Liebe Frau Höfel,
tut mir Leid, dass ich Sie nochmal nerve...
Ich habe die Tage nochmal einen anderen Ansatz versucht und statt immer wieder etwas Neues zur Beruhigung zu versuchen, bin ich mit unserem (inzwischen 6 wöchigen) Sohnemännchen nach den ersten Anzeichen von Müdigkeit ins Bett gegangen. Geplant hatte ich dabei, einfach mit ihm zusammen zu liegen und zu kuscheln, bis und während er schläft, wie es nachts ganz wunderbar funktioniert.
So hat der Kleine die Tage über immer nur aus guten Gründen wie voller Windel, Hunger, quersitzendem Bäuerchen oder drückendem Pups geweint. Den Rest der Zeit war er gut gelaunt, hat "agu" und seine sonstigen Laute geübt und immer wieder gelächelt. Nur geschlafen hat er nicht wirklich. Mal 30 Minuten an der Brust, mal 10 Minuten auf Papas Arm (der zwischendrin übernommen hat, damit ich mal auf die Toilette gehen kann) und mal 30 Minuten im Kinderwagen spazierend, nachdem er auf Papas Arm eingeschlafen war. Müde war er aber, er hat auch immer wieder gegähnt und ihm sind die Augen zugefallen, nur dass er sie kurz darauf wieder weit aufgerissen hat. Und je später es wurde, desto unglücklicher wirkte er dann auch, bis er am Abend dann wieder quengelig und weinerlich war.
Und das alles von ca. 10:00 Uhr morgens bis nach 22:00 Uhr abends.
Ich bin langsam richtiggehend gernervt von meinem eigenen Baby und fühle mich dafür so schuldig...
Warum schläft mein Kind nicht? Was mache ich falsch?
Und, da ich es damit nächste Woche ggf noch einmal versuchen werde: Im Tragetuch sowie der Manduca schreit er ja wie am Spieß. Soweit ich gelesen habe, kann das "anfänglich" vorkommen. Aber wie lange soll ich ihn darin denn schreien lassen, bevor ich ihn wieder heraus nehme, wenn er sich gar nicht beruhigt?
Nochmal besten Dank und liebe Grüße aus Shanghai!
von
ankh
am 14.08.2015, 16:21
Antwort auf:
Nochmal wg. Schlaf (bzw. keinem Schlaf) tagsüber
Liebe ankh,
Sie machen nichts falsch......! Falsch machen heißt doch: gegen besseres Wissen handeln und das tun Sie doch nicht! Deshalb ist auch Schuld nicht das Thema.
Kann es sein, dass Sie sich das Leben mit Kind völlig anders vorgestellt haben?
Erst eine komplikationslose Geburt, dann ein selig lächelndes Kind im Arm einer glücklich lächelnden Mutter ........! Das ist leider nur das Leben im Hochglanzprospekt und nur ganz selten der Fall.
In Wirklichkeit ist es ein tiefer Einschnitt in eine Paarbeziehung und verändert alles!
Ihr Kind hatte einen anstrengenden Start, mußte sich in der Kinderklinik ohne Sie zurechtfinden und kam dann nach Hause.
Hier tut er, was ein Säugling tut: weinen (er kann noch nicht sprechen und sich deshalb nur auf diese Weise mitteilen!!!! Egal, was er sagen will!), essen, schlafen, kuscheln - allerdings nach seinen Bedürfnissen (anders kann er nicht!!!!), nicht nach Ihren!
Sie schreiben, dass er tagsüber gut gelaunt war (außer bei berechtigten Bedürfnissen) und nachts wunderbar bei Ihnen geschlafen hat.
Er hat nur tagsüber nicht geschlafen..... Das ist nichts, was Sie aus Ihrer Kraft heraus ändern konnten. Und natürlich wurde er zum Abend quengeliger - auch das ist normal.
Schlaf ist abhängig von der Gehirnreife. Allerdings müssen dafür viele Rädchen ineinandergreifen, bis das funktioniert. Fachmännisch ausgedrückt: Der Tag-Nachtrhythmus oder der circadiane Rhythmus wird im Gehirn festgelegt und zwar nach der individuellen Uhr im Nucleus suprachiasmaticus. Der bedient die Zirbeldrüse und löst dort die Ausschüttung von Melatonin aus. Und dann kann man schlafen.
Ihr Kind schafft es noch nicht tagsüber zu schlafen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten damit umzugehen: "auf Teufel komm raus" Veränderung zu erzwingen und frustriert auf der Strecke bleiben oder das Schlafverhalten Ihres Kindes zu akzeptieren und vielleicht die nächsten Wochen auf dem Bett zu verbringen (mit Buch, Laptop, Musik etc.) und dem gut gelaunten "agu" Ihres Sohnes zu lauschen.
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 15.08.2015