Kochen für Kinder
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Frage an Birgit Neumann am 17.09.2021

Süßigkeiten von der Oma - sollte ich das lockerer sehen?

Hallo Frau Neumann,

Meine Tochter ist gerade 4 geworden und ist immer schon eine von den großen, nicht dick und nicht dünn. (111 cm 19 kg)
Sie isst sehr gerne.
Ein ca Tagesplan von unter der Woche
Früh: Porridge aus Haferflocken und Milch
Kita jause Vm: ein kleines Brot mit ungesalzenem Erdnussmus oder Schinken und Obst/Gemüse nach Saison, Nüsse
Mittag Kita: unterschiedlich (im Kiga wird viel Wert auf gesunde Kost gelegt)
Abends: Familientisch , ich koche so gut wie täglich frisch und alles quer durch die Bank. 1x Fisch und 1x Fleisch die Woche fix, sonst meist vegetarisch.

Am Wochenende backen wir meistens einen Kuchen und ab und an gibts auch mal Kekse oder ähnliches.

Meine Frage ist jetzt zum Nachmittag. Ich selber lege sehr viel Wert auf gesundes Essen. Wir wohnen im Hais mit meinen Schwiegereltern und die verwöhnen halt gerne. Die Oma gibt der kleinen halt so gerne und das natürlich in Form von süßem. Ich hab ihr auch schon oft Alternativen gezeigt, aber nach kurzer Zeit läuft es dann doch immer auf Süßes hinaus.
Ich frage mich oft, ob ich es lockerer sehen darf. Ich bin dann wirklich oft schon vor dem nach Hause kommen irre angespannt. Sie isst ja wirklich sehr brav und vielfältig. Auch wenn sie Süßes bekommt isst sie abends dann normal. Und vor allem die Oma meint es ja nur gut. Ich glaube für die Oma ist das einfach ein Highlight, da sie sich das früher nicht leisten konnten. Von der Menge her sind es mal 2 Kinderriegel, mal eine Packung Mannerwaffeln (die teilen wir uns meistens) oder ein Becher Pudding.

Was würden sie sagen? Darf ich da etwas nachgiebiger sein, oder haben sie eine andere Idee?

Vielen Dank für ihre Zeit

Antwort

Hallo MarLen17
oh, ja, dieses Thema lässt sich sehr vielschichtig betrachten. Du hast dir bereits schon einige ganz eigene Gedanken dazu gemacht und hast bereits versucht, die Situation zu ändern. Im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum Kochen für Kinder kann ich dir auf jeden Fall ein paar vielleicht erleichternde und ermunternde Worte bezüglich deiner Sorgen betreffs Süßigkeitenkonsum im Rahmen einer vollwertigen Ernährungsweise schreiben. Für dich scheint das Thema Süßigkeiten einen großen Stellenwert zu haben. Schokoriegel und Co erscheinen dir als Fremdkörper in deiner Vorstellung für eine vollwertige (gesunde) Ernährung für Kleinkinder und insbesondere für dein Kind. Das ist absolut verständlich und die Idee einer (zucker)süßigkeitenfreien Ernährungsweise auch eine an sich gute Idee, sofern möglich. Möglich ist die Durchsetzung dieser Idee auch dort, wo du die Kontrolle bzw das Sagen hast und diese "Idee" auch entsprechend vorleben und in Gemeinschaft mit deiner Tochter (aus)leben kannst. Das ist möglich in euren eigenen 4 Wänden bzw im Rahmen eurer kleinen Familie. Schwieriger wird die Sache dann, wenn ihr auswärts seid - ob bei der Oma, im Kindergarten oder wenn deine Tochter bei Freundinnen zu Besuch ist. Hier entzieht sich die Speisenangebotsauswahl deiner Kontrolle. Es ermöglich deiner Tochter noch viel weitreichendere Eesserfahrungen zu sammeln als zu Hause und sie kann hier neue Speisen, neue Aromen und auch verschiedene Süßigkeiten kennenzulernen.
Süßigkeiten gibt es allüberall und es würde langfristig schwer sein, deine Tochter davon fernzuhalten. Es würde definitiv nicht funktionieren. Und auch nicht sinnvoll sein. Süßiigkeiten/Zucker sind kein Gift. Wohl aber die Dosis macht das "GIft", wie man landläufig sagt --- Zu viel von etwas ist nicht gut. Zu viele Süßigkeiten und Zucker können wegführen von einer Vorstellung zu einer vollwertigen Ernährungsweise. Das trifft in eurem Fall jedoch keineswegs zu.
Du hast Sorgen, dass deine Tochter nachmittags davon zu viel und dadurch vielleicht langfristig schlechte Essgewohnheiten bilden könnte evtl zu dick würde oder abends keinen Hunger auf ein vollwertiges Abendessen hätte. Oder hast du einen ganz anderen Grund, weshalb dich das Thema so beschäftigt?
Da deine Tochter abends auch trotzdem zu Abend isst, kannst du das sicher doch alles eher sehr gelassen sehen. Oder was meinst du?
----Anders wäre es, wenn deine Tochter keine Lust, keinen Appetit, keinen Hunger mehr fürs Abendessen hätte. Dadurch hättest du vielleicht auch einen einsehbaren Grund für die Oma, den Süßigkeitenkonsum nachmittags reduziert sehen zu wollen * ----

Deine Tochter lernt jetzt aber durchaus einen guten Umgang mit Süßigkeiten kennen. Denn wusstest du, je selbstverständlicher Süßigkeiten (in Maßen) von seiten des Elternhauses toleriert werden, desto vernünftiger kann der Nachwuchs langfristig damit umgehen. Das hat man in Studien herausgefunden. Kinder, die zu Hause nichts bekommen schlagen "draußen", d.h. wenn sie die Gelegenheit dazu erhalten, bspw auf Geburtstagen, bei Freunden etc umso exzessiver zu.
Süßigkeiten werden darum auch in den Ernährungsempfehlungen offiziell mit Mengen genannt und nicht etwa kompeltt ausgeschlossen. Es heißt grob umschrieben: 1 Portion sei okay. 1 Portion entspricht der Füllmenge einer/der Kinderhand.

Als Tipp kann ich dir geben, dass sich deine Tochter langfristig bei ihren Essvorlieben zwar nicht nur am Elternhaus orientiert, aber langfristig doch eine starke Prägung durch dieses stattfindet.
Ermögliche deiner Tochter unbedingt das Kennenlernen einer großen Speisenvielfalt. Lass sie eigene Erfahrungen sammeln. Behalte die Kontrolle und Oberhand gerne dort, wo du selbst entscheiden kannst. Nämlich dann, wenn du die Wahl hast, wo und was gekauft wird. Hier kannst du frei entscheiden und die Dinge kaufen, welche du für richtig hältst. Das alles prägt deine Tochter rundum über die Jahre sehr viel stärker als du dir vorstellst.
Also dann,
hilft dir das etwas weiter?
Grüße
Birgit Neumann


P.S.
sieh das Thema vollwertige Ernährung nicht allzu dogmatisch.
vielleicht hilft dr dafür das Buch: "Dein Kind isst besser, als du denkst" von Katharina Fantl und Julia Litschko. Das Buch ist vielleicht nicht der Weiheit letzter Schluss, doch wird es dir vielleicht und bestimmt einige weitere und erhellende, beruhigende Aha-Momente bescheren.

*
P.P.S.
mögliches Fazit:
du würdest die Oma überzeugen können etwas anderes zu geben, sofern eine zwingende Notwendigkeit bestünde (bspw Allergie, Unwohlsein, resultierende abendliche Appetitlosigkeit) und das nachvollziehbar wäre.
Da derzeit aber alles doch in einem absolut normalen und gewöhnlichen (keineswegs schädlichen) Rahmen ist, besteht eher keine Notwendigkeit, etwas krampfhaft verändern zu wollen.
Essen hat auch viel mit "Beziehung" zu tun. Und die Oma hat doch ebenfalls eine ganz besondere Beziehung zu deiner Tochter. Das alles weiter zu vertiefen, das würde jetzt den Rahmen sprengen. Das wollte ich nur nicht ganz unerwähnt lassen und es soll nur schlicht zum Weiterdenken anregen.



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