Mehrsprachig aufwachsen

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Geschrieben von magistra am 18.02.2016, 10:11 Uhr

Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Ich lese hier beruflich schon lange Zeit mit, habe aber nie etwas gepostet, weil ich ja selbst nicht zweisprachig erziehe. Seit Längerem überlege ich aber, einmal euch die Frage zu stellen, die mich umtreibt.
Ich bin Lehrkraft an einem Gymnasium und wir haben hier das Problem, dass viele unserer Schüler mit Migrationshintergrund (gerade türkisch / arabisch) zwar völlig akzentfrei Deutsch sprechen, dies aber in keiner elaborierten Weise, d.h. die Satzstrukturen sind sehr einfach (in manchen Fällen auch falsch) und der Wortschatz limitiert. Sie haben auch oft Probleme im Sachtextverständnis. Die meisten von ihnen sind aber komplett in Deutschland aufgewachsen.
Ich stelle beim Befragen fest, dass zuhause eine Mischung aus der Muttersprache und einem - schlechten, da die Eltern schlecht Deutsch sprechen - Deutsch gesprochen wird. Nach eigenen Aussagen fühlen die Schüler sich in der Mehrzahl im Deutschen heimischer als in ihrer "Muttersprache".
Wir kümmern uns bereits schulisch um diese "Risikogruppe" (soweit man am Gymnasium davon sprechen kann).
Ich frage mich aber nun, wie man das vermeiden kann. Wenn ich euch so lese, dann glaube ist, dass man Eltern raten muss, daheim nur die Sprache zu sprechen, die sie selbst akzentfrei sprechen, und die Umgebungssprache durch Muttersprachler und evtl. einen frühen KiTa-Besuch zu stärken. Würdet ihr mir da zustimmen?
Es ist so schade, dass diese Kinder, die durchaus schlau sind, sich in keiner Sprache gewählt und sachlich korrekt ausdrücken können. Da ist ja irgendwas schiefgelaufen.
Herzliche Grüße und Danke für den wertvollen Input, den ich hier immer wieder bekomme!

 
20 Antworten:

Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von Malefizz am 18.02.2016, 11:43 Uhr

Hmm, größtenteils schreiben hier eher deutsche Mütter, die zweisprachig erziehen, und kaum Ausländer, die mit Deutsch als Fremdsprache zu tun haben. Von daher kann auch ich nur vermuten, was hier ursächlich für die sprachlichen Besonderheiten ist, wobei meine Vermutungen genau in deine Richtung gehen... Die Eltern stehen unter Assimilationsdruck; sie müssen zu einem Zeitpunkt, der weit hinter dem wissenschaftlich als ideal betrachteten Moment liegt, eine der schwierigsten Sprachen lernen, die es als Nicht-Muttersprachler zu erlernen gibt, zusätzlich dürfte oft auch die Umgebung nicht förderlich sein (Stichwort Ghettoisierung) und am Arbeitsplatz werden sie selten mit geduldigen, verständnisvollen und vor allem hilfsbereiten Deutschen zu tun haben, die zu allem Übel noch dazu oft genug selbst die deutsche Sprache nicht richtig beherrschen (Stichwort regionale Dialekte/Mundarten).

Persönlich habe auch ich die Beobachtung gemacht, dass Kinder den Akzent ihrer Eltern mindestens zu Hause oder unter ihresgleichen konsequent imitieren - er gehört wohl einfach zur Gruppenidentifikation dazu...

Zusätzlich zur Subkultur der Jugendsprache, mit ihren Klauseln und grammatikalischen Extravaganzen, entwickelt sich bei diesen Jugendlichen, per definitionem also ein "Kanakensprech".

In diesem Zusammenhang interessant dürfte u.a. nachfolgender Artikel sein, um das Ganze besser verstehen und einordnen zu können.

http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/professorin-heike-wiese-verteidigt-den-jugendslang-kiezdeutsch-a-824386.html

Mein Mann hat übrigens Deutsch-Sprechverbot bei meinem Kind - und es hat sich bewährt, bis auf die kleine, ärgerliche Besonderheit, dass mein Kind in der Vatersprache fast immer einen hörbaren deutschen Akzent hat!

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von germanit1 am 18.02.2016, 16:33 Uhr

Die Kinder sollten vor der Einschulung schon viel mit der Umgebungssprache zu tun haben.

Mein Kind hoert von mir auch ein nicht ganz perfektes Italienisch und von meinem Mann ein nicht perfektes Deutsch mit Akzent, da bei uns jeder die Muttersprache des anderen versteht und spricht.Allerdings spricht jeder mit unserem Kind in seiner Muttersprache. Wir haben auch Buecher in verschiedenen Sprachen zu Hause. Kind bekommt immer Buecher in beiden Sprachen geschenkt. Kind war nur 1 Jahr im KiGa, gehoert aber zu den Besten in der Klasse.

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von Miba am 18.02.2016, 23:31 Uhr

Das Phänomen wird gerne auch als "doppelte Halbsprachigkeit" bezeichnet. Es ist allerdings ein Trugschluss zu glauben, die Betroffenen könnten keine Sprache richtig sprechen.
Es gibt zu dem Thema unter folgendem Link eine Stellungnahme aus sprachwissenschftlicher Sicht:

http://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/svm/pdf/DoppelteHalbsprachigkeit_Stellungnahme.pdf

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von Joaninha am 19.02.2016, 9:52 Uhr

Hallo.

ich schreibe nicht als zweisprachig erziehende Mutter, weil meine Tochter erst 8 Monate alt ist, habe mir aber über Deine Frage Gedanken gemacht und schreibe Dir deshalb.

Mein erster Gedanke: Diese Kinder/Jugendlichen haben sich mehr oder weniger selbständig etwas erarbeitet, was wir mit List und Tücke und teils großem Aufwand unseren Kindern zu vermitteln suchen. Erst einmal finde ich das sehr beachtlich und denke, es hat Respekt verdient.

Mein zweiter Gedanke: Ja, es ist schade, dass sich die Kinder auf Deutsch nicht "gewählt" ausdrücken können. Ebenso, wie es schade ist, dass sich deutsche Rentner, die in der Türkei ihren Lebensabend verbringen, oft nicht gewählt auf türkisch ausdrücken können. Was ich damit sagen will: Jeder muss selbst entscheiden, wieviel Lebenszeit er aufwendet, um eine Sprache - im Fall der Jugendlichen - zu perfektionieren oder - im Fall der Rentner - überhaupt einmal zu erlernen.

Mein dritter Gedanke: Vor diesem Hintergrund finde ich das Konzept der Sprachlernberatung sinnvoll, das an manchen Unis umgesetzt wird. Die Beratung richtet sich an Nichtmuttersprachler. Der Berater hat z.B. eine Ausbildung in Deutsch als Fremdsprache, spricht aber logischerweise nicht alle Sprachen, in denen er berät. Die Beratung läuft so ab, dass gefragt wird, was der Nichtmuttersprachler eigentlich genau im Deutschen erreichen will. Das kann von "Hausarbeiten schreiben" und "Vorlesungen/Sachtexte verstehen" über "deutsche Freunde finden" bis hin zu "endlich mal weil-Sätze syntaktisch korrekt bilden können" alles sein. Dann wird gemeinsam überlegt, wie man das Ziel erreichen kann.
Das Gute ist, dass hier der Nichtmuttersprachler in die Überlegungen einbezogen wird. Ihm wird nichts aufgedrängt, sondern er setzt im Optimalfall seine eigenen Bedürfnisse um. Hier könnte man vielleicht auch in der Schule ansetzen, entweder mit älteren Schülern oder den Eltern.

Bitte versteh mich nicht falsch, generell finde ich Deine Frage legitim. Nur ist häufig, wenn die Frage aufgeworfen wird, ein implizite Wertung im Spiel: Sprache X ist besser als Sprache Y, Schriftlichkeit ist besser als Mündlichkeit, komplexe Syntax besser als einfache Syntax. Das sollte man, denke ich, einmal kritisch hinterfragen.

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Erfahrung Gymnasium zweispraschige Stadt

Antwort von Dor am 19.02.2016, 10:31 Uhr

Hallo
Wir leben in einer zweisprachigen Stadt (D/F) und kennen dieses Phänomen ebenfalls, allerdings auf einem sehr hohen Niveau. Zu Hause sprechen die Eltern i.a. beide Sprachen, auch sehr oft einen Mischmasch.

Der Deutschlehrer (D/F) sagen dann oft: Ich glaube A hat als Muttersprache F.
Der Französischlehrer sagt: Ich glaube A hat als Muttersprache D.

Die SuS sprechen beide Sprachen i.y. auf sehr hohem Niveau, aber keine ist so elaboriert, dass der Wortschatz wie bei einem Muttersprachler ist.

LG

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Re: Erfahrung Gymnasium zweispraschige Stadt

Antwort von DK-Ursel am 19.02.2016, 12:00 Uhr

Hej allesammen!

Erstmal:
Joaninha -- Du bist doch zwiesprachig erziehende Mutter, wenn Du 2 Sprachen an Dein Kind bringst - egal, wieviel Dein Kind schon spircht!!!

Zur gestellten Frage:
Interessante Beobachtung.
ich glaube nicht, daß es einen Unterschied macht, daß wir deutsche Mütter sind, die im Ausland erziehen.
Demgemäß müßten dann ja viele "halb deutschen" Kinder schlecht ihre nicht-deutsche Umgebungssprache sprechen.
Letztendlich gibt es auch in DK Einwandererkinder, die genau dieselben Probleme haben, dann eben meinetwegen türkisch-dänisch und nicht türkisch-deutsch oder so.
Dies nur zu Malerfizz´ Anfangs.

Aber letztendlich liegt es wohl an dem Mischmasch, der zuhause gesprochen wird.
Nicht daran, daß die Kevtl. vom Vater oder der Mutter irgendeine Sprache nicht ganz so gut und fehlerfrei vermittelt bekommen, sondern daß generell gemischt wird.
Daß bei uns Familiensprache Deutsch ist, obwohl mein Mann immern och Probleme beim Deklinieren bzw. Artikel hat, hat dem Deutsch meiner Kinder keineswegs geschadet.
Aber sie haben eben auch von beiden Eltern deren Sprachen in gut strukturierter Form gehört.

Und DASS gemischt wird, könnte auch ein Zeichen für den sozialen Hintergrund sen, denn vermutlich tendieren nichzt so sprachbewußte Menschen eher dazu - sich sprachlich anzupassen und dies in etwas konfuser Art zu tun und eben nicht so bewußt auf gute Sprache zu achten.
Zusätzlich zu mSprachenmisch ist vielleicht auch die Ursprungssprache der Eltern nicht "akademisch" ausgeprägt (auch meine mutter meinte einmal, sie könne dem Gespräch zwischen meinem Bruder und mir nicht mehr folgen --- das lag sicher einerseits an einem "akademischen" oder politischen Thema, aber eben auch an der Wortwahl, der Satzstruktur etc., die wir auf dem Gymnasium gelernt hatten - und meine mutter sprach an sich gutes Deutsch, aber eben ohne den durch Literatur etc. geprägten Weg der Sprache), dann fällt mit dem Mischen zusammen natürlich noch mehr unter den Tisch.

Zeigt nur wieder:
Mischen ist nicht zuträglich.
Die Eltern zuhause (nur) die Umgebungssprache ans kind bringen zu lassen (wie das sowohl in DK vor Jahren als auch ein CSU-Politker erst letztes Jahr (?) fordern) ist kontraproduktiv.
Viel besser ist es, daß das Kind die Eltern so gut wie möglich in deren Muttersprache sprechen hört, damit es eine so gut wie mögliche Struktur lernen kann.

Ich selbst lebe jetzt emhr als 20 Jahre in DK und spreche die Sprache fließend, es gibt sicher kau mein Gebiet - sofern es nicht gerade ingeneurwesen oder eine andere Fachsprache ist, auf dem ich mich nicht ausdrücken kann - vom Kinderkriegen bis zum Abiturmachen, aber ich stoße täglich an meine sprachlichen Grenzen, weil ich in Deutsch weitaus kompliziertere, differenziertere Satzgefüge basteln kann und weil ich immer noch auf Deutsch den größeren Wortschatz habe.
Auch wenn mich alle entsetzt, verständnislos, empört anschauen, wenn ich sage, ichfühle mich im Dänischen ebven noch lange nicht so heimisch wie im Deutschen und werde es wohl nie tun ("Du sprichst doch fließend!"), so weiß ich:
Da fehlt noch viel!
Hätte ich also meinen Kindern die dänische Sprache nahebringen sollen, wären ihnen viele sprachliche Nuancen entgangen, zumal ich in der Zeit, als sie klein waren, ja auch noch relativ neu im Land war.

So ergeht es sicher den Kindern, die das dauerhaft erleben...
Aber sehr interessant, Deine Beobachutng.

Gruß Ursel, DK

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Ursel

Antwort von Malefizz am 19.02.2016, 23:18 Uhr

Lies bitte nochmal, was ich geschrieben habe. Ich fürchte, du hast mich komplett missverstanden!

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Malefizz

Antwort von DK-Ursel am 19.02.2016, 23:56 Uhr

Wo glaubst Du denn, daß ich Dich mißverstanden habe???

Dein erster Abschnitt bezieht sich weitgehend darauf, daß es eben Kinder sind, die mit ausländischen Eltern nach Dtld. kommen und dort die Sprache eben nicht gut genug lernen, wei ldie Eltern aus gewissen Gründen, die Du erwähnst, sie nicht gut lernen.
Viele der Gründe, die Du beschriebst, treffen ganz genauso auf Türken in DK, Türken in England, aber auch auf Deutsche in DK, Deutsche in England etc. zu.

Ich mölchte gar nicht diskutieren, ob Deutsch wirklich soviel schwerer als Enbglisch, Französisch oder Italienisch ist - wenn Du meine Vienamsein, superschlau und ehrgeizig, die hier seit 6 Jahren lebt und Ingenieurwesen zu Ende studiert hat, die zuhause kein Dänisch Vietnamesisch spricht, damit ihr nachgezogenes Kind schneller integriert ist, wenn Du die also Dänisch reden hörtest, wäre der Mythos von der schwierigen dt. Sprache vielleicht schnell entkräftet.
Dito, wenn Du meinen dänischen Chorbruder hörst, der Deutsch liebt und findet, sie eben gerade für ihn (auch Ingenieur) wunderbar nachvollziehbar und logisch, strukturiert und ohne so viele Ausnahmen wie die nglische Sprache.
Tja, wie gesagt, das möchte ich lieber gar nicht diskutierten.

Aber ich wüßte sehr gern, wo ich Dich mißverstanden habe.
Bitte hilf mir doch mal!

Gruß Ursel, DK

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Re: Malefizz

Antwort von Leela am 20.02.2016, 0:56 Uhr

Hi,
ich bin schon lange in Deutschland, mein Deutsch ist aber lange noch nicht perfekt oder akzentfrei und wird es auch nie sein. Trotzdem habe ich mich mit 13 J. entschieden Deutsch zu lernen, weil ich ´die Sprache im Vergleich zu anderen einfach fand. Klarer Satzaufbau, viele Regeln, wenig Ausnahmen, einfache Aussprache, was soll an dieser Sprache so schwer sein??? Das werde ich nie verstehen.
LG

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Ursel

Antwort von Malefizz am 20.02.2016, 8:47 Uhr

"ich glaube nicht, daß es einen Unterschied macht, daß wir deutsche Mütter sind, die im Ausland erziehen.
Demgemäß müßten dann ja viele "halb deutschen" Kinder schlecht ihre nicht-deutsche Umgebungssprache sprechen.
Letztendlich gibt es auch in DK Einwandererkinder, die genau dieselben Probleme haben, dann eben meinetwegen türkisch-dänisch und nicht türkisch-deutsch oder so.
Dies nur zu Malerfizz´ Anfangs."

Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst! Ich schrieb nichts davon, dass es einen Unterschied macht, dass wir deutsche Mütter sind, die im Ausland erziehen!

Ich schrieb, dass wir hier, in diesem Forum, mehrheitlich deutsche Mütter sind, die ganz bewusst zweisprachig erziehen, weil wir das wollen, können und uns das zutrauen!

Hier schreiben nunmal kaum ausländische Mütter, die Deutsch als Fremdsprache erst mehr oder weniger mühsam selbst gelernt haben, um es dann mit ihrem Kind in Deutschland als wie auch immer gearteten Mischmasch zu sprechen!

Mein Kind hat als Umgebungssprache Deutsch, und keineswegs überraschend ist de facto die Nicht-Umgebungssprache schwächer, obwohl wir sie sogar als Familiensprache sprechen, aber mit dem Kind OPOL pflegen! Ich bin fließend in der anderen Sprache. Mein Mann ist noch recht weit von fließend im deutschen Sprachvermögen entfernt, trotz hohem Bildungsgrad, einem anspruchsvollen Beruf, etc.

Deutsch ist logisch, sagt auch mein Mann, Deutsch ist guttural, sagt er ebenfalls, wobei er Glück hat, gern zu singen (er sagt, das hilft ) - und wir haben das Glück, in einer Gegend zu leben, die keinen unverständlichen Dialekt pflegt. Trotzdem hat er bis heute mit der Sprache zu kämpfen, hat einen Akzent und spricht und schreibt nicht fehlerfrei. Es gibt Menschen mit Sprachbegabung, die sich schnell in jede Fremdsprache reinfuchsen, und darüberhinaus ein gutes Ohr besitzen, aber dennoch überwiegen die, die sich schwer tun, und denen es bestimmte Bedingungen (die ich bereits in meinem ersten Beitrag nannte) sogar noch weiter erschweren.

Ich habe jetzt auch keine Lust, die Sprachen der Welt gegeneinander aufzuwiegen, denn das entfernt sich viel zu sehr von der Ausgangsposition der AP, aber ich habe durchaus nichts unrichtiges behauptet, was die deutsche Sprache betrifft!

https://www.papagei.com/de/magazin/welt-der-sprachen/schwerste-sprachen/

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Re: Ursel

Antwort von DK-Ursel am 20.02.2016, 16:43 Uhr

Hej malefizz!

Okay, ich habe mich auf diesen ersten Satz von Dir bezogen:
"Hmm, größtenteils schreiben hier eher deutsche Mütter, die zweisprachig erziehen, und kaum Ausländer, die mit Deutsch als Fremdsprache zu tun haben."

Und vermutlich zuviel auf den ersten Teil geschaut.
Denn ich finde nunmal, es ist schnuppe, ob z.B. ein türkisches Kind gebrochen Deutsch + gebrochen Türkisch spricht, weil es beide Sprachen eben nur im Mischmasch gehört hat bzw. sich angeeignet hat oder ob das gebrochen Dänisch (Englisch, Französisch, Niederländisch...) und gebrochen Türkisch ist, weil ... Begründung s.o.

Die Sprachen sind da m.E. auswechselbar.
Weil es eben verschiedene Ansichten darüber gibt, ob Deutsch oder Englisch schwerer zu lernen ist, wen nma nes wirklich gut beherrschen will.
Weil die Ursachen m.E. nicht hauptsächlich im Schwierigjkeitsgrad der Sprachen liegen, sondern imn der Art der BVermittlung.
Immerhin lernen ja deutsche Babys/Kleinkinder - so wie auch polnische (Polnisch wird ja mit las schwerste Sprache eingeschätzt) diese schweren Sprachen auch ziemlich mühelos und nicht unbednigt mir größeren Problemen als dänische Babys und Kleinkinder ihre dänische Sprache lernen.
Es ist die Art der Verrmittlung - Ghettobildung, zu wenig Kontakt zu einer der beiden Sprachen. dort, wo sie gut gesprochen werden und dann womöglich eben noch Mischen zuhause, die bewirken ,daß Kinder aus solchen Familien Probleme haben.
Familien , die eben oft auch -- "bildungsfern" sind oder eben sonst nie eine andere Sparche gelernt hätten, sich dazu einen Kopf gemacht hätten, wären sie nicht in durch wirtschaftl. oder andere Gründe in ein anderes Land gekommen.

Jemand, der sich der Sprache halbwegs bewußt ist udn so bewußt zweisprachig erzieht wie Du und ich, kommt sicher kaum in die Versuchung, nachlässig zu sprechen, zu mischen, etc.
Und bringt dem Kind damit eben auch anders und eine andere Sprache bei.

ich kenne auch einsprachige Schüler, deren sprachl. Phantasie einfach nicht reicht.
Ihre Eltern haben ihnen vorgemacht, vorgelebt, daß die Sprache zur schnöden Kommunikation im Alltag reichen muß - also kurze Anordnungen, mal eine Erzählung dazu, was der Nachbar gerade macht etc. --- aber eben keine Bücher im Haus, keine Diskussionen bei Tisch über Gott und die Welt (statt die nächste Urlaubsreise oder das neue Auto) etc.
Diese Kinder sprechen natürlich absolut fehlerfreies Dänisch, jedoch geht ihnen auch ab, was die AP vermißt, möchte ich wetten!
Ich habe schon in der 3. oder 4. Klasse Lehrer darüber klagen hören...


Ich hoffe, ich konnte mich nun verständlich machen.

Kurz auf einen Nenner gebracht:
Du glaubst, es liegt wesentlich an der Schwierigkeit der dt. Sprache?
Ich glaube, das ist untergeordnet - die Art der Vermittlung, die soziale Herkunft sind da weitaus prägender.
Richtig so?

Gruß Ursel, DK

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von magistra am 20.02.2016, 18:23 Uhr

Vielen Dank für eure Antworten und die Leseanregungen!
Ich rate Eltern hier konsequent, daheim nur die Muttersprache zu sprechen, aber bei unseren Schülerinnen und Schülern ist es ja schon zu spät.
Ich werde hier mal an den Unis nach der Sprachbegleitung fragen, evtl. kann man da mal einen Experten herholen, der auch den Schülern ihr Problem mal klarmacht. Dadurch, dass sie akzentfrei sprechen, denken die ja, sie könnten perfekt Deutsch. Sie erkennen bei Sachtexten gar nicht, dass ihr mangelndes Verständnis eben auch am mangelnden Verständnis des Deutschen liegt. Sie erkennen nicht, dass sie bei Aufsätzen einen limitierten Wortschatz verwenden.
Wir haben hier schon Förderangebote für die Altersgruppe 10/11 Jahre, aber uns fehlt noch etwas für die Größeren, wahrscheinlich losgelöst vom "normalen" Deutschunterricht, sondern eher gekoppelt an die Nebenfächer, sodass es eben gleich um Sachtexte geht.
Euer Input hat mir geholfen, auch wenn wir hier erst am Anfang eines Wegs sind.

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Re: Ursel

Antwort von Malefizz am 20.02.2016, 22:07 Uhr

Nein, die Schwierigkeit der dt. Sprache (für die ausländischen Eltern, die in D Kinder aufziehen!) ist nicht wesentlich, sondern war nur ein Teilaspekt meiner Betrachtungen!

Alle anderen von dir genannten Punkte hatte ich (so dachte ich zumindest) auch implizit angerissen, als es darum ging zu erklären, warum insbesondere diesen Kinder oft genug leider nur die doppelte Halbsprachigkeit zu eigen ist...

Zu wenig hochwertiger Input (falsche Fernsehprogramme, zu wenig Bücher), zu wenig gemeinsam verbrachte Zeit, Druck von außen, in der Öffentlichkeit ja nicht Türkisch oder sonst eine verpönte (!) Sprache zu sprechen, Grüppchenbildung, etc. das alles spielt selbstverständlich noch mit rein...

Hoffentlich sind jetzt endgültig sämtliche Klarheiten beseitigt.

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Malefizz:

Antwort von DK-Ursel am 21.02.2016, 11:02 Uhr

Ich denke schon.
Dann sind wir doch eigentlich (fast) einig.

Und wenn nicht, ist es ja auch kein Drama!

Schönen Sonntag!
Gruß Ursel, DK

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von DK-Ursel am 21.02.2016, 11:09 Uhr

Hej nochmal!

Ganz blöd gefragt:
Sind denn alle deutschen Schüler mit 2 deutschen Eltern weiter --- oder wirkt sich da evtl .auch die Herkunft ähnlich auis wie bei den bilingualen Schülern?

Wenn das so wäre, bräuchte man ja beinahe Kurse einfach nur für diese Schüler"schichten" (entschuligt das blöde Wort).

Wobei mich auch etwas wundert,daß man im Laufe eines in Dtld. doch auch langen Gymnasiumsjahres nichtgenug Wortschatz ansammelt, genug Satzstruktur, um da mithalten zu können.
Denn wie ich erwähnte:
Auch bei uns zuhause wurde zwar richtiges Deutsch gesprochen ,hochdeutsch, aber schachtelsätze, lange Sätze und fremdwörter, ein noch doifferenzierterer Wortschatz etc. waren auch nicht da.
Meine Mutter las nicht, der Wortschatz war also gut, aber eben praxisorientiert - wie auch beschrieben beidem Jungen,d er hierzulande laut Lehrer keine "Sprachphantasie" (ind er 3. oder 4. Kl.) aufwies und bei dem ich wußte, wieso.. beidem einen jedenfalls, es gab noch mehrere.

Übrigens - und hier erwacht nicht nur die bibliothekarin inm ir - ist es imemr gut, Vorzulesen - wir haben das bei unseren (lesetüchtigen!!!) Kindern bis zum ca. 12. Lebensjahr getan --- und die bücher, die ich vorlas, habe ich auch ausgesucht, durchaus ein bißchen mit Rücksicht auf INtreressen, aber immer mit Blick darauf, da ß sie es auch 2wert waren".
Lesegfutterdurftendie Mädels selber lesen... was zusätzlichen Anreizt zum Lesen für manche kinder sein kann.
Aber Wortschatz kommt viel durch Bücher... ich habe auch immens viel gelesen als kind...

Nur denke ich, gerade in Dtld. geht man ja sehr lange aufs Gymnasium, so daß man im Laufe der Jahre doch diese Sprache mitbekommen müßte...wenn man ansonsten fürß´s Gymnasium schlau genug ist.

Gruß Ursel, DK

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von malla am 22.02.2016, 13:23 Uhr

Hallo!
Ha, da bin ich froh, dass noch jemand so denkt. Das habe ich mich auch sofort gefragt - es gibt weiß Gott genug Kinder von ausschließlich deutschsprachigen Eltern, deren Wortschatz auch nicht wirklich beeindruckt und deren Satzstrukturen durchaus ausbaufähig sind. Manchmal finden sich diese Kinder auch auf dem Gymnasium wieder. Generell würde ich tippen, dass ein Kind von einem türkischen Ärztepaar, auch wenn die Eltern nur schlecht Deutsch sprechen, deutlich bessere Chancen hat eine höhere sprachliche Kompetenz zu entwickeln, als der Sohn des Betreibers einer Gyrosbude. Dasselbe gilt, dem Idealismus zum Trotz, für alle Kinder, egal welcher Nationalität. Das hat zu tun mit dem Wert, den man auf Bildung im Allgemeinen legt, mit dem Lesestoff (falls überhaupt gelesen wird), mit der Wahl der Fernsehsendungen und mit der Freizeitgestaltung überhaupt. Und zweisprachig kein ist in meinen Augen immer vom Vorteil. Ich bin übrigens Ausländerin, die Ihre Kinder in Deutschland erzieht und ich spreche Deutsch mit ihnen, wann immer es sich ergibt. Aber ich glaube nicht, dass ich deren Schullaufbahn ernsthaft gefährde.

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von DK-Ursel am 22.02.2016, 15:04 Uhr

Hej Malla!

Grob gesehen und überspitzt ausgedrückt war das wohl auch das, was ich meinte, bis auf deine abschließenden Sätze:

Es geht ja nicht darum,daß wir i mAusland nicht die Umgebungssprache mit unseren Kindern sprechen sollen , wollen, dürfen, können.
Auch ich wie viele andere Eltern, die ich kenne, sprechen Dänisch mit ihren Kindern - eben wenn Dänen zugegen sind, die dies verstehen sollen.
Aber es geht darum, daß innerhalb eines Zusammenhangs, Satzes (!!!!) gemischt wird - so wie es eben ein kleines Kind ganz natürlich macht, weil es sich seinen 100%-Wortschatz, der aber auf 2-3 Sprachen verteilt ist, immer "zusammenleihen" muß.
Wenn das von den Erwachsenen durchgezogen und vorgelebt wird, ist das leider kontraproduktiv und bildet eben keine der verwendeten Sprachen ordentlich aus.

Gruß Ursel ,DK

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Naja, was soll man da hinterfragen? Ich meine, es ist nun mal...

Antwort von MM am 22.02.2016, 16:31 Uhr

... in einer Reihe von Situationen im Berufsleben und in der Gesellschaft allgemein angebracht oder gar notwendig, sich "gewählt" auszudrücken. Beherrscht man dies nicht, ist man im Nachteil. Das diskutiert man nicht weg, indem man sagt, man solle die Wertung "hinterfragen"...

Es schrieb niemand, das Schriftliche sei "besser". Aber zum Spracherwerb gehört nunmal auch der schriftliche Teil. Ohne kommt man im Leben schlecht aus und es werden einem Möglichkeiten verschlossen, die man sonst u-U. hätte
.
Und gerade bei Kindern und Jugendlichen ist es doch schade, denn sie haben noch eine Perspektive vor sich, die dadurch ggf. beeinträchtigt wird. Deshalb macht sich die AP ja Gedanken darüber, ich kann das auch total nachvollziehen.

Ich denke, es liegt nicht nur daran, dass sie Eltern zu Hause so sprechen, wie sie sprechen - obwohl das natürlich auch ien Faktor ist, Aber für eine "gewählte" und vielfältige Sprache mit gutem Ausdruck ist m.E. auch das Lesen wichtig. Es erweitert den Wortschatz und die Ausdrucksfähigkeit. UNd das kommt halt heute oft leider zu kurz - nicht nur bei Jugendlichen "mit Migrationshintergrund"...

Ich denke, als Lehrerin kann man das mit den Schülern in gewissem UMfang trainieren - z-B. durch interessanten Lesestoff, den sie dann auch mit eigenen Worten zusammenfassen sollen, durch das Schreiben von Aufsätzen zu verschiednene Themen, und ggf. auch durch das Schauen und Besprechen von Filmen, die aber vom Text und den Dialogen gut sein müssen (also eben nicht dieses "Ey, ich geh Schulhof")... Das kann helfen, denke ich. Wobei es natürlich auch eine Frage der Zeit, Lust und Motivation ist.

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von Astrid18 am 25.02.2016, 13:05 Uhr

Im Deutschen gibt es - wie wohl in fast jeder Sprache - einen deutlichen Unterschied zwischen der gesprochenen Sprache und der Schriftsprache. Ich kenne zum Beispiel viele Deutsche, die von sich behaupten, in der englischen Sprache sehr fit zu sein. Trotzdem schreiben sie Emails im gleichen Stil wie das gesprochene Wort, was sie im Deutschen niemals täten.

Genauso kenne ich Deutsche, die beruflich jeden Tag Englisch sprechen (gerade aus meiner Zeit im Ausland) und viele englische Begriffe in die deutsche Sprache mischen. Teilweise liegt es daran, dass es kein entsprechendes griffiges Wort im Deutschen gibt (z. Bsp. Compound), teilweise aber auch an der Gewöhnung.

Ich denke, dass es bei Deinen Schülern an einer Mischung aus Bildungshintergrund/Unsicherheit der Eltern zur Spracherziehung/Mangel an Büchern in der Muttersprache liegt. Arabische Muttersprachler müssten ja auch noch eine ganz andere Schrift lernen, um in Muttersprache und deutscher Sprache in Wort und Schrift gleichauf zu sein. Das macht es nun einmal schwierig. Denn wer in seiner Muttersprache keine Bücher lesen kann, kann auch seine Vokabular in der Muttersprache nicht so erweitern wie es gut wäre, um quasi parallel auf ein das gleiche Niveau zu kommen. Anders gesagt, wer als zweisprachiges Kind weiß, was ein Sperling in seiner Muttersprache ist, will auch wissen, was ein Sperling in der anderen Sprache ist und wird sich nicht mit der Antwort "Vogel" zufrieden geben.

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Re: Doppelte Dreiviertelsprachigkeit

Antwort von Geisterfinger am 22.03.2016, 13:36 Uhr

Ich kenne auch die Ansage, dass man mit seinem Kind lieber die gut beherrschte Muttersprache sprechen soll als die Bruchstücke der Umgebungssprache, damit die Kinder alle Möglichkeiten einer Sprache kennen lernen. Diese dann in eine andere Sprache zu übertragen ist vergleichsweise leicht. Wenn man nie Zeiten, Relativsätze usw kennen gelernt hat, dann geht das eben nicht.
Ob die LEtern ihre jeweiligen herkunftssprachen "gut" sprechen kann man aber schwer beurteilen.
Ich könnte mir vorstellen, dass Vorlesen/Hörbücher da helfen, da sie Raffinessen und Wortschatz bieten, die im Alltag nicht vorhanden sind.

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