Guten Abend Frau Bader,
ich habe gleich zwei Fragen an Sie:
1. Unsere Tochter wurde im Juli 05 geboren, ich selbst bin bis 31.12.06 in Elternzeit.
Ich arbeite in einem Büro, das an drei Standorten tätig ist, und insgesamt mehr als 15 AN hat, hier aber nur 4 (inkl. Azubi).
Kann ich trotzdem mit Aussicht auf Erfolg Teilzeit beantragen (meine "Vertretung" arbeitet nur 30 Std., ich hatte vorher 40, würde aber auch auf 30 gehen wollen)?
2. Mein Freund möchte ab 01.01.07 Elternzeit nehmen (max. bis Juli 07). Steht ihm nach Ablauf nur zu, dass er überhaupt wieder in der Firma arbeiten kann oder genau dieser Arbeitsplatz, den er jetzt auch hat? Er arbeitet (örtlich gesehen) auf einer Stelle, die er nicht verlieren will, u. a. wegen Fahrtzeit zum Arbeitsplatz. Kann sein AG ihn auch an einen anderen Platz versetzen, zu dem er dreimal solange unterwegs ist und der teilweise auch andere Arbeitszeiten hat?
Vielen Dank für Ihre Mühe!
Angie
Mitglied inaktiv - 02.07.2006, 22:46
Antwort auf:
Teilzeit und Arbeitsplatz freihalten
Hallo,
1.Eine Teilzeitbeschäftigung liegt vor, wenn die regelmäßige, betriebsübliche Arbeitszeit verringert wird und kürzer ist als die eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. In Unternehmen mit mehr als 15 Arbeitnehmern, kann eine Verringerung der Arbeitszeit nach dem TzBfG beantragt werden. Der Arbeitnehmer muss seinen Wunsch nach einer kürzeren Arbeitszeit spätestens drei Monate vor dem Beginn der Teilzeitbeschäftigung beantragen. Dem Arbeitgeber muss er auch mitteilen, in welchem Umfang die Arbeitszeit reduziert werden soll. Er sollte angeben, an welchen Tagen er wie viele Stunden arbeiten möchte. Das Gesetz sieht für die Mitteilung an den Arbeitgeber keine Schriftform vor, sie ist aber empfehlenswert, um Missverständnissen vorzubeugen und im Zweifelsfall einen Beweis zu haben.
Was passiert, wenn die Drei-Monats-Frist versäumt wurde? Es besteht die Möglichkeit, sich mit dem Arbeitgeber über den Begin der Teilzeitbeschäftigung zu einigen. Die Arbeitsgerichte sehen den nächst zulässigen Termin als beantragt an, und die Drei-Monats-Frist gilt dann ab dem Zugang des Antrags beim Arbeitgeber.
Die Arbeitgeber lehnen den Wunsch des Angestellten, die Arbeitszeit zu verringern, in der Regel ab , insbesondere bei Führungskräften, außertariflichen und vor allem Leitenden Angestellten. Das TzBfG sieht aber ausdrücklich vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern auch in leitenden Positionen, Teilzeitarbeit zu ermöglichen hat. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass der Arbeitgeber die beantragte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit mit dem Mitarbeiter zu erörtern hat, um eine Einigung herbeizuführen.
Der Arbeitgeber kann sowohl die Verringerung als auch die Verteilung der Arbeitszeit ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Nach dem TzBfG können zum Beispiel
• die wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit im Betrieb oder
• die Verursachung unverhältnismäßig hoher Kosten,
zu einer begründeten Ablehnung des Antrags führen.
Sollten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht über den Teilzeitwunsch geeinigt haben, und versäumt es der Arbeitgeber, den Antrag spätestens einen Monat vor Beginn schriftlich abzulehnen, verringert sich die Arbeitszeit wie vom Arbeitnehmer gewünscht („positive Entscheidungsfiktion“). Der Arbeitgeber muss sich damit abfinden. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber auf den Antrag gar nicht reagiert.
Der Arbeitnehmer sollte seine Arbeitszeit nach Ablehnung durch den Arbeitgeber jedoch nicht eigenmächtig verkürzen, da der Ärger mit dem Arbeitgeber vorprogrammiert ist und es sogar zu fristlose Kündigungen wegen Arbeitsverweigerung kommen kann. Die Beratung durch einen VAA-Anwalt ist sinnvoll. Der Arbeitnehmer muss notfalls seinen Anspruch auf Arbeitszeitverringerung gerichtlich verfolgen.
Erst nach Ablauf von zwei Jahren, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat, kann der Arbeitnehmer erneute eine Verringerung der Arbeitszeit beantragen. Der Gesetzgeber hat diese Bindung von zwei Jahren eingeführt, damit die Arbeitgeberpersonalwirtschaftlich längerfristig planen können. Eine Ersatzkraft kann auf zwei Jahre befristet eingestellt werden.
Will der Teilzeitbeschäftigte seine Arbeitszeit wieder verlängern, hat er darauf keinen Anspruch. Nach dem TzBfG muss der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer mit diesem Wunsch lediglich bei der Besetzung eines entsprechend freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen. Es sei denn, dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter stehen dem entgegen. Der Arbeitgeber ist zudem gehalten, eine Stellenausschreibungen auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn dieser dafür geeignet ist.
2. Ihm steht der alte oder ein vergleichbarer Arbeitsplatz zu.
Gruß,
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 03.07.2006