Frage: Lungenreife bei 30+4?

Liebe Frau Höfel, ich wende mich verzweifelt an Sie. Ich komme gerade aus dem Krankenhaus. Gestern wurde ich von meiner FÄ eingewiesen, weil sich mein Gebärmutterhals auf 1,7 cm verkürzt hatte, mit deutlicher Trichterbildung und einem fingerdurchlässigen Muttermund. Bei der letzten Kontrolle vor 2 Wochen war noch alles stabil. Ich sollte also die Lungenreife bekommen und wegen möglicher Wehen überwacht werden. Gestern habe ich dann die Ärztin in der Klinik um eine Aufklärung bzgl. der Lungenreife gebeten. Sie meinte nur, wir könnten damit noch warten und nochmal sprechen. Da auf dem CTG keine Wehen zu sehen waren, bekam ich ab gestern mittag Magnesium. Weiter nichts. Heute morgen bei der Visite hat sich der Chefarzt ziemlich darüber aufgeregt, dass die Lungenreife gestern nicht gegeben wurde. Ich habe wiederholt, dass ich mir ein Aufklärungsgespräch dazu wünschen würde und das hat er dann in 90 Sekunden während der Visite gemacht. Er sagte, in der 31. Woche sei das Risiko einer Hirnblutung gering und ansonsten wäre es möglich, dass das Kind Atemprobleme bekommt. Ich hatte ihn so verstanden als seien das Nebenwirkungen. Und als er dann weitersprach und meinte, dass ich das nun standardmäßig bekommen sollte, habe ich mir erlaubt zu fragen, ob man damit nicht warten könne, wenn ich doch gar keine Wehen hätte. Er ist mir dann ins Wort gefallen und hat gleich gesagt, dass ich es ja nicht machen müsse, sie hätten mich jetzt aufgeklärt und das vor Zeugen – dabei hat er in die Runde geschaut – und meinte dann nur, dass ich dann damit leben muss, wenn mein Kind Schäden davon trägt. Und dann hat er mich da einfach sitzen gelassen und noch über die Schulter gerufen, dass ich dann heute gehen könne. Engmaschige Kontrolle bei der Frauenärztin und Schonung würde er mir raten. Und jetzt sitze ich hier und weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Wie soll ich denn so eine Entscheidung treffen, wenn ich nur zu hören bekomme, dass das Standard ist. Ich habe gehört, dass die Spritze nur 14 Tage wirkt. Wird sie dann regelmäßig wiederholt bis zum Ablauf der 34. Woche? Welche Nebenwirkungen haben mein Kind und ich wirklich zu erwarten? Gibt es Spätfolgen? Was passiert, wenn ich die Spritzen nicht geben lasse? All diese Fragen wurden mir nicht beantwortet und ich weiß nicht, wie ich ohne diese Antworten eine vernünftige Entscheidung treffen soll. Ich will doch nur das Beste für mein Kind… Ich hoffe sehr auf Ihre Hilfe! Herzliche Grüße Kerstin

von naurina am 04.02.2014, 13:00



Antwort auf: Lungenreife bei 30+4?

Liebe Kerstin, in der Medizin findet im Moment ein wahnsinniger Umbruch statt. Früher galt: der Doktor weiß was gut für mich ist. Heute reden wir vom mündigen Patienten, der mit dem Arzt - nach gründlicher Aufklärung - zusammen oder selbst entscheiden soll. Das ist aber faktisch gar nicht möglich. Die Zusammenhänge sind heute so komplex, dass es schier unmöglich ist, wirklich alles zu durchblicken. Also filtert der Doktor wieder und wenn dann der Patient ......! Die möglichen Risiken zur Lungenreife beruhen überwiegend auf theoretischen Überlegungen und Ergebnissen von Tierversuchen. Im Alltag werden sie praktisch nicht beobachtet. Diskutiert wird eine Verschlechterung der Infektabwehr oder eine Wassereinlagerung. Deshalb schließt man meistens Schwangere mit Amnionsinfektionssyndrom (vorzeitiger Blasensprung), instabiler Gestose (z.B. HELLP) und Lungenerkrankung (Risiko Lungenödem) aus. Bitte lesen Sie hier: http://www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-fruehgeburt-und-vorgeburtliche-steroidbehandlung.351.de.html Dort ist es ziemlich gut erklärt. Die Empfehlung lautet, dass jede Frau mit drohender Frühgeburt eine Lungenreifebehandlung bekommt -also die Standardbehandlung. Bekommt Sie diese nicht, klopft die Qualitätssicherung der Ärztekammer an und mahnt an, dass die Quote nicht erfüllt ist. Der Arzt steht also von zwei Seiten unter Druck. Nicht falsch verstehen: das entschuldigt in keinen Fall den Umgang mit Ihnen. Die medizinisch-wissenschaftliche Datenlage zu einer Wiederholung der Lungenreife ist auch nicht eindeutig. Für eine Wiederholung mit 32 SSW spricht: - einige Studien berichten über eine verstärkten Effekt auf die Lungenreife Gegen eine Wiederholung spricht: - dieser mögliche zusätzliche Effekt wird mit 32 SSW nicht so dringend benötigt - die tierexperimentelle und klinische Datenlage ist so, es nicht auszuschließen ist, dass Körper- und Hirnwachstum des Feten und späteren Kindes dadurch beeinträchtigt werden - der positive Effekt beschränkt sich auf die Lunge, für die ebenso wichtige Wirkung der Lungenreifespritze, nämlich Senkung der Hirnblutungsrate, wird mit 32 SSW diese Therpie nicht benötigt Es ist also eine individuelle Entscheidung zwischen der Schwangeren und dem Arzt. Ein Kompromiß kann darin bestehen, dass man nicht die volle Lungenreife wiederholt, sondern die Gesamtdosis niedriger wählt. Für Sie hätte das aber keine Relevanz, da die Lungenreife auf jeden Fall bis zur 35. SSW hält. Sprechen Sie noch einmal in Ruhe mit Hebamme oder Gyn. Ansonsten wirklich Ruhe halten. Liebe GRüße Martina Höfel

von Martina Höfel am 05.02.2014



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