Bitte um Hilfe

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Bitte um Hilfe

Guten Tag Fr. Benz, ich bräuchte bitte um ihre Hilfe. Mein Sohn wird am 04.08.16 ( 6 Monate alt). Er findet alleine nicht in den Schlaf. Er ist ständig quengelig, unruhig und unzufrieden. Ich weiß nicht mehr weiter. Wir sind fast den ganzen Tag Zuhause und das geht schon die ganzen Monate so. Unternehmen können wir mit dem kleinen kaum etwas da er sich im Kinderwagen nicht beruhigen lässt. Dies klappt mit dem Tragehilfe besser. Meine Sorge ist das mein Sohn nicht alleine in den Schlaf findet. Wenn er müde ist und die Augen reibt gehe ich mit ihm ins Elternbett versuche mit ihm einzuschlafen ohne Erfolg. Ich habe bisher alles ausprobiert weißes Rauschen, Zimmer abdunkeln etc. Ich habe mein Sohn ab dem 2. Monat bis zum 5,5 Monate abends gepuckt und die Nächte waren angenehmer. Unser größtes Problem ist es tagsüber. Er ist stündlich müde und macht 30 min. Nickerchen. Mittagsschlaf funktioniert nicht da er dann alle 30 min. nickerchen aufsteht. Er macht die Nickerchen in seiner Federwiege was mich mein Tag rettet und ich ihn nicht zusätzlich noch in der Wohnung tragen muss. Kann mein Baby irgendwann man alleine in den Schlaf finden ohne Elterliche Hilfe? Ich merke es ist kein Dauerzustand. Bei Übermüdung dreht er durch. Ich weiß nicht das geht seit dem 3. Lebensmonat so. Nennen wir es überhaupt Schreibaby, Entwicklungsschübe, Zahnen, Bauchschmerzen. :( Wir waren bei einer Osteopathien spezialisiert auf Kinder, Kinderarzt bestätigt organisch alles in Ordnung, einmal in der Woche gehen wir zur Babymassagekurs da ist es auch unerträglich kommt nicht in die Ruhe. Dort muss trage ich den kleinen auch hin und her es macht einfach kein Spaß wenn er sehr unruhig ist und nicht schlafen kann. Wir sind auch in kürzlich bei einer Schreiambulanz in Behandlung hatten bisher 4 Sitzungen gehabt aber so schnell wird es nicht besser. Ich wünsche mir das der kleine irgendwann mal ausgeglichener und ruhiger wird und alleine in den Schlaf findet :( es belastet mich als Mutter sehr.

von NisaMila am 01.08.2016, 10:04


Antwort auf: Bitte um Hilfe

Liebe NisaMila! vielleicht tut es Ihnen gut, zu hören, dass viele, viele Mütter (und Väter) Ihre Sorgen teilen. Sie sagen, dass Sie kaum noch was unternehmen, aus Angst vor dem Schreien. Ich kann das gut nachvollziehen, doch da liegt meist schon ein Teil des Problems. Viele Eltern von Kindern mit Regulationsschwierigkeiten isolieren sich. Einerseits, weil sie zu erschöpft sind, und ich nicht mehr aufraffen können, andererseits aber auch, weil sie sich fürchten, mit einem brüllenden Kind unter Leute zu gehen. Tatsächlich ist es ja auch so, dass man sich über zu wenig Aufmerksamkeit nicht beklagen kann, wenn man mit einem schreienden Baby durch die Stadt geht. Ist man erst einmal gestresst, verunsichert und genervt, fallen einem die wenigen bösen Blicke gegenüber den vielen mitleidigen und verständnisvollen Blicken natürlich auch mehr auf und man fühlt sich weiter in die Enge getrieben. Wenig hilfreich! Doch die zunehmende Isolation führt auch dazu, dass sich die Gedanken immer wieder nur um die Probleme drehen. Das Thema Schlaf dominiert dann komplett den Alltag, und Zeiten eines positiven Ausgleichs fehlen. Nur mit Baby allein zu Hause ist daher sicher keine gute Idee. Sicher verstehe ich es, wenn Kurse mit einem brüllenden Kind keinen Spaß machen. Hier stellt sich dann wirklich die Frage, ob es beide nicht mehr stresst als nutzt. Zudem ist es richtig, bei entsprechend veranlagten Kindern darauf zu achten, dass die Tage nicht mit zu viel Aktion und Terminen überfrachtet sind, und die Kinder nicht von Reizen überflutet werden. Doch komplette Abschottung ist damit nicht gemeint! Sie dürfen und sollten ruhig noch am Leben teilhaben und zwar mit und auch mal ohne Baby! Suchen Sie sich Verbündete: verständnisvolle Freundinnen, andere Mütter mit ähnlichen Problemen vor Ort (man kann so etwas auch gut in Mütterforen posten) etc. mit denen Sie gemeinsam was unternehmen können. So können Sie sich gegenseitig den Rücken stärken, und glauben Sie mir, blöde Sprüche abwehren kann dann regelrecht unterhaltsam werden. Auch sollten Sie sich Zeit für sich ohne Kind gönnen. Wenn Ihre Familie Sie nicht ausreichend unterstützen kann, gibt es viele Angebote, die konkrete Unterstützung im Alltag bieten, wie z.B. über das Projekt wellcome, „Leihomas“, die Frühen Hilfen. Es sind ja oft schon die kleinen Dinge, die schon spürbar eine Entlastung und mehr Lebensfreude bringen, wie etwa ein Frisörbesuch, einmal in Ruhe ein Bad nehmen, ins Kino gehen etc. Selbst mit Stillen lässt sich das gut vereinbaren. Meist sind es nur gedankliche Barrieren, die wir im Kopf haben und erst einmal überwinden müssen. Dazu gehört auch, dass man anderen nicht zur Last fallen darf, nicht stören darf oder nur eine gute Mutter ist, wenn man 24h exklusiv beim Kind ist. Traut man sich hier, in Alternativen zu denken, ist das ein wichtiger Schritt: - Ja, Sie dürfen zur Last fallen! Viele Menschen – egal ob Freunde, Familie oder professionelle Helfer helfen gerne, fühlen sich dadurch nützlich wertvoll und integriert, oder verdienen damit ihr Geld. Sich helfen und unterstützen zu lassen, kann für beide Seiten sehr positiv sein. - Ja, Sie dürfen stören! Kinder sind ein Geschenk. Man darf sie nicht nur sehen, sondern auch hören. Auch Sie haben einen Platz in unserer Gesellschaft, und dass es dabei nicht immer leise zugeht, ist nun einmal so. Ansonsten müssen wir aussterben. - Ja, Sie dürfen auch Frau sein und sind trotzdem eine gute Mutter! Auch Sie dürfen noch eigene Interessen haben, und dürfen auch mal was für sich tun. Das schlechteste für ein Kind ist eine dauerhaft völlig ausgelaugte, deprimierte und verzweifelte Mutter. Also: sperren Sie sich nicht länger allein zu Hause mit Ihren Grübeleien ein. Wenn Ihr Kind in der Trage ruhiger ist, dann nutzen Sie dies und gehen am besten jeden Morgen raus. Die Bewegung und das Licht sind für Sie beide wichtig! Dann gucken Sie mal, wie Sie sich selbst etwas Gutes tun können und welche Aktivitäten Sie mit Ihrem Kind vorstellen können. Ein Nachmittag allein zu Haus mit brüllendem Kind zieht sich ewig, da ist vielleicht ein Treffen mit einen schönen Picknick auf einem Spielplatz die bessere Alternative. Die Regulationsstörungen Ihres Kindes werden ja bereits behandelt. Das ist gut und richtig so! Sie haben daher alles in die Wege geleitet, damit es Ihrem Kind und Ihnen bald besser geht. Sie haben Ihrem Kleinen schnell geholfen. Die Progonse ist daher wirklich, wirklich gut und ich bin mir sicher, bald werden sie die Fortschritte deutlicher merken. Sie müssen nicht mehr in Selbstzweifeln und Schuldgefühlen verharren. Nicht immer haben wir Eltern alles zu 100 % in der Hand. Sie können alles richtig machen, und Ihr Kind weint trotzdem. Ein bisschen Zeit muss vielleicht noch ins Land gehen, doch das heißt nicht, dass Sie sich bis dahin komplett aufgeben müssen. Dadurch würde es ganz bestimmt nicht besser! Ihre „mütterliche Pflicht“ ist es nun, den Sommer zu genießen und Ihrem Sohn zu zeigen, wie schön diese Welt sein kann! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 02.08.2016


Antwort auf: Bitte um Hilfe

Hallo Fr. Bentz, ich bedanke mich ganz ganz Herzlich bei Ihnen für die Rückmeldung. Ich habe eine Familienhebamme gefunden die mir bald in unserem Alltag unterstützen wird. Liebe Grüße, NisaMila :)

von NisaMila am 04.08.2016, 18:43