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Zweisprachig in Patchwork-Familie, was nun?

Thema: Zweisprachig in Patchwork-Familie, was nun?

Bei uns bietet sich folgendes Problem. Ich habe drei Kinder. Nr. 1 und 2 (5 und 6 Jahre) sind väterlicherseits irischer Abstammung und reden mit dem Vater von Geburt an gälisches Englisch. Wir sind seit 3 Jahren getrennt und die Jungs sprechen mit ihrem Vater immernoch Englisch und mit mir gelegentlich auch, bei uns zu Hause wird aber Deutsch gesprochen. Beim Vater sind sie regelmäßig und ich fördere ihr Englisch auch weiterhin damit sie es nicht verlernen. Nun habe ich Kind Nr. 3 mit einem anderen Mann. Sie ist 2,5 Jahre alt und spricht sehr gut Deutsch. Wird aber zu Hause nur deutsch erzogen, da wir beide deutsche sind. Nun bekommt sie natürlich vermehrt mit, dass ihre Brüder immer mal Englisch sprechen und versucht einige Wörter auch anzuwenden. Klar, Immitation halt. Was meint ihr? Soll ich da jetzt anfangen das Englisch zu fördern bzw. auf zweisprachig umsteigen? Mein Partner, also ihr Vater, spricht kaum Englisch und ich spreche mit den Jungs auch nur Englisch insofern als dass sie mir eben was auf englisch sagen oder mir erklären wie bestimmte Wörter auf englisch heißen und ich dann darauf englisch antworte oder so. Beide besuchen auch in der KiTa einen Englischkurs einmal die Woche, der dort angeboten wird. Ich selber wende die englische Sprache also zu Hause nur sehr bedingt an. Ich spreche aber durchaus fließend Englisch, ich habe ein Jahr in Groß Britannien verbracht in der 11. Klasse und habe mit der Familie meines Ex-Mannes natürlich auch Englisch gesprochen. Wie würdet ihr das handhaben? Vielleicht auch an die Sprachwissenschaftler unter euch. Bin auf eure Antworten gespannt. Vielen Dank schonmal.

Mitglied inaktiv - 23.08.2019, 12:24



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Hej! Ja, sowas ist schwierig. Und da ist der erste Haken,denn ich habe für mich (und auch in einem Flyer, den wir vor Jahren für frischgebackene zweisprachige Familien mithalfen zu erstellen): Mehrsprachige Erziehung sollte oder noch besser/richtiger. findet natürlich statt. Je selbstverständlicher Eltern das machen, umso eher und selbstverständlicher stellt sich auch der Erfolg ein. Das aber ist bei Euch fast nicht möglich. Normalerweis ist das ja kein Problem,wenn man erstmal verstanden hat, daß 2 oder gar 3 Sprachen in einer mehrsprachigen Familie eben natürlich vorhanden sind.- Ihr seid aber eigentich eine einsprachige Familie. Ihr lebt in Deutschland (richtig?) und nur der geschiedene Vater ist der, der Englisch mit den Kindern gesprochen hat, zudem eben auch nicht Englisch, sondern gälisches Englisch. Der ist aber nicht mehr da - und die Frage ist: Kann er verlangen, erwarten, daß die DU irgendwie den Kindern diese Sprache vermittelst, obwohl Du nicht die, sondern "nur" Englisch kannst und in einer deutschen Familie lebst? (Was ist mit dem Deutsch des biolog. Vaters der Kinder? Können sie sich auch anders verständigen als gälisch-englisch?) Die Kinder sind noch sehr klein, sie werden sehr schnell vergessen,was sie mit ihrem Vater gesprochen haben,wenn sie es nur ferienweise aktivieren müssen -es wird keine Muttersprache werden. Das ist so. Traurig, aber auch kein Drama - Millionen andere dt. Kinder leben auch ohne gälisch-englisch. Sehen sie ihn aber öfter, weil er in der Nähe wohnt oder oft kommt, dann beließe ich es dabei. Du stehst letztendlich eigentich vor der Wahl, wie viele andere, die ihrem Kind früh Englisch näher bringen wollen, ob Du darauf verzichtest, mit ihnen Deine Muttersprache zu sprechen. Wieviele Babywörter kennst Du wirklich aus Deinem Schulaustausch (Windel, Sandkasse, Schippchen, ...)? Ich lebe seit vielen Jahren Jahren in DK, also in dem Land meiner inzwischen ersten Fremdsprache, ich möchte immer noch kein Kind darin erziehen. ich würde es vieler Sprachspiele, vieler Ausdrücke, vieler Sprachraffniessen berauben. Und gerade Englisch lernen Kinder heute sehr früh - und es wird ihnen dauernd um die Ohren gehauen, denn Internet, Songs, alles ist Englisch. Fazit: Nein, ich würde es nicht auf mich nehmen, happenweise Engilsch mit meinen Kindern zu reden, zumal mein jetziger Mann es nicht könnte. Das ist vielleicht traurig für den biolog. Vater, aber wenn es Kisuaheli wäre, stellte sich Dir das Problem gar nicht; es ist also nur ein Konflikt, weil Du meinst, diese Sprache ausreichend zu können. Und glaube mir - ich habe Zweifel - zumndest daran, daß es reicht, Kindern diese Sprache gut genug nahe zu bringen (ohne dabei gleichzeitig auch noch die eigene zu vernachlässigen). Kompromiß, den ich ansonstesne für nIcht-Muttersprachler auch nicht einginge: Ich ließe sie in der engl. Spielgruppe, was ich sonst auch nicht so tol lfinde, aber dies dem Vater zuliebe. Ich würde evtl .auch eine englischsprachige Spielgruppe/Familie als Kontakt suchen. ich ließe sie in den Ferien in zum Vater, in englischsprachige Länder etc. - aber ich ließe mir mein Zuhause nicht sprachlich von meinem geschiedenen Mann "diktieren", auch nicht auf freiwilliger Basis. Ich würde aller-allerhöchstens so wie du jetzt vielleicht auch mal ein engl. Wort geben, aber ich würde nicht auf das eingehen, was wirklich zweisprachige Erziehung erfordert. Und wie gesagt, gerade mit dem Blick darauf, daß Englisch heute schnell gelernt wird, ist die Notwendigkeit, mehr zu tun, für mich nicht gegeben. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 23.08.2019, 20:56



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Danke. Zu deinen Fragen, wir wohnen in Deutschland, der vater der jungs spricht fließend deutsch, lebt auch seit fast 20 Jahren in Deutschland, ist zum Studium her gekommen. Uns war die zweisprachige Erziehung der Kinder aber trotzdem wichtig. Die Kinder sind jedes zweite Wochenende bei ihm, in den Ferien 2 Wochen bei ihm und eine Woche im Jahr bei der irischen Oma, die ein gebrochenes deutsch spricht, da ist es auch einfacher sie sprechen mit ihr Englisch. Beide können das Englische recht gut. Durch die englischgruppe in der Kita wird es ihnen eben nicht ganz weg genommen nur weil wir getrennt sind, das war mir auch wichtig. Mit meiner Tochter halte ich es eben bisher so, dass sie es von den Brüdern ggf so im spiel mit lernt, aber grundsätzlich wird bei uns eben deutsch gesprochen. Die Jungs sind aber im Spiel eben oft so, dass sie ihr dann sagen das ist grün, auf Englisch green z.b. also einzelne Vokabeln "lernt" sie so mit. Ob sie die behält ist mir bislang egal, sie lernt es ja eh in der Schule später. Wovor ich auch etwas Sorge habe ist, dass meine Söhne irgendwann merken, dass mein neuer Mann kein Englisch spricht und sie dann anfangen das auszunutzen...

Mitglied inaktiv - 24.08.2019, 07:45



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Also , da bei Euch der Kontakt ja regelmässig und in einem engeren Muster statt findet - der vermutlich je älter die Jungs werden noch häufiger werden wird ( bis zur Pubertät), ist die bilinguale Erziehung Deiner Söhne vollkommen richtig und angebracht. Dein Mann nun hat das sicherlich von vornherein gewusst und das akzeptiert. Nun ist ja die Frage , wie sollen die Kinder von Dir aufwachsen - als Geschwister oder als Kinder zweier Familien . Bei Geschwistern heisst es halt mitgefangen mitgehangen . Bei zwei Familien gelten zwei verschiedene Regeln - die aber in einen Haushalt und bei kleinen Kindern überhaupt nicht funktionieren . Da es bei Euch sich nur um die Sprache dreht , die ja in keiner Weise lebensnachteilig ist, und sich nicht um Hausregeln und Erziehungsansichten gestritten wird , denke ich die Sprache einfach dazunehmen und von Deiner Seite so gut Du es kannst im täglichen Leben einfliessen zu lassen wäre hier die richtige Wahl. Deinem neuen Partner steht es frei ( und wird es auch nicht schaden ) englisch zu lernen. Wir schliessen unseren Mann und Papi auch manchmal aus , wenn wir untereinander die neue ( Umgebungssprache ) Sprache sprechen - manchmal ärgert er sich - aber dann lässt er sich auch wieder darauf ein mit uns zu lernen . Die Kinder sind richtig zweisprachig ( deutsch spanisch). Und sprechen noch 3 andere Sprachen mehr oder weniger dazu (valenciano, englisch, französisch) . Ich muttersprache deutsch und eben etwas spanisch , mittelmässiges englisch ( aber eben nicht nur Schulenglisch - da meine Verwandtschaft Engländer sind) , passiv Valenciano und Latein.). Mein Mann spricht muttersprachlich deutsch und ordentliches englisch und Latein und Bruchstückweise spanisch.

von reblaus am 24.08.2019, 09:35



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Darf ich mal ganz neugierig fragen, warum dein Mann Latein spricht? Wo, außer im Vatikan, spricht man diese Sprache? Wie macht er das mit den modernen Dingen des Lebens, Lichtschalter, Automatikgetriebe, Spülmaschine? Kann er diese Dinge benennen? Silvia

von Silvia3 am 26.08.2019, 20:42



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Ja man kann Latein sprechen, wenn man will. Meist ist es eher lesen ( so wie bei meinem Mann). Er ist Geschichtsfan und die europäische Geschichte ist ja nicht gerade unlateinisch geprägt. Es gibt gab ( gibt?) früher einen finnischen Radiosender, der Sendungen auf Latein sendete und eben auch dementsprechend neue Vokabeln einführte. Ich bin sicher , dass es bestimmt irgendwo eine Liste mit diesen Worten gibt. Ansonsten muss man eben neue , beschreibende Kreationen sich ausdenken . Ich selbst hatte 8,5 Jahre von 13 schuljahren Latein ... inzwischen habe ich viel vergessen. Eine Schulfreundin von mir spricht tatsächlich Latein fliessend, manchmal macht sie sich daraus einen Spass , denn nur wenige verstehen sie zB wenn in eine Bestellung in Restaurant aufgibt ... die rätseln erstmal was das für eine Sprache ist, selten kommt die Bedienung darauf. Ausser einmal in TÜ , da konnte der „Kellner“ ( jobbender altsprachlicher Student ) ihr eloquent auf Latein antworten - wir alle haben so gelacht - damals vor 20 Jahren .

von reblaus am 27.08.2019, 13:41



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DAS ist ja spannend! Ich würde auch sehr gern mein Latein auffrischen (oder Türkisch lernen), aber mir fehlen Abende - und hiezrulande vermutlich sogar die Gelegenheit, denn wenn es etwas nut entfernt nach Grammatik (und lateinischen Ausdrücken allein darin) riecht, nehmen die Dänen bildich gesprochen Reißaus. Ich kann mir auch vorstellen, daß man neue Wörter als Komposita oder Umschreibungen konstruieren kann. Spülmaschine, eine Maschine, die Geschirr spült. Nichts anderes mach(t)en ja z.B. die Norweger für sehr viele Computerausdrücke, weil sie Englisch vermeiden woll(t)en. Da gibt es dann oft norwegische Ausdrücke für das, was alle Welt auf Englisch bezeichnet. (Und wen nich an die dDR denke, hatten die auch eigene Wörter für so manches, was wir Englisch kurz und schmerzlos benannten...) So entwickelt sich sogar eine "tote Sprache" weiter. Sich darauf verlassen, daß jemand einen nicht versteht, sollte man wohl nie, man böse reinfallen. Aber mit Latein ist das natürlich wirklich eine Rarität... Wir haben auch mal die Grundbegriffe von Esperanto gelernt, das finde ich auch eine lustige Idee... Ach ja, Sprachen haben was... Gruß Ursel ,DK

von DK-Ursel am 27.08.2019, 14:18



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Huhu, ich würde versuchen, Kind drei ebenfalls in dem Englischkurs in der Kita anzumelden, damit sie auch die Chance hat, Englisch zu lernen und eine Benachteiligung in der Familie zu minimieren, die dadurch entstehen könnte, dass sie nicht versteht, wenn die beiden Großen englisch reden. Wenn sie von den beiden noch etwas lernt, umso besser. Ich würde aber, aus den schon genannten Gründen und auch aus Fairness Deinem neunen Parnter gegenüber, nicht anfangen, selbst Englisch mit ihr zu reden. Wenn er sich bei den Großen ausgeschlossen fühlt oder dem Vorbeugen will, kann er allerdings natürlich auch einen Englisch-Kurs machen (evtl. ja auch im Heimstudium mit der Kleinen zusammen ;-). Grundlagen reichen ja oft schon, um einem "Verarschen" vorzubeugen. LG

von zweizwerge am 04.10.2019, 16:12