Trotzalter oder "unerzogen"?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Trotzalter oder "unerzogen"?

Sehr geehrte Frau Ubbens, unsere Tochter ist im März 2 Jahre alt geworden und wurde vom Kinderarzt bei der U7 als "weit überdurchschnittlich" entwickelt eingestuft. Sie spricht u.a. in ganzen Sätzen. Sie hatte schon immer einen starken Willen, aber in letzter Zeit ist kaum noch gegen sie anzukommen. Ein "nein" wird nicht akzeptiert. Sie bekommt unsererseits auch immer eine kindgerecht verpackte Erklärung/Begründung zu einem "nein", was in der Regel aber nichts bewirkt. Leider müssen mein Mann und ich uns sicherlich eine Menge Schuld geben, weil wir oft nicht konsequent genug waren. Sie konnte durch langes Plärren oft doch Dinge erreichen - weil es uns an die Substanz ging. Dies haben wir seit einigen Tagen nach langen Gesprächen geändert - WIR müssen da "durch" und konsequent bleiben, aber trotzdem sind wir in manchem unsicher. Konkrete für uns schwierige Situationen sind z.B. solche: Nachdem sie zum 100. Mal trotz klarem Verbot unsere Terrasse mit Schottersteinen verwüstet hatte, habe ich sie ein einziges Mal für einige Minuten wirklich in ihr Zimmer eingesperrt. Daraus hat sie gelernt - nie wieder wurden die Steine angerührt. Aber "einsperren" und auf diese Art und Weise "lernen lassen" ist für uns kein Weg, den wir praktizieren möchten. Sie soll verstehen, nicht Angst haben. Aber was tun? Oder wie verhalten wir uns, wenn sie zum gefühlt 100. Mal z.B. Essen auf den Boden wirft oder eine Erdbeere ins Getränk? Natürlich erklären wir, warum das nicht in Ordnung ist, natürlich nehmen wir ihr nach einer Warnung die "Utensilien" weg - aber beim nächsten Mal macht sie es wieder. Nun meinte ein Freund, daß wir gar nicht so viel mit ihr diskutieren dürfen. Meinen Sie, wir sollen nach einer eindeutigen Erklärung ihr Verhalten ignorieren? Also plärren und betteln ignorieren und ggf. selbst aus dem Zimmer gehen? Aktuell erpreßt sie uns mit dem Töpfchen. Sie macht hinein, zeigt uns stolz den Erfolg, weigert sich dann aber, sich wieder anziehen zu lassen mit der Erklärung, sie "müsse" noch mehr. Tatsächlich bringt sie manchmal noch etwas hervor... Und wir wollen sie nicht mit Gewalt vom Töpfchen holen, um ihr nicht ihr Bedürfnis zu verwehren - andererseits braucht kein Mensch 30 min auf dem Töpfchen... Insgesamt besteht übrigens ein sehr liebevolles Verhältnis zu unserer Tochter, und sie gibt ganz viel Liebe auch zurück. Es ist also nicht so, daß wir grundsätzlich ein Problem mit ihr haben, sondern eben nur im Punkt "Grenzen setzen/akzeptieren". Daher aber auch meine Frage: wieviel von dem Verhalten ist "normal", Trotzphase, und wieviel ist tatsächlich schon "drüber"? Beste Grüße und vielen Dank vorab, Clara

von Clara01 am 30.04.2014, 15:26



Antwort auf: Trotzalter oder "unerzogen"?

Liebe Clara, der Tipp des Freundes war ein sehr guter: Nicht diskutieren. Die Worte nach dem NEIN hören die Kinder in dem Alter noch nicht. NEIN und der Teller ist weg ... Oder bei zu langem Betteln etc. verlassen Sie den Raum. Nehmen Sie Ihre Tochter aus der jeweiligen Situation raus. Sie wirft mit Schottersteinen, also rein ins Haus und dort alleine beschäftigen (es muss ja nicht die geschlossene Tür des Kinderzimmers sein). Das Töpfchenverhalten ist ganz normal. Ihre Tochter darf immer wieder oder auch länger ihr Glück versuchen, so lange sie es selbst möchte. In einiger Zeit wird sie von selbst nach einer kürzeren Sitzung das Töpfchen verlassen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 01.05.2014



Antwort auf: Trotzalter oder "unerzogen"?

Unsere Tochter geht übrigens in eine Kita, in der sie gut zurecht kommt. Nicht erst einmal habe ich seitens der Erzieherinnen gehört, was für ein tolles Kind sie sei. Sie wird als charakterstark bzw. willensstark beschrieben, ein Kind, daß fordert und gefördert werden möchte. Auch dort testet sie Grenzen aus, scheint diese aber insgesamt besser zu akzeptieren als zuhause. Sie ist zudem sehr sozial, geht sofort zu weinenden Kindern/Babys, kümmert sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, und empfindet Empathie.

von Clara01 am 30.04.2014, 15:31