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Beurteilung-mehrfache Halbsprachigkeit

Thema: Beurteilung-mehrfache Halbsprachigkeit

Ich habe ein kniffeliges Problem. Ich selber bin Beamtin des hoeheren Dienstes und verdiene mein Geld mit Schreiben. Vorlagen, Brief- und Antwortentwuerfe, Stellungnahmen, Internetbeitraege, Protokolle,Projektskizzen, Analysen, Jahresberichte, Berichte zu Themen von besonderem Interesse. Beherrschung der Schriftsprache ist Kernelement und so gerne und so oft ich privat schlampe- meine dienstlichen Schriftstuecke sind durch die Bank picobello. Denn daraus besteht der Job. Nun habe ich einen Praktikanten.der hat sich mit prima Unterlagen beworben und als fliessend in fuenf Sprachen, Muttersprache deutsch, vorgestellt. Bewerbungsunterlagen waren ok, er macht einen Master. Jetzt ist er da- und es ist einfach nur katastrophal. Er ist im nichtdeutschsprachigen Ausland zur Schule gegangen, hat in einem weiteren nichtdeutschsprachigen Ausland seinen bachelor gemacht und sein Schriftdeutsch ist absolut inakzeptabel. Er kann KEINE Kommata setzen, sein Wortschatz ist schlecht (wir machen Presseauswertungen, hier im Land spricht man wortlich uebersetzt von Steuer auf Arbeit, der deutsche Begriff ist aber Einkommenssteuer-aber den kennt er nicht. Wir schreiben aber fuer deutsche Rezipienten- kurzum, eas er schreibt, ist kaum verstaendlich. Das jetzt ist ja nur ein Beispiel, es gibt aber zig. Man merkt, dass er nie Deutschunterricht gehabt hat, er schreibt, wie man umgangssprachlich spricht. Ohne Interpunktion, odt ein ""Und"" am Satzanfang..... Ich habe ihn natuerlich drauf angesprochen und er hat es mir erklaert, eben dass er nur im Ausland zur Schule ging und studierte bis jetzt. Fuer ihn wae das Erlaeuterung genug. Ich will ihm nichts boeses ABER ich muss ihm ja eine Beurteilung schreiben. Die muessen wohlwollend und freundlich sein. Wir haben da einen Baukasten - danach kann es heissen, dass die schriftlichen Arbeiten praxisverwertbar waren schriftlichen Arbeiten mit leichten Aenderungen praxisverwertbar waren schriftliche Arbeiten mit Aenderungen praxisverwertbar waren schriftliche Arbeiten ueberarbeit werden mussten. Bei ihm ist das so- wie ein Kollege sagte, fuer den er ein Protokoll geschrieben hat, dass er es gleich neu schreibt weil man es nicht ueberarbeiten kann. Und jetzt weiss ich nicht, was ich machen soll. Ich schreibe hoechst ungerne schlechte Beurteilungen.Und ich sehe ja seinen Punkt. Verstehe allerdings auch seinen Groessenwahn nicht ganz, naemlich wieso er sein Praktikum da macht, wo Schriftsprache unglaublich wichtig ist. Regel ist auch, dass es uns um Beherrschung der Fertigkeiten geht. No more, no less. Also Erlaeuterungen, WARUM er nicht den Anforderungen entsprach, darf ich nicht aufnehmen (obwohl sie auch mein eigenes Wissen sind, ich habe ja seine Zeugnisse gesehen). Also vernichtende Beurteilung? Was meint Ihr? Benedikte

von Benedikte am 27.06.2015, 11:16



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Wenn ich ueberlege, dass seine Texte, die niemand korrigiert, mal jemand verstehen muss, wuerde ich zu Letzterem tendieren. Ich denke da an unverstaendliche / schwer verstaendliche Uebersetzungen von irgendwelchen Gebrauchsanweisungen. Manche Firmen haben einen besseren Ruf als andere. Deshalb hat er sich wohl bei Euch beworben. Wenn er sehr gut Deutsch spricht, es aber nicht schreiben kann, kannst du ihm ja raten es so in seinen Lebenslauf zu schreiben. Fuer die Rechtschreibkorrektur gibt es ja auch Programme. Nur werden die leider zu selten benutzt. Bei Grammatik- bzw. Uebersetzungsfehlern helfen die allerdings wenig. Ich weiss auch aus Erfahrung, dass Leute sagen sie koennten dies, das und jenes damit sie den Job bekommen. Am Ende koennen sie die Sachen gar nicht (so gut). Jemand, der seine Schwaechen zugibt, aber lernbereit ist, hat oft schlechtere Karten.

von germanit1 am 27.06.2015, 17:22



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ja, Praktika bei uns haben viel Wert beim Aufhuebschen des Lebenslaufes. Er ist Doppelstaatler, aufgewachsen im Ausland, zu Hasue mit der Mutter deutsch gesprochen. Er spricht also, wie man spricht, hat aber nie Unterricht gehabt. Sprich, wenn man mit ihm ""so"" redet, ist alles schick. Er spricht akzentfrei und voellig richtig solange man Praesens Indikativ aktiv gebraucht. Umgangssprache halt, einfache Aussagesaetze. Aber schriftlich ist es katastrophal. Er kann kein einziges Komma setzen und man merkt dann auch, wie sehr sein Wortschatz auf die Umgangssprache begrenzt ist. Ich bin etwas sauer, weil, wie Du ja wiesst, man bei uns gerade mit der Schriftsprache sehr penibel ist. In allen Laufbahnen, meiner aber besonders. Und dass er sich da so ueberschaetzt zumal er auch im Studium schon Schwierigkeiten hat. Letzlich, wir sind nur eine Praktkumsstelle. Er hat auch ein paar arbeiten gut erldigt, bspw. mal augelistet, was sich so in meinem Archiv befindet. Da hat er alles gezaehlt. Oder fuer eine Vortragsveranstaltung identifiziert er geeignetes Publikum, das laeuft auch gut. Solche Hilfarbeiten sollen zwar nicht das Praktikum praegen, aber da kann man freundliches sagen. Nur eben nix zum wichtisgten fer uns. Gruss Benedikte

von Benedikte am 28.06.2015, 11:19



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Ich würde ihm den Gefallen tun, ihn vorher unter vier Augen zu erklären, dass sein schriftdeutsch nicht gut genug für Eure Anforderungen ist. Er sollte daraus lernen und seinen weiteren Berufsweg entsprechend ausrichten. Er wurd ja nirgendwo glücklich werden, wo er in deutscher Sprache Texte verfassen muss. Wenn er das Zeugnis nirgendwo vorlegen muss, kann er es ja einfach unter den Tisch fallen lassen, aber er hat dann wenigstens etwas fürs Leben gelernt.

von Astrid18 am 28.06.2015, 16:04



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Kommt halt drauf an, was man mit dem Zeugnis zeigen will. Ich gebe in meinem Lebenslauf auch an, dass ich Griechisch kann und lege das Pruefungszeugnis bei. Da steht, dass ich sprechen und verstehen bestanden habe, schriftlich aber nicht. Ich will in der Sprache auch nicht unbedingt Texte frei schreiben (hoechstens mal kurze mit Rechtschreibkorrektur vom Computer). Ich habe auch viele Griechen kennengelernt, die Probleme mit der Rechtschreibung haben.

von germanit1 am 28.06.2015, 16:27



Antwort auf Beitrag von Astrid18

Voellig richtig. Habe ich auch schon versucht. ABER er selber sieht das nicht ganz so. Er meint, dass er eben nur "ein paar" Schweirigkeiten mit der Interpunktion hat, ist aber sonst ganz zufrieden mit sich. Meine Kollegen habe ich gefragt, welchen Eindruck sie haben- der entspricht meinem, aber die wollen zumeist ihre Ruhe. Bspw. sagte ein Kollege, fuer den er ein Sitzungsprotokoll schreiben sollte, dass er erst gar nicht anfaengt, mit dem Praktikanten darueber zu reden oder das Protokoll zu verbessern, sonern es gleich selber schreibt, weil es nicht zu verbessern ist. Und weiter gibt er ihm nichts zu erledigen- weil es nur mehr Zeit kostet. Aber das war es. Und- alleine aus der Tatsache, dass er sich trotz seiner Schwierigkeiten da u ein Praktikum beworben hat, wo es auf genau das ankommt, was er nicht kann, kannst Du schon schliessen, dass er ein ziemlich kraeftiges Selbstvertrauen hat. Aber Du hast in der Sache natuerlich Recht. Benedikte

von Benedikte am 28.06.2015, 18:32



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Hallo, wenn er so beratungsresistent ist, würde ich ihm die letzte deiner Beurteilungsmöglichkeiten geben. Schriftliches muss überarbeitet werden. Das ist es ja, was Du sagst. Wenn er evtl. selbstkritisch wäre, und einsieht, dass er noch sehr an sich arbeiten muss, um den Anforderungen zu genügen, würde ich evtl. über eine andere Bewertung nachdenken. Aber so? Musst Du auch andere Bereiche der Arbeit beurteilen? Da wird er ja bessere Bewertungen bekommen. Möchtest Du das verantworten, dass er evtl. aufgrund Deiner Bewertung eine Arbeitsstelle bekommt mit Deinem Tätigkeitsschwerpunkt? Stell dir vor, er wäre Dein Kollege? Der eingestellt wurde, weil er neben einem gutem Abschlußzeugnis ein super Praktikumszeugnis von einem Arbeitgeber mit sehr gutem Ruf hat. Evtl. würdest Dir selbst damit schaden, wenn Du ihm ein Zeugnis ausstellst, das absolut nicht seinem Können entspricht. Liebe Grüße luvi

von luvi am 29.06.2015, 00:22



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Also, wir haben natuerlich ganz unterschiedliche Dinge zu tun. Und ein zeugnis kann ich vollschreiben mit Beschreibungen, so dass es auf den ersten Blick nicht auffaellt. xz war von dann bis dann fuer ein Praktikum da und da. Dort wurde er vertraut gemacht mit allen in der und der Laufbahn anfallenden Aufgaben. Er begleitete die und die Kollegen auf Aussenterminen wie.....Vor allem kann ich immer schreiben- er fertigte einen Protokollentwurf. Das stimmt- ich brauche nicht zu schreiben, dass sein protokoll so uebel war, dass der Kollege sich weigerte, es zu ueberarbeiten weil Neumachen einfach schneller geht. Wir haben Bausteine fuer die bewertung- wegen der vergleichbarkeit- aber koennen auch viel freien Text schreiben Ansonsten-unser Praktikum ist lediglich eine Facette. Damit wird bestenfalls ein Akzent gesetzt, mehr nicht. Nur- ich habe irgendwie ueberhaupt keine Lust auf Aerger. Und er ist eben sehr von sich ueberzeugt (ein Kollege sagte mir, dass der Praktikant ihm gesagt habe, dass alles sehr gut laufe, er nur ein paar leichte Kommafehler mache). Auch seine Vita deutet darauf hin, dass er beruflich eher ""Sohn von"' ist. Ich meine, seine ganzen Auslandsstudien sind teuer und er hat die Mitte zwanzig hinter sich. Und die Jobs, auf die er sich mit disem Masterbewerben koennte, sind slche, wo dann hammerhart ausgesiebt wird. Persoenliche Vorstellung und so. Men Chef war auch Personaler bei uns und hat es mehrfach gesagt, dass er ueberhaupt keinen Zeugnissen mehr glaubt und sich die Leute immer direkt anschaut. Von daher, keine Sorge.

von Benedikte am 29.06.2015, 08:19



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Helfen kann man ihm sicher nur mit der grausamen ungeschönten Wahrheit. In unserem Ort lebt eine amerikanische Familie, deren Söhne den "Vorteil" hatten, auf dem Gymnasium englisch zu lernen. Und von dem einen Sohn weiß ich, dass er benen in Englisch immer Vieren kassiert hat, weil es nicht in der Lage war, die Familiensprache zu schreiben. Insofern sollte man eurem Praktikanten den Rat geben, Deutsch nicht als seine Muttersprache zu bezeichnen. Trini

von Trini am 29.06.2015, 10:43



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Ein qualifiziertes - mit der ungeschönten Wahrheit und ein einfaches, in dem nur steht, was er bei Euch gemacht hat. Was er dann weiter verwendet, ist seine Sache. Trini

von Trini am 29.06.2015, 09:28



Antwort auf Beitrag von Trini

das geht nicht, also zwei Zeugnisse ausstellen. Ich bin zwar fuer die Ausbildung verantwortlich, aber andere zeichnen mit, ich brauche Stemepl und vor allem, ich bin behoerde. Sprich, ich muss gleich behandeln, kann nicht mal hue mal hott, sondern muss transparent sein und gleichartige Sachverhalte gleich behandeln. Aber ich habe mich schon innerlich darauf einegstellt, dass ich sein Zeugnis blumig schreibe "nahm teil, entwarf, versuchte sich,bereitete vor, wirkte mit, assistierte, unterstuetzte, war stets freundlich, fuegte sich gut ins team ein, kontrollierte den Bestand im Archiv, aktualiserte die website ( er hat da laut einem Kollegen gute Arbeit geleistet, die ganze seite ueberprueft, tote links (schaem) gefunden. Und irgendwo baue ich einen nuechternen Satz ein, dass die schriftlichen Arbeiten nicht praxisverwertbar waren. aechz Benedikte

von Benedikte am 29.06.2015, 10:52



Antwort auf Beitrag von Benedikte

sind ja auch Behöre. Und bei uns ist die offizielle Lesart, dass Praktikanten nur eine Praktikumsbescheinigung bekommen und eben kein qualifiziertes Zeugnis. Manchmal machen wir es auf Wunsch trotzdem. Ihm würde ich wohl abraten, diesen Wunsch zu äußern. Trini

von Trini am 29.06.2015, 12:59



Antwort auf Beitrag von Benedikte

Es handelt sich "nur" um ein Praktikum und nicht um ein echtes Arbeitgeberzeugnis. Von daher würde ich dem jungen Mann einen Gefallen tun - auch wenn der es nicht so sieht - und ein ungeschöntes Zeugnis schreiben, sprich die Wahrheit. Du solltest Dir aber dann auch die Mühe machen, dieses Zeugnis persönlich mit ihm durchzugehen und ihm dabei Beispiele seiner schlechten Arbeit zu präsentieren und genau zu begründen, warum seine Entschuldigung der Halbsprachlichkeit in diesem Fall unangebracht ist. Nur dann hat er die Möglichkeit zu erkennen, dass er sich und seine Fähigkeiten maßlos überschätzt. Wenn ihm nie jemand die Wahrheit sagt bzw. seine unzureichenden Fähigkeiten für ihn ohne Konsequenz bleiben, wird es immer weiter machen wie bisher und dann in einem richtigen Job vielleicht ordentlich auf die Nase fallen. Du kannst es Dir natürlich auch einfach machen, ein gutes Zeugnis schreiben und das war's für Dich. Silvia

von Silvia3 am 29.06.2015, 11:38