Frage: Streptokokken Infektion: Ambulante Geburt empfehlenswert?

Hallo Frau Höfel, gestern habe ich von meinem Frauenarzt die Nachricht erhalten, dass der Streptokokkentest positiv ausgefallen ist. Ich bin in der 37. SSW und plane eine ambulante Geburt in einem Geburtshaus (Hebammengemeinschaft mit angeschlossener Frauenarztpraxis). Dieses arbeitet mit einer Kinderklinik zusammen, in die im Bedarfsfall verlegt wird. Mein Frauenarzt, der in der Praxis dieses Geburtshauses arbeitet, hat für die Geburt nun die Gabe von Antibiotikum (alle 4 Stunden) vorgesehen. Meine Frage sind: 1) Ist bei einem positiven Streptokokkentest eine ambulante Geburt noch empfehlenswert oder sollte in diesem Fall die Klinik mit Kinderstation vorgezogen werden? 2) Wie hoch ist die Gefahr der Säuglingsinfektion wenn während der Geburt Antibiotika gegeben werden? 3) Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit der Sterblichkeit des Babys im Falle einer Infektion? 4) Kann durch einen Kaiserschnitt das Risiko der Infektion eventuell komplett ausgeschlossen werden oder kann sich das Kind auch im Mutterleib anstecken?

Mitglied inaktiv - 28.04.2011, 18:30



Antwort auf: Streptokokken Infektion: Ambulante Geburt empfehlenswert?

Liebe Catharina, Streptokokken finden sich auf der Haut, im Darm und - bei fünf bis 20 Prozent der Frauen - auch in der Scheide. Bei intaktem Immunsystem reicht die Abwehrkraft des Körpers aus, um die Erreger erfolgreich zu bekämpfen. Diese Bakterien gelten zwar nicht als "typische" Erreger einer Geschlechtskrankheit, sie können aber beim Sexualkontakt weitergegeben werden. Bei sexuell aktiven Frauen sind in der Scheide häufig Keime festzustellen, die im Normalfall dort nicht anzutreffen sein sollten. Dazu zählt neben den Streptokokken etwa der typische Darmkeim Escherichia coli, aber auch zahlreiche andere Erreger, die ansonsten vor allem im Darm und auf der Haut zu finden sind. So lange der Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide funktioniert und die Vaginalflora intakt ist, müssen aufgrund dieser Keime keine Probleme entstehen. Liegen jedoch Störungen des Scheidenmilieus vor, können sich auch Streptokokken ausbreiten und vermehren. Sie verursachen typische Beschwerden wie etwa verstärkten gelblichen Ausfluss und möglicherweise Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Je nach Beteiligung anderer Erreger kann dieser Ausfluss sehr übel riechen. Im Mikroskop findet sich in solchen Fällen oftmals eine Mischflora aus verschiedenen Keimen, die sich gegenseitig in ihrem Wachstum begünstigen können. -Östrogenmangel -falsche Intimhygiene, die zur Zerstörung der Scheidenbiologie führt -Allgemeinerkrankungen wie z. B. Diabetes -Fremdkörper in der Scheide (z. B. bei Kindern: Nüsse, Murmeln, Legosteine etc.) sind Ursachen. -Erhaltung des natürlichen, sauren Scheidenmilieus -Vermeiden von Scheidenspülungen, Intimsprays oder Intimpflegemittel -Tägliche Reinigung des Scheidenbereichs mit klarem Wasser -Regelmäßiges Wechseln von Unterwäsche und Handtüchern beugen vor. In der Scheide nachgewiesene Streptokokken müssen nur bei ausgeprägten Symptomen mit Antibiotika behandelt werden. In vielen Fällen hilft es, die körpereigene Abwehr zu stärken und den Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide anzuregen. Auch können lokal desinfizierende Maßnahmen unterstützend wirken. Streptokokken sind an zahlreichen Infektionen beteiligt. Schon im Altertum wurden mit diesen Bakterien in Verbindung stehende Infektionserkrankungen - z. B. Wundrose, Kindbettfieber und Phlegmone - beobachtet. 1903 wurde damit begonnen, die perlschnurartig aufgereihten Erreger nach ihrem Verhalten auf Kulturplatten zu unterteilen. Je nach Untergruppe zeigen Streptokokken ein unterschiedliches Wachstum auf den Nährmedien. Sie besitzen die Fähigkeit, Blut unterschiedlich zu zersetzen, weshalb ihre Unterteilung zunächst auch nach ihrem Hämolyse-Verhalten erfolgte: Alpha-, Beta- und Gamma-Hämolyse. Unter Hämolyse versteht man die Auflösung roter Blutkörperchen infolge der Zerstörung ihrer Zellmembran. Weitere wichtige und klinisch relevante Unterteilungen gelangen der Ärztin Rebecca C. Lancefield 1928, indem sie die Wandstrukturen der Bakterien näher untersuchte. Auf Basis von Lancefields Erkenntnissen werden Streptokokken seitdem in die Gruppen A, B, C, D etc. eingeteilt. Folgende Stämme sind für den Vaginalbereich relevant: 1. ) Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pygenes) Folgende Infektionen werden von diesem Erreger verursacht: Rachen- und Mandelentzündungen, Scharlach Erysipel (Rotlauf) Phlegmone Lokale Infektionen können bei schlechten Bedingungen zu einer Sepsis führen Eine Puerperalsepsis (Kindbettfieber) geht von einer Infektion der Gebärmutterschleimhaut nach einer Entbindung aus. Deshalb empfiehlt sich bei Fieber während oder nach der Geburt und entsprechenden Auffälligkeiten eine großzügige Antibiotika-Prophylaxe. Als Spätfolge einer Streptokokken-Infektion der Gruppe A kann - vor allem bei unzureichend oder nicht behandelten Infektionen des Rachenraumes - das "Rheumatische Fieber" mit einer Herz- und Nierenbeteiligung auftreten. Kindbettfieber(Puerperalsepsis): Bei nicht rechtzeitig behandelter Gebärmutterinfektion können sich die Erreger bei ungünstigen Bedingungen über die Blutbahn im gesamten Körper ausbreiten. Beim Versuch, die Infektion in den Griff zu bekommen, setzt der Organismus Abwehrmechanismen in Gang, die unter anderem mit einer Gerinnungsaktivierung einhergehen. Dadurch kommt es im weiteren Verlauf zu einem Verbrauch der Gerinnungsfaktoren, wodurch die Blutgerinnung nicht mehr möglich ist. Die Folge sind Einblutungen, Organversagen, Schock mit Kreislaufversagen und Tod. Diese geburtshilfliche Komplikation ist mittlerweile sehr selten geworden. 2.) Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalacticae) Von Bedeutung ist diese Gruppe bei folgenden Erkrankungen: Wundinfektionen Sepsis Hirnhautentzündungen Harnwegsinfektionen Neugeborenensepsis Besonders gefürchtet ist die Neugeborenensepsis. Man unterscheidet dabei eine rasche, unmittelbar nach der Geburt auftretende Form (early onset) und eine etwas später auftretende Form (late onset). Die early-onset-Form wird vor allem im Fall des vorzeitigen Blasensprungs bei nachgewiesener Scheidenbesiedelung durch Streptokokken begünstigt. Das Neugeborene zeigt eine lebensbedrohliche Allgemeininfektion, die durch Schock, Hirnhautentzündung und Atemnotsyndrom gekennzeichnet ist. Nur eine früh einsetzende, konsequente Therapie kann die Sterblichkeit senken, die mit 20 bis 50 % angegeben wird. Bei der late-onset-Form spielt auch die Umgebung des Neugeborenen als Infektionsquelle ein Rolle. Nicht in jedem Fall wird eine vorgeburtliche Therapie bei Nachweis von B-Streptokokken als sinnvoll erachtet. Nur wenn zusätzliche Risiken, wie vorzeitige Wehen hinzukommen, ist eine Behandlung mit Antibiotika in der SS anzuraten. Nun zu Ihren Fragen: Bei Nachweis von Streptokokken der Gruppe B wird eine vorbeugende Antibiotikagabe während der Geburt empfohlen, damit die Keimbelastung für das Kind niedrig gehalten wird. Enkin et al. (2006) machen keine Angaben zu iv. oder oral, da die Gabe nur als Prophylaxe zu sehen ist und keine 100%ige Sicherheit bietet. Ihre Hausgeburtshebammen sind sicher auf dem neuesten Stand der Informationen. Sprechen Sie noch einmal mit Ihrer Hebamme. Falls Sie vor Eintreffen im Geburtshaus einen Blasensprung haben, ändert sich am Procedere der Antibiose nichts. Allerdings sollte da Kind innerhalb 24 h geboren werden. Bei Anzeichen einer Infektion wird eh zügig verlegt. Das Kind kann sich immer anstecken, aber mit der Antibiose ist die Keimbelastung geringer und die Infektion in vielen Fällen zu vermeiden. Ein Kind einer Mutter mit Strepptokokken wird nicht verlegt, aber gut überwacht. Dazu gehören Abstriche (Rachen, Ohren und Leiste) sowie Temperaturkontrollen beim Kind. Es bekommt nicht prophylaktisch eine Antibiose. Bei einer unbehandelten Infektion sollten Sie auf eine ambulante Geburt verzichten und in der Klinik (Ihrer Wahl sein) bleiben, da die Symptome einer Infektion rasant schnell auftreten und für das Kind nicht ungefährlich sind. Die Kinderkrankenschwestern/Hebammen werden ein Auge drauf haben! Auch wenn das Ergebnis des jetzigen Abstrichs negativ ausfällt, wird man Ihnen eine Prophylaxe anbieten: a) weil bis zur Geburt eine Re-Besiedlung stattgefunden haben kann und/oder b) man sicher gehen will! http://books.google.de/books?id=gPspJv3Et_YC&pg=PA610&lpg=PA610&ots=VFDxBb9Vdp&dq=orale+Therapie+%2B+Strepptokokken+%2B+Schwangerschaft&ie=ISO-8859-1&output=html Liebe Grüße Martina Höfel

von Martina Höfel am 30.04.2011



Antwort auf: Streptokokken Infektion: Ambulante Geburt empfehlenswert?

Hallo, bei 38+0 stellte man bei mir auch diese Infektion fest! Ich war am Ende u. wollte sofort den Ks haben, weil es mir nicht ausreichte, nur unter der GEburt ein AB zu bekommen, bzw. glaubte ich nicht daran! Im KKH redete man mir den KS aus. Infektion wäre über KS so gut wie auszuschliessen, das habe ich überall gelesen. Als ich nicht locker liess, gab man mir ein AB vorab, was total unüblich ist, aber ich nahm das dann 10 Tage lang (Amoxicillin) u. mein Abstrichergebnis danach war "sauber" u. ich entband 2 Tage später normal. Die Frau im Kreissaal neben mir war auch "positiv" u. bekam AB u. da ich den Mann u. das Baby oft sah, weiss ich, dass die Kleine nicht angesteckt wurde. Soweit ich weiss, sollte man bei einem pos. Abstrich nicht zu Hause oder im Geburtshaus entbinden, wg. dem Antibiotikum u. der Kontrolle danach, weil das Baby ja beobachtet wird. Mein KKH hat keien Kinderklinik aber im Falle eines Falles sofort wären Sanitäter für die Uniklinik da. Wünsche alles Gute, hoffe, die Geburt dauert länger als 4 Stunden, meine Geburt ging nämlich dieses Mal sehr schnell u. da hätte ich echt Angst gehabt, dass das AB nix bringt. Angeblich soll das eh nur zur Prophylaxe sein, denn Streptokokken sind nicht einfach so sofort weg. LG, Anita

Mitglied inaktiv - 30.04.2011, 16:41



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