt
es wird immer Fortschritte geben
klar solche Diagnosen hören sich für Aussenstehende schrecklich an
aber da steckt soviel Potential in unseren Kindern,
das glaubt man nie und nimmer !!!!

macht weiter so, Euer Weg ist richtig

dagmar
mit ELlert:
http://www.mini-ellert.de/KIGABILD2003.jpg
schau mal, ein ganz neues Foto, da blitzt ihm der Schalk aus den Augen !

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Einfach toll

Antwort von meinereiner am 22.06.2003, 12:46 Uhr

Liebe Birgit,

solche Postings sind einfach super. Sowas gibt doch allen Eltern kranker Kinder den Glauben wieder nicht aufzugeben. Und ganz besonders auf das innere Gefühl zu hören.

Solche Ärzte wie den den Du beschrieben hast sind leider selten und meist muss man sich wirklich aus den Informationen anderer Mediziner das richtige raussuchen.

Wünsche Euch noch viel Glück und die Behandlung wird mit Sicherheit etwas gebracht haben - war bei meiner Maus auch so. Irgendwas tut sich immer.

Charlotte hatte auch durch Sauerstoffmangel und/oder KISS ein motorisches Problem und durch viel Therapie und üben üben üben hat dann der gesunde Teil des Gehirns gelernt die fehlenden Funktionen zu übernehmen.

Und ganz ehrlich, wenn man so viel mit den Kindern arbeiten muss und wie ich Wunden behandeln muss bekommt man einen ganz engen Kontakt zu den Kindern und kann gar nicht anders als sie ganz dolle lieb zu haben. Es sind einfach wunderbare Zwerge.

Liebe Grüße und ich freu mich schon von Euch im Forum zu hören.

Marianne

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Re: Ein Bericht - Vorsicht sehr lang

Antwort von bikermouse66 am 22.06.2003, 18:16 Uhr

Hallo Birgit,

mein Mimibiker und ich wünschen Euch viele, viele Fortschritte. Wie ich aus dem ae-Forum weiß, mußt Du das alles ohne den "Vater" von Nico schaffen. Ich wünsche Dir viel Kraft und bewundere Dich wie Du das alles schaffst.

Knuddels
mousy

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