Frage: Warum schläft mein Baby nur in vertrauter Umgebung

Sehr geehrte Frau Höfel, Ich habe ein Anliegen und hoffe Sie können mir antworten geben. Meine Tochter 6 Monate alt schläft seit dem sie 2. Monate alt ist nur in vertrauter Umgebung und nur auf meinem Arm ein. Es ist grundsätzlich so das ich sie nur auf meinem Arm zu schlafen bekomme und dann ablegen kann. Ich habe diesbezüglich schon mit meiner Kinderärztin gesprochen die mir sagte es sei nur eine erziehungssache die ich ihr abgewöhnen kann in dem ich sie schreihen lasse. Das habe ich an einem Wochenende mal versucht aber nachdem sie vor lauter schreiherrei keine Luft mehr bekam habe ich es sein gelassen. Ich habe mich mittlerweile damit abgefunden irgendwann wird das aufhören denke ich. Mir geht es viel mehr darum das ich mir nicht erklären kann warum sie nur in ihrer vertrauten Umgebung schläft sprich in ihrem Bett (Beistellbett) im Kinderwagen oder im Auto. Wenn wir bei Freunden oder bei meiner Mutter zu Besuch sind bekomme ich sie nicht wie gewohnt auf dem Arm Zu schlafen. Habe immer das Gefühl sie hat Angst was zu verpassen. Selbst wenn ich bei meiner Mutter bin und mich dort mit ihr zurück ziehe schläft sie nicht. Ich darf dann mit ihr ne große Runde Auto fahren damit sie schläft und nicht übermüdet ist. Bei uns zuhause schläft sie tagsüber ca. 4-5 mal für je 20-40 Minuten und abends von 20-5-6 Uhr durch. Sie ist sonst ein so braves Mädchen habe nie Probleme mit ihr, sie ist aufgeweckt freundlich einfach ein sehr unkompliziertes Baby das viel Freude macht. Ich kann mir nur dieses Schlafverhalten nicht erklären. Das ich mit ihr Auto fahre kommt selten vor ich versuche meine Termine und besuche schon so zu legen das sie gerade frisch ausgeschlafen ist :( habe ich irgendwas falsch gemacht ? Haben andere auch diese Probleme? Was kann ich tun?

von Jessypohl am 01.06.2016, 21:11



Antwort auf: Warum schläft mein Baby nur in vertrauter Umgebung

Liebe jessypohl, dieses Schlafverhalten ist relativ einfach zu erklären: Ihre Tochter hat "gelernt (erfahren)": bei Mama (und Papa) ist Wärme, da ist vertraute Stimme, da ist vertrauter Geruch, da ist Nahrung, da ist Sicherheit - da kann ich in den Schlaf gleiten. Und deshalb ist der Rat Ihrer Kinderärztin so unsinnig. Das Kind versteht nicht, warum seine ureigensten Bedürfnisse auf einmal nicht mehr erfüllt werden. Sie haben es ja lautstark gezeigt bekommen. Ja, Sie haben Ihre Tochter verwöhnt - und das ist gut so! Denn verwöhnen ist nichts Schlimmes, sondern das Erfüllen der benötigten Bedürfnisse und Wünsche! Leider wird es oft mit "verziehen", dem Erfüllen von maßlosen Wünschen und dem Erlauben unsinniger Dinge verwechselt. Verwöhnen Sie Ihr Kind, tragen Sie es, denn das gibt ihm den benötigten Halt und die Sicherheit, die es im Moment benötigt. Sie haben es bestimmt schon gelesen, deshalb nur noch einmal der Vollständigkeit halber: Ihr Kind muss NICHT alleine einschlafen! Es ist 24 Wochen alt! "alleine einschlafen können" hat nämlich nichts mit Lernen zu tun, sondern mit der Reifung des Gehirns. Mal ehrlich: was würden Sie sagen, wenn Ihr Mann sagen würde. Deine Kuschelei mit mir ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nötig. Du musst lernen alleine (ein)zuschlafen. Sie würden Ihrem Mann einen Vogel zeigen!!!!! Der Tipp kann nur heißen: tragen, tragen, tragen und da sein und gelassen bleiben! Notfalls abends das Kind mit auf die Couch nehmen. Wenn Sie nach New York ziehen, dann würden Sie sich zu Anfang völlig unsicher fühlen (Angst haben, heulen, sich ungerecht behandelt fühlen), wenn Sie sich nach 3 Wochen auf einmal irgendwo in der Stadt wiederfinden würden! Klar, Sie würden sich dann umschauen und gucken, ob Sie irgendetwas wiedererkennen - Ihr Kind kann das nicht, denn es kann nur einen kurzen Radius scharf sehen! Da gilt: aus dem Auge - aus dem Sinn - Verlassensein! Und Sie würden in New York nach dem Weg fragen - Ihr Kind kann das nicht - es weiß gar nicht, was ein Weg ist! Ihr Kind schläft auf dem Arm (in Sicherheit) oder vom Schaukeln des Kinderwagens (bekannte Bewegung) ein und wacht im Bett auf - da würde ich auch schreien! Ihr Kind ist irritiert. Irritiert, weil es auf dem Arm einschläft, aber an einer anderen Stelle wieder aufwacht! Das Kind weiß nämlich nicht, dass Sie es dort abgelegt haben! Wenn Sie vor dem Fernseher einschlafen und im Bett aufwachen, dann wissen Sie, dass Ihr Mann so nett war........Ihr Kind kann das nicht einordnen. Deshalb fühlt es sich im Moment auf Ihrem Arm am wohlsten und das ist gut (und völlig normal) so! Sicher können Sie sich noch erinnern wie es war als Sie Ihren Freund/ Ihren Mann kennengelernt haben! Da war schmusen, anschauen, knuddeln, knutschen, "zusammenkleben" angesagt - am liebsten hätte man sich doch überhaupt nicht losgelassen, oder? Und so geht es im Moment Ihrem Kind! Ihr Kind war 9 Monate im Bauch - und da herrscht eine wahnsinnige Geräuschkulisse, da ist richtig Krach! Diesen "Krach" inform von Herzschlag und Darmgeräuschen sucht Ihr KInd, um sich in Sicherheit zu wiegen, deshalb ist Tragen angesagt. Fiel vielleicht das Wort verwöhnen? Fragen Sie doch mal die anderen Leute, ob sie gerne verwöhnt werden! Ein paar Beispiele (ohne Ansehen der Person): Mag Ihr Freund es, wenn man ihn verwöhnt? Ein paar Schnittchen für die Kumpels und ihn beim Fernseh-Fußball-Abend? Abends eine warme Mahlzeit? Rücken eincremen nach dem Baden? Das Bier holen, obwohl er selber gehen kann? Kuscheln vorm Fernseher? DAS ist Verwöhnen! Mag Ihre (Schwieger)mutter es, wenn Sie Ihr aufmerksam zuhören? Wenn Sie Ihr zum Kaffee den Tisch nett richten? Mal eine kleine Aufmerksamkeit und sei es nur das Bemerken der neuen Frisur? DAS ist verwöhnen! Mag Ihre Nachbarin es, wenn Sie die Tageszeitung von unten mit hochbringen etc....... usw.! Fragen Sie Ihren Mann, wie es ihm gehen würde, wenn er von der Arbeit käme (nachdem er sich über die Kollegen geärgert hat und der Tag sowieso mies war) und Sie würden ihm einen großen Stopfen in den Mund schieben und ihn hin und her wiegen und ihm sagen: Schscht, ist alles gut! Schlaf ein bisschen......... oder geh nach nebenan und brüll da vor Dich hin! *grins* Oder wenn Ihre (Schwieger)mutter das Neueste erzählen will und Sie hören gar nicht hin, sondern telefonieren mit der Freundin! Kollegin Andrea hat es einmal ganz treffend ausgedrückt: "Verwöhnen" hat in Deutschland leider, speziell wenn es um Kinder geht, einen unguten Beigeschmack. Dabei wünscht sich doch eigentlich jeder, "verwöhnt" zu werden, denn in Wirklichkeit ist das ja nichts anderes als besonders umsorgt werden, jeden Wunsch von den Augen abgelesen zu bekommen, einfach das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. In diesem Sinne "verwöhnst" Du Dein Kind, und das braucht es auch und es ist richtig, was Du tust. Was die "anderen Seiten" betrifft, die davor warnen (woher wissen die eigentlich um Deinen Tagesablauf?): sie meinen "verziehen", d.h. maßlosen Wünschen nachgeben, unsinnige Dinge erlauben etc. und ist etwas ganz anderes. Genieße die kostbare Zeit mit Deinem Neugeborenen, "verwöhne" es nach Strich und Faden und laß Dich aber auch selber verwöhnen (Du bist ja auch noch im Wochenbett!). Es wird sich ganz sicher im Laufe der Zeit ein Familienrhythmus ergeben, der allen Beteiligten gerecht wird. Alles Gute!" Hier noch ein Brief einer anderen Forums-Nutzerin "es gibt solche Babys, meiner war auch so einer. Ich habe mir das Buch „Das 24-Stunden-Baby" von Dr. William Sears zugelegt - hier stehen so manche hilfreiche Erklärungen und auch Tipps. Zusammenfassend kann man sagen: das Einzige was hilft sind TRAGEN und/oder STILLEN und das rund um die Uhr und es ist das Beste was Du für Dein Baby tun kannst. Keine Bange, Du verwöhnst Dein Baby damit nicht, Du erfüllst nur seine existentiellen Bedürfnisse. (Ich habe mal den schlauen Satz gelesen ..."und glauben Sie nicht, dass Sie ihrem Baby damit irgendeine besondere Gunst erweisen. Getragen und Gestillt zu werden ist für ihn lediglich der Normalzustand." Nachdem ich das begriffen hatte wurde mein Leben einfacher. (Auch wenn das Tragen selbst natürlich anstrengend war) Unser Sohn wurde die ersten 3 Monate seines Leben quasi nicht mehr abgelegt, sondern er schlief und wachte nur in meinen Armen - und wenn ich zu müde wurde, übernahmen ihn andere hilfreiche Hände. Ein Freundin hat das mal folgendermaßen genannt - "Euer Sohn schläft nur auf Körpern, grins). Nachdem er jedenfalls begriffen hatte, dass er sich felsenfest darauf verlassen kann wurde er fast schlagartig zufrieden. Heute mit 11 Monaten ist er ein heiteres, gelassenes Baby, dass sich sicher sein kann, dass wir alles versuchen, seine Bedürfnisse zu erfüllen und damit in sich selbst ruht. Ich kann Euch nur wünschen, dass Ihr Euren Weg findet, LG Joshi" Bleiben Sie gelassen und tragen Sie Ihr Kind - das gibt ihm soviel Sicherheit. Ein gut gebundenes Kind wird im Leben immer sicher sein. Aber um dieses "gut-gebunden-sein" zu erreichen bedarf es Jahre! Jahre, in denen dem Kind immer wieder signalisiert wird: ja, ich bin da! Ja, hier bist Du sicher! Ja, komm her, egal, was Du hast! Dann kann ein Kind sich der Welt zuwenden. Was wir immer vergessen: unsere Kinder sind noch nicht fertig, wenn sie geboren werden. Unsere Schwangerschaft ist zu kurz! Wir müßten ca. 2 Jahre schwanger sein, damit unsere Kinder sich alleine ernähren könnten (also Essen greifen und essen), kurz nach der Geburt aufstehen und loslaufen könnten (Gefahr entrinnen) und in kürzester Zeit kommunizieren könnten." Liebe Grüße Martina Höfel

von Martina Höfel am 03.06.2016