Sehr geehrte Frau Höfel,
ob Sie mir bitte aus neutraler Sicht die Vor- und Nachteile des Streptokokkentests erläutern könnten.
Wenn ich richtig verstanden habe, besitzen alle Menschen Streptokokken und Kommissionen legen Grenzwerte fest. Es gibt scheinbar etliche Arten und nur 2 (?) sind fürs Baby "schädlich" aber der Test würde auf alle Arten anspringen (?).
Für mich stellt sich die Frage wie schädlich die 2 (?) Arten fürs Baby sind und ob es nicht auch ausreicht im Fall x bei Auffälligkeiten zu handeln? Ich möchte eine unnötige Antibiotikainfusion vermeiden und denke, es wäre fast besser auf die Selbstzahleruntersuchung zu verzichten.
Bisher wurde mir in Gesprächen abgeraten. Heute beim CTG im KH, legte die Hebamme aber sehr viel Wert auf den Test und schrieb ihm eine enorme Bedeutung zu. Ich hatte das Gefühl in die Schublade "verantwortungslos" geschoben zu werden. Man müsse das Baby alle 3-4 Stunden wecken und Fieber messen, es könne zu einer Art Lungenschädigung kommen. Mein Eindruck ist ja eher, dass die Infusion weniger Arbeit macht, wie die sonst nötigen Kontrollen.
Lasse ich nicht testen, darf ich in die Geburtswanne, lasse ich testen und überschreite den Grenzwert fällt die Wanne aus und mein Baby bekommt gleich zum ersten Mal ein Antibiotika. Finde den Gedanken nicht berauschend.
Jetzt weiß ich nicht mehr was richtig und was falsch ist. In dem Staat wird auf alles pingelich geachtet, würde es nicht bezahlt und als Standartuntersuchung deklariert, wenn es sonst gravierende Konsequenzen hat?
Vielen Dank vorab. MfG
Mitglied inaktiv - 26.07.2016, 10:57
Antwort auf:
Streptokokken - Test Vor- und Nachteile
Liebe Hubbeldubbel,
ja, über den Sinn und Unsinn dieses Testes wird vortrefflich gestritten.
Streptokokken finden sich auf der Haut, im Darm und - bei fünf bis 20 Prozent der Frauen - auch in der Scheide. Bei intaktem Immunsystem reicht die Abwehrkraft des Körpers aus, um die Erreger erfolgreich zu bekämpfen. Diese Bakterien gelten zwar nicht als "typische" Erreger einer Geschlechtskrankheit, sie können aber beim Sexualkontakt weitergegeben werden.
Bei sexuell aktiven Frauen sind in der Scheide häufig Keime festzustellen, die im Normalfall dort nicht anzutreffen sein sollten. Dazu zählt neben den Streptokokken etwa der typische Darmkeim Escherichia coli, aber auch zahlreiche andere Erreger, die ansonsten vor allem im Darm und auf der Haut zu finden sind. So lange der Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide funktioniert und die Vaginalflora intakt ist, müssen aufgrund dieser Keime keine Probleme entstehen.
Liegen jedoch Störungen des Scheidenmilieus vor, können sich auch Streptokokken ausbreiten und vermehren. Sie verursachen typische Beschwerden wie etwa verstärkten gelblichen Ausfluss und möglicherweise Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Je nach Beteiligung anderer Erreger kann dieser Ausfluss sehr übel riechen. Im Mikroskop findet sich in solchen Fällen oftmals eine Mischflora aus verschiedenen Keimen, die sich gegenseitig in ihrem Wachstum begünstigen können.
-Östrogenmangel
-falsche Intimhygiene, die zur Zerstörung der Scheidenbiologie führt
-Allgemeinerkrankungen wie z. B. Diabetes
-Fremdkörper in der Scheide (z. B. bei Kindern: Nüsse, Murmeln, Legosteine etc.) sind Ursachen.
-Erhaltung des natürlichen, sauren Scheidenmilieus
-Vermeiden von Scheidenspülungen, Intimsprays oder Intimpflegemittel
-Tägliche Reinigung des Scheidenbereichs mit klarem Wasser
-Regelmäßiges Wechseln von Unterwäsche und Handtüchern beugen vor.
In der Scheide nachgewiesene Streptokokken müssen nur bei ausgeprägten Symptomen mit Antibiotika behandelt werden. In vielen Fällen hilft es, die körpereigene Abwehr zu stärken und den Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide anzuregen. Auch können lokal desinfizierende Maßnahmen unterstützend wirken.
Streptokokken sind an zahlreichen Infektionen beteiligt. Schon im Altertum wurden mit diesen Bakterien in Verbindung stehende Infektionserkrankungen - z. B. Wundrose, Kindbettfieber und Phlegmone - beobachtet. 1903 wurde damit begonnen, die perlschnurartig aufgereihten Erreger nach ihrem Verhalten auf Kulturplatten zu unterteilen. Je nach Untergruppe zeigen Streptokokken ein unterschiedliches Wachstum auf den Nährmedien. Sie besitzen die Fähigkeit, Blut unterschiedlich zu zersetzen, weshalb ihre Unterteilung zunächst auch nach ihrem Hämolyse-Verhalten erfolgte: Alpha-, Beta- und Gamma-Hämolyse. Unter Hämolyse versteht man die Auflösung roter Blutkörperchen infolge der Zerstörung ihrer Zellmembran.
Weitere wichtige und klinisch relevante Unterteilungen gelangen der Ärztin Rebecca C. Lancefield 1928, indem sie die Wandstrukturen der Bakterien näher untersuchte. Auf Basis von Lancefields Erkenntnissen werden Streptokokken seitdem in die Gruppen A, B, C, D etc. eingeteilt.
Folgende Stämme sind für den Vaginalbereich relevant:
1. ) Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pygenes)
Folgende Infektionen werden von diesem Erreger verursacht:
Rachen- und Mandelentzündungen, Scharlach
Erysipel (Rotlauf)
Phlegmone
Lokale Infektionen können bei schlechten Bedingungen zu einer Sepsis führen
Eine Puerperalsepsis (Kindbettfieber) geht von einer Infektion der Gebärmutterschleimhaut nach einer Entbindung aus. Deshalb empfiehlt sich bei Fieber während oder nach der Geburt und entsprechenden Auffälligkeiten eine großzügige Antibiotika-Prophylaxe.
Als Spätfolge einer Streptokokken-Infektion der Gruppe A kann - vor allem bei unzureichend oder nicht behandelten Infektionen des Rachenraumes - das "Rheumatische Fieber" mit einer Herz- und Nierenbeteiligung auftreten.
Kindbettfieber(Puerperalsepsis):
Bei nicht rechtzeitig behandelter Gebärmutterinfektion können sich die Erreger bei ungünstigen Bedingungen über die Blutbahn im gesamten Körper ausbreiten. Beim Versuch, die Infektion in den Griff zu bekommen, setzt der Organismus Abwehrmechanismen in Gang, die unter anderem mit einer Gerinnungsaktivierung einhergehen. Dadurch kommt es im weiteren Verlauf zu einem Verbrauch der Gerinnungsfaktoren, wodurch die Blutgerinnung nicht mehr möglich ist. Die Folge sind Einblutungen, Organversagen, Schock mit Kreislaufversagen und Tod. Diese geburtshilfliche Komplikation ist mittlerweile sehr selten geworden.
2.) Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalacticae)
Von Bedeutung ist diese Gruppe bei folgenden Erkrankungen:
Wundinfektionen
Sepsis
Hirnhautentzündungen
Harnwegsinfektionen
Neugeborenensepsis
Besonders gefürchtet ist die Neugeborenensepsis. Man unterscheidet dabei eine rasche, unmittelbar nach der Geburt auftretende Form (early onset) und eine etwas später auftretende Form (late onset). Die early-onset-Form wird vor allem im Fall des vorzeitigen Blasensprungs bei nachgewiesener Scheidenbesiedelung durch Streptokokken begünstigt. Das Neugeborene zeigt eine lebensbedrohliche Allgemeininfektion, die durch Schock, Hirnhautentzündung und Atemnotsyndrom gekennzeichnet ist. Nur eine früh einsetzende, konsequente Therapie kann die Sterblichkeit senken, die mit 20 bis 50 % angegeben wird. Bei der late-onset-Form spielt auch die Umgebung des Neugeborenen als Infektionsquelle ein Rolle.
Nicht in jedem Fall wird eine vorgeburtliche Therapie bei Nachweis von B-Streptokokken als sinnvoll erachtet. Nur wenn zusätzliche Risiken, wie vorzeitige Wehen hinzukommen, ist eine Behandlung mit Antibiotika in der SS anzuraten.
Bei Nachweis von Streptokokken der Gruppe B wird eine vorbeugende Antibiotikagabe während der Geburt empfohlen, damit die Keimbelastung für das Kind niedrig gehalten wird. Enkin et al. (2006) machen keine Angaben zu iv. oder oral, da die Gabe nur als Prophylaxe zu sehen ist und keine 100%ige Sicherheit bietet.
Das Kind kann sich immer anstecken, aber mit der Antibiose ist die Keimbelastung geringer und die Infektion in vielen Fällen zu vermeiden. Eine Ansteckung vor Blasensprung ist nicht üblich.
Ein Kind einer Mutter mit Streptokokken wird nicht verlegt, aber gut überwacht. Dazu gehören Abstriche (Rachen, Ohren und Leiste) sowie Temperaturkontrollen beim Kind. Es bekommt nicht prophylaktisch eine Antibiose.
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 28.07.2016
Antwort auf:
Streptokokken - Test Vor- und Nachteile
Hallo,
ich kann nur soviel dazu sagen, dass mein Frauenarzt den Test als nicht notwendig angesehen hat. Wenn der Test vier Wochen vor Entbindung gemacht wird und negativ ist, kann es trotzdem sein, dass du bei der Geburt welche hast.
Zu meiner Beruhigung hatte ich ihn trotzdem machen lassen.
Leider kann ich dir nichts zu schädlichen oder unschädlichen Arten sagen.
Dir eine schöne, wenig schmerzhafte Geburt!
von
Missy31
am 26.07.2016, 11:10
Antwort auf:
Streptokokken - Test Vor- und Nachteile
Also mein Arzt empfiehlt es je nach Entbindungsklinik. In meiner wird ohne negativen Test z.B. Pauschal das AB gegeben. D.h. den Test nicht zu machen würde erst recht zu den AB führen. Deshalb hab ich ihn machen lassen.
Zum Rest kann ich auch nichts sagen.
LG Lilly
Mitglied inaktiv - 26.07.2016, 14:16
Antwort auf:
Streptokokken - Test Vor- und Nachteile
Mir wurde der Test in beiden Schwangerschaften empfohlen, von zwei unterschiedlichen Ärzten. Es wird auf Streptokokken der Gruppe B getestet. Der Test ist für Mutter und Kind völlig unproblematisch. Es handelt lediglich um einen Abstrich.
1-3 von 10 Schwangeren sind mit Streptokokken B besiedelt. Bei Babys, die sich unter der Geburt bei der Mutter ansteckten, können Komplikationen, wie Lungen- oder Hirnhautentzündung oder eine Blutvergiftung auftreten.
Den Test muss man zwar selber bezahlen aber das war es mir auf jeden Fall wert. Es ist ja kein seltenes Problem. Die Untersuchung ist simple, stellt keinerlei Gefahr für Mutter und Kind dar. Die Gefahr, dass man sich dann bis zur Geburt trotzdem noch infiziert, ist laut Studien wohl sehr gering....
von
Locken-Rocken
am 26.07.2016, 21:38