Was können wir tun.

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Was können wir tun.

Guten Tag , Enkelin 4Jahre , es gefällt ihr was nicht oder ein Nein , fängt sie an zu weinen - trotzen und bockt wenn man sie anfassen will , auf den Arm nehmen geht garnicht . Beim Weinen und trotzen steht sie auf den Zehnspitzen bis es nicht mehr geht und sie sich in wirft und mit den Füßen auf dem Boden rum scheuert. Diese Attacke dauert so etwa 20 -30 Min., wo sie auch Wünsche aus ruft , auf den Arm , will Papa sie hoch nehmen , schreit und zappelt sie und weint nach Mama , will Mama sie hoch nehmen , schreit und zappelt sie , bis man sie wieder auf den Boden setzt . Fragt sie nach einem Tempo und man will es ihr geben , schlägt sie es aus der Hand oder verlangt nach dem Päckchen , was sie dann aber auch schreiend ablehnt und wieder nach Papa ruft zum kuscheln der so wie auch die Mama die gerufen wurde von ihr abgelehnt wird . Und in der ganzen Zeit der Trotz/Schreiphase werden die Füße auf dem Boden hin und her gescheuert . Die trotzsphase hört erst auf wenn die Füße blutig sind und meine Enkelin erschöpft ist . Solche Trotz/Schreiphasen können schon 1-2mal am Tag statt finden. Die Eltern sind mittlerweile am Ende , sie weinen , schwitzen ,sind ratlos und guter letzt streiten sie sich wer schuld an dieser ganzen Situation und Katastrophe ist . Wer kann helfen und wo finden die Eltern schnelle Hilfe !!!!🙏😵

von Omama6 am 17.05.2016, 18:10


Antwort auf: Was können wir tun.

Liebe Omama6! ich finde es schön, dass Sie sich offensichtlich Sorgen um Ihre Enkelin und ihre Eltern machen. Tatsächlichen können Wutanfälle je nach Temperament und Situation ja auch sehr beeindruckend ausfallen, so dass sich vielleicht die Frage aufdrängt - ist das (Kind) noch normal? Diese Frage kann ich per Ferndiagnose natürlich nicht beantworten. Nur so viel: eine gute Erziehung zeichnet sich NICHT durch die Abwesenheit solcher Probleme aus - eher im Gegenteil. Als Psychologin mache ich mir mehr Sorgen, wenn ein Kind nie trotz, immer gehorcht, keine eigenen Bedürfnisse anmeldet und nur "pflegeleicht" ist. Für Kinder ist das Trotzen ein wichtiger und notwendiger Schritt ihrer Entwicklung. Es geht dabei nicht immer nur um den eigenen Willen, die Entdeckung des eigenen Ichs. Trotz kann gleichsam ein Ausdruck von Unter- oder Überforderung sein, wird oft provoziert durch Müdigkeit, Hunger oder Überreizung. Kinder müssen erst lernen, ihre Gefühle einzuordnen und sozial adäquate Kanäle für sie zu finden. Deshalb gehören Dinge wie Wut, Ärger, Frust, Angst oder Aggression auch nicht verdammt. Der Lehrsatz sollte daher sein: es ist in Ordnung wenn du wütend bist. Aber nicht alle Reaktionen sind in Ordnung. Hier sind wir Erwachsenen die wichtigsten Vorbilder. Wenn wir selbst in die Wutfalle tappen (was mehr als verständlich ist), schaukeln wir die Situation weiter hoch, Reagieren wir dagegen verständnisvoll und gelassen, ist das mehr als die halbe Miete. Dies gilt übrigens nicht nur den Kindern, sondern auch Ihren Eltern gegenüber, die in solchen Stresssituationen nicht noch kluge Tipps oder gar verdeckte Vorwürfe brauchen. Das was im Akutfall wirklich hilft ist - das Kind in Ruhe lassen und irgendwo im sicheren Abstand abwarten, bis es von allein das Signal gibt, dass es wieder Kontakt möchte. Sie sehen ja selbst - es ist ansonsten ein sich anstachelndes Hin- und Her, weil Ihre Enkelin schlicht eben nicht weiß, was sie will - sie ist einfach nur wütend! Verbale Diskussionen und ewige Fragen (Was möchtest du denn? Warum machst du das) helfen gar nicht - im Gegenteil. Ist ein Kind erst einmal in Rage, kommen solche Appelle gar nicht an. Wut ist ein uralter Überlebensmechanismus bei dem es um Reagieren (Kampf, Angriff, Verteidigung) nicht um Nachdenken geht. Überlegen Sie einmal, wann sie das letzte Mal so richtig gestresst waren. Hätten Sie da eine Matheaufgabe die Ihnen jemand zuruft lösen können? So oder so ähnlich geht es dann den Kindern. Ebenso rasch wie so ein Anfall kommt, geht es auch wieder. Dann heißt es Trost spenden und dem Kind signalisieren, dass wieder alles ok ist. oft sind die Kleinen regelrecht überflutet von ihren Emotionen und brauchen danach umso mehr den Rückhalt von Bezugspersonen. Von exzessiven Trotzen spräche man übrigens erst, wenn solche Anfälle regelmäßig mindestens dreimal täglich mit mehr als 15 Minuten Dauer auftreten würden. Eine grobe Daumenregel zwar, die aber zeigt, wie normal Trotzen wirklich ist - selbst wenn es zugegebenermaßen wirklich anstrengend ist und Eltern und Großeltern einiges an Selbstbeherrschung und Selbstreflexion abverlangt. Manchmal ist eine Situation jedoch tatsächlich so eingefahren und / oder Eltern werden durch ein willensstarkes Kind (und eventuell eigenen "Dickköpfen") stark verunsichert, dass sich ein neutraler Blick von außen lohnt. Als erste Anlaufstelle würde ich da immer eine Erziehungsberatungsstelle vorschlagen, die kostenfrei Diagnose und Therapie bieten kann. Alternativ wäre auch ein Kinder--und Jugendpsychotherapeut die richtige Adresse. Vielen Eltern ist das unangenehm und sie fühlen sich als Versager, dass sie ihr Kind "nicht im Griff haben". Doch heute haben wir eben den Luxus, dass es jahrelang ausgebildete Leute gibt und wir nicht alles allein schaffen müssen. Manchmal hilft da auch eine Ermutigung von außen ---(-; Ansonsten empfehle ich auch gern die Bücher zum Thema Trotz von Jens Uwe Rogge. Sie als Großeltern können aber auch einen nicht zu verachtenden Beitrag leisten, indem Sie die nötige Ruhe mitbringen, die gestressten Eltern manchmal einfach fehlt. Loben Sie Ihren Sohn / Ihre Tochter, für das was sie leisten, berichten sie vielleicht von eigenen Schwierigkeiten die Sie hatten und ermöglichen Sie mal "Kinderfreie Zeiten", in dem Sie sich um Ihre Enkelin kümmern. Das hilft weit mehr als der xte Ratschlag, so gut er auch gemeint sei. In diesen Sinne: nur ruhig Blut! Herzlichst Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 22.05.2016