Extrem-Frühchen und Entwicklungsverzögerung

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch Frage an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch Kinderarzt und Neonatologe

Frage: Extrem-Frühchen und Entwicklungsverzögerung

Sehr geehrter Herr Dr. Jorch, Meine Zwillinge kamen bei SSW 26+6 aufgrund einer Bindegewebsschwäche meinerseits, zur Welt. (beide exakt gleich mit 890g und 35cm) Mein Sohn verstarb plötzlich an seinem dritten Lebenstag, meine Tochter machte es so super, dass ich sie bei 36+0 mit heim nehmen durfte. Wir haben letzte Woche ihren ersten Geburtstag gefeiert. In den letzten Monaten haben sich allerdings so viele Fragen ergeben und ich habe das Gefühl, mir wird auf gezielte Fragen ausgewichen. Es wird immer recht "schwammig" und allgemein geantwortet. Ich weiß natürlich, dass mir Niemand versichern kann und wird, dass meine Tochter sich normal entwickelt, aber ich würde gerne ein paar ehrliche Antworten auf meine Fragen bekommen und nicht immer nur hören :" Wird sich zeigen, muss man abwarten..." Kognitiv scheint bei ihr alles in Ordnung zu sein (hört auf ihren Namen, beobachtet viel, reagiert auf Mimik, ist fröhlich und hat mit korr. 7 Monaten angefangen zu fremdeln) sie sagt fleißig Mama, Papa, eiei, dada. Von der Motorik her scheint sie etwas Entwicklungsverzögert zu sein. Sie schafft es nicht sich vom Rücken auf den Bauch zu drehen (sie hat einfach eine falsche Technik verinnerlicht). Aber in Bauchlage robbt sie. Sie zieht ihre Beine immer häufiger in den Vierfüsslerstand. Wenn ich sie zum Essen hinsetze, drückt sie sich mit den Beinen hoch in den Stand. Wenn ich sie im Stand etwas stütze, läuft sie los (wie ein Storch im Salat). Sie nutzt immer häufiger den Pinzettengriff mit beiden Händen, aber verdreht ihre Handgelenke allerdings häufig total umständlich- da muss ich zwangsläufig an eine Spastik denken, die Physiotherapeutin meint aber, dann wäre der Pinzettengriff nicht möglich. Auch beim robben fällt mir immer häufiger auf, dass sie ihre Arme einfach nicht richtig einsetzt. Zudem scheint es ihr häufig "in den Rücken zu fahren" (ähnlich einem Hexenschuss). Das es Krampfanfälle sind, wurde per EEG ausgeschlossen. Der Kinderarzt meinte es wäre Reflux, aber das glaube ich nicht. Ich bin mir sicher, dass ihr ein Nerv (oder ähnliches) eingeklemmt ist. Inzwischen ist auch die Physiotherapeutin der Meinung, dass "da irgendwas muskuläres" ist. Aber ein MRT oder so, würde wohl ohnehin nichts zeigen, stimmt das?! Seit einer Woche hält sie auch ihren Kopf wieder schräg. Wir sind neben der Physiotherapie auch im Spz. Dort wurde ich allerdings bei meinem letzten Termin im September so verrückt gemacht, dass ich das Gefühl hatte, meine Tochter sei schwerbehindert. Kinderarzt und Physiotherapeutin sehen es deutlich unkritischer. Nun zu meinen Fragen : 1. Kann es durch die Frühgeburtlichkeit zu muskulären Problemen gekommen sein und wenn ja, wie kann man das nachweisen /ausschließen und ggf. behandeln? 2. Stimmt es, dass bei einer Spastik der Pinzettengriff nicht möglich wäre? 3. Wie verläuft so eine Spastik? Wird es "immer schlimmer" oder wäre eine Spastik (z. B. in den Armen) quasi ab Geburt da und sichtbar? 4. Bei anderen Behinderungen: wie verlaufen die? Bleibt da die Entwicklung plötzlich stehen? Könnte es also sein, dass meine Tochter nie laufen/sprechen können wird, obwohl sie bisher so fleißige Fortschritte gemacht hat? 5. Selbst wenn sie momentan entwicklungsverzögert ist (mein Mann sieht es unkritischer als ich), besteht die Möglichkeit, dass sie noch aufholt? 6. Was kann ich persönlich noch unternehmen um die Entwicklung meiner Tochter zu unterstützen? Wissen Sie, natürlich habe ich Angst davor, dass meine Tochter schwere Behinderungen von ihrer Frühgeburtlichkeit davon getragen hat und wünsche ich mir, dass meine Tochter gesund und glücklich ist und bleibt. Aber wäre sie schwerbehindert, dann wäre es so,das würde nichts an unserer Liebe zu ihr ändern, doch diese Ungewissheit, dieses "abwarten" macht mich verrückt. Sie hat zum Beispiel ein Bobby car geschenkt bekommen, anstatt mich zu freuen habe ich gedacht :"Wer weiß, ob sie es je benutzen können wird." Und so zieht es sich momentan wie ein roter Faden... Vielleicht können Sie mich ein bisschen aufklären und mir ein Stückchen von meiner Angst nehmen. Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Mühe!

von DieLara am 28.11.2018, 19:29



Antwort auf: Extrem-Frühchen und Entwicklungsverzögerung

Obwohl Sie alles genau beschreiben, kann ich keine Lösung der Frage anbieten. Nur soviel: 1. sicher keine epileptischen Anfälle oder Spastik 2. Entwicklungsstand generell wohl normal. 3. Schicken Sie mir doch einfach ein paar Videoclips aufgenommen mit dem Smartphone an meine Mailadresse Gerhard.Jorch@med.ovgu.de

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 07.12.2018



Antwort auf: Extrem-Frühchen und Entwicklungsverzögerung

Ich habe mich gerade noch einige Ihrer Antworten zu ähnlichen Fragen / Sorgen gelesen und festgestellt, dass eventuell noch ein paar mehr Informationen hilfreich wären. Meine Tochter wiegt aktuell 7400g, hat in den letzten 6 Wochen fünf Zähnchen bekommen, isst gut und hat auch keine Probleme damit Brei mit Stückchen zu essen. Sie trinkt noch Pre Milch nach Bedarf, aber auch Wasser aus dem Becher und (weil ich auch häufig kein Glas benutze) direkt aus meiner Wasserflasche. Sie wechselt Spielzeug zwischen den Händen hin und her. Sie hat bisher kein großes Interesse an ihrem Füßen gehabt. Generell ist sie sehr pflegeleicht und leicht zufrieden zu stellen. Das sorgt allerdings auch dafür, dass sie generell wenig Motivation hat, zum Beispiel ihr Spielzeug auf der Krabbeldecke zu erreichen. Nach der Entbindung hat sie erst selbständig geatmet, musste dann allerdings intubiert werden (wurde eine Stunde lang versucht, bis die Ärzte Erfolg hatten), am nächsten Tag aber schon wieder extubiert. Ohne cpap ab ~29.Ssw, ihre Körpertemperatur konnte sie schon ~28SSw halten. Sie hatte in der Klinik keinerlei Komplikationen. Der Ultraschall vom Kopf war ebenfalls unauffällig. Bei der u5 hat der Kinderarzt noch eingetragen :"Frühgeburtlichkeit" gut kompensiert. Generell hat sie in den ersten Monaten so riesen Fortschritte gemacht und war immer weiter als sie hätte sein müssen. Um so "schlimmer" fühlt es sich an, dass sich ihre motorische Entwicklung einigen Bereichen nun so verlangsamt hat. Daher noch eine Frage : Ist diese Verlangsamung besonders kritisch zu werten, im Vergleich mit Kindern deren Entwicklung von Beginn an verzögert war? Ich bedanke mich und verbleibe mit freundlichen Grüßen

von DieLara am 28.11.2018, 20:24



Antwort auf: Extrem-Frühchen und Entwicklungsverzögerung

Hey, ich habe eben deinen Entwicklungsbericht gelesen und bin begeistert, wie klar und dennoch verliebt du die Entwicklung deines Kindes siehst! Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute und dass ihr zusammen tolle Fortschritte erlebt und sie sich prächtig entwickelt!! Lg Steffi Heilpäd und werdende Mama

von Jakob2019 am 04.12.2018, 22:33



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Bradykardien bei frühchen

Hallo liebes Ärzteteam , Mein kleiner kam 5 Wochen zu früh , seitdem 2 Tag leidet er vereinzeln unter Bradykardien im Ruhezustand dann geht der Puls auf 70 Max. 68 runter und er leuder häufiger unter Bradykardien , wenn ich ihm die Flasche gebe. Wir sind schon 2 Wochen im kh er ist jetzt bei 37,5.ET wäre der 3.3.23 gewesen . Er hat nur Bradykardi...


Gewichtszunahme frühchen

Guten Tag, Mein Sohn kam bei 34+0 zur Welt mit 2 kg und ist nun vier Wochen alt. Er war zwei Wochen im Krankenhaus. Nun wurde uns nicht gesagt, wie viel er in etwa pro Woche zulegen sollte. Letzte Woche waren es nur 170 Gramm. Reicht das? Was sind die Richtlinien bei Frühchen?


Frühchen zu dick- Familienhebamme

unser Baby kam bei 34+6 mit 45 cm und 2,1 kg zur Welt. Nach 6 Wochen fing Sie an kräfig zu spucken. die mir zugeteilte frühe Hilfe, hatte keine andere Idee als den Kinderarzt um Hilfe zu holen. Nun war ich endlich beim Kinderarzt.Sie hat nach 13 Wochen ihr Gewicht auf 5,9 kg erhöht. Zu viel. Daher auch das spucken. Daher bekam ich den Vorschlag ...


Frühchen und wickeln + trinken

Guten Abend Meine Tochter wurde bei 34+1 geboren und ist nun 2 Wochen alt. Das wickeln ist total schwierig. Sie lässt sich durch nichts beruhigen oder ablenken. Sie ist dann total hektisch und kommt gar nicht zur Ruhe. Sie ist dann immer so aufgebracht das sie Schluckauf bekommt und die Milch wieder hochkommt. Sie strampelt und zieht sich zusam...


Langzeitfolgen Frühchen

Sehr geehrtes Ärzteteam, vielen Dank, dass mein Mann und ich hier unsere Fragen an Sie richten dürfen. Ich muss leider weiter ausholen. Unser Frühchen kam Ende letzten Jahres bei SSW 32+3 per sekundärer Secto mit knapp 2kg Geburtsgewicht auf die Welt (im ersten Krankenhaus wurde eine Appendizitis nicht erkannt, nach Verlegung direkt OP mit nur ei...


Frühchen nun als Baby immer krank

Guten Tag! Meine Tochter wurde bei 33+6 geboren wegen Präeklampsie. Bei Geburt 2 Kilo, mittlerweile gut aufgeholt, motorisch fit, 10 Monate alt. Sie wurde und wird gestillt. Leider ist es nun so, dass sie immer krank ist mit Erkältung, Mittelohrentzündung, Lungenentzündung, etc. Ihr Bruder ist zweieinhalb und wir sind in diversen Gruppen, wo Kinder...


Frühchen im Ausland

Hallo liebes Ärzteteam, leider ist mein Bruder Vater eines kleinen Frühchens 34. SSW im Ausland geworden. Es kam mit fast 2000g auf die Welt und lag für 3 Tage mit Sauerstoff auf der Intensivstation. Eine Frühchenstation gibt es in diesem Land nicht, die Bedingungen sind sehr schlecht, es kam ohne Überwachung zur Mutter ins Zimmer. Die Fütterung ge...


Kopfumfang Frühchen Tabelle

Hallo DR.Hübler ,   meine Tochter kam im September 2023 in der 30+2 aufgrund präeklampsie zur Welt . Bei der Routine Untersuchung für Frühgeborene hieß es der kopfumfang sei zu schnell gewachsen und ich muss das jetzt alle 14 Tage kontrollieren und den Wert an den Kinderarzt weitergeben aktuell beträgt der kopfumfang 40.5 cm bei Geburt war d...


Frühchen trinken weniger

Sehr geehrte Frau Doktor Butter, Meine Zwillinge sind in der 33 ssw geboren, sie sind jetzt fast 4 Monate alt, korr. 2 Monate.  Sie haben bis jetzt immer gut getrunken 100 ml bis 120 ml pro Mahlzeit 6 mal am Tag.  Seit paar Tagen trinken sie sehr schlecht, schaffen nicht die 100 ml, aber nur 40 ml oder 50 ml und wenn sie mehr trinken spuc...


Frühchen - Auffälligkeit im Gehirn - Ultraschall

Frühchen Mein Sohn ist in der 32.ssw per Kaiserschnitt geboren und wog 1700g. Für kurze Zeit hatte er Atemunterstützung mit CPAP und Highflow. Jetzt ist er in 36. Woche und wiegt 2140g, wird gestillt (, was sich noch ein wenig anstrengend gestaltet). Nun ist in einer Woche die Entlassung vorgesehen. Was mir Sorgen macht ist, dass im Ultrasch...