Fühle mich machtlos, wenn Sohn (4) ausrastet

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Fühle mich machtlos, wenn Sohn (4) ausrastet

Liebe Frau Schuster, es geht um unseren 4-jährigen Sohn. Er ist generell ein lieber Kerl und macht EIGENTLICH auch keine Probleme. EIGENTLICH deshalb, weil er einfach dann und wann seine "spinnerten Momente" hat, wo er völlig am Rad dreht und ich mir vorkomme, wie in Szenarien der Supernanny. Ein Beispiel: Heute nachmittag wollte er zusammen mit seinem Bruder (2) in den Garten rausgehen. Ich ziehe den Kleinen an, verlange, dass sich der Große selber anzieht (kann er, ist natürlich kein Problem mehr mit seinen 4 Jahren). Er war aber zu faul und wollte sich "bedienen" lassen, ich soll ihn anziehen. Habe ihm gesagt, dass, wenn er raus möchte, er sich selber anziehen muss. Hat er dann auch gemacht, anfangs mit Protest, aber dann gings ratzfatz, war kein Problem. Kinder waren gleichzeitig fertig und sind voll motiviert raus. Es dauert keine 2 Minuten, höre ich den Kleinen herzzerreisend schreien. Der Große hatte den Kleinen über und über mit Schnee überschaufelt. Kleine wollte rein, ich war natürlich genervt (10 Minuten anziehen, 2 Minuten nur draußen) und auch aufgebracht, dass er soetwas mit seinem kleinen Bruder macht (generell verstehen sie sich aber sehr gut) und dachte mir, die logische Konsequenz ist nun, dass er auch rein muss. Er wollte aber weiter draußen bleiben und schrie von weitem "hol mich doch" und lachte mich direkt aus. Ich ziehe meine Winterschuhe an, daraufhin klettert er auf das Klettergerüst und lacht mich an und sagt "du kriegst mich nicht". Hätte ich auch nicht (bin in der 9.Woche schwanger, er ist sehr kräftig und mir körperlich im Augenblick weit überlegen (wiegt 21 kg.). Also hole ich meinen Mann, der z.Glück zuhause war, es holt ihn vom Gerüst, der Große lacht sich halb kaputt, strampelt und schlägt nach seinem Papa, der ihn mit Mühe zurück ins Haus bringen konnte. Das ganze hat uns soooo provoziert, dass wir beide nicht mehr ruhig bleiben konnten und es ein Riesengeschrei (unsererseits, er hat immer noch gelacht) gab und wir ihn hoch in sein Zimmer gebracht haben. Wir haben ihm gesagt, dass wir ihn bis zum Abendessen (ca. 30 Minuten) nicht mehr sehen möchten. Wollten die Tür eigentlich offen lassen, aber er dachte nicht daran im Zimmer zu bleiben, hat uns nur ausgelacht, daraufhin habe ich für 15 Minuten zugesperrt, als er sich beruhigt hatte, habe ich wieder aufgesperrt und er ist von alleine in seinem Zimmer geblieben. Ich muss sagen, das hatte sich so dermaßen hochgeschaukelt, mein Mann und ich waren so wütend, dass uns fast die Hand ausgerutscht wäre (wir, vor allem ich, lehne Schläge kategorisch ab, es ist uns auch noch niemals die Hand ausgerutscht !!). Ich weiß, es ist auch nicht richtig, ihn in sein Zimmer zu sperren, aber ich habe mich machtlos gefühlt, was hätte ich denn sonst tun sollen ? Was wäre z.B. in diesem Fall richtig gewesen ? Es passiert zur Zeit (seit ca. 1-2 Wochen) fast jeden zweiten Tag, dass er völlig daneben ist, regelrecht hysterisch lacht, er in solchen Situationen nicht ansprechbar ist, macht, was er will und uns auf der Nase herumtanzt und noch lacht dabei Wenn alles vorbei ist, entschuldigt er sich auch, wir reden darüber, aber ich bin mir oft nicht sicher, ob er überhaupt versteht (trotz Erklärung), was uns so wütend gemacht hat. Entschuldigung, dass sie jetzt so viel zu lesen hatten, ich hoffe, sie können mir einen Rat geben. Vielen Dank im Voraus, es ist echt toll, das es Sie gibt ! Liebe Grüße / Andrea

Mitglied inaktiv - 07.01.2009, 17:27



Antwort auf: Fühle mich machtlos, wenn Sohn (4) ausrastet

Hallo Andrea Nachdem ich diesen Text gelesen habe kommt es mir so vor, als wären Sie letztendlich nicht wütend über das Verhalten Ihres Sohnes sondern über Ihre eigene Unsicherheit, wie in genannter Situation angemessen gehandelt werden könnte.- Bitte lassen Sie Ihren Ärger nicht an Ihrem Sohn aus, der mit seinen 4 Jahren doch noch recht jung ist, weder Sie noch seinen Bruder wirklich ärgern wollte sondern "nur" Spaß am Schnee hatte und zeigen wollte, wie stark und mächtig er doch schon ist. Bemühen Sie sich bitte gerade in diesen Situationen hilfloser Wut besonders gelassen zu reagieren. Konkret wäre es bestimmt friedlicher zugegangen, wenn Sie gleich beide Kinder zu einem ansprechenden Spiel im Schnee angeregt und Ihren Sohn darüber informiert hätten, dass er als großer Bruder doch bestimmt gute Ideen für ein gemeinsames Spiel hätte. Er hätte sich bestätigt gefühlt und wäre vermutlich gar nicht ausgerastet. Generell vermute ich, dass Ihr Sohn immer dann ausrastet, wenn er Ihre jeweilige Bitte nicht verstanden hat oder Ihren Wunsch nicht akzeptabel findet oder sich die gleiche Aufmerksamkeit wünscht, wie sie sein jüngerer Bruder erhält. Darum empfehle ich Ihnen, so rechtzeitig wie möglich nach Kompromissen zu suchen, Ihren Sohn darauf hinzuweisen, warum es nicht nach seinen Wünschen gehen kann und ihm gleichzeitig den Zeitpunkt zu nennen, wann er "Hahn im Korb", bzw. "der Bestimmer" sein darf. Lässt Ihr "Großer" es zu, nehmen Sie ihn hin und wieder liebevoll in den Arm und freuen Sie sich über seine Selbstständigkeit, Hilfsbereitschaft, Vernunft,...". Ein Loben wird ihm das Gefühl geben verstanden und geliebt zu werden. Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 08.01.2009



Antwort auf: Fühle mich machtlos, wenn Sohn (4) ausrastet

Hallo, Euer Sohn hat eine Schwachstelle im System Eltern gefunden und rüttelt da jetzt dran, bis er sich sicher sein kann wie ihr reagiert. Bis jetzt seit ihr ehr selbst agressiv, unfair ihm gegenüber in eurem Verhalten. Er lacht, weil er deine/eure Hilflosigkeit spürt und er selbst unsicher ist. Er möchte aber Sicherheit. Er sucht sich eine Rolle im System Familie bzw ihr drängt ihn in diese Rolle. Für mich ist es keine logische Konsequenz, wenn er rein soll, weil der Kleine rein will. Er hat seine Überlegenheit gemerkt, deine Unsicherheit und war sicherlich auch enttäuscht über deine Parteihaftigkeit (du hast den Kleinen schon angezogen, er musste es alleine tun, du hast ihn geschimpft, weil der Kleine weinte). Du warst genervt, hast deine Agression/Wut/wasauchimmer an deinem großen Sohn ausgelassen. Es mag sein, dass die zwei sich "gut" verstehen, aber einen vierjährigen mit einem zweijährigen in den Garten zum friedlichen Spielen rausschicken, ist meist mit Tränen verbunden. Ich gehe stark davon aus, dass euer Sohn mit gleichen "Waffen" kämpft wie ihr. Wenn ihr ihn anschreit - ihr, zwei Erwachsene gegen einen vierjährigen, dann fühlt er sich massiv angegriffen und wettert dagegen. Er hatte euch in der HAnd. Ganz im Ernst. Ich bin mir sehr sicher, dass der Große deine Aufmerksamkeit wollte. Er wollte dich, dass du dich um ihn kümmerst. Aber scheinbar hast du sehr mit dir und deiner Schwangerschaft zu tun (oder warum kommst du in der 9.SSW nicht mehr auf ein Klettergerüst?) bzw mit dem kleinen Bruder, Dein Sohn sucht sich die Rolle mit der er möglichst viel Aufmerksamkeit erhält. Auch wenn es letztlich für ihn negativ ausfällt. Er hatte eine mehr oder weniger lange Zeit die volle Aufmerksamkeit von 2 Erwachsenen, die damit beschäftigt waren ihm hinterher zu rennen. Ich habe mir beim Lesen versucht das Ganze bildlich vorzustellen. Für dich war es wahrscheinlich mit großen negativen Gefühlen versetzt. Ich musste erst mal herzlich lachen. Aber, wenn du dir vorher sicher bist, dass du ihn nicht holen kannst, musst du dir eine andere logische Konsequenz suchen. Eine, die du erfüllen kannst - und zwar ohne kämpfen und deinen Mann als Scharfrichter. Das war eigentlich wirklich nur ein Ding zwischen dir und deinem Großen. Er hat mit dir und deiner Aufmerksamkeit "gespielt". Und er hat es geschafft, du hattest ihm viel Aufmerksamkeit geschenkt. Was wäre so schlimm gewesen,. wenn der Große draußen alleine Spielen darf? Eine logische Konsequenz für das Einschaufeln des kleinen Bruders wäre für mich zB das Auschaufeln, vom Schnee befreien und in einer Form entschuldigen. Hat er sich unsicher gefühlt und deswegen gelacht? Er wollte garantiert mit seinem Bruder spielen und hat ihn einfach mit Schnee eingehüllt, hat er bestimmt im KiGa auch mit Kindern gemacht. Da war es okay. Vierjährige haben nicht so ein Feingefühl, was Kleinkinder so wollen/brauchen. Er spielt mit ihm wie mit einem Gleichaltrigen. Als er dann weinte, weil ihm das Einhüllen nicht gefallen hat, du dann auch noch angefegt kamst und ihn gescholten hast, wird er nicht mehr gewußt haben wo vorne und hinten ist. Und da er keienrlei andere Emotionen momentan kennt seine Unsicherheit auszudrücken (was lebst du/ihr ihm vor?), überspielt er sie mit Grinsen. Mein Tipp wäre ja nicht allzu parteiisch reagieren. Schimpf den Großen nicht, wenn der Kleine mal weint. Du hast dem Großen schon eine ziemlich riesige Aufgabe zugeteilt auf den Kleinen aufzupassen. Er ist kein Erwachsener. Er ist selbst noch ein Kleinkind, welches die Aufmerksamkeit des Erwachsenen braucht. Wenn er mal wieder etwas anstellt, bleib ruhig, kein Schimpfen: Schimpfen ist wie jemanden in den Boden stampfen. Du bist deinem Kind überlegen, verbal und körperlich. Du aber selbst gibst ihm gerade eine Rolle, die er nicht wirklich realisieren kann: Du gibst ihm die Überlegene Art, schreibst, er sei dir überlegen. Das ist er nicht. Und weil du dir in dieser Situation im Garten so unsicher warst, hats du dich entladen durch Schreien. Das ist einem Vierjährigen äußerst unfair. Deine Wut und der Umgang damit ist deine Sache, Einem Vierjährigen diese Wut anzugeben, damit er damit fertig werden soll, überforderst du ihn massiv. Selbst einem Erwachsenen gegenüber ist das eine agressive Art, die wiederum nur Agressionen erzeugt. Es ist also niemanden geholfen. Wenn du wütend und genervt warst, weil eines der Kinder schon wieder rein kommt und du kein Abendessen in Ruhe vorbereiten kannst, ist das dein "Problem" und du musst damit fertig werden. Deine Kinder haben damit nichts zu tun. Du kannst die Situation auch anders sehen: dein Sohn ist genervt von deinem Verhalten ihm gegenüber. Frag doch mal in einer solchen Situation den Großen, ob er sich wünscht, mehr mit seiner Mama zu machen. Nimm ihn mehr in den Arm, sag ihm öfter wie stolz du bist. Sag es ihm nicht nur, zeige es ihm auch. Nutz ihn nicht als Babysitter des Kleinen. Diese Aufgabe ist noch viel zu überfordernd für ihn: Wenn dein MAnn zu HAuse ist, dann soll er mit den Jungs raus gehen. Er ist der Regulator, nicht dein großer SOhn. Was wäre so schlimm den Vierjährigen draußen zu lassen? Wenn der Kleine rein will, weil ihm kalt ist, was beschleunigt wurde durch das Schneeüberschaufeln des Großen, dann spielt der Große eben alleine weiter. Das ist ja auch logisch: Du vergraulst den Kleinen, dann bist du eben alleine beim Spielen. Aber statt dessen schießt du mit Kanonen auf Spatzen. Lasst eurte Unsicherheit nicht an dem Jungen aus. Suse

Mitglied inaktiv - 07.01.2009, 19:49