Ereignisse in Amerika

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Ereignisse in Amerika

Hallo Frau Schuster , mein 12 Jähriger Sohn hat die traurigen Ereignisse von Amerika natürlich auch mitbekommen . Er ist eigentlich ein wirklich sehr lieber Junge , aber seine Reaktion hat mich doch etwas umgehauen . In der Schule sollten sie einen Aufsatz darüber schreiben , wie die Kinder darüber denken und sie sollten ihre eigene Meinung hierzu kund geben . Mein Sohn hat dann geschrieben , dass es ihn nicht so interessiert , weil es ja nicht hier bei uns in Deutschland ist ! Ich war wirklich geschockt darüber , denn auch als das Unglück passierte und wir natürlich fast den ganzen Tag über den Fernseher anhatten , meinte er schon zu uns , warum wir uns das den ganzen Tag ansehen müssen , dass wäre doch langweilig und eh alles egal . Erst als wir ihm erklärten , dass wir seine Reaktion nicht gut finden , schließlich wären sehr viele Menschen gestorben meinte er nur ganz trocken "ach so" . Meinen Sie , es ist ihm wirklich egal , oder kann er mit seinen *gerade* 12 Jahren noch nicht die Tragweite ersehen ? Wie können wir ihm näher bringen , dass es noch andere Menschen/Ereignisse auf der Welt gibt ? Liebe Grüße Marita

Mitglied inaktiv - 14.09.2001, 08:57



Antwort auf: Ereignisse in Amerika

Hallo Marita Auch wenn meine Stellungnahme zu dem Verhalten Ihres 12jährigen Sohnes meine Kompetenz in diesem Magazin übersteigt (ich gebe hier Tipps zur Erziehung für Kleinkinder), möchte ich Ihnen meine Meinung darlegen, die ich aus langjähriger Berufs-Erfahrung und aus Erfahrung mit meinen eigenen Kindern gesammelt habe. In diesem Alter können die wenigsten Kinder weltweite Zusammenhänge erkennen, es sei denn: sie werden Damit laufend durch die Tätigkeit ihrer Eltern konfrontiert. Sie haben auch soviel mit sich selbst zu tun, dass sie diese Themen einfach abblocken; und zwar mit Gleichgültigkeit, da ihnen dann meist jeglicher Vorwurf erspart bleibt.- Hinzu kommt, dass Gewalt heute zur Alltäglichkeit geworden ist. Kinder sehen es im Fernseher, im Kino, hören es in Radioberichten und auf der Straße... Informieren Sie ihn über wichtige Ereignisse weiterhin ohne ihn direkt nach seiner Meinung zu fragen. Er wird ganz von sich aus eine Diskussion anregen, wenn er zu den Informationen mehr wissen möchte. Es kann natürlich auch sein, dass diese schrecklichen Ereignisse den ganzen Schultag über im Vordergrund standen, sodass Ihr Sohn zu Hause nur noch "relaxen" möchte und deshalb jegliches Gespräch, dass ihn fordert, ablehnt. Alles Gute und: erholsames Wochenende!

von Christiane Schuster am 14.09.2001



Antwort auf: Ereignisse in Amerika

Hallo, Marita, für mich hört sich das - mal psychologisch formuliert - nach einer typischen Abwehrstrategie an. Jeder Mensch entwickelt da ja so im Lauf seines Lebens einige, Verdrängung und Verleugnung sind die wohl bekanntesten, aber es gibt viele mehr. Das heisst, wenn der Mensch alle Kanäle (im seelischen Sinn) voll hat, reagiert er entsprechend, um sich zu schützen. Vielleicht war es ihm wirklich einfach zu viel. Es MUSS einem Zwölfjährigen Angst machen, aber es kann genausogut sein, dass er das als ebenso iireal empfunden hat, wíe es uns wohl allen beim Ansehen dieser Bilder ging. Wir Erwachsenen konnten das kaum noch ertragen, es heisst, dass allein das Ansehen der Bilder traumatisierend wirken und z.B. Schlafstörungen nach sich ziehen kann. Ich denke, das es wenig Sinn hat, mit ihm zu schimpfen oder ihn zur Rede zu stellen oder seine Reaktion abzuwerten. Ich würde eher auf die Vorbildfunktion setzen und ihn mitbekommen lassen, wie sehr Euch als Eltern das nahe geht, dass ihr miteinander darüber sprecht und dass Euch das Reden hilft. Ihn zum Reden zwingen kann nicht hilfreich sein. Liebe Grüsse, Christiane

Mitglied inaktiv - 15.09.2001, 13:22