Ich bin total verunsichert...

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Ich bin total verunsichert...

Liebe Frau Schuster, mein Sohn (13,5 Monate) war bis vor ein paar Wochen ein echter Sonnenschein - meist zumindest. ;-) In letzter Zeit hat sich das Bild leider (obwohl natürlich jeder nicht immer gut gelaunt sein kann) geändert. Und ich bin mir nicht sicher, wie ich damit umgehen soll. Passt ihm etwas nicht, bekommt er etwas nicht, das er möchte, oder gelingt ihm etwas nicht, bricht manchmal ein wahres Theater los. (Ist es das Alter? Oder habe ich im Vorfeld schon etwas falsch gemacht? War immer sehr liebevoll mit ihm). Mein Vater, der manchmal am Telefon meinen Umgang mit dem Kleinen mitbekommt, meint, dass ich zu "lasch" erziehen würde. Mein "Nein" plus kurzer Erklärung wäre viel zu freundlich, würde sich zu sehr in meinen anderen "Reden" verlieren. Zum Teil hat er vllt sogar recht, es gibt bei mir zugegeben etwas unterschiedlich klingende Neins... kommt halt irgendwie drauf an, wie schlimm ich das finde, was er gerade macht. Wahrscheinlich kann ein Kind es noch nicht differenzieren und nimmt dann gar kein Nein mehr ernst? Wie sollte so ein Nein also klingen? Und sollte es in jeder Situation, in der man es ausspricht, gleich sein? Irgendwie bin ich sehr verunsichert. Außerdem meinte mein Vater, dass mein Sohn Konsequenzen erfahren müsse (natürlich meint er weder Schreien noch Schläge oder Vergleichbares... käme für mich auch nie in Frage). Aber dass man ihn, je nach "Vergehen", bsp. auch mal in sein Gitterbett setzen und schimpfen (schreien) lassen sollte, Ignorieren.. . Sonst würde er ja nicht lernen, dass er etwas falsch gemacht hat. Ich weiss nicht... habe meinen Kleinen eigentlich nie schreien gelassen. Obwohl seine Begründung für mich irgendwie schon einleuchtend ist. Also habe ich es heute abend mal probiert. Er macht im Moment manchmal auf dem Wickeltisch ein Riesentheater, obwohl ich ihm allerhand zur Beschäftigung einschließlich Mithelfen anbiete. Kurze Erklärungen, Trost, Geschichten erzählen, alles probiert... . Und heute hat er wiederholt nach mir getreten (er haut auch in anderen Situationen ab und an mal). Normalerweise sage ich ein kurzes, ernstes Nein und halte (in diesem Fall) sein Bein kurz fest. Beim zweiten Mal habe ich ein zweites, für meine Verhältnisse etwas schärferes Nein gesagt, dass es der Mama weh tut und dass er in seinem Bett mal drüber nachdenken kann. Und ihn eben in sein Bett gesetzt und vllt für 10 s das Zimmer verlassen habe. Anschließend bin ich wieder rein (hab es echt nicht länger ausgehalten, weil er eben auch geweint hat), habe mich dort noch kurz beschäftigt und mich ihm dann wieder zugewandt. Anschließend war er dann ein ganz Lieber... . Und ich fühlte mich miserabel. Aber ist das tendenziell der richtige Weg? Und noch eine andere Frage: Wie reagieren, wenn er seinen Willen nicht bekommt? Ich versuche natürlich, ihn mit anderen Dingen abzulenken, gelingt aber nicht immer. Ignorieren? Haben Sie vielen Dank für Ihre Antworten! Viele Grüße Angel

Mitglied inaktiv - 23.10.2009, 20:58



Antwort auf: Ich bin total verunsichert...

Hallo Angel Da Ihr Sohn ein Nein zwar versteht, aber nicht wirklich dessen Bedeutung, ist ihm ein einsichtiges Lernen in diesem Alter noch kaum möglich. Versuchen Sie darum zunächst, ein Nein zu vermeiden, indem Sie Ihren Sohn mit etwas Geeignetem vom Ungeeigneten abzulenken versuchen. Kommt es dennoch mal zu einem unvermeidbaren, gleichzeitig KURZ begründeten Nein, wie "Nein,aua" oder "Nein, heiss", versuchen Sie ebenfalls anschließend abzulenken oder lassen Sie Ihren Sohn eine entsprechende Erfahrung sammeln, indem er z.B. kurz an eine relativ heiße Tasse fasst, im letzten Moment von Ihnen aufgefangen wird, wenn er vom Sofa springt o.Ä. Wickeln Sie ihn möglichst im Stehen mit Trainingswindeln und zeigen/sagen Sie ihm, dass Sie gemeinsam "ganz schnell" machen werden, damit Sie anschließend gemeinsam (etwas konkret Benanntes) spielen können. Sprechen Sie ein Nein möglichst gelassen, aber auch bestimmt und in gemäßigter Lautstärke aus und handeln Sie entsprechend nach Ihrer KURZEN Begründung, sodass Ihr Sohn bereits jetzt aus den logischen Folgen lernen wird. Stellen Sie ihn bitte nicht als "Strafe" in sein Bett, damit er das Bett nicht als etwas Negatives ansieht, was das Schlafengehen erheblich erschweren KANN. Bezüglich der Windel werden Sie sich vorläufig noch konsequent durchsetzen müssen, können ihm aber auch durchaus schon einen Topf hinstellen, wo er sich draufsetzen und (evtl.) Pipi machen DARF. Das Schreien, treten Beißen,... ist für Ihren Sohn die einzige Möglichkeit, nach seinen bisherigen Erfahrungen Ihre unmittelbare und HELFENDE Aufmerksamkeit zu erreichen, da seine Sprachentwicklung sich erst in den Anfängen befindet. Handeln Sie in entsprechenden Situationen wie bisher, während Sie ihm gleichzeitig und mitfühlend eine geeignete Möglichkeit anbieten, seine jeweilige (verärgerte) Stimmung mitzuteilen. Versuchen Sie dann, zwischen den Bedürfnissen Ihres Sohnes und Ihren eigenen Wünschen einen Kompromiß zu finden. Halten Sie durch, liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 24.10.2009



Antwort auf: Ich bin total verunsichert...

Mein jüngster Sohn ist 14 Monate. In diesem Alter können sie doch noch gar keine Erklärungen verstehen! Man muss mit einem so kleinen Kind nicht "diskutieren". Das Theater beim Wickeln kenne ich genauso wie die "Ausbrüche" wenn er etwas nicht bekommt. Aber in dem Alter ist da noch keine Willkür dabei, sondern gehört überlebenswichtig für ein Baby dazu! Es hat ja keine Möglichkeit zu sagen: ich finde blöd, dass du mich jetzt nicht in der Steckdose spielen lässt, wieso eigentlich nicht? Also schreit es lauthals, was ja gut ist, weil es so einfach soziales Verhalten entwickelt. Es reagiert und erwartet auch wieder eine Reaktion. Ich würde ein Kind in dem Alter aber auch nicht als Strafmaßnahme in sein Bett setzen. Nicht weil ich gegen das Schreien lassen bin, sondern weil es nichts bringt. Ablenkung ist alles. "Nein" sagen ist ok, aber verstehen wird er das erst in ein paar Monaten (und auch dann immer und immer wieder austesten). Nimm ihn aus der jeweiligen Situation raus, zeig ihm etwas anderes. Als Beispiel: wenn er ein Messer nimmt , erklär ihm nicht dass er sich schneiden kann. Nimm es ihm weg, und bring ihn von dem Ort weg und gib ihm was anderes, mit dem er spielen darf. Vielleicht mal einen Topf und einen Löffel, etwas neues, was interessant ist. Wenn jemand mit meinem Sohn redet und fragt: "Na, schmeckt denn dein Essen? Ist es denn noch heiß?" ,merke ich, dass sie davon ausgehen, er läuft, also versteht er. Das tut er aber nicht. Er guckt fragend um sich, hat keine Ahnung, was derjenige will. In dem Alter werden Kinder gnadenlos überschätzt. Wenn er mal wirklich kapiert, was du ihm jetzt sagst, dann kannst du mit einem kurzen Satz erklären,warum du nicht möchtest, dass er das Messer nimmt. Aber auch nicht wieso und weshalb, sondern nur: Man kann sich verletzten und ich möchte nicht, dass du es nimmst. DU bist der Chef (blöd ausgedrückt). Vielleicht sind deine Gründe,warum du etwas willst oder nicht, für andere sinnlos. Aber es sind deine Regeln, die befolgt werden sollen. Lass dich nicht von anderen verunsichern! Wenn dein Kind in der Pubertät ist, bist du froh, nicht mit ihm diskutieren zu müssen,wenn es dich vorbehaltlos als eben Chef akzeptiert. Ok, das war jetzt seeeeeeeeeehr weit ausgeholt, aber ich hoffe trotzdem, dir helfen zu können.

Mitglied inaktiv - 24.10.2009, 11:53



Antwort auf: Ich bin total verunsichert...

Vielen lieben Dank für die zwei wirklich hilfreichen Antworten! :-) Es war für mich - denke ich - auch unheimlich wichtig zu erfahren, dass das Verhalten meines Kleinen seinem Alter entsprechend völlig normal ist. Ich dachte ja schon, dass ich so früh schon grobe Erziehungsfehler gemacht hätte. Meine Verwandten haben mich doch sehr verunsichert. Aber nun bin ich froh, dass ich doch nicht so ganz auf dem falschen Weg war und werde meinen alten Kurs mit ein paar kleinen Änderungen wieder aufnehmen. Ich denke, dass nicht nur ich sondern auch mein Sohn damit glücklicher ist/ sein wird. :-) Lieben Dank noch einmal! :-) Angel

Mitglied inaktiv - 25.10.2009, 09:18