exzessives schreien Baby 7 Monate/ Schlaf-und Fütterungsstörung

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: exzessives schreien Baby 7 Monate/ Schlaf-und Fütterungsstörung

Liebe Frau Dr. Bentz, sie haben mir schon einmal sehr gut weitergeholfen,doch nun sind wir alle völlig am ende. Es geht um meine 7 monate alte Tochter. Vorab :professionelle Hilfe haben wir in Anspruch genommen, doch es wurde uns gesagt, dass mit ihr alles super ist und es nunmal ihr Charakter. Aus diesem Grund möchte ich gern noch einmal von ihnen Ratschläge bekommen, da sie immer sehr konstruktive Antworten geben. Das spz, in dem wir waren, hat nur den rat des durchhaltens und Hilfe von verwandten holen gegeben. die Situation vormittagschlaf 1h im Kinderwagen,klappt super Mittagschlaf 1h im Kinderwagen, auch super nachmittag 30 min in der trage, klappt immer schlechter nachts um 19 Uhr ins Bett, schläft bis 21 Uhr und dann alle Stunde wach,und meist datu von 2 uhr bis 4 uhr nachts schreien. Sie würde besser schlafen, wenn sie die ganze zeit an der Brust nuckeln dürfte. Frage: wie bekomme ich sie zum durchschlafen, ich mache den fehler,sie gleich an die brust beim aufwachen zu nehmen,da ansonsten der große bruder wach wird. Tagsüber wachphasen: es ist fast nicht mehr auszuhalten. Sobald ich mich ein wenig weg bewege, schreit meine Tochter bis zum erbrechen obwohl sie mich sieht und ich mit ihr rede. Hat mein Mann sie auf dem Arm während ichweg bin, ist auch alles gut,aber wehe sie sieht mich. Sie ist von Anfang an schon so sehr auf mich fixiert. Nun muss ich im Oktober wieder arbeiten, wie soll das gehen? Ich kann nicht mehr. Sie schreit nur, obwohl sie in den ersten 3 Monaten nie geschrien hat. Nun hat sie sich zu einem Schreikind entwickelt. 7ch glaube, ich bin selbst schuld. Ich habe sie beim kleinsten mucks halt immer angelegt. Ach ja, durch diese ganze Situation hat sie auch noch eine Fütterungsstörung. Sie isst nichts, nur muttermilch. Entschuldigung, dass der Text lang und wirr ist, aber ich bin am ende, mein Gewicht liegt bei 45 kg beib1,7m. Sie sehen, ich brauche dringend einen Rat. Liebe grüße und danke schon einmal!

von gorgeous2610 am 21.07.2016, 12:45


Antwort auf: exzessives schreien Baby 7 Monate/ Schlaf-und Fütterungsstörung

Liebe Gorgeous! Ich erinnere mich, und es tut mir leid, dass es Ihnen weiterhin schlecht geht. Sie haben Recht, Sie brauchen wirklich dringende Hilfe! Ihr Gewicht sagt alles. Vorab: Ich halte Sie nicht für verrückt oder unfähig! Doch es scheint mir so, als bräuchten Sie einfach umfassende Begleitung. Die meisten Sozialpädiatrischen Zentren sind stark ausgelastet und haben den Fokus natürlich mehr auf den Kindern. Sie können daher nicht jeder Familiensituation gerecht werden, selbst wenn sie es wollten. Nun gäbe es verschiedene Wege: Der Rat, für Entlastung zu sorgen ist wirklich richtig und wichtig. Ich halte es aber für Ihre Situation nicht für zielführend, hier nur auf die Hilfe von verwandten zu setzen, sondern würde mir eine Haushaltshilfe sowie eine Familienhebamme organisieren, die in engem Abstand zu Ihnen kommen. Ansprechpartner wären die Frühen Hilfen bzw. das Jugendamt oder Ihr örtlicher Kinderschutzbund. Ich würde Ihnen vorschlagen, zudem vielleicht einen 4-6 wöchigen stationären Aufenthalt in einer Mutter-Kind-Einrichtung in Erwägung zu ziehen. Hier sind Sie einerseits im engen Kontakt mit Ihrem Kind, andererseits kann man Sie auch entlasten, so dass Sie sich auch körperlich erholen können. Listen dafür gibt es z.B. auf der Seite Schatten-und-Licht.de. Nicht verwirren lassen, diese Einrichtungen kümmern sich nicht nur um Frauen mit postpartalen Depressionen. Ist sicher kein Wellnessurlaub, doch mit „Klapsmühle“ hat dies gar nicht zu tun. Und schließlich - was haben sie zu verlieren außer noch mehr Gewicht? Natürlich wäre vielleicht auch eine ambulante Betreuung durch eine Schreiambulanz oder Familientherapeut möglich. Dabei geht es nun nichtmehr primär um die Diagnostik, denn die wurde ja durchgeführt, sondern um eine regelmäßige Begleitung und Unterstützung! Es ist eben nicht alles ok, selbst wenn Ihrer Tochter organisch nichts fehlt. Dabei gehe ich entgegen der Meinung im SPZ nicht über die Brücke, dass Sie einfach nur durchhalten müssen. Selbst bei entsprechend veranlagten Kindern mit diffuser neurologischer Unreife sollte man nicht allein auf den Faktor Zeit setzen. Natürlich wird man vielleicht akzeptieren müssen, dass ein Kind eher in die Kategorie Wirbelwind als laues Sommerlüftchen passt, doch alles bis zum Zusammenbruch zu erdulden kann nicht die Lösung sein. Des Weiteren bestünde in so einem Ausnahmefall noch die Möglichkeit, das nächtliche Schreien für ein paar Tage lang medikamentös zu durchbrechen. Dies muss unter strenger kinderärztlicher Aufsicht passieren, kann aber hilfreich sein, um aus dem Teufelskreis zu kommen. Eine weitere Begleitung und Behandlung ersetzt es natürlich nicht, ferner ist es selbstverständlich keine Dauerlösung. Doch es ist für solche Fälle eine Option, die man eben auch andenken kann. Was Sie selbst noch außer diesem übergreifenden Maßnahmen tun können? Ich weiß nicht, ob ein Schlaflabor gemacht wurde und 24-h-Prtokolle ausgewertet wurden. Mir kam der Verdacht, dass Ihre Tochter vielleicht einen eher geringen Gesamtschlafbedarf hat und vielleicht das letzte Schläfchen überflüssig geworden ist. Doch ohne Daten tappe ich im Dunklen. Ich würde mir überlegen, ob Sie weiter stillen möchten. Natürlich ist Stillen eine feine Sache, doch in gewissen Konstellationen überwiegen die Vorteile des Fütterns mit der Flaschennahrung gegenüber den Nachteilen des Abstillens. Es ist sicher kein Allheilmittel, doch ich könnte mir vorstellen, dass Sie ruhiger sind, wenn Sie Kontrolle über die Nahrungsmenge haben. Nächtliche längere Stillabstände lassen sich kaum realisieren, wenn immer im Hinterkopf spukt, dass das Kind Hunger leiden könnte. Von einer Fütterstörung wurde ich persönlich nicht unbedingt ausgehen. Wenn ein Kind im Alter Ihrer Tochter noch nicht beikostbereit ist, liegt das noch im normalen Bereich. Doch allein diese zusätzliche Sorge macht eine Verhaltensänderung natürlich schwer. Zu guter Letzt: Geben Sie die Hoffnung nicht auf! Dazu gibt es keinen Grund, denn die Liste der Möglichkeiten ist noch lange nicht ausgeschöpft. Versuchen Sie zudem nicht in der Kategorie Schuld zu denken! Das führt zu nichts, denn Schuldgefühle sind kein guter Erziehungsratgeber. Eltern mit Schuldgefühlen und Selbstzweifel neigen zu Überkompensation vermeintlicher Fehler. Sie opfern sich so lange auf bis gar nicht mehr geht und fallen dann häufig ins andere Extrem, was wieder neue Schuldgefühle hervorruft. Natürlich spielt die Interaktion mit Ihrem Kind eine Rolle, doch für eine Regulationsstörung gibt es keinen Schuldigen. Da muss schon eine Menge zusammenkommen. Was Ihren beruflichen Start betrifft, so sehen Sie das als Chance für Sie beide, was Neues zu starten. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Kraft! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.07.2016