Frage: Ich verzweifel langsam

Hallo, ich verzweifel langsam. Mein sohn 3 jahre alt will abends nicht das essen essen was ich für uns koche. Ich koche schon immer abends warm. Egal was ich koche er probiert es nicht mal macht Riesen Theater heult dann immer. Ob Kartoffelknödel, Kartoffeln, Reis oder Nudeln. Schnitzel, Fleisch im allgemeinen. Er isst es nicht. Wenn es aber um Waffel Pfannkuchen süß oder ähnliches geht isst er gut und gerne auch klare suppe isst er. Aber das kann es doch nicht sein? Ich weiss zwar das kein kind freiwillig verhungert aber er muss doch was warmes essen? Was kann ich tun? Er kocht auch gern mit mir aber essen will er es dann doch nicht. Bitte kann mir jemand helfen oder mir die sorge nehmen. ES hilft nicht mal wenn er dann eine Einschränkung (abendliches tv verbot) bekommt. Liebe grüße silvi

von Silvi28 am 17.07.2017, 18:05



Antwort auf: Ich verzweifel langsam

Hallo Silvi28 darf ich einmal rückfragen, ob die Situation am Esstisch nur abends so abläuft? Isst dein Kind die anderen Mahlzeiten besser? Was du schreibst, klingt schon ein wenig verfahren und es könnte sich durchaus um einen Machtkampf handeln. Im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum Kochen für Kinder kann ich dir darum leider nur sehr begrenzt weiter helfen. Hierzu ist Frau Ubbens sicher die bessere Ansprechpartnerin. Ich kann dir lediglich bei deiner Frage in Bezug auf die Ernährung mit allgemeinen Tipps weiter helfen und Impulse setzen. Im Hinblick auf die Nährstoffversorgung kann ich dich hoffentlich beruhigen. Die allgemeinen Ratschläge zum Thema legen den Fokus auf "Gelassenheit" seitens der elterlichen Erziehung. Gesunde Kinder werden bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, das gewöhnliche Lebensmittel (bspw Brot, Erdbeeren, Käse, Würstchen, Gurken, etc =alle Lebensmittelgruppen beinhaltend)) enthält, i.d.R. ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt, so dass man als Eltern i.d.R. keinen Nährstoffmangel bei seinem Kind befürchten muss. Es gibt hierzu Studien, die bestätigen, dass Kinder bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, sich durchaus, in der Wochenbilanz, ausgewogen ernähren. Die allgemeinen Empfehlungen raten vielmehr dazu, Kindern einen gelassenen Blick auf das Thema Ernährung zuteil zu kommen zu lassen. Der Erziehungsauftrag sollte mehr in der Rolle des Vorbildes gelebt werden und weniger durch Worte geschehen. Essen sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Essen sollte weder als Belohnung noch als Bestrafung und auch nicht gegen Langeweile eingesetzt werden. Und umgekehrt, sollte dein Kind Essen ebenfalls nicht als Bestrafung oder als Anlass für Machtspielchen (oder sonst was) betrachten. Bei den meisten Kindern funktioniert das Einhalten von Regeln, nach einer kurzen Weile, meist ganz gut. Damit es funktioniert, müsstest ihr als Eltern allerdings tatsächlich konsequent sein und es immer mal wieder aushalten, wenn euer Sohn manchmal nichts essen möchte. Langfristig, wird er sich an euer Essensangebot anpassen und eben doch das ein oder andere mitessen - einfach weil er Hunger hat. Hunger ist der wichtigste Antrieb. Der beste Tipp, den ich dir darum geben kann, der zwar zugegebenermaßen für dich vielleicht schon etwas abgedroschen klingt, ist dennoch dieser: Als Mama bestimmst du das Essensangebot und dein Kind darf die Essmenge bestimmen. Bei Kuchen, Keksen und anderen Süßigkeiten oder (salzigen) Snacks darfst und solltest du die Menge bestimmen. Ausnahmen sind ab und zu erlaubt :) Mit 3 (möglichst) gemeinsamen Hauptmahlzeiten und ggf 2 ZMZ kann sich dein Sohn aus dem ausgewogenen, gesunden Speisenangebot ausreichend bedienen. Das klappt, nach einer Übungszeit (wenn er öfter mal hungrig vom Tisch aufsteht und keine Extras bekommt - bis zur nächsten Mahlzeit = Erfahrung= Lernen) bestimmt auch bald ganz gut. Das Angebot sollte aus gesunden, schmackhaften, leckeren Gerichten und Basics bestehen. Streiche alle Extras und bereite das Essen so vor, dass es dein Kleiner gut essen kann. Gesunde Kinder verhungern nicht vor vollen Tellern. Vertraue in die Fähigkeiten deines Kindes, dass er für sich selbst sorgen kann und stets so viel oder so wenig isst, damit er satt und zufrieden ist. Das ist ein gutes Training für später - den Körper/Hunger zu spüren. Als Mama bestimmst du das Angebot und dein Sohn darf bestimmen wie viel er davon isst - das bedeutet auch: Wenn dein Sohn nichts essen möchte (warum auch immer) oder nur wenig, dann wird er die versäumten Kalorien bei der nächsten Mahlzeit, und/oder bei der übernächsten nachholen. Du brauchst bei Nichtgefallen keine Alternativen zu bieten. Dies ist am Anfang oft nicht leicht. Aber lass dir gesagt sein, dass gesunde Kinder hier ganz schnell lernen und langfristig mit dieser Methode sehr gut klar kommen. Es erfordert jedoch eure elterliche Konsequenz und Vertrauen. Thematisiere auch nie die Eigenheiten deines Kindes und kontrolliere nicht zu viel. Richtig gut schmeckt es manchen Kindern übrigens häufig erst, wenn sie eine Speise bis zu 10 mal probiert haben. Mein Vorschlag an dich: wenn dein Sohn nichts essen möchte - dann lass ihn. Er wird irgendwann doch mit essen. Vielleicht auch zunächst nur zögerlich. Er wird vielleicht erst beim zwölften Mal mutig genug sein, um zu kosten, aber er wird essen, versprochen, irgendwann ganz freiwillig etwas haben wollen. Dann lass ihn in dem Moment probieren und werte nicht. Breche nicht in Jubel aus und wundere dich nicht, nein, lass ihn einfach probieren. Kommentarlos. Sieh auch nicht zu interessiert hin. Wenn er mehr möchte, dann lass ihn mehr haben. Kommentiere die Situation nicht zu stark. Lass ihn diese Situation einfach leben und lass ihn in eine neue Rolle hineinwachsen. Eine andere Möglichkeit ist das Aufgeben aller zur Wahl stehenden Gerichte auf einen Teller, mit einem Probierlöffel daneben. Deine Sohn ist alt genug, um den Löffel zu nehmen, um zu probieren, falls er möchte. Du solltest auch dann möglichst nicht in Jubel ausbrechen, sondern eher interessiert nachfragen, ob ihm das denn schmeckt, oder ob er bspw findet, dass es zu salzig/süß/fad ist. Eine ehrliche Meinung erfragen. Und wenn es deinem Kind schmeckt, dann glaub mir, will er mehr. Vielleicht nicht sofort, aber doch beim nächsten Mal. Der Körper hat hier eine Erinnerungsfunktion. Geschmack wird nicht nur direkt beurteilt in gut/nicht gut. Geschmackseindrücke wirken nach. Erst wenn der Körper das gegessene Nahrungsmittel/Gericht verdaut und neben den Nährstoffen auch andere Inhaltsstoffe herauslöst, kann er deren Nutzen/Wirkung langfristig bewerten. Dadurch entsteht ein Geschmacksgedächtnis, das langfristig dafür sorgt, dass man Appetit auf bestimmte Speisen bekommt. Der Appetit regelt auch mit die richtige Auswahl der Speisen. Ich empfehle dir jetzt, dass du langfristige Wege gehst. Du brauchst dir nicht zum Ziel zu setzen, dass das Verhalten deines Sohnes morgen schon anders sein wird. Versuche in einem längeren Zeitraum zu denken, den du für die langsame Änderung nutzen willst. Vertraue darauf, dass es sich ändern wird. Je gelassener du alles betrachten kannst, desto eher wird sich sein Verhalten am Abendbrottisch ändern. Es muss nicht dein Ziel sein, deinen Sohn dazu zu bringen, dass er alles isst. Es sollte besser dein Ziel werden, dein Kind am Esstisch mit Spaß und Freude, mit Hunger und Neugier, essen zu lassen. Das beginnt beim Decken des Tisches. Am Esstisch sollte eine ruhige und schöne Atmosphäre herrschen, die ausreichend Zeit lässt, die angebotenen Speisen zu betrachten. Zu riechen. Appetit schüren, durch den Anblick. Dazu zählt auch schönes Essgeschirr, evtl eine Tischdecke oder schöne Tischsets, ein paar Blümchen? Dass ihr das Abendessen gemeinsam vorbereitet ist schon ein guter Schritt, um seine Neugier zu schüren. Lass ihn auch bereits beim Zubereiten probieren. Frage ihn auch hier, ob er findet, dass mehr Salz, mehr Gewürz in die Sosse müsste? Oder frage ihn, ob er sich einen kreativen Namen für das Gericht ausdenken möchte? Vielleicht hilft im die Identifikation mit dem Gericht dabei, sich anzunähern, zu probieren und schließlich mitzuessen? Bringe auch ganz viel Routine an Tisch. Damit sich dein Sohn daran gewöhnen kann. Zum Thema Machtkampf, kannst du noch Frau Ubbens nach Tipps befragen. So, das waren jetzt eine Menge Informationen und Ideen, die dich inspirieren und dich hoffentlich ausreichend dazu ermutigen, (selbst) neue Wege zu gehen. Also dann ab jetzt wird alles besser :) Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 19.07.2017