Liebe Frau Höfel,
mein Kleiner ist 10 Wochen alt und schläft tagsüber nur auf dem Arm. Wenn wir ihn ablegen wird er kurze Zeit später wach und möchte hochgenommen werden. Auf dem Arm schläft er dann meist nach kurzem Quengeln und Unruhe weiter. Nachts schläft er nach dem Stillen problemlos in seinem Bettchen. Das Tragetuch toleriert er auch nur manchmal.
Wie Sie sich sicher vorstellen können ist das ziemlich belastend für uns; daher bitten wir Sie um Rat:
1. Wie können wir dem Kleinen helfen zu lernen alleine zu schlafen?
2. Kann man Babys auch tagsüber im Dunkeln schlafen lassen?
3. Warm quengelt er abends und wehrt sich gegen das Schlafen obwohl er müde ist?
Vielen lieben Dank für Ihre Antworten!
Liebe Grüße, Kali
von
Kali5
am 06.10.2015, 10:39
Antwort auf:
tagsüber nur auf dem Arm schlafen
Liebe Kali,
mal ehrlich: was würden Sie sagen, wenn Ihr Mann sagen würde. Deine Kuschelei mit mir ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nötig. Du musst lernen alleine (ein)zuschlafen. Sie würden Ihrem Mann einen Vogel zeigen!!!!! Ihr Kind ist erst 70 Tage alt!
Der Tipp kann nur heißen: tragen, tragen, tragen und da sein und gelassen bleiben!
Wenn Sie nach New York ziehen, dann würden Sie sich zu Anfang völlig unsicher fühlen (Angst haben, heulen, sich ungerecht behandelt fühlen), wenn Sie sich nach ein paar Wochen auf einmal irgendwo in der Stadt wiederfinden würden! Klar, Sie würden sich dann umschauen und gucken, ob Sie irgendetwas wiedererkennen - Ihr Kind kann das nicht, denn es kann nur einen kurzen Radius scharf sehen! Da gilt: aus dem Auge - aus dem Sinn - Verlassensein!
Und Sie würden in New York nach dem Weg fragen - Ihr Kind kann das nicht - es weiß gar nicht, was ein Weg ist!
Ihr Kind schläft auf dem Arm (in Sicherheit) oder vom Schaukeln des Kinderwagens (bekannte Bewegung) ein und wacht im Bett auf - da würde ich auch schreien! Ihr Kind ist irritiert.
Irritiert, weil es auf dem Arm einschläft, aber an einer anderen Stelle wieder aufwacht! Das Kind weiß nämlich nicht, dass Sie es dort abgelegt haben!
Wenn Sie vor dem Fernseher einschlafen und im Bett aufwachen, dann wissen Sie, dass Ihr Mann so nett war........Ihr Kind kann das nicht einordnen.
Deshalb fühlt es sich im Moment auf Ihrem Arm am wohlsten und das ist gut (und völlig normal) so!
Sicher können Sie sich noch erinnern wie es war als Sie Ihren Freund/ Ihren Mann kennengelernt haben! Da war schmusen, anschauen, knuddeln, knutschen, "zusammenkleben" angesagt - am liebsten hätte man sich doch überhaupt nicht losgelassen, oder?
Und so geht es im Moment Ihrem Kind! Ihr Kind war 9 Monate im Bauch - und da herrscht eine wahnsinnige Geräuschkulisse, da ist richtig Krach! Diesen "Krach" inform von Herzschlag und Darmgeräuschen sucht Ihr KInd, um sich in Sicherheit zu wiegen, deshalb ist Tragen angesagt.
Schlaf ist abhängig von der Gehirnreife. Allerdings müssen dafür viele Rädchen ineinandergreifen, bis das funktioniert. Fachmännisch ausgedrückt: Der Tag-Nachtrhythmus oder der circadiane Rhythmus wird im Gehirn festgelegt und zwar nach der individuellen Uhr im Nucleus suprachiasmaticus. Der bedient die Zirbeldrüse und löst dort die Ausschüttung von Melatonin aus. Und dann kann man schlafen. Dieses Schlafverhalten ändert sich häufig!
Bleiben Sie gelassen und tragen Sie Ihr Kind - das gibt ihm soviel Sicherheit.
Ein gut gebundenes Kind wird im Leben immer sicher sein. Aber um dieses "gut-gebunden-sein" zu erreichen bedarf es Jahre! Jahre, in denen dem Kind immer wieder signalisiert wird: ja, ich bin da! Ja, hier bist Du sicher! Ja, komm her, egal, was Du hast!
Dann kann ein Kind sich der Welt zuwenden.
Was wir immer vergessen: unsere Kinder sind noch nicht fertig, wenn sie geboren werden. Unsere Schwangerschaft ist zu kurz! Wir müßten ca. 2 Jahre schwanger sein, damit unsere Kinder sich alleine ernähren könnten (also Essen greifen und essen), kurz nach der Geburt aufstehen und loslaufen könnten (Gefahr entrinnen) und in kürzester Zeit kommunizieren könnten."
Ja, man kann ein Kind im Dunkeln schlafen lassen. Allerdings ist das nicht notwendig.
Ihr Kind verarbeitet abends seinen Tag, deshalb ist er so unleidlich. Gelassen bleiben und tragen.
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 07.10.2015