Frage: Postnatale Deprssion beim zweiten Kind möglich?

Sehr geehrte Frau Höfel, beim Stöbern hier im Forum habe ich gelesen, dass eine Depression auch nach der zweiten Geburt möglich sei. Das hat mich beunruhigt und zu weiteren Recherchen u.a. bei Schatten und Licht veranlasst. Beim Lesen der verschiedenen Seiten sind mir altbekannte Gefühle hochgekommen, von Tränen in den Augen begleitet... Ich muss vor einem Jahr an einer schweren Depression gelitten haben, da ich nach 21 Std. eine harte Geburt hinter mir hatte und anfangs noch sehr unter Schmerzen (eingeklemmter Ichiasnerv, Dammschnitt, später Hämorrhoidenproblem etc) gelitten hatte, sodass ich kaum aufstehen oder laufen konnte und noch nicht einmal den Säugling am Wickeltisch wickeln, da ich nach ein paar Sekunden unter großen Schmerzen litt und mich setzen musste. Schlimmer war, dass ich Angst hatte mit dem Baby alleine zu sein und es nicht richtig versorgen zu können, da ich nicht mal mir selber richtig helfen konnte. Ich hatte es immer gern schlafen gesehen, denn im wachen Zustand hätte es weinen können und ich wäre hilflos, wenn ich es nicht beruhigen könnte. Alleine waren wir tatsächlich, da wir im dritten Monat der Ssw umgezogen waren und hier niemanden kannten. Ich traute mich nicht von den Ängsten der Hebamme oder der Ärztin bei der Nachsorge zu erzählen, da im Referendariat uns eingebläut wurde, dass in unserem Beruf psychische Probleme bzw. psychische Behandlungen ungern gesehen würden oder die Verbeamtung behindern könnten... Nun denken wir an das zweite Kind, damit das erste ein Geschwisterchen hat, aber ich frage mich, ob ich dafür bereit bin oder dieselben Erlebnisse wieder haben könnte. Um vorzubeugen, habe ich gleich von vorneherein mit meinem Mann abgemacht, dass ich den Mutterschutz nach der Geburt bei meinen Eltern verbringen möchte. Anschließend müsste ich so wie beim ersten Kind wieder arbeiten. Wie ist ihr Rat? Sollte ich mich der Frauenärztin öffnen? Was kann ich vorbeugend tun? Vielen Dank!

von Sky82 am 22.11.2016, 00:25



Antwort auf: Postnatale Deprssion beim zweiten Kind möglich?

Liebe Sky, Sie sollten auf jeden Fall mit Ihrer Gyn sprechen. Zudem sollten Sie zügig einen Termin bei der Schwangerschaftskonfliktberatung der Diakonie, Pro Familia, Donum vitae oder dem Sozialdienst der Kath. Frauen machen. Dort steht geschultes Personal zur Verfügung, welches sich Zeit für Ihr Anliegen nimmt, Raum für Ihre Ängste und Ihre Gedanken schafft! Und das eröffnet manchmal völlig neue Blickwinkel! Und evtl. vermitteln diese auch einen Termin beim Psychologen. Haben Sie eine Wochenbettbetreuung? Liebe Grüße Martina Höfel

von Martina Höfel am 22.11.2016



Antwort auf: Postnatale Deprssion beim zweiten Kind möglich?

Hallo, dass Du beim ersten Kind eine schwere Entbindung hattest und nachvollziehbarerweise - wegen der körperlichen Schmerzen und Einschränkungen - nicht gern mit Deinem Kind allein warst, heißt ja nicht, dass Du eine Depression hattest. Auch sehr belastende Ereignisse müssen keine Depression auslösen, und umgekehrt haben viele Wochenbettdepressionen keinen äußerlich sichtbaren Anlass. Dass Du jetzt im Nachhinein weinen musstest, ist eine natürliche Reaktion nach einer schlimmen Erinnerung. Ich selbst hatte nach der Entbindung Komplikationen, musste ein weiteres Mal ins Krankenhaus und - 14 Tage nach dem Kaiserschnitt - erneut operiert werden. Ich habe trotzdem mein Baby mit im Krankenzimmer gehabt und auch nachts weiter versorgt. Ich war so geschafft, dass ich innerlich von meinem Sohn nachts extrem genervt war, wenn er sich meldete. Ich hatte sehr unfreundliche Gedanken, um es mal so auszudrücken. Ich wollte mich endlich erholen dürfen, und deshalb wünschte ich mir auch, dass er viel schlief. Das ist in einer belastenden Situation total normal! Entscheidender ist deshalb, ob Du damals tatsächlich typische Symptome für eine Depression hattest. Eine Freundin von mir hatte nach jedem Kind eine postpartale Depression. Bei ihr zeigte sich das so, dass sie den ganzen Tag auf dem Sofa saß und nicht aufstehen konnte. Sie fühlte sich leer, hatte keine Gedanken, starrte vor sich hin. Sie konnte ihr Kind nur sehr schwer versorgen, es ging kaum allein. Sie hatte zudem kaum Gefühle fürs Kind. Auch Haushalt ging gar nicht. Sie machte eine Psychotherapie und nahm kurzzeitig auch Medikamente, die Depri ging nach einigen Monaten ganz weg. Beim zweiten Kind war sie besser vorbereitet (beim ersten Kind verstand leider lange niemand, was mit ihr los war), dieses Mal reichte eine homöopathische Begleitung durch ihren Frauenarzt, die Depri war nur leicht ausgeprägt. Wenn Du damals wirklich eine echte Depression hattest, besteht natürlich Wiederholungsgefahr. Ich würde michdann frühzeitig begleiten lassen, egal ob von Deiner Gyn oder einer Heilpraktikerin - alles kann helfen, denn alles kann positiv und harmonisierend auf die Seele wirken, da gibt es nicht nur eine einzige richtige Methode. Wegen Deiner Sorge: Bei einer Verbeamtung muss man doch vom Amtsarzt untersucht werden - aber der ist ja kein Gynäkologe, und Deine Gynäkologin selbst wird doch gar nicht befragt, oder? LG

von Mijou am 22.11.2016, 10:50